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Entspannt ließ ich mich in einem der beiden Sessel in der Bibliothek nieder und schlug das Buch über Vampire auf, welches ich eigentlich schon vor Ewigkeiten lesen wollte. Manuel war gegen Mittag raus gegangen, er wollte etwas spazieren gehen, so wie immer und deswegen hatte ich mich hier hin zurückgezogen, in der Hoffnung ein wenig mehr über die Wesen der Nacht zu erfahren. Bereits nach nur zwei Seiten fiel mir auf, das alles, was ich hier drinnen las sehr den Informationen entsprachen, welche ich auch schon aus dem Buch von Michael kannte. Der einzige Unterschied war, dass die ganzen Fakten nun geordnet waren und dass es kein Tagebuch war. Es verwunderte mich, dass es kaum Unterschiede zwischen den beiden Büchern gab, denn das würde bedeuten, dass es kaum Unterschiede zwischen Vampiren gab, und das konnte ich mir nicht vorstellen. Nur wenn ich an Manuel dachte, kamen mir Unterschiede in den Sinn, denn anders als Michael, fürchtete sich der Grünäugige vor Feuer und das hieß, dieses Buch war nur teilweise korrekt. Nicht jeder Vampir hatte Angst vor Feuer und ich würde gerne ein paar Notizen machen, dieses Buch hier berichtigen, doch das würde meinem Freund sicher nicht gefallen. Ich wollte seine Besitztümer nicht kaputt machen.
Betrübt stellte ich fest, dass der Autor dieses Buches seinen Namen nicht dort hinein geschrieben hatte. Wieder hätte ich die Schrift einer jungen Dame zugeordnet, so sauber und geschwungen sah sie aus, doch ich wollte aufhören einer Art zu schreiben einem Geschlecht zuzuordnen, also tat ich das auch nicht mehr. Je länger ich die Wörter in diesem Buch anstarrte, desto mehr machte sich in mir der Gedanke breit, dass das die Schrift des Mannes war, welcher das Tagebuch geschrieben hatte und so gerne ich es auch vermeiden wollte, ich wollte wissen wer es war. Der Autor des Tagebuches konnte vielleicht noch am leben sein, wenn ich Michaels Worte richtig deutete und ich wollte wissen, ob er auch dieses Buch hier verfasst hatte. Da Manuel nicht hier war, war die einzige Person, welche ich nach einer Antwort fragen konnte Michael und deswegen stand ich mit dem Buch zusammen auf, verließ die Burg und machte mich auf den Weg zu dem Vampir. Sicher würde Manuel sich später darüber aufregen, dass ich es gewagt hatte seine sichere Nähe zu verlassen und doch würde ich es mir nicht nehmen lassen meine Freiheit zu genießen, denn das war es, was mich glücklich machte.
Ganz leicht nur wagte ich es an die Tür des kleinen Hauses im Wald zu klopfen, als ich dort ankam, nur um einen Moment warten zu können. Es war ruhig hier, ich glaubte sogar für einen Moment, dass niemand zuhause war, doch so war es offenbar nicht. Ganz langsam öffnete sich die Tür zu dem Gebäude vor mir, sodass ich in das erschöpfte und bleiche Gesicht von Mau gucken konnte. Krank sah die Blonde aus, wenn nicht sogar kaputt und ich war sehr besorgt um sie, denn dieser Anblick erinnerte mich an den meinen, nachdem Manuel mir mein Blut ausgesaugt hatte. Schockiert öffnete ich meinen Mund ein Stück weit, was meinen Gegenüber leicht ihren Kopf schütteln ließ. „Leise, Patrick! Du musst flüstern, sonst weckst du ihn auf..., bitte geh!", flüsterte mir die Grünäugige zu, dabei schaute sie mich eindringlich an und ich verstand nicht was los war, die Größere hatte nie gewollt, dass ich sie alleine ließ. Niemals würde ich Mau hier alleine zurücklassen, wenn sie von dem Vampir misshandelt wurde, ich würde sie mit zu Manuel nehmen und ihr dann erst einmal genug zu essen bringen, sowie etwas zu trinken, denn das gab es hier kaum bis gar nicht.
„Mau, was ist denn passiert?", fragte ich also leise, dabei schaute ich ihr genau in die Augen und beobachtete, wie sich in dem hellen Grün einige Tränen bildeten, die mir mein Herz brachen. Immer wieder schaute die Wandlerin nun hinter sich, so als hätte sie Angst davor, dass dort jemand stünde. Ein kleiner Teil in mir drinnen wollte mich glauben lassen, dass Michael nicht dazu in der Lage war die Ältere in unserer Abwesenheit zu misshandeln, aber so wie es aussah, hatte der Vampir genau das getan. Nur ganz schüchtern und verängstigt wagte es meine Freundin mir ihren rechten Unterarm zu zeigen. Ich wagte es nicht einmal diesen länger als einen kleinen Moment anzusehen, als ich zwei kleine, dunkle Flecken nebeneinander sah, welche ganz eindeutig Biss Wunden waren. „Bitte geh, Patrick..., wenn Michael dich hört, dann..., dann will er bestimmt auch dein Blut trinken!", wisperte mir die Grünäugige zu und ich konnte nicht fassen was ich da hören musste, der Grauäugige trank ihr Blut gegen ihren Willen. Und statt wegzulaufen, blieb sie bei ihrem Peiniger und wollte mich nun davor beschützen ebenfalls gepeinigt zu werden, das durfte so nicht weitergehen. Ich würde Mau helfen, egal wie.
Entschlossen schüttelte ich meinen Kopf und umfasste das Buch etwas stärker. „Nein, wir gehen zusammen nach Hause! Manuel wird uns beschützen, das verspreche ich dir. Ich muss nur kurz ein Buch holen, dann können wir verschwinden! Fühlst du dich gut genug, um gehen zu können?", fragte ich leise, dabei drängte ich die Blonde vorsichtig zurück und schaute direkt in die Richtung des Schlafzimmers, dessen Tür gerade noch geschlossen war. Gleich darauf fiel mein Blick auf den Tisch und ich fand das, wofür ich eigentlich hier her gekommen war. So leise wie möglich nahm ich es mir das Buch und drehte mich schließlich zu Mau um, welche vollkommen betrübt da stand und versuchte nicht zu weinen. „Michael wird mich zu sich zurückholen...", wimmerte mein Schützling leise und ich schüttelte ablehnend den Kopf, das würde ich niemals zulassen. „Das kann er gerne versuchen, aber ich werde nicht zulassen, dass er dich noch einmal beißt! Möchtest du dich in eine Katze verwandeln? Dann kann ich dich nach Hause tragen und du musst dich nicht überanstrengen!", schlug ich vor, dabei stellte ich mich langsam vor sie und unsicher verdeckte die Blonde ihre Wunde am Arm, so als schämte sie sich dafür. Ich war schuld daran, dass sie alleine hier geblieben war, und ich übernahm die Verantwortung dafür.
„Kannst du draußen warten? Bitte...", fragte mich die Wandlerin leise und da ich sie schnell in Sicherheit bringen wollte, stimmte ich einfach zu. Es war unbeschreiblich schrecklich zu wissen, dass die Blonde ohne mich niemals in diese Situation geraten wäre und wenn ich das ganze irgendwie gutmachen konnte, dann würde ich es tun. Erst einmal würde ich Manuel jedoch berichten müssen, was geschehen war und vielleicht konnte der Langhaarige ja helfen. Er würde sicherlich wissen wie der Katze geholfen werden konnte, wie ich mich nun am besten um sie kümmerte und bestimmt würde er sie bei uns bleiben lassen, so wie er mich und Claus bei sich bleiben ließ. Ob mein Freund wohl sauer sein würde, weil ich hier ganz alleine gewesen war? Dieses Mal war noch nicht einmal Claus bei mir gewesen, aber mir ging es gut und ich hatte das, was ich wollte, besser ging es nicht. Erst, als sich eine kleine, müde blinzelnde Katze vor mich stellte, da hockte ich mich hin und strich dem kleinen Tier einmal sanft über das weiche Fell, nur um anschließend auf meine Brust klopfen zu können. Lächelnd nickte ich. „Du musst springen, Mau! Ich halte dich dann, okay?"
Unruhig legten sich die Ohren des Kätzchens an dessen Kopf an, doch sie tat das, was ich wollte. Augenblicklich drückte ich das Tier schützend an mich heran, dabei hielt ich die beiden Bücher mit meiner anderen Hand und begann zu lächeln. „Jetzt geht es nach Hause, Mau! Und ich mache dir dort erstmal etwas leckeres zu essen und wir zwei kuscheln ein bisschen, hm?", wisperte ich, während ich aufstand und langsam nach Hause ging, ohne auch nur einmal zurück zu blicken. Gerade eben musste ich stark sein für meinen Schützling, ich wollte ihr die Zeit geben, um sich ein wenig auszuruhen und wieder etwas zu Kräften zu kommen, so wie sie es verdient hatte. Ich hatte nicht genug darüber nachgedacht, dass Mau sich noch bei dem Vampir befand, im Gegenteil sogar, ich hatte das ganze ignoriert und nun wurde eine unschuldige, junge Dame für meinen Fehler bestraft, das tat mir so leid. Trotzdem versuchte die Blonde mich zu beschützen, sie riet mir zu gehen, bevor ihr Peiniger mir wehtun wollte und ich würde sie dafür so gut pflegen, dass sie mir meinen Fehler verzeihen würde. Was Manuel dazu sagte, war mir ganz egal.
„Claus? Machst du mir bitte die Tür auf, Claus?", fragte ich also vorsichtig, als ich am Eingang der Burg ankam und glücklicherweise schien der Werwolf gerade in der Nähe gewesen zu sein, denn keine Minute später öffnete sich die Tür zur Burg und ich wurde herein gelassen. Groß wurden die Augen des Wolfes, als er sah, wen ich bei mir hatte. „Danke schön. Lege diese zwei Bücher bitte in den Speisesaal auf den Tisch, okay? Ist Manuel wieder da?", fragte ich nun ruhig und wie befohlen tat der Ältere das, was ich wollte, brachte als erstes die beiden Bücher weg. Mit meinem nun freien Arm, konnte ich die kleine Mau etwas sicherer an mich heran drücken und begann damit sie zärtlich zu streicheln. Der kleine Körper auf meinen Armen war merklich angespannt, die Katze fürchtete sich vor allem und ich verstand das, sie war schließlich erschöpft und gerade vor ihrem Peiniger entwischt. „Patrick, Manuel hat sich riesige Sorgen um dich gemacht, weil du einfach weggegangen bist! Er hat gedacht, er hätte irgendetwas falsch gemacht..., warum gehst du ohne etwas zu sagen zu Michael?", berichtete mir mein Freund und ich fragte mich, wieso Manuel solch starke Verlustängste hatte. Nun musste ich mich um zwei Personen kümmern, doch das schaffte ich.
„Eigentlich wollte ich nur ein Buch von Michael leihen, aber dann habe ich Mau gesehen und Michael hat ihr Blut getrunken. Ich lasse nicht zu, dass sie noch einmal in die Nähe von diesem Vampir kommt..., magst du ihr vielleicht eine Milch machen? Sie hatte bei Michael nicht unbedingt viel zu essen und zu trinken...", erklärte ich dem Wolf leise und schockiert musterte der Braunäugige die Kleine, denn das war wohl etwas neues, grausames für ihn. Leicht nur nickte der Wolf und kam auf mich zu, um mir behutsam das Kätzchen wegnehmen zu können. Ich ließ das ganze einfach geschehen, Claus wusste schließlich was er tat und beschützte mich, sowie die Personen, welche er mochte, dazu zählte auch Mau. „Ja, ja natürlich, Patrick. Komm mit, mein kleines Kätzchen, lass uns dir ein bisschen etwas zu essen zusammen sammeln! Ich lasse dich nie wieder alleine, versprochen!", wisperte mein Freund dem Kätzchen leise zu, dabei strich er sanft über das weiche Fell des Wesens und lief davon, in Richtung Speisekammer. Seufzend senkte ich meinen Blick ein Stückchen und lief die Treppe nach oben, um nach meinem Vampir sehen zu können. Ich hatte nicht vor ihn zu verlassen und das sollte er verstehen.
Vorsichtig öffnete ich die Tür zu dem Zimmer des Älteren und erblickte ihn tatsächlich auf seinem Bett sitzen, mit eingesunkenen Schultern und gesenktem Blick. Sofort setzte ich ein kleines Lächeln auf und setzte mich neben den Größeren, um ihn umarmen zu können. „Hey, nicht traurig sein, Manu! Ich bin doch hier..., entschuldige, dass ich dir nicht gesagt habe, wo ich hingehe, aber du warst nicht da und es war mir wichtig. Bist du mir böse?", fragte ich vorsichtig, dabei spürte ich, wie Manuel mir sanft seine beiden Arme um den Körper legte und ich war erleichtert, das war ein gutes Zeichen. Ich hatte den Grünäugigen nicht beunruhigen oder gar traurig machen wollen, doch das hatte ich getan, ganz unbewusst. „Bitte höre auf zu Michael zu gehen, Patrick. Ich..., ich möchte nicht, dass du dich in Gefahr begibst und Michael kann dir gefährlich werden, auch wenn du ihm vertraust! Bleib hier bei mir, bitte! Hier kann ich auf dich aufpassen...", wisperte mir mein Freund ins Ohr und ich lächelte sanft, er war so lieb zu mir. Ganz behutsam strich mir der Ältere durch mein Haar und wartete darauf, dass ich ihn von mir stieß, doch das würde ich nicht tun.
„Ich habe nicht vor jemals wieder zu Michael zu gehen, Manu. Er hat nämlich das Blut von Mau getrunken und niemand tut meiner Mau weh! Darf sie hier bei uns bleiben? Bitte?", fragte ich den Vampir vorsichtig und ich bekam ein kleines Seufzen als Antwort, was mich etwas verunsicherte. Schon von Anfang an war der Grünäugige kein Freund von der unschuldigen, kleinen Katze gewesen und doch hatte ich die Hoffnung, dass er Mitleid haben könnte, so wie ich. Es war nicht viel, was ich wollte, die Blonde sollte nur in Sicherheit sein dürfen und wenn mein Nebenmann das nicht von sich aus zuließ, dann musste ich eben ein wenig auf ihn einreden. „Das ist nicht gut, Paddy. Wenn..., wenn ein Vampir jemanden beißt und ihn nicht tötet, dann beansprucht er diese Person für sich alleine! Michael hat Mau für sich beansprucht, so wie ich dich für mich beansprucht habe..., ich weiß, dass du ihr helfen willst und dass du sie gerne hast, aber Michael wird sie sich zurückholen kommen und ich kann ihn nicht aufhalten! Bitte schau mich nicht so an, ich würde doch gerne helfen! Ich kann nur nicht, sonst würde Michael dich mir wegnehmen."
~2210 Worte, geschrieben am 27.01.2023
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