Kapitel 25
Ich konnte mein Glück kaum fassen, ich durfte hier endlich raus! Glücklich sprang ich die Treppen nach unten ins Erdgeschoss, wo wieder sehr viel Trubel
herrschte. Ich beschloss, zur Feier des Tages einen Spaziergang zu machen, um meine neue Freiheit zu genießen. Euphorisch rannte ich auf den Ausgang zu
und musste dabei aufpassen, nicht gegen Mitarbeiter oder Besucher zu stoßen.
Draußen angekommen, atmete ich gierig die frische Luft ein und lachte auf. Für Außenstehende muss ich wie eine Irre gewirkt haben, aber das war mir vollends egal, denn ich war wieder richtig frei. Zwar wusste ich noch nicht, wohin der Spaziergang gehen sollte, doch eigentlich war mir das egal, solange ich raus durfte. Ich entschied mich dazu, die Straße nach links entlangzulaufen und dann in den Central Park einzubiegen. Besonders viel war hier aber nicht los, bis auf ein paar Mütter, die sich zu unterhalten schienen und einer Gruppe von Teenagern, die zusammen lachten und rumliefen. Kurzerhand setzte ich mich ins Gras und schloss die Augen. Ich hatte die Natur und die frische Luft, soweit die Luft in New York frisch sein kann, unglaublich vermisst.
Plötzlich hörte ich, wie jemand meinen Namen rief. „Audrey?", fragte die Person ungläubig und ich öffnete die Augen, nur um in Peters und MJs Gesicht
zu blicken. Oh nein, bitte nicht, dachte ich und wollte die Augen am liebsten wieder schließen. Doch das ging jetzt nicht mehr. Stattdessen lächelte ich sie an
und sagte: „Oh, hi Pete, hey, MJ." Peter blickte mir freudig entgegen. „Wie bist du hier draußen? Ich mein, du hast Hausarrest?", fragte MJ, die auch von
meinem Unglück wusste. Doch ich lächelte nur. „Tja, Tony hat mich doch tatsächlich aus meinem Käfig freigelassen, ich hätt auch nicht gedacht, dass
dieser Tag noch kommt", witzelte ich und wurde sogleich fast von Peter zerquetscht, der mich umarmte. „Ich kann's immer noch nicht fassen, dass Tony nachgegeben hat." MJ, jedoch zog nur die Augenbrauen in die Höhe. „Tony? Wie Tony Stark? Iron Man?", meinte sie skeptisch.
„Ja."
„Nein", sagten wir beide gleichzeitig und ich sah ihn entsetzt an und schüttelte bloß den Kopf. „Nein?" „Doch", erwiderte Peter grinsend und ich
wollte ihm am liebsten einen Klaps auf den Hinterkopf geben. Niemand sollte das erfahren, sonst würde ich als DAS versnobte Adoptivkind vom
Multimilliardär abgestempelt werden. „Nein", sagte ich entschlossen und starrte Peter an, er starrte kampflustig zurück. „Doch." „Nein!" „Doch!"
So langsam wurde ich verzweifelt. „Ganz sicher?" „Ja." „Okay, ja." Peter schaute mich triumphierend an und MJ starrte uns an, als wären wir komplett
verrückt geworden. „Wovon haben wir nochmal geredet?", fragte sie verwirrt. „Er hat Recht, ich bin die Adoptivtochter von Tony Stark.", antwortete ich
resigniert und sie zog die Luft ein. „Im Ernst jetzt? Ihr veräppelt mich nicht?" Peter und ich nickten synchron und sie fasste sich an die Stirn. „Oh ha, kriegst
du dann nicht voll viele teure Sachen und Hightech?" „Naja, es hält sich in Grenzen", lachte ich. „Aber es ist echt überwältigend." Da fiel MJ etwas ein. „Oh, hast du schon die Avengers getroffen?", fragte sie aufgeregt. „Ja, die hab ich schon getroffen", schmunzelte ich. ,Getroffen'. Ja nee, ist klar. Zusammen unter einem
Dach wohnen und die verrücktesten Sachen erleben, wäre wohl passender gewesen, allerdings durfte MJ nicht auch noch erfahren, dass ich mit ihnen auf
Missionen ging. Das würde ihre Sicherheit nur gefährden. Eine Weile erzählte ich ihr noch von dem Tower, aber nur so viel, dass sie keinen Verdacht über die
Avengers schöpfte. Auch unterschlugen Peter und ich nach einer stillen Abmachung gekonnt, dass ich eigentlich die Adoptivtochter fast aller Avengers, also nicht nur Tony Starks war.
Nach einer Weile verabschiedeten sich die beiden dann von mir und gingen wieder ihre Wege. Ich saß noch etwas im Gras, dann machte ich mich auf den Heimweg. Ja, mittlerweile war der Tower ein wunderbares zu Hause für mich geworden, trotz meiner Gefangenschaft darin.
Als ich das allgemeine Geschoss der Avenger Stockwerk betrat, bemerkte ich sofort, dass etwas nicht stimmte. Denn Steve, Tony und Natasha stritten sich heftig.
„Tony, das geht nicht! Dafür gibt es keine Erklärung, sie ist in Gefahr. Wenn Audrey das mit ihren Eltern rausfindet, war's das!", rief Natasha aufgebracht. Ich hielt die Luft an. Was war mit meinen Eltern? Verheimlichten sie mir etwas? Leise schlich ich mich näher ran und belauschte das Gespräch. „Natasha hat Recht, Tony. Sollte Audrey rausfinden, dass wir praktisch für ihre Mutter verantwortlich sind, wird sie uns nie mehr vertrauen." Entsetzt zog ich die Luft ein. Was meinten sie damit, dass sie für meine Mutter verantwortlich waren? Was hatte sie bitte mit den Avenger zu tun?
Tony ergriff wieder das Wort. „Das mit der Explosion war nicht unsere Schuld. Clint hat damals einfach seine Mission gegen Hydra erfüllt.
Woher hätten wir denn wissen sollen, dass der feindliche Spion Audreys Mutter ist und eine Bombe mit hatte? Wir können froh sein, dass es Clint nicht erwischt hat", rief er wütend. Ich hielt mir eine Hand vor den Mund, um nicht laut aufzujapsen. Meine Mutter? Eine feindliche Spionin? Niemals. Woher wollten die Avengers das überhaupt wissen?
„Ich habe in den Akten von S.H.I.L.D. nachgelesen. Ich zitiere: „Helena Thompson, feindliche Spionin von Hydra wurde von S.H.I.E.L.D.-Agent Clint Barton aufgehalten und so von der Detonation ihrer eigenen Bombe getötet." Es stand dort schwarz auf weiß und wir hätten es Audrey von Anfang an sagen sollen",
zischte Tony außer sich vor Wut. Natasha wandte ein: „Tony, sie hätte uns bis an ihr Lebensende gehasst und sie wäre nie mit uns gekommen. Außerdem sind
ihre Fähigkeiten auch sehr wichtig für das Team. Das darf sie also NIEMALS erfahren!"
Das war ein Schlag nach dem anderen ins Gesicht. Meine Mutter starb demnach nicht bei einem Fahrstuhlunglück, war keine friedfertige Frau gewesen, sondern eine Bombenlegerin von der Terrororganisation schlechthin. Meine Welt stürtzte Stück für Stück in sich zusammen. Ich klammerte mich an die nächste Wand, da meine Sicht verschwamm. Es nahm mir die Luft zum Atmen, laut schluchzte ich auf und die drei Avengers drehten sich erschrocken zu mir um.
„Zu spät", sagte ich mit zitternder Stimme, die mehr einem Flüstern glich, und unzähligen Tränen in den Augen, die überzuschwappen drohten.
„I-ihr habt meine Mutter getötet", meinte ich, als hätte ich es erst jetzt festgestellt. „Ihr habt mich belogen und betrogen, dir ganze Zeit über... ihr..."
„Nein. So ist das nicht Audrey, wir... es ist nicht so, wie du denkst, wir...", versuchte Steve sich rauszureden, doch ich ließ ihn nicht ausreden. „Ach ja?
„Es ist nicht so, wie ich denke?" Ist das dein Ernst? Das einzige, was dir einfällt ist sowas?" In meiner Stimme lag so viel Hass, Traurigkeit und Verachtung, wie
ich es noch nie bei mir selbst gehört hatte. Langsam lief ich dunkelrot an und ich fing an, am ganzen Körper zu zittern. Alles wurde zu viel.
„Wahrscheinlich ging es euch auch nur darum oder? Meine Fähigkeiten zu benutzen, um euer Team auszubessern? Dieser ganze Adoptionsscheiß war
doch nur eine Lüge oder? Ihr wolltet mich ausnutzen, ihr habt euch doch nie um mich geschert, stimmt's? Euch ging es doch die ganze Zeit nur um euer Scheißteam!", schrie ich voller Wut.
Die drei schienen sichtlich geschockt von meiner Reaktion. Natasha hob beschwichtigend die Hände, doch wich dann mit den anderen zurück. Ich raste vor Wut. Noch nie hatte ich mich so betrogen, ausgenutzt und verletzt gefühlt, wie jetzt. Als würde man mir mein Herz herausreißen und darauf herumstampfen.
Meine Tränen liefen mir literweise über die Wangen und ich war noch lange nicht fertig. Natasha ergriff das Wort. „Audrey, das mit deiner Mutter war ein Versehen, wir wussten nicht, dass es deine Mutter war, die Clint erwischt hat." „Nein! Ihr habt meine Mutter umgebracht. Ihr habt es doch gerade selbst gesagt, ihr habt es in ihren Akten gelesen und es mir dennoch nicht gesagt! Niemand von euch!" Tony, Steve und Natasha stolperten gefasst weiter zurück.
Meine Haare und Lippen hatten sich blau verfärbt und meine Augen glühten in derselben Farbe. Mein Körper war komplett durchnässt und
wurde von Wasser umschlungen. Ich hatte meine Kräfte und meine Mutation nicht mehr unter Kontrolle. Jetzt war ich eine Gefahr, ein Monster.
Ich selbst merkte kaum etwas davon. Meine ganze aufgestaute Wut, auf Natasha und Steve, auf Tony, wegen meiner Mutter und generell auf alles, fand
einen Weg nach draußen. Mein Körper überlud sich komplett und eine riesige Welle schoss heraus, die Steve, Natasha und Tony zurückschleuderte. Ich schrie mir
die Seele aus dem Leib, all die Wut, Verzweiflung, Trauer, Verachtung und den Hass.
Die reißende Strömung überflutete das gesamte Stockwerk, riss Wände ein und Teile der Decke nach unten. Die drei Avenger Mitglieder schrien und konnten sich nirgendwo festhalten, da ich auch die Glaswände teilweise zerstörte. Sie wurden weggespült und verschwanden aus meinem Sichtfeld. An der Gebäudefassade entstand ein gewaltiger Wasserfall.
Ich hatte meinen Körper nicht mehr unter Kontrolle und zerstörte wahllos Dinge, die noch nicht getroffen wurden. Mittlerweile war das gesamte Geschoss
unter Wasser gesetzt, doch mich störte das nicht, denn ich konnte unter Wasser atmen. Ich setzte mein zerstörerisches Werk fort, ohne Wissen oder Gegenwehr über meine Taten.
Nach einer gefühlten Ewigkeit war meine Wut befriedigt. Die Etage stand immer noch bis zur Decke unter Wasser und selbst diese war eingerissen. Beton- und Glasstücke schwammen auf der Oberfläche und Wände existierten in diesem Stockwerk nicht mehr. Ich zitterte immer noch, doch nun vor Traurigkeit.
Weinend fiel ich Unterwasser auf die Knie, sogar das ging umgeben von meinem Element und ich weinte mir die Augen aus. Alle guten und schönen Erinnerungen waren wie weggewischt. Einfach aus meinem Gehirn verbannt. Ich konnte mich an nichts positives mehr erinnern, nur daran, wie sie mich verraten hatten.
Verräter!
Dieses Wort spukte mir im Kopf herum und ließ mir keine Ruhe.
Verräter!
Ich fühlte mich leer und nutzlos.
Verräter!
Als hätte mein Geist meinen Körper verlassen und eine Hülle zurückgelassen. Wie von alleine stand ich auf und steuerte auf das Treppenhaus zu. Dann glitt ich mit dem Strom die Treppen in rasender Geschwindigkeit hinunter bis ins Erdgeschoss.
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