Kapitel 3
An diesem Tag hatte ich mich viel mit Lenni unterhalten. Wir hatten gemeinsam in der Cafeteria der Schule gegessen und herausgefunden, welche Stunden wir sonst noch zusammen hatten. Er hatte etwas an sich, was meine Gedanken voll beschlagnahmte. Zudem sah er umwerfend gut aus und ich genoss es, dass wir uns so gut verstanden.
Heute hatte er einen Spitznamen für mich auserkoren.
Zicke.
Ich war keine Zicke, also zumindest hoffte ich das, aber das war ihm egal. Jedes Mal, wenn er mich sah, kam er an und piekste mir mit einem langgezogenen „Zickee" in die Seite. Er war schon etwas gewöhnungsbedürftig. Aber das gefiel mir.
Ein leichter Wind wehte und ich zog meine Jacke fester um mich. Der Frühling konnte nur langsam wieder die Oberhand über den Winter erlangen.
Endlich kam der Buchladen in Sicht. Nachdem Justin nach Kanada geflogen war, hatte ich mich förmlich in das Lesen gestürzt, um den Verlust, den sein Weggang mit sich brachte, zu überdecken. Inzwischen war ich zu einer richtigen Leseratte mutiert. Ich setzte den ersten Fuß in den Buchladen und atmete erst einmal die angenehme Luft von Druckerschwärze und Papierseiten ein. Dann steuerte ich geradewegs auf die Fantasy-Abteilung zu. Ich zog ein Buch aus dem Regal und begann, den Klappentext zu studieren, als mich plötzlich jemand auf die Schulter tippte. Verwirrt drehte ich mich um.
„Alina! Was machst du denn hier?"
Meine ein Jahr ältere Cousine war mit ihrer Familie zum zweiten Halbjahr hier her gezogen, weil ihnen die Wohnung zu klein wurde, die sie vorher bewohnt hatten.
Grinsend begrüßten wir uns und Alina begann, von ihren unzähligen Umzugskartons, Einrichtungsideen und neuen Reitställen zu erzählen. Sie war eine der begabtesten Reiterinnen, die ich kannte und hatte schon an einigen Wettbewerben teilgenommen.
„Ich benötige noch ein Schulbuch und das wollte ich hier eben kaufen.", erklärte sie schließlich ihr Auftreten hier. Gemeinsam machten wir uns auf die Suche nach besagtem Buch und wurden auch bald fündig.
Ich stellte den Fantasy-Roman, den ich eine Weile mit mir rumgetragen hatte, zurück ins Regal und wir machten uns dann einen gemütlichen Abend im Café gleich um die Ecke.
Früher hatte Alina einige Autostunden weit weg gewohnt. Um so schöner war es, jetzt so einfach Zeit miteinander verbringen zu können. Wir tauschten uns aus über Pferde, Bücher, Schule und Jungs.
„Sag mal, hast du jetzt eigentlich noch Kontakt zu Justin?", fragte sie mich zögerlich. Ich schüttelte den Kopf.
„Nein. Wir haben uns aus den Augen verloren. Ich mein, es ist nicht leicht, eine Fernbeziehung nach Kanada zu führen. Er hat dort sein Leben, ich habe hier meins. Auf Dauer funktioniert sowas nicht."
Wie oft hatte ich mir deshalb die Seele aus dem Leib geweint in den vergangenen Jahren. Justin hatte mir unglaublich viel bedeutet. Heute noch immer. Doch es sollte wohl nicht sein.
Da das Thema für mich leider immer noch ein wenig heikel war, schwenke ich um und begann, von Lenni zu erzählen. Währenddessen wurde uns leckeres Teilchen serviert und schlürfte genüsslich eine heiße Schokolade dazu.
Irgendwann warf ich einen Blick auf die Uhr und stellte geschockt fest, dass wir die Zeit ziemlich aus den Augen verloren hatten. Ich verabschiedete mich von Alina und wollte mich gerade aus dem Staub machen, da warf sie mir noch einen Satz hinterher: „Liz, halte mich mit Lenni auf dem Laufenden!"
Kichernd nickte ich und verließ dann das Café.
Mein letzter Bus würde in zehn Minuten fahren.
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