Kapitel 23

Dann langweilte ich mich wieder vor mich hin. Nicht, dass ich mich an den Hausarrest gewöhnt hatte, nein, ganz im Gegenteil. Es machte mich verrückt, nicht raus zu dürfen – von den Nachhausegängen und dem Gespräch mit Loki mal abgesehen – war heute auch nichts aufregendes geschehen, meine Hausaufgaben waren schon erledigt und ich hatte mal wieder rein gar nichts zu tun. Streiche spielen konnte ich mir aus den Kopf schlagen, denn das raubte hier jedem den letzten Nerv. Am Ende würde es noch Krieg geben, dachte ich belustigt; das war also schon mal keine Option. Einen Film schauen wollte ich auch nicht, in letzter Zeit hatte ich echt viele gesehen und langsam hing es mir zum Hals raus. Keinesfalls mochte ich Filme nicht, im Gegenteil: ich liebte es, einen guten Streifen zu schauen, doch wenn ich so weitermachte, bekam ich bald viereckige Augen. Auch wollte ich nicht auf Social Media gehen, denn da posten alle, was in ihrem Leben gerade so passierte und das war furchtbar deprimierend. Sogar Hanna war dort aktiv; ich hatte mir ihr Profil trotzdem seit langer Zeit nicht mehr angesehen. Wer weiß, vielleicht, wenn ich Tony sagte, dass ich meine Lektion gelernt hatte und die ganze Sache mir wirklich Leid tat, ließ er mich frei? Aber nein, das tat ich nicht, kein bisschen, stattdessen würde ich eher noch ein paar weitere Jahre hier verbringen, denn ich war ziemlich stur und so leicht ließ ich nicht nach. Aber Unruhe stiften konnte ich auch nicht, sonst würde der Hausarrest noch verlängert. Allerdings fragte ich mich wirklich, wie dieser so lange andauern konnte, schließlich waren bereits ein paar Monate vergangen und irgendwann musste er mich doch freilassen oder nicht? So lange konnte man einem Kind keinen Hausarrest verpassen, das war ja schon fast Freiheitsberaubung. Jedoch war Tony genauso willensstark wie ich, wenn nicht sogar noch stärker.
Hier, im Raum, hielt ich es definitiv nicht mehr aus. Ich brauchte frische Luft!

Also tigerte ich zum wiederholten Male aus meinem Zimmer heraus, nur um gegen Steve zu stoßen, der verwundert „Audrey, was ist los?", fragte, welches ich jedoch gekonnt ignorierte. Der feine Herr wusste genau, was los war und sprach dennoch nicht mit dem Übeltäter, geschweige denn, dass er mal sein eigenes Verhalten reflektierte. Wütend setzte ich meinen Marsch fort und stapfte auf das Treppenhaus zu, wo ich dann, mehrere Stufen auf einmal nehmend, die Treppe in die nächsten Stockwerke hinaufsprang. Es war kaum zu glauben, doch durch das Treppenhaus hatte ich deutlich an Muskeln und Ausdauer gewonnen. Die Stufen waren immerhin eine halbwegs gute Methode, um Stress abzubauen, wenn mir so ging, wie jetzt. Abgesehen von den zahlreichen Trainingsgeräten, ein paar Etagen tiefer, war man hier allein, was auf mich eine sehr beruhigende Wirkung hatte. Kurze Zeit konnte ich den Druck loswerden, indem ich mich den Anstrengungen der Treppen hingab und mich nur auf die Stufen konzentrierte.
Aber selbst das größte Treppenhaus hatte irgendwann ein Ende und bald kam ich in einem Stockwerk an, wo es nicht mehr weiterging und der Weg nach oben endete. Vorsichtig zog ich an der Tür und zu meiner Verwunderung ließ sie sich öffnen. Als ich hinaustrat wehte mir starker Wind entgegen und ich bemerkte jetzt erst, wo ich war. Natürlich, ich war ganz oben auf der Terasse angekommen. Dem großen Helikopter- Landeplatz, genau da, wo Iron Man immer landete, wenn er von seinen Missionen zuürckkam. Dieser war allerdings nicht sehr schlau, wenn er seine Tür nicht absperrte, wobei er wusste, dass ich nie die Fahrstühle benutzte. Vielleicht unterschätzte er mich ja, dachte ich. Wie herbeigerufen flog plötzlich etwas rotes durch die Luft auf die Landebahn zu. Vor Schreck versteckte ich mich schnell hinter dem kleinen Eingang in das Treppenhaus und wagte es nicht, um die Ecke zu schauen. Wenn Tony mich hier sehen würde, wäre ich meine neu gewonnene Freiheit schneller los, als das ich sie bekommen hatte und das wollte ich auf gar keinen Fall zulassen. Letztendlich siegte meine Neugier doch und ich lugte vorsichtig aus meinem Versteck. Ich sah Tony aus seinem Anzug hinaustreten und gemütlich auf den Eingang zuschlendern. Ein kleines Lächeln huschte über mein Gesicht – er hatte mich nicht bemerkt.
Aber kaum, dass er sein zu Hause betreten hatte, blieb er wie angewurzelt stehen. Stirnrunzeln schlich ich mich näher ran, um sehen zu können, was ihn so überrascht hatte. Dabei musste ich jedoch aufpassen, nicht von J.A.R.V.I.S. erwischt zu werden. Im ersten Moment war auch ich verwirrt, Legolas 2.0 höchstpersönlich dort stehen zu sehen. Er hatte die Arme verschränkt und blickte Tony finster entgegen. Dieser schnappte nach Luft und trat dann einen langsamen Schritt auf ihn zu. „Clint, was machst du hier? Das ist mein persönliches Stockwerk, nur für Pepper, Morgan und mich", quengelte er. „Wie bist du bitte an J.A.R.V.I.S. vorbei gekommen?" Der Bogenschütze schnaubte nur verächtlich und lachte etwas spöttisch. „Wenn man J.A.R.V.I.S. mit einer Dusche droht, ist er zu vielem bereit", grinste er nur und ich hielt verwundert die Luft an. „Also, weswegen bist du gekommen?", meinte Tony, da er vermutlich keine Lust auf Streitereien hatte. Clints Gesicht verfinsterte sich noch einmal ein Stück, dann trat er einen Schrit auf Tony zu. „Wegen Aurdey", raunte er so leise, dass ich ihn kaum hören konnte. Tony zog verwundert die Augenbrauen nach oben. „Wieso? Was sollte denn mit ihr los sein?", fragte er scheinheilig und ich spürte die Wut wieder in mir hochkommen. Das wusste er ganz genau! Clints Mimik verhärtete sich. „Was mit ihr los ist? Das weißt du nicht? Hast du mal gesehen, wie sie täglich durch den Tower tigert? Sie wird komplett verrückt wegen diesem Hausarrest und das ist deine Schuld!", sprach er aufgebracht. Tony winkte gelassen ab.
„Ach was, sie kann sich ihre Schuld nur nicht eingestehen. Sie muss auch mal lernen, sich vernünftig zu verhalten. Sie kann nicht immer bei allem Recht behalten und alles tut und lassen, wie es ihr gefällt", gab Tony erzieherisch zurück und ich konnte beobachten, wie Clint fast der Kragen platzte. Er schnaubte abfällig.
„Ja klar, Tony, verarschen kann ich mich selbst. Das ist doch schon lange kein normaler Hausarrest mehr. Das ist komplett verrückt, geisteskrank. Tony, lass sie endlich frei oder ich sorge höchstpersönlich dafür", zischte Clint und machte einen weiteren, bedrohlichen Schritt auf ihn zu.
„Ja, genau. Es ist ihre Schuld, dass sie jemanden geholfen hat, weil sie nett sein wollte. Na klar!" Langsam wurde auch Tony sauer und verschränkte die Arme. „Einem Killer und Psychopathen geholfen, wenn ich dich korrigieren dürfte", antwortete er sarkastisch. „Einem Killer und Psychopathen geholfen, der ihr das Leben gerettet hat und sogar mehr als das, wenn ich dich korrigieren dürfte", äffte Clint ihn nach. Tony warf verzweifelt die Hände in die Luft. „Clint, ich mache mir nur Sorgen um sie, ich-" Doch sein Gegenspieler ließ ihn nicht ausreden. „Nein, Tony, was du abziehst, ist krank und keine Erziehung mehr. Am Ende trägt sie noch ein Trauma davon!" „Jetzt überreagierst du, weißt du das?", rief Tony wütend. „Nein, das tu ich nicht, weil es nicht stimmt. Hast du sie mal ernsthaft angesehen? Sie hat ja kaum noch ein Leben!" „Mann, Clint, du weißt gar nichts. Ich sperre sie nur deshalb ein, weil... naja", druckste Tony herum. Ja, das würde ich auch gerne mal wissen. Allerdings riss bei Clint langsam der Geduldsfaden. „Spuck's aus, jetzt!"
Der Iron Man seuftze entnervt und fuhr sich unsicher durch die Haare. „Weil ich gehört habr, dass Loki vor kurzem auf der Erde gewesen sein soll...", murmelte er verhalten. „Und?" Tony schaute den Bogenschützen entgeistert an. „Was „und"? Verstehst du nicht? Die beiden dürfen nicht in Kontakt kommen!" Ich zog scharf die Luft ein. Woher wusste Tony das? Thor hatte doch nicht etwa...? Diesen Gedanken vertrieb ich schnell aus meinem Kopf. So etwas würde Thor nie tun... oder? „Wie kannst du dir da so sicher sein, das Loki wirklich hier war, hm? Der Planet ist riesig, falls du das noch nicht weißt", gaffte Clint wieder. „E-er war aber hier in New York", stotterte der Ingenieur, sichtlich von Clints Auftreten überrascht. „Loki war in New York? Wer hat dir das denn schon wieder verklickert?", fragte Clint erstaunt. „Thor, ganz persönlich und im Vertrauen. Meinte auch, dass sein heiß geliebter Bruder inzwischen schon wieder weg ist, er deswegen nach Asgard müsse, um seinem Vater zu berrichten." Sein Gegenüber nickte verstehend. „Dann weih uns nächstes Mal aber ein, bevor du, ich betone, unsere Adoptivtochter hinter Schloss und Riegel setzt. Es gibt andere Möglichkeiten, das weißt du selber. Lass sie endlich frei." Mit diesen Worten machte der Hawkeye auf dem Absatz kehrt und ließ einen nachdenklichen Tony Stark zurück.

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