Kapitel 2
Das vertraute Klicken ertönte, als ich um halb fünf unsere Haustür aufschloss. Es war ein anstrengender Tag gewesen und ich sehnte mich nach nichts mehr als meinem Bett.
Mit Schwung flog mein Rucksack in die Zimmerecke und eine Milisekunde später lag ich auf meinem kuschelweichen Bett, welches seit Jahren an der selben Stelle in meinem Zimmr stand.
Müde rieb ich mir die Augen. Dicke Regentropfen schlugen von außen gegen meine zimmerhohe Fensterscheibe. Der Februar hatte sich mit viel Regen und Kälte angekündigt, was man deutlich zu spüren bekam.
Ich ließ meinen Blick durch mein Zimmer schweifen. Bis auf die Farbe der Gardinen und die Bilder an der Wand über meiner Kommode hatte ich nichts verändert, seit... ja... seit wir hier eingezogen waren, vor 2 Jahren. Kurz darauf hatte ich mich in Justin verliebt... doch er flog nach Kanada, um für seine kranke Mutter da zu sein. Und wie das dann so war mit Fernbeziehungen... wir hatten irgendwann kaum noch Kontakt. Ich lebte mein Leben und er lebte Seins. Ich wusste nicht einmal mehr, ob wir überhaupt noch zusammen waren.
Irgendwann hörte ich, wie mein Vater nach Hause kam. Er war für vier Tage in Las Vegas gewesen, wie so oft in letzter Zeit. Mit meiner halbwegs neu gewonnenen Energie erhob ich mich, lief die Treppe hinunter und fiel meinem Vater um den Hals. „Hallo, mein Engel! Wie war dein Tag?", fragte er mich, während er seine Jacke an die Gaderobe hang und den schweren Koffer die Treppe hochwuchtete. Ich trabte ihm hinterher, schmiss mich auf das Bett meiner Eltern und sah meinem Vater zu, wie er ausräumte.
„Ich bin hundemüde.", seufze ich. Da fiel mir Lenni ein.
„Papa, wir haben einen neuen in der Stufe!"
Papa zog eine Augenbraue hoch und sah mich an. „Mitten im Schuljahr?"
„Anscheinend. Er heißt Lenni und kommt wohl aus Finnland... viel mehr hat er garnicht gesagt."
„Aha." Papa schien nur mittelmäßig interessiert, also beließ ich es bei diesen Auskünften. Das war mir sowieso lieber, denn irgendwie wollte ich gerade nicht wirklich über Lenni reden. Er war den Rest des Schultages kaum noch aus dem Kopf gegangen. Dabei hatte er kein Wort mit mir gewechselt und sonst hatten wir nur noch Englisch und Deutsch zusammen gehabt. Er hatte irgendetwas an sich, was meinen Sinn für Geheimnisse wach rief.
Papa war fertig und begab sich in die Küche.
„Luisa, reichst du mir mal die Butter vom Regal?", riss mich Papa aus meinen Überlegungen. Ich reichte sie ihm, verabschiedete mich dann aber in mein Zimmer. Dort raffte ich die letzten Motivationsstücke aus meinem Körper zusammen und setzte mich an die verhassten Chemiehausaufgaben.
Der Wecker riss mich unliebsam aus dem viel zu kurzen Schlaf. Ich hatte wieder bis spät in die Nacht gezeichnet und dabei die Zeit vergessen. Nun war ich dementsprechend müde. Ich rollte mich auf die andere Seite. Noch fünf Minuten. Noch fünf Minu... schon war ich wieder weggedämmert.
Aus den fünf Minuten wurden im Endeffekt dreißig und es wurde der hektischste Morgen seit Langem. Mein Bus fuhr mir vor der Nase weg und der nächste sollte erst in einer Stunde fahren. So stand ich da an der Haltestelle und ärgerte mich. Zudem begann es gerade zu regnen. Ich wollte schon meine Eltern anrufen, doch da fiel mir ein, dass sie sich beide verabschiedet hatten, als ich mir mit der Zahnbürste in der Hand meinen Schuh angezogen hatte. Ich grummelte einige unschöne Worte und machte mich zu Fuß auf den Weg. Meinen Regenschirm hatte ich natürlich zuhause liegen lassen.
Gerade sprang die Ampel auf Rot um als ich an der großen Kreuzung zum Busbahmhof ankam. Auch hier müsste ich auf einen späteren Bus warten. Wütend schlug ich gegen den Ampelknopf, da bemerkte ich, wie ein schwarzes Auto am Straßenrand hielt. Ich wollte es ignorieren, doch da fuhr das Fenster herunter und Lenni erschien an der Öffnung. Überrascht hielt ich inne. Er war also wirklich schon über achtzehn.
„Hey, Luisa, du auch zu spät?"
Er kannte meinen Namen? Krass. Ich nickte nur und brachte ein halbwegs zerknirschtes Lächeln zustande.
„Spring rein, dann nehm ich dich mit."
Perplex starrte ich ihn an. Er kannte mich vierundzwanzig Stunden, wusste bereits meinen Namen und wollte mich im Auto mitnehmen?
„Na komm, sonst gibts Ärger!", sagte er und zwinkerte mir zu. Ich nahm mich zusammen, öffnete die Beifahrertür und ließ mich auf dem Sitz nieder. Kaum war ich angeschnallt, trat Lenni kräftig aufs Gaspedal und drehte die Musik auf. Es war klassische Musik. Ich war begeistert.
Mit zwanzig Minuten Verspätung hielten wir irgendwann vor der Schule an und stiegen aus.
„Was hast du jetzt?", fragte Lenni mich, während er sein Auto abschloss.
„Hm... Deutsch. Du also auch!"
Lenni grinste. „Na dann nichts wie hin, wir wollen Frau Weier ja keinen Kummer bereiten!"
Lachend machten wir uns auf den Weg in den Deutschunterricht.
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