19
Blinzelnd öffnete ich meine Augen und versuchte die Decke zu fokussieren, doch das brauchte einen kleinen Moment. Ganz offensichtlich befand ich mich in meinem Bett, eine Decke lag auf mir und ich schloss meine Augen erneut, alles fühlte sich schwer an. Die Sonne schien draußen, ich vernahm einen Vogel zwitschern und trotzdem lag meine Aufmerksamkeit allein auf einem einzigen Detail in meiner Umgebung, einer kalten Hand neben mir. Langsam nur fand ich die Kraft dazu mit meiner linken Hand nach etwas zu tasten, was direkt neben mir lag und ich hörte ein erschrockenes einatmen, bevor sich die kalte Hand um die meine linke schloss, jemand lag neben mir. „Patrick? Bist du wach?", erklang die aufgeregte Stimme Manuels und ich wollte antworten, doch es ging nicht. Wie schon bei meinem ersten Biss, hatte ich nicht einmal die Kraft ein Wort zu sprechen und deswegen drückte ich die Hand meines Nebenmanns so fest wie ich nur konnte. „Oh Patrick, Gott sei Dank geht es dir gut! Habe keine Angst, ich habe dich nicht alleine gelassen, die ganze Zeit über nicht. Bitte bewege dich nicht, okay? Ich bin so froh, dass du da bist..., ich dachte kurz, dass ich zu viel deines Blutes getrunken habe, weil du nicht mehr aufwachen wolltest!"
Mein Herz wurde weich, als ich diese Worte hörte. Manuel, der starke und böse Manuel, hatte Angst davor gehabt mich zu verlieren, das klang so surreal. Ganz sanft hielt der Größere mich nun fest und ich lächelte innerlich, er war süß. „Ist gut, lass dir Zeit mit dem Aufwachen..., du hast fast einen ganzen Tag geschlafen! Ich habe nicht viel von dir getrunken, Patrick, aber dein Körper ist noch immer so erschöpft gewesen von dem ersten Mal und ich schwöre dir, dass es das letzte Mal war, dass ich von dir getrunken habe. Noch einmal lasse ich dich nicht so leiden...", erzählte mir mein Freund ruhig und ich staunte nicht schlecht, das hieß, es war der Mittag des nächsten Tages. Ganz allein hatte mich der Ältere also nach Hause getragen, mich in mein Bett gelegt und er passte auf mich auf, das war so schön von ihm, so lieb. Ein Biss war für den schwächlichen Körper eines Menschen der Todesstoß, wie es schien. Nahm der Vampir auch nur einen Tropfen zu viel des kostbaren rotes, so starb der Mensch mit einem Mal. Und doch weilte ich noch immer unter den Menschen, denn mein Vampir mochte mich.
„Du hast einen guten Instinkt, was Vampire angeht, wie es mir scheint. Hätte..., hätte ich mich noch den Rest des Weges mit dir nach Hause geschleppt, so wie ich es eigentlich vor hatte, dann wäre ich wohl schon bald in einen Blut Rausch verfallen, aber du wusstest was zu tun war. Du hast mir dein Blut gegeben, ohne auch nur einen Moment zu zögern und ich bin dir dankbar dafür. Ich werde mich revanchieren, das verspreche ich dir, Patrick...", meinte der Vampir und ich lauschte seinen Worten gespannt, er war mir dankbar für meine Tat. Hallende Schritte waren von außerhalb zu vernehmen, sie waren eilig und schnell, laut und stampfend, doch erkannte ich sie fast sofort, es waren die Schritte von Claus. Aufgeregt kam der Lockenkopf nach oben geeilt und ich freute mich, er hatte also von unten vernommen, dass sein Herr mit mir redete. „Claus, sei still! Rege dich nicht auf, sonst machst du Patrick noch Angst...", wies mein Nebenmann seinen Angestellten zurecht und wie es ihm befohlen wurde, so wurde er langsamer, fast schon gemächlich. Mir machte besonders der liebenswerte Claus doch keine Angst, wie könnte er das auch, aber ich konnte nichts sagen, leider.
Einen Moment lang war es still, bis sich der Brünette einmal leise räusperte. „Ähm, Herr..., ich glaube, Ihr habt einen Fiebertraum. Patrick schläft noch! Braucht Ihr noch ein wenig Blut?", fragte der Wolf vorsichtig nach, doch das schien meinem Nebenmann gar nicht zu gefallen. Sorge stieg in mir auf, als ich das hörte. Manuel hatte Fieber? Seine Hand war doch so kalt wie sonst auch, sie war nicht warm, ihm ging es gut. Der Ältere war gesund und munter, auch wenn er etwas liebevoller war als zuvor. „Nein, nein! Er hat sich bewegt. Ich habe ihn gefragt, ob er wach ist und er hat nach meiner Hand gegriffen! Er ist nur noch zu müde um seine Augen zu öffnen..., mach ihm eine Suppe, Claus!", lautete die Anweisung des Grünäugigen und ich nahm all meine Kraft zusammen, um die rechte Hand meines Freundes noch einmal zu drücken, er sollte merken, dass ich sie beide hörte und verstand. Erschrocken setzte sich der Vampir nun auf und ich wurde losgelassen, was ich nicht verstand, der Langhaarige wollte doch bei mir bleiben. „Da, er hat es schon wieder getan!", meinte Manuel aufgeregt und ein kleines seufzen war von der Seite zu hören, Claus klang mitleidig.
„In Ordnung. Bitte seid nicht so laut, Herr, das stresst Patrick sonst nur und dann geht es ihm schlechter. Er braucht Ruhe und vielleicht ein bisschen mehr Wärme, so blass wie er ist. Ich glaube, er bekommt Fieber...", sprach der ruhige Claus aus was er dachte und eine große, warme Hand legte sich auf meine Stirn, um meine Temperatur genau wahrnehmen zu können. Mir war tatsächlich etwas kalt, doch das konnte auch daran liegen, dass ich neben einem halben Eisblock lag und nicht einmal ganz in meine Decke eingewickelt war. Krank fühlte ich mich eigentlich nicht wirklich, doch das konnte noch kommen, schließlich hatte ich meine Zeit mit einem kranken Vampir gemeinsam verbracht. „Er wird kein Fieber bekommen. Komm mit, Claus, ich weiß was zu tun ist!", antwortete mein Freund, dabei stand er entschlossen von meinem Bett auf und der Werwolf folgte seinem Herrn wortlos, sie ließen mich also alleine. Stille trat ein, eine tödliche, ewig wirkende Stille und ich wurde unruhig, fühlte mich nicht wohl. Je länger ich so alleine blieb, desto mehr fiel mir auf, dass mein Kopf schmerzte und ich öffnete blinzelnd meine Augen, bevor ich mich einmal leise räusperte. Mein Hals war kratzig und trocken, das gefiel mir gar nicht.
Keine zwei Minuten später, ich hörte nicht einmal Schritte, da erblickte ich einen blassen und müde aussehenden Manuel in der Türschwelle stehen, welcher jedoch ein ehrliches Lächeln aufsetzte, als er sah, dass ich meine Augen geöffnet hatte. „Patrick, hey..., alles ist gut, dir wird es bald wieder besser gehen! Komm, ich helfe dir dabei dich aufzusetzen...", sprach der Vampir lächelnd auf mich ein, während er auf mich zuging und mir leicht unter die Arme griff, damit ich mich aufsetzen konnte. Schmerzerfüllt kniff ich meine Augen zusammen und zischte auf, als ich mich aus Reflex mit meinem rechten Arm abstützen wollte. Ich hatte vergessen, dass der Biss des Vampirs mir Schmerzen an der Wunde zufügte und das wurde mir nun zum Verhängnis. „Nicht den rechten Arm bewegen! Du musst dich gut ausruhen, damit es deinem Arm bald wieder besser geht. Claus bringt dir gleich eine warme Suppe und dann wird es dir bald wieder gut gehen, versprochen. Ich bin dir auch keinen Moment von der Seite gewichen, seit ich dich hier her gebracht habe! Ich hatte gehofft, das würde dich ein wenig freuen, so wie du es gesagt hattest...", erzählte mir der Grünäugige und ich lächelte sanft, er hatte sich gemerkt was ich ihm erzählt hatte.
Mit meiner linken Hand klopfte ich also zwei Mal neben mich auf die leere Bettseite und erfreut lächelte der Größere, bevor er sich wieder neben mich unter die Decke begab. Mühsam rutschte ich dem Grünäugigen ein wenig näher, nur um mich müde an ihn lehnen zu können und meine Augen wieder schließen zu können. Selig lächelnd sorgte mein Nebenmann nun dafür, dass ich wieder etwas wärmer zugedeckt war, bevor er sich behutsam meine linke Hand nahm und auf mich hinab schaute. „Wenn du etwas gegessen hast, dann musst du schön weiter schlafen, okay? So lange du müde bist, musst du dich ausruhen und ich passe weiterhin gut auf dich auf. Sag, überfordere ich dich? Claus sagt, ich überfordere dich, aber ich möchte nur, dass du wieder gesund und munter wirst...", fragte mich der Grünäugige leise und ich überlegte für einen Moment. Ich hatte noch nie gesehen wie der gnadenlose, grausame und ernste Vampir sich so um jemanden gekümmert hatte wie er sich gerade um mich kümmerte, das gefiel mir sehr. Es war für meinen Geschmack tatsächlich etwas viel, doch er meinte es gut und ich schüttelte leicht den Kopf, wollte dem Brünetten ein gutes Gefühl vermitteln.
Mit kratziger Stimme sprach ich schließlich, wenn auch erst einmal nur bemüht. „Alles ist gut!", meinte ich leise und beruhigt wurde mein Nebenmann still, er ließ mich in Ruhe. Immer wieder im gleichen Takt strich mir der Ältere mit dem Daumen über den Handrücken, während er mich seine Nähe suchen ließ und ich genoss diese Zärtlichkeit, musste versuchen nicht wieder einzuschlafen. Hatte Manuel genug meines Blutes abbekommen können, um wieder auf die Beine zu kommen, oder war es nur der Anstoß gewesen um sich selbst ein Tier fangen zu können? Ich hoffte, das was ich ihm hatte geben können war ihm genug gewesen. Einige ruhige Minuten saß ich so still da und ruhte, bis ich die tiefen Schritte des Wolfes vernehmen konnte, welcher wohl die angekündigte Suppe nach oben brachte. Lächelnd öffnete ich meine Augen und erblickte einen freudigen, glücklichen Claus auf mich zukommen, dessen Rute so schön hin und her wedelte, dass ich erleichtert war. Beide Männer freuten sich darüber, dass ich am Leben war, das fühlte sich gut an. „Paddy, hey! Es ist so schön dich wohlauf und munter zu sehen, das freut mich richtig. Schau, ich habe dir eine Gemüsebrühe gemacht, die dich hoffentlich schnell wieder auf die Beine bringt!"
Mit einer braunen Holzschüssel in der Hand setzte sich Claus auf einen Stuhl neben meinem Bett und nahm einen Löffel der Brühe, um mir diesen hinhalten zu können. Langsam und gemächlich ließ ich mich von dem Wolf füttern, dabei fand ich schließlich sogar wieder die Kraft um mich alleine etwas mehr aufzusetzen und glücklich schaute mich Manuel derweil an, er war besonders froh mich wieder wach zu sehen. Erst, als ich die Schüssel leer gegessen hatte, da entwich mir ein kleines gähnen und die zwei Männer in meinem Zimmer schmunzelten belustigt, was sollten sie auch anderes tun. „Schlaf noch ein wenig, Patrick, ja? Solltest du etwas brauchen, dann sag nur meinen Namen und ich werde erscheinen!", sprach Claus, bevor er sich zu mir hinüber beugte und mir zwei Mal mit wedelnder Rute über die Stirn leckte, das war das Zeichen dafür, dass er mich mochte. Voller Liebe wurde ich von ihm angesehen, bevor er mit der leeren Schüssel bepackt das Zimmer verließ und mich mit Manuel alleine ließ. Unzufrieden guckte der Vampir seinem Angestellten nach, was mir gar nicht zusagte, er sollte nicht böse sein. Müde legte ich mich einfach wieder hin und wartete darauf, dass sich der Grünäugige ebenso hinlegte, doch das tat er nicht.
Erschöpft schaute ich also zu dem Brünetten auf. „Kannst du mich umarmen, Manu? Bitte...", wisperte ich also, dabei guckte ich den Älteren mit treuen Augen an und er nickte leicht, bevor er sich wieder hinlegte, nur um sich mir zudrehen zu können und mir zärtlich seinen linken Arm um die Taille legen zu können. Wohlig schloss ich meine Augen und ließ mich umarmen, fühlte mich beschützt wie sonst nie. „Ja natürlich, schlaf schön, Patrick! Ich werde versuchen dir nicht weh zu tun, versprochen!", flüsterte mir der Größere in mein Ohr und ich kuschelte mich an seine starke Brust heran, genoss seinen Schutz und seine Liebe. Es war wohl die größte Angst des Langhaarigen, dass er mir im Schlaf versehentlich über die Wunde an meinem rechten Arm strich und mir wehtat, aber er brauchte keine Angst zu haben. Der Schmerz an meinem Arm würde vorübergehen und dann würde alles wieder gut sein. Claus war glücklich, Manuel würde glücklich sein und ich würde versuchen tanzen zu erlernen, so wie ich es eigentlich vor gehabt hatte, bevor ich mein Blut für einen guten Zweck spenden musste.
Überlegend öffnete ich meine Augen wieder. „Ist..., ist Mau da gewesen, Manu? Hat einer von euch sie gefüttert oder ihr zumindest etwas zu essen raus gestellt?", fragte ich den Mann vor mir leise, denn ohne das Wissen, dass es der Katze gut ging würde ich nicht in Frieden ruhen können, da war ich mir sicher. Verwundert wurde ich nun angesehen, das kam überraschend. Eigentlich sollte ich mir in meinem Zustand gar keine Gedanken darum machen wie es einer Katze ging, die nicht einmal meine war, doch ich konnte nicht anders, es beschäftigte mich. „Claus hat ihr einen Fisch vom Markt gegeben, ja! Und er hat sie auch etwas für dich gestreichelt. Ich wollte lieber bei dir sein als zu ihr zu gehen, aber es geht ihr gut...", erzählte mir der Grünäugige und ich nickte beruhigt, das war es was ich hören wollte. Beruhigt schloss ich meine Augen wieder und konzentrierte mich allein auf den gleichmäßigen Atem meines Freundes, fühlte mich wohl. Eine ganze Weile lang lag ich einfach nur still da und ließ mich festhalten, bis ich das leise Maunzen einer Katze hören konnte, welches immer näher kam. Ein Lächeln legte sich auf meine Lippen, als ich Schritte hörte, Claus brachte mir meine Mau.
~2200 Worte, geschrieben am 29.12.2022
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top