Yoongi saß in seinem Zimmer und starrte die Wand an, die Hände hinter dem Kopf verschränkt, als Jiung rein kam. Yoongi zuckte nicht mal mit den Wimpern bei seiner Erscheinung.

"Hey, ehm... ich soll dir nur sagen, dass... es Essen gibt.", sagte der Neuankömmling schüchtern. Yoongi nickte nur gedankenverloren und starrte weiterhin die weiße Wand an. Er durfte jetzt nicht gestört werden. Niemand wusste, wie viele Geschichten und Muster man in den Wänden sah. Die raue und strukturvolle Wand zeigte ihm eine Achterbahn voller Tiere, er sah ihr Lachen, ihre Freude.

Er hatte niemanden je von seinen Fantasien erzählt. Er wusste wie dumm und absurd sich das alles anhörte. Absurd und lächerlich. Wenn er selbst darüber nachdachte, fand er es selber lächerlich. Aber was würde sein Leben hier aussehen, wenn er nicht mal in den sterilen weißen Wänden, die es überall in dem Waisenhaus zu sehen gab, aussehen. Genau. Eintönig und langweilig. Er war seinen Träumen dankbar ihn auch noch weiter hin zu inspirieren.

Als er realisierte, dass Jung schon lang den Raum verlassen hatte, löste er seinen Blick von dem lächelten Elefanten und stand auf. Doch. Er hatte es jemanden erzählt. Jin. Ehemaliger Mitarbeiter. Er war so lieb und offen. Er hatte es ihm erzählt und hatte ihn nicht seltsam angeschaut. Nein. Der Blick war faszinierend. Bewundernd. Als er dann wieder alleine war, liegend im Bett, die Sterne draußen funkelnd um die Wette, war er ausgerastet vor Freude. Die Decke weggestrampelt und in Gedanken geschrien. Natürlich nicht laut. Er nicht nur nicht allein im Zimmer, teilte er es mit zwei anderen, sondern waren die Aufsichtskräften alle irgendwie wach um die Zeit. Er war nämlich mal erwischt worden, wie er gemalt hatte um diese Uhrzeit. Das traurige war, dass Jin nicht mehr hier arbeitete. Er hatte gekündigt und ihn fest in den Arm genommen. Seit dem wusste Yoongi, dass er ohne Jin nicht leben konnte. Wie er die Tage so rum bekam, war dank seiner Vorstellungskraft. Jedoch verfolgte ihm trotz seiner Fantasien die Sehnsucht nach Jin.

Genug. Er hatte wieder zu viel nachgedacht und sich wieder schweifen gelassen und somit das Essen vergessen. Er rappelte sich auf und verließ eilig das Zimmer, rannte die Treppen runter und betrat den Kopf sinkend um nicht allzu sehr aufzubauen fallen durch den Speisesaal und setzte sich einfach neben Jiung. Er war oft nett zu ihm, und fast schon der einzige der mit ihm sprach.

"hatte das Essen voll vergessen", lachte Yoongi leise. Jiung lächelte zaghaft und schüttelte den Kopf.

"Dann guten Appetit", wünschte er ihm und widmetet sich wieder seinem Teller.

***

Mit vollem Magen, ließ sich Yoongi wieder in die Kissen fallen. Vielleicht sollte er mal, seine Geschichte die er sich zum Einschlafen ausdachte, mal aufschreiben. Dann gingen sie ihm nicht so leicht verloren. Ja gute Idee. Da es Abend war, und es eigentlich schon Bettruhe herrschte, lief Yoongi auf Zehenspitzen zu dem Schreibtisch, nicht vergessend, dass die anderen schon schliefen und öffnete langsam die Schublade und suchte erfolgreich nach Papier und Stift.

Er schlich zurück, ganz leise und kroch wieder unter die Decke, die seinen kalten Füße wärmte. Auf einmal verspürte er eine starke Sehnsucht. Er vermisste Jin auf einmal so schrecklich, dass ihm die Tränen hochschossen. Er schüttelte den Kopf um die Gefühle irgendwie weg zu rütteln und setzte den Stift auf den Papier auf.

Ohne es zu merken, tauchte er in warmen Erinnerungen von ihm und Jin ein. Er schrieb sie auf. Ein Wort nach dem anderen. Eine Erinnerung nach der anderen. Das verpasste Yoongi ein Lächeln. Als er Schritte aus dem leicht beleuchteten Flur hörte, packte er das Blatt schnell unter die Decke und zog die Bettdecke über sein Kopf. Die Person lief langsam durch das Zimmer, an jedem Bett vorbei und verschwand genauso schnell wie sie gekommen war. Yoongi blieb jedoch liegen, das Blatt fest an die Brust pressend und war eingeschlafen.

***

"Yoongi... Yoongi!! Wach auf!!", kam es aus weiter ferne. Doch Yoongi wollte nicht aufwachen. Er wollte nicht. Er murrte etwas und kuschelte sich enger in die Decke.

"Yoongi, komm schon, wach auf!", der Jemand rüttelte an ihm und zog letztendlich die Decke von ihm weg. Die eisige Kälte ließ ihn hoch fahren. Direkt gegen den Kopf von Jiung.

"Aaah, was soll das", beschwerte er sich und rieb sich die Stirn. Yoongi presste beschämt die Lippen zusammen.

"Sorry, und jetzt gib die Decke zurück, ich will weiter schlafen!"

"Jaja bestimmt.", Yoongi fing an zu schmollen.

"Unfair"

"Das ist nicht unfair. Yoongi ich sollte dich wecken, denn stell dir vor! Jemand will dich adoptieren!!!", fief Jiung begeistert und wirkte auf einen Blick etwas traurig.

"Oh, dann bist du ja nicht mehr bei uns"

"Klar, wenn ich viel scheisse bei den baue, dann werde ich doch zurückkommen", meinte dann Yoongi. Die Vorstellung von eine Pflegefamilie aufgenommen zu werden, war nicht gerade prickelnd. Die letzten waren alle unfreundlich und unfähig. Das war zwar drei Jahre her, aber er hatte sich schon gut hier eingelebt. Einigermaßen. Irgendwie.

"Wenn du meinst, aber du weisst, du kannst nicht mit Sicherheit wissen, dass ich auch da bin"

"Ja stimmt", Yoongi seufzte und stand auf.

"Danke sehe fürs Wecken", meinte noch der schwarzhaarige und schlürfte Richtung Bad. Er stellte fest, dass er der einzige war, der noch geschlafen hatte, da alle Betten leer waren.

***

"So Yoongi schön, dass du gekommen bist, ich bitte dich, deine Sachen einzupacken", meinte Mr. Park. Yoongi nickte langsam und wollte schon wieder aufstehen, als jemand rein kam.

"Oh tut mir leid, ich war noch auf Toilette", entschuldigte sich Jin.

Yoongi starrte ihn ungläubig mit grossen Augen an. Was machte er denn hier. Egal was der Grund war, die pure Freude bei seinem Anblick war herrlich.

Er rannte zu Jin und warf sich auf ihn. Die Hände fest um seinen Körper und drückte ihn fest and sich.

"Ich hab dich so vermisst", er spürte eine Hand seinen Kopf streicheln.

"Ich dich auch", sagte Jins ruhige Stimme.

"Okay, lass mich kurz los, ich muss noch die Blätter unterschreiben"

Yoongi löste seine Umarmung und schaute ihn verwundert an.

"Ok", er beliess es so und fragte nicht weiter nach.

"Moment, Mr. Park haben Sie ihm nichts gesagt?", der Angesprochene schien überfordert und beugte sich schuldbewusst nach vorne.

"Yoongi, du wirst von Jin adoptiert"

Yoongi wusste nicht was fühlen. Verwirrt schaute er zwischen Jin und Mr. Park, hinter dem Schreibtisch, hin und her.

"Nun ja... ich bin ja schon 24 und du wirst bald 17, also geht das, anders konnte ich dich hier nicht raus holen", Jin warf ihm einen entschuldigenden Blick zu.

Yoongi brauchte eine Weile um das zu verarbeiten.

"Du willst mich adoptieren und dann... leben wir zusammen! Und dann sehe ich dich jede Tag!", die vielen Dingen die Yoongi einfielen, konnte er nicht alle aufzählen. Er sprang vor Freude auf der Stelle.

"Okay, ich komme gleich!", er rannte aus dem Zimmer in sein Zimmer und suchte seine Sachen aus dem Schrank.

"Da scheint sich einer zu freuen", lächelte Jiung.

"Ja! Jin will mich haben. Also er adoptiert mich. Kannst du dir das vorstellen, Jin!!", er widmete sich wieder den Klamotten und packte sie in einen Koffer.

"Jin? Das ist schön"

"Ja, oder?"

Als der Koffer fertig gepackt war ging er zu Jiung und umarmte ihn.

"Danke, dass du nett zu mir warst und mich nicht wie die anderen für durchgeknallt gehalten hast"

"Nicht dafür", sagte Jiung gerührt und legte ebenfalls einen Arm um den Jungen.

"Okay, jetzt muss ich los! Man sieht sich vielleicht irgendwann mal!"

Aufgeregt schnappte er seinen Koffer und das Blatt vom Bett, dass er letzte Nacht verfasst hatte, drückte es an die Brust und rannte zum Empfangszimmer.

"Ich bin bereit"

Jin lächelte.

"Ich auch"