33

Mit großen Augen sah ich die Flamme vor mir an, welche leicht vor sich hin flackerte und mir ein wenig Wärme spendete. Ich wusste, dass Manuel kein Freund von Feuer war, doch es war viel zu dunkel für mich in diesem Zimmer und ich hatte mir gewünscht ein wenig mehr Sicherheit verspüren zu können, also hatte ich mir eine Kerze angemacht. Draußen war es dunkel, die Sterne und der Mond prangten hell am Himmel und doch blickte ich lieber die dünne, rote Kerze an, welche auf Manuels Nachttisch stand. Sollte der Vampir tatsächlich Angst davor haben, dann würde ich die Kerze ohne eine Beschwerde aus machen, doch bis er mir nicht ausdrücklich sagte, dass er sie nicht an haben wollte, würde sie an bleiben. Vielleicht konnte ich dem Grünäugigen ja sogar helfen sich etwas an die Kerze zu gewöhnen, sodass er in ihrer Gegenwart ruhig blieb, wenn diese an war. Ich wusste nicht, wieso er solch eine Angst vor Feuer hatte, doch ich würde ihn auch nicht dazu zwingen mir die Geschichte dahinter zu erzählen, denn diese könnte sehr grausam sein. Eine Kerze war das Einzige, was ich mir wünschte, mehr brauchte ich nicht um mich hier wohlfühlen zu können.

Einige Minuten später, mittlerweile hatte ich meinen Blick auf den leuchtenden Mond gerichtet, da öffnete sich die Tür zu diesem Zimmer und ein erschrockener Manuel stand im Türrahmen, welcher seinen Blick nicht von der Kerze abwenden konnte. Augenblicklich stand ich auf und ging auf den Größeren zu, um mich vor ihn stellen zu können. Statt mich anzusehen, konnte der Brünette seinen Blick allerdings nicht von der so gefährlichen, bösen Kerze nehmen und deswegen umarmte ich meinen Freund einfach, gab ihm meinen Schutz. „Manu, bitte habe keine Angst vor der Kerze. Ich habe sie nur an gemacht, damit ich sehen kann, wo ich bin und ich habe sie auch nicht aus den Augen gelassen! Magst du dich zu mir auf die Bettkante setzen und die Sterne anschauen? Wir können die Kerze auch aus machen, wenn dir das lieber ist...", sprach ich sanft, dabei legte ich meinen Kopf auf die kalte Brust des Älteren und lauschte dessen Herz, welches aufgeregt gegen seine Brust schlug. Kaum merklich umschloss der Langhaarige mich nun auch, er wagte es auch weiterhin nicht den Blick von der kleinen Flamme zu nehmen und ich verkniff mir einen Seufzer, das wäre unangemessen. Manuel hatte Angst und das würde ich ihm nicht verübeln oder es gar lächerlich finden, das ganze war okay.

„Darf ich auf der linken Seite sitzen? Bitte?", fragte mich mein Vordermann schließlich vorsichtig und sofort nickte ich, ich fand es stark, dass er versuchte sich seiner Angst zu stellen. Gerade eben wollte er auf der Seite sitzen, welche weit entfernt von der Kerze war und ich würde ihn dafür loben, schließlich hatte er vor einer Woche noch darauf bestanden, dass gar keine Kerze brannte. Hätte ich mich nun unten in den Speisesaal gesetzt, in dem es einen Kamin gab und hätte ich diesen an gemacht, dann wäre der Ältere nun sicher nicht so ruhig, wie er es gerade war. „Ja, natürlich! Komm, du musst die Sterne sehen, sie sind so schön hell heute! Es stehen auch keine Wolken vor ihnen...", berichtete ich lächelnd, während ich meinen Freund vorsichtig an der Hand zu seinem Bett zog und mich wieder auf meinen Platz setzte, um nach draußen schauen zu können. Unruhig setzte sich nun auch der Vampir neben mich, anstatt nach draußen zu blicken, beobachtete er jedoch erst einmal aufmerksam mich und die Kerze, was ich ihn auch tun ließ. Es kostete ihn merklich viel sich überhaupt so nahe an das Feuer zu setzen und das war eine große Leistung von ihm, wie ich fand.

Still betrachtete ich also die Sterne im Himmel und ging meinen Gedanken nach, bis sich der Mann neben mir entspannte. Auch er blickte nun nach draußen, wenn auch noch etwas vorsichtig und ich lächelte froh, war stolz auf ihn. Schüchtern schaute mich der Größere manchmal von der Seite an, er hatte leicht gerötete Wangen und ich fragte mich, ob alles gut bei ihm war, denn so offensichtlich hatte er mich noch nie angeschaut. Sanft fragte ich ihn, ob alles in Ordnung war und seine Wangen schienen plötzlich zu glühen, während er erschrocken seinen Blick senkte, um mich nicht mehr ansehen zu können. „Alles ist gut! Mir ist nur gerade aufgefallen, dass deine Augen so schön leuchten wie die Sterne im Nachthimmel...", erklärte der Ältere und mein Herz klopfte froh, das war ein niedliches Kompliment, das niedlichste, welches ich jemals bekommen hatte. Schüchtern senkte nun auch ich meinen Blick und begann zu lächeln, das hatte ich nun nicht erwartet. Manuel fand meine Augen schön, er verglich sie mit mächtigen, leuchtenden Sternen und ich fühlte mich geschmeichelt, beinahe geliebt. Sollte ich ihm nun auch ein Kompliment machen? Ich wusste nicht was ich sagen sollte.

„Oh, ja..., ähm..., Danke schön! Du siehst dafür so wunderschön bleich aus wie der Mond! Auch wenn du gerade ein paar niedliche rote Wangen hast...", wisperte ich also leise und unsicher schaute der Langhaarige nun weg, das hatte ihn verlegen gemacht. War ich zu weit gegangen? Ich hatte nicht vor ihn zu verschrecken, nun wo er sich doch sogar dazu in der Lage gefühlt hatte mir ein Kompliment zu machen und doch hatte ich ihn nun wohl etwas verunsichert. Ohne mich auch nur anzusehen, krabbelte der Vampir nun unter seine Decke und drehte sich von mir weg, was mich betrübt zu ihm schauen ließ. „Mach die Kerze aus, wenn du schlafen gehst..., ich bin müde!", mit diesen Worten wies mich der Ältere vorsichtig ab und mir brach mein Herz, er mied mich wieder, vom einen auf den anderen Augenblick. Mein Lächeln verschwand und ich schaute betrübt zu Boden, fühlte mich schlecht. Ich verstand nicht wieso der Ältere in dem einen Moment so sanft und liebevoll war, mir sogar Komplimente machte, während er im nächsten Moment abweisend und kalt war. Es war doch lieb gemeint gewesen von mir, was ich gesagt hatte, aber irgendwie machte ich eben doch etwas falsch.

Eine ganze Weile lang dachte ich einfach nur darüber nach, was ich hätte anders machen können und hielt den Blick gesenkt. Erst, als ich nicht wusste wo ich am heutigen Tag schlafen sollte, da drehte ich mich unsicher zu dem Brünetten um und stellte fest, dass er wohl eingeschlafen war. Wollte er mich hier haben? Ich hatte ihn merklich verletzt oder traurig gemacht, allerdings würde der Ältere sich am morgigen Tag sicher Gedanken darum machen, wieso ich gegangen war, wenn ich nun in meinem Zimmer schlafen würde und deswegen hatte ich keine andere Wahl als hier zu schlafen. Leise nahm ich mir den Kerzenständer mitsamt der Kerze und machte mich auf den Weg in die Küche, dorthin, wo die kleine Mau wohl am liebsten schlief. Ich würde mein kleines Kätzchen nicht alleine hier unten lassen, solange Michael vielleicht nach ihr suchte und deswegen öffnete ich vorsichtig die Tür zur Küche, um mit der Kerze in den Raum hinein leuchten zu können. Vor der Tür in den Garten lag die Grünäugige, sie leckte sich angestrengt über das orangene Fell und ich setzte ein seichtes Lächeln auf, sie war süß. „Mau, mein Mäuschen, magst du mit mir ins Bett gehen? Es ist spät und ich bin müde."

Maunzend stand die Katze auf und kam auf mich zu, sodass sie sich beim vorbei gehen vorsichtig an meinen Beinen reiben konnte. Sie freute sich darüber mich zu sehen, lief ohne eine Beschwerde die Treppen nach oben und ich lächelte erleichtert, zumindest irgendjemand würde heute noch mit mir kuscheln. „Wir schlafen in Manuels Bett, also wundere dich nicht, wieso wir zu ihm gehen! Ich glaube, er braucht heute ein bisschen Ruhe und es wäre ganz lieb von dir, wenn du ihn nicht mehr ganz so sehr hassen würdest wie in den letzten Tagen, okay? Gib ihm bitte eine Chance...", sprach ich vorsichtig auf die Ältere ein, während wir gemeinsam die Treppe nach oben liefen und stumm lauschte mir die Katze, einen Ton gab sie jedoch nicht von sich. Am heutigen Tag hatte sich die Gestaltwandlerin zwar eher zurückgehalten, wenn mein Freund in ihrer Nähe gewesen war, doch sie hatte auch nicht mehr gefaucht oder aggressiv geknurrt, was für mich ein gutes Zeichen gewesen war. In ihre menschliche Gestalt hatte sie sich noch nicht einmal verwandelt, seit sie wieder hier war und ich würde sie auch nicht dazu zwingen, sie fühlte sich als Katze nun einmal sicherer.

Leise öffnete ich die Tür zu Manuels Zimmer und ließ Mau in den Raum eintreten. Wie automatisch ging die Grünäugige auf das große Bett zu und sprang auf dieses drauf, um vorsichtig in die Richtung des Gesichts des Vampirs laufen zu können. Erschrocken wollte ich der Katze gerade sagen, dass der Langhaarige bereits schlief, da begann das Tier auch schon zu maunzen und auf sich aufmerksam zu machen. „Mau, leise! Sonst weckst du ihn noch..., was...", wisperte ich leise, dabei ging ich vorsichtig auf die Grünäugige zu und mein Herz wurde schwer, als ich durch das helle Kerzenlicht eine Träne auf der Wange des Brünetten entdeckte. Warum weinte der Größere denn nur? Das musste bedeuten, er war wach gewesen, als ich gegangen war und ich wusste nicht was ich sagen sollte, ich wollte ihm nur helfen. „Manu, du weinst ja...", murmelte ich vor mich hin, dabei stellte ich den Kerzenständer neben mich auf den Nachttisch und hockte mich vorsichtig vor das Bett, um dem Älteren meine linke Hand auf die Wange legen zu können. Liebevoll strich ich die Träne von dieser und überlegte was ich tun sollte. Ich verstand sein Problem nicht und deswegen konnte ich ihm nur sehr schwer helfen.

Seufzend nickte ich. „Okay. Ich weiß nicht was ich falsch gemacht habe, aber ich wollte dich ganz bestimmt nicht zum weinen bringen..., vielleicht bist du ja auch nur müde und deswegen leicht reizbar! Wenn du möchtest, dann kannst du dich einfach zu mir drehen und ein bisschen kuscheln! Komm, Mau, lassen wir Manu in Ruhe...", wisperte ich, dabei stand ich langsam auf und nahm die Katze auf den Arm, um meinem Vampir ein bisschen Ruhe geben zu können. Es nützte nichts mit dem Brünetten zu sprechen, wenn er meine Worte gerade nicht hören wollte und deswegen ließ ich ihn in Ruhe. Stumm ließ ich mich auf der anderen Seite des Bettes nieder, krabbelte unter die Decke und beugte mich vorsichtig über den Vampir hinüber, um die Kerze auszupusten. Mit einem Mal war alles dunkel und ich legte mich einfach hin, in der Hoffnung einschlafen zu können. Mau schmiegte sich derweilen an meine Brust und begann zu schnurren, was mich etwas ruhiger werden ließ. Und tatsächlich, ein kleines Schniefen erklang, welches Manuel gehörte und der Grünäugige drehte sich unsicher mir zu, traute sich jedoch nicht mich anzufassen oder mir näher zu kommen.

Ein kleines Lächeln legte sich auf meine Lippen, während ich den Mann vor mir näher zu mir zog und ihm unbewusst einen sanften Kuss auf die Stirn hauchte, so wie ich es bei meiner Mutter immer getan hatte. „Alles wird wieder gut, versprochen. Mau und ich kuscheln mit dir, bis du dich besser fühlst!"

(...)

Eng umschlossen von Manuel wachte ich am nächsten Morgen auf und augenblicklich lächelte ich, der Brünette war ganz ruhig. Es hatte einige Minuten gebraucht, bis der Ältere aufgehört hatte zu weinen und ich hatte nicht aufgehört ihn zu umarmen, geschweige denn ihm durch sein Haar zu streichen. Wohlig hatte Mau für den Größeren geschnurrt, sie schmuste mit ihm und half mir dabei ihn zu beruhigen, wofür ich sehr dankbar war. Wie gerne würde ich doch nur ewig so da liegen und mich an meinen Schützling schmiegen, von diesem gehalten werden und die Ruhe des Morgens genießen, doch das ging nicht. Ich hörte, wie von draußen Regen an die Scheiben der Fenster schlug und so wie ich Manuel kannte, würde er gleich aufwachen, um etwas Blut trinken zu gehen, denn das war wichtig. Das Blut eines jeden Wesens, sei es das von einem Menschen oder das eines Hasen, sorgte dafür, dass die Hämatome auf seinem Gesicht schneller verheilen konnten. Heute würden wir wohl nicht viel tun können, außer etwas zu lesen oder mit etwas Glück einem Lied von Manuel zu lauschen, aber das war okay.

Sanft strich ich meinem Gegenüber eine Haarsträhne aus dem blassen Gesicht, genau hinter sein Ohr und lächelte. Er sah so schön entspannt und ausgeruht aus, beinah sorglos und ich wünschte mir ihn öfter so sehen zu dürfen, doch das konnte ich nicht. Viel zu oft machte sich der Vampir Sorgen um mich und war unsicher, aber das würde eines Tages aufhören, das schwor ich mir. Erst einmal wollte ich den Brünetten vorsichtig aufwecken, damit wir etwas essen gehen konnten und das tat ich nun auch. „Manu, mach die Augen auf!", wisperte ich dem Langhaarigen zu und unruhig senkte dieser seinen Kopf leicht, fast schon so, als würde er mich meiden. Ich grinste belustigt und ließ zu, dass er seine kalte Stirn an die meine lehnte. „Du hast doch so schöne Augen, magst du sie mir nicht Mal zeigen?", fragte ich schmunzelnd und blinzelnd öffnete sich das hübsche, dunkle Grün, in welchem man sich doch so schnell verlieren könnte. Verwundert öffnete sich der Mund meines Vordermanns einen Spalt breit und ich lächelte ihn an, das sah niedlich aus. Mit roten Wangen guckte der Ältere wieder weg. „Du hast bestimmt wieder Hunger, aber..., können wir noch einen Moment so liegen bleiben und kuscheln?"

~2250 Worte, geschrieben am 29.01.2023

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top