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Ein winziges, kleines Lächeln lag auf den bleichen Lippen Manuels und ich sah das gerne. Mittlerweile war ein ganzer Tag vergangen, seitdem ich dem Vampir meine Meinung mitgeteilt hatte und es ging uns beiden bereits sehr viel besser, genau wie Claus auch. Der Wolf hatte sich sehr darüber gefreut, dass ich mich wieder mit seinem Herrn vertragen hatte und so bereitete er mir das leckerste Mahl vor, welches ich wohl jemals verspeisen durfte. Das tat ich jedoch dieses Mal nicht alleine, denn mit einem Teller für mich bewaffnet setzte ich mich genau auf den Platz, auf dem ich auch am Morgen schon saß und ich brachte anschließend Manuel einen großen Krug voller Blut, über den sich der Langhaarige deutlich freute. Offenbar hatte der Grünäugige meinetwegen beschlossen keine Tiere mehr vor meinen Augen auszusaugen, um seinen Blutdurst zu stillen, was ich sehr lieb von ihm fand. Claus blutete nun jeden Morgen und Abend einen Hasen aus, sodass der Vampir seine benötigte Nahrung zu sich nehmen konnte und ich war so glücklich über diese Situation, dass ich den ganzen Tag lächelte. Auch am heutigen Morgen frühstückte ich wieder mit Manuel gemeinsam und er ließ mich tun, hatte kein Problem mit meiner Anwesenheit, so lange ich nicht zu viel sprach.
Behutsam strich der Vampir der Katze auf seinem Schoß durch ihr Fell und lächelte. Es geschah laut ihm selten, dass sich ein solches Tier in seine Nähe verirrte und ich war begeistert davon, wie sehr sich der Größere über das winzige Tier freute, sah das gerne. „Ich glaube, das ist jetzt meine Katze...", wisperte der Grünäugige und ich schnaubte leise, das glaubte ich eher weniger. Mau war mir ein wahres Rätsel, die Katze tauchte seit dem ich hier war sehr oft auf dem Hof auf und ich würde sie wirklich gerne behalten, erst recht nun, wo ich den Vampir dazu gebracht hatte das Tier ebenso zu mögen, doch das ging nicht. „Mau gehört irgendjemandem, wir können sie nicht behalten! Vergiss nicht, sie hat immerhin ein Band mit ihrem Namen um ihren Hals getragen...", sprach ich aus und grinsend wurde ich dafür von meinem Nebenmann angeschaut, ihm war diese Tatsache ganz egal. Der Vampir hatte bereits viele Menschen und Tiere umgebracht, er hatte vor nichts und niemandem Angst und ihm waren die Regeln der Gesellschaft egal, also würde er auch eine Katze behalten, die bereits jemandem gehörte, so war er nun einmal.
„Wer seine Katze frei herumlaufen lässt, der muss damit rechnen, dass sie sich ein neues Zuhause sucht! Und wir können gut für sie sorgen. Außerdem..., kannst du in dieses Gesicht schauen und Mau sagen, dass sie kein sicheres Zuhause und ein paar sie liebende Menschen verdient hat?", wollte der Größere von mir wissen, dabei deutete er auf den Kopf der Katze und wie als wäre es geplant gewesen, schaute diese mich mit zwei großen, glänzenden Knopfaugen an. Leise seufzte ich, Manuel kannte mich zu gut. Natürlich hatte dieses Kätzchen ein sicheres zuhause und vor allem Liebe verdient, aber das konnte sie alles von ihrem wahren Besitzer bekommen, dafür brauchte sie nicht uns. „Nein, das kann ich nicht..., aber sie hat trotzdem schon jemanden, der sie liebt und ich könnte dieser Person niemals ein geliebtes Tier wegnehmen, so gerne ich es auch haben möchte. Ich kann dich nicht davon abhalten Mau hier zu behalten, aber ich kann dir sagen, dass ich nicht glücklich darüber wäre sie hier zu haben!", antwortete ich und etwas sanfter schaute der Vampir nun zu mir, es tat ihm leid das zu hören. Behutsam strich mein Freund seinem Tierchen durch dessen Fell und senkte den Blick zusätzlich, zeigte Unterlegenheit.
„Entschuldigung, das war unangemessen von mir. Ich werde Mau nicht behalten, das verspreche ich! Ich wollte nur, dass du eine Katze haben kannst, so wie du es wolltest! Tut mir leid...", wisperte der Größere und ich schaute ihn vorsichtig an, er war also doch nicht so herzlos jemand anderem sein Tier wegnehmen zu wollen, das beruhigte mich. Er hatte gedacht, er könnte mir damit eine Freude machen und ich lächelte wieder erfreut, rutschte dem Langhaarigen nun etwas näher. Still lehnte ich mich einfach an den Älteren heran und begann Mau zu streicheln, genau wie der Vampir auch. Für einen Moment zögerte der Brünette, doch dann machte er einfach weiter und ich lächelte, fühlte mich wohl. „Schon gut. Ich habe ja jetzt dich, um den ich mich kümmern kann!", sprach ich und meine Augen musterten in Ruhe die Natur vor uns, während ich mein Leben genoss. Gemeinsam saßen Manuel und ich auf einer Treppenstufe, welche herunter in den Hof der Burg führte. Die Sonne schien hell am Himmel und ich genoss die Zeit, die ich mit dem Vampir verbringen durfte, denn diese Zeit gefiel mir. Natürlich redete ich nicht so viel wie ich es mit jemand anderem tun würde, doch ich lächelte trotzdem und fühlte mich wohl.
Still saßen wir also nebeneinander, ich lehnte an dem Älteren und beide streichelten wir Mau. Ich musste zugeben, die körperliche Nähe eines anderen hatte mir viel mehr gefehlt als ich es zuerst gedacht hätte und dass es Manuel war, bei dem ich mich so wohl fühlte, das wäre mir nie in den Sinn gekommen. Innerlich wusste ich, dass nichts und niemand die Lücke füllen konnte, die meine Mutter in mein Herz gerissen hatte, seitdem ich sie nicht mehr jeden Tag sehen durfte, doch der Grünäugige neben mir war eine gute Ablenkung, um nicht mehr immer daran denken zu müssen. Ob ich den Vampir wohl dazu überreden könnte meine Mutter hier einziehen zu lassen, damit ich mich um sie kümmern konnte? Er hasste die Gesellschaft vieler Menschen und gerade in diesem Moment, wo ich gerade erst die Erlaubnis erhalten hatte ihn bei seinem Namen anzusprechen, da durfte ich ihn nicht verärgern oder wütend machen, in dem ich zu viel von ihm verlangte. Für die nächsten Tage würde ich mich an den Brünetten heran tasten, ihm meine Aufmerksamkeit schenken und ganz viel lächeln, schließlich fand der Größere, dass mein Lächeln schön war. Es war merkwürdig von einem anderen Mann ein Kompliment zu bekommen, doch es freute mich irgendwie.
Irgendwann jedoch, ich hatte bereits meine Augen geschlossen und war ganz in meinen Gedanken versunken, da vernahm ich träge Schritte hinter mir und nahm meinen Kopf von dem Arm des Vampirs, so wie er es wohl wollte. Verwundert guckte der Langhaarige mich an, ließ jedoch zu, dass ich mich von ihm entfernte. Es war Claus, der sich nun schüchtern neben mir niederließ und mich musterte. „Darf ich auch bei euch sein, Herr?", bat der Wolf seinen Arbeitgeber leise und ich freute mich, er wagte es sich zu uns zu gesellen. Für gewöhnlich machte der Werwolf ausschließlich in der Küche eine Pause, doch nun, da ich Manuel ein wenig dazu gebracht hatte sich einen Ruck zu geben und sich auf andere einzulassen, da wollte auch der Lockenkopf etwas Zeit mit uns verbringen. Unzufrieden guckte der Ältere weg, nickte jedoch, als er meine freudigen Augen sah. „Wenn es dich erfreut, in Ordnung!", sprach der Mann neben mir und ich lächelte glücklich, denn es war schön Zeit mit denen zu verbringen, die ich mochte. Augenblicklich rutschte ich zu dem Riesen herüber, um mich an diesen lehnen zu können.
„Ich werde jetzt übrigens mit dir schmusen, Claus, damit ich Manuel nicht mehr nerve!", erzählte ich dem Wolf lächelnd und der Größere nickte verstehend, wobei seine Rute begann erfreut zu wedeln. Es war schön für den Lockenkopf mit jemandem schmusen zu dürfen, er war ein genau so großer Freund von Umarmungen wie ich einer war und ich würde von nun an ihn mit meiner Suche nach Liebe nerven, bevor ich Manuel überforderte. Enttäuscht sah mich der Grünäugige von der Seite an, doch er sagte nichts. Aus Angst mich zu kränken hätte er wohl nie etwas zu mir darüber gesagt, dass ich ihn gerade nervte und ärgerte, also nahm ich ihm den Ärger der körperlichen Nähe einfach so, damit er sich nicht über mich beschweren konnte. „Das ist in Ordnung! Ich bin einfach nur froh bei euch sein zu dürfen!", erwiderte der Braunäugige und ich schloss wohlig meine Augen, das hier war ein schöner, ein angenehmer Tag. Es gab nichts auf der Welt, was mich mehr erfreuen würde als einfach die Ruhe und den Frieden des Tages zu genießen, in Gedanken zu schwelgen und mir auszumalen, wie ich Manuel an seinem Flügel spielen sah. Noch immer hatte ich dieses traurige Lied in meinem Kopf, doch bisher kam ich nicht dazu es noch einmal zu hören, leider.
Wieder brach grenzenlose Stille über uns hinein, doch diese hielt nicht lange an. Mit einem Mal jagte Manuel nämlich die Katze von seinem Schoß und stand auf, um seine Burg betreten zu können. Verwundert schaute ich ihm nach. Irgendwie war der Grünäugige nicht mehr ganz so glücklich wie zuvor, seitdem Claus sich zu uns gesetzt hatte und ich konnte nicht verstehen woran das lag, ich störte ihn doch nicht mehr. Er selbst hatte gesagt, dass ich mich mit Claus zufrieden geben sollte und das tat ich, aber aus irgendeinem Grund schien das dem Älteren nicht zu gefallen. Auch der Wolf schaute dem Vampir nun nach und legte die braunen Ohren an den Kopf an, um mich schließlich anschauen zu können. „Manuel geht zur Grabstätte im Wald. Ich glaube, du hast ihn traurig gemacht...", meinte mein Freund und ich schaute ihn verwundert an, löste mich von ihm. Ich hatte doch nichts schlechtes gewollt, indem ich mich von dem Vampir gelöst hatte, ich wollte nur zeigen, dass ich ein aufmerksamer junger Mann war, der die Grenzen eines anderen akzeptierte und beachtete, mehr nicht. „Wie denn das? Habe ich etwas falsches gesagt?"
Leicht schüttelte der Größere seinen Kopf. „Manuel mag dich gerne und er sagt es zwar nicht, aber er hat sich darüber gefreut, dass du ihm so nahe gewesen bist. Ich habe ihn noch nie so lächeln sehen wie bei dir gerade...", antwortete der Wolfsmensch und ich guckte überfordert, es hatte Manuel also wirklich gestört, dass ich mich von ihm weggesetzt hatte. Es war mir ein Rätsel, wieso meinte er erst, ich solle mich zu Claus setzen und mir bei ihm Liebe suchen, nur um dann einen Tag später betrübt zu sein, wenn ich tat was er wollte? Ich hatte nicht vor jemanden zu verletzen, das Gegenteil war der Fall. Auch mir war aufgefallen, dass der Grünäugige nun in meiner Gegenwart lächelte, so wie ich das in der seinen tat. „Gestern hat er gesagt, wenn ich jemanden umarmen möchte, dann soll ich dich umarmen, weil Manuel so etwas nicht so gerne macht. Ich wollte ihn nur nicht nerven!", erklärte ich, doch der Mann neben mir sah mich kaum mehr an. Sobald Manuel zurück kam, würde ich ihn zu einer Runde Schach gegen mich herausfordern und noch ein wenig Zeit mit ihm verbringen, so wie er es sich gerade eben wohl eigentlich gewünscht hatte.
„Dich hat er offensichtlich gerne in seiner Nähe, Patrick. Und er hat dich für deinen Wutausbruch gestern nicht einmal bestraft, das bedeutet etwas, glaube mir! Ich kenne ihn schon sehr lange und er möchte dich wirklich gerne als Freund gewinnen, aber er hat Angst davor und meidet dich deswegen! Er lässt niemanden an sich heran und du bist ihm schon näher als ich, obwohl er mich seit über zehn Jahren kennt!", sprach mein Nebenmann und ich senkte betrübt meinen Kopf, das war doch alles sinnlos. Dass er mich mied, weil er sich nicht traute sich mir anzuvertrauen, das wusste ich bereits, aber was der Grund dafür war, das war mir ein Rätsel. So wie sich der Vampir verhielt, gab es sicher einmal jemanden der ihn betrogen oder verletzt hatte, deswegen scheute er sich nun davor eine neue Freundschaft mit mir einzugehen und ich musste zeigen, dass er doch eigentlich eine Freundschaft brauchte. Machte er für immer so weiter, so würde er bis an sein Lebensende ganz alleine sein und niemand würde ihn vermissen, doch so sollte es nicht sein. Auch Manuel hatte ein gutes Herz und er verdiente es in Frieden ruhen zu können, sollten Vampire überhaupt jemals sterben können.
Nachdenklich blickte ich auf meine beiden Hände, welche ich ineinander legte, um sie kneten zu können. „Ich werde mit ihm reden, wenn er zurück kommt. Niemand sollte ganz alleine sein müssen und keine Freunde haben, nicht einmal ein Vampir...", wisperte ich zum Ende hin und ein Seufzen erklang von neben mir, denn Claus stand nun auf, um sich den Dreck des Bodens vom Körper klopfen zu können. Leicht schaute ich zu dem Braunäugigen auf, welcher nun sanft lächelte und mir seine rechte Hand hinhielt, um mich hoch ziehen zu können. Mit wedelnder Rute wurde ich in den Arm genommen und wurde gehalten, bekam Schutz. „Tu das. Aber wenn er dich nicht an sich heran lässt, dann gib ihm Freiraum und führe dieses Gespräch später, okay? Manuel ist schon immer schnell wütend geworden, wenn er sich von anderen in die Ecke gedrängt gefühlt hat und ich möchte nicht, dass er dir versehentlich wehtut, weil er seine Kontrolle verliert. Er findet es schwer die Wahrheit zu akzeptieren und er braucht viel Zeit dazu. Gib ihm einfach diese Zeit, dann lässt er dich an sich heran!"
~2190 Worte, geschrieben am 27.12.2022
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