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Einen Moment lang saß ich einfach nur still da und ließ Manuels liebe Worte auf mich wirken. Es war wahr, er hatte nicht unbedingt ein Talent dafür nette Dinge zu sagen, aber im inneren war er eben doch ganz lieb und er wusste nur nicht wie er seine Gefühle zum Ausdruck bringen sollte. Meinetwegen hatte der Grünäugige eine Katze geholt, er wollte mir meinen Willen lassen und mir die Chance geben mich um ein Wesen wie diesen Kater zu kümmern, das war so nett von dem Vampir. Ich hatte schon geahnt, dass der Langhaarige mich am gestrigen Abend nur beschützen wollte, aber er musste unbedingt an sich selbst arbeiten und ich würde ihm dafür einige Ratschläge geben, so sanft wie nur irgendwie möglich. Entschlossen stand ich auf und lief in den Speisesaal, in welchem ich ein kleines Frühstück für mich vorfand. Claus hatte wohl zwei Eier gebraten und mir zusätzlich ein Brot mit Erdbeermarmelade auf den Tisch gestellt, was ein leckeres Frühstück war, das wusste ich schon in diesem Augenblick. Auf dem Platz gegenüber meinem saß ein etwas verunsicherter Manuel, es stand ein Glas mit einer roten Flüssigkeit darin vor ihm und ich lächelte sanft, während ich auf meinen Platz zu ging, zeigte meine Gefühle klar.

Leise räusperte ich mich, um die Aufmerksamkeit des Vampirs zu erlangen und er guckte zu mir, hatte offenbar etwas Angst vor meiner Reaktion. „Ich akzeptiere Eure Entschuldigung. Allerdings möchte ich Euch um etwas bitten, damit das ganze nicht noch einmal so eskaliert, okay?", begann ich meine Rede zu halten und der Größere schaute verwundert, bevor er einmal leicht nickte. Ich bedeutete diesem Mann zwar nichts, aber ganz offenbar kratzte es an seiner Ehre, dass er es nicht einmal schaffte einen Menschen problemlos hier zu behalten und das wollte er ändern, deswegen schrieb er mir einen Brief. Lächelnd legte ich den Zettel beiseite, sodass er nicht dreckig werden konnte. „Ich möchte, dass Ihr von jetzt an immer, wenn Ihr wegen mir wütend werdet, die Augen schließt und bis fünf zählt. Ihr werdet wirklich schnell wütend wegen nichts und ich muss ganz ehrlich sagen, Ihr seid der wohl störrischste Mann, dem ich je begegnet bin, aber das ist in Ordnung, weil Ihr eben so seid wie Ihr seid! Könnt Ihr das tun? Wenn Ihr mir wirklich nicht wehtun wollt, dann werde ich mir dafür auch Mühe geben Euch nicht irgendwie zu verärgern, versprochen."

Empört zog mein Herr seine Augenbrauen zusammen und wollte beginnen zu widersprechen, da zog ich meine linke Augenbraue in die Höhe und der Vampir verkniff sich einen bösen Kommentar, er blieb stark. Irgendjemand musste dem Grünäugigen klar machen, dass er viel zu schnell wütend wurde und ich sah gerade eben meine Chance dazu das zu tun, denn noch fühlte er sich etwas schlecht. Stolz nickte ich. „Das macht Ihr toll! Ich muss Euch übrigens auch leider sagen, dass ich die Katze da oben in meinem Zimmer nicht behalten kann, weil sie Euch hasst und weil sie sich hier nicht wohl fühlt. Es war aber wirklich nett von Euch, dass Ihr Euch meinetwegen so viele Gedanken gemacht habt und ich bin Euch sehr dankbar dafür, ehrlich..., wie wäre es, wenn Ihr mir stattdessen einen Gefallen schuldig wärt? Keine Sorge, ich werde ihn auch nicht für etwas schlimmes verbrauchen!", erzählte ich und überlegend wurde ich angeschaut, es war vielleicht ein wenig voreilig dem Älteren Vorschläge zu machen, aber einen Versuch war es wert. Eines Tages würde ich den Grünäugigen darum bitten mir etwas über sich zu erzählen oder eine Runde Schach gegen mich zu spielen, wenn mir nichts besseres einfiel.

Seufzend senkte mein Herr seinen Kopf. „Nun gut, so soll es sein. Ich habe dann aber auch eine Bitte an dich und die lautet, dass du dich von Michael fern hältst, wenn ich nicht in der Nähe bin! Sei mir nicht böse, aber du bist zu schwach und dumm als dass du die Intrigen eines Vampirs erkennen könntest, der nur an dein Blut heran möchte und das ist das einzige, was Michael will...", so sprach der Langhaarige mit emotionslosem Blick und ich verlor mein Lächeln, er war wieder einmal gemein zu mir. Ohne zu zögern nannte mich der Ältere dumm und schwach, was wieder einmal zeigte, dass ich ihm ganz egal war und meine rechte Hand ballte sich unter dem Tisch zur Faust, das würde ich mir nicht gefallen lassen. Ich sah ein, dass ich tatsächlich schwach war, aber ich war nicht dumm und ich machte meine Erfahrungen, schließlich war ich im Gegensatz zu dem Brünetten nicht schon über ein ganzes Jahrhundert alt. „In Ordnung, damit kann ich leben. Wir werden dann allerdings immer hier Schach gegeneinander spielen, wo Ihr uns gut beobachten könnt! Michael bringt mir nämlich Schach bei, falls Ihr es noch nicht wusstet und ich möchte das auch weiterhin lernen!"

Wütend biss sich Manuel auf seine Unterlippe. Ich würde mich nicht einfach geschlagen geben und dem Älteren seinen alleinigen Willen geben, dafür war ich nicht hier. „Wenn du das Spiel lernen willst, dann lies ein Buch darüber, aber du wirst Michael nicht näher kommen, sonst sperre ich dich in dein Zimmer ein, wenn er hier ist! Und jetzt iss etwas, ich habe nicht umsonst für dich gekocht!", sprach der Vampir sein Machtwort und ich stand mit einem Mal auf, das reichte mir. Ich hatte versucht auf seinen Wunsch einzugehen, ich hätte keine Sekunde mehr mit Michael alleine verbracht, nur weil er das so wollte und es war ihm trotzdem nicht genug, er wollte das letzte Wort haben. Mir war es egal, dass dieser Kerl für mich gekocht hatte, ich würde ihn nicht grenzenlos über mich herrschen lassen und ihm seinen Willen geben, nur weil er mächtiger war als ich. Manuel hatte nicht das Recht dazu mir jeden Spaß auf dieser Welt zu nehmen, den ich hatte, ich würde weiterhin mit Michael Schach spielen und wenn es das letzte war, das ich tat. Sollte er doch ganz alleine in der Hölle schmoren, wenn er mir alles nahm was ich hatte, es war mir egal.

„Weißt du was? Nein! Ich verhungere lieber als noch eine weitere Minute Zeit mit einem Mann zu verbringen, der nicht einmal die Stärke hat einen Kompromiss einzugehen. Du kannst mir gerne verbieten was auch immer du willst, aber dann sei auch nicht traurig, wenn du irgendwann ganz alleine bist und niemanden mehr hast, der dich gerne hat! Als ich diesen Brief gelesen habe, da habe ich echt kurz gedacht, dass du gar kein so schlechter Typ bist, wie ich eigentlich gedacht habe, aber dieses Gespräch hier beweist mir, dass meine erste Vermutung wie immer richtig war und dass du ein schlechter Mensch bist! Dass du mir die einfachsten Sachen verbietest, wie nach Hause zu meiner Familie zu gehen oder eine Kerze an zu machen, das ist das eine, aber dass du mit den Gefühlen anderer Leute spielst, das ist grausam und abstoßend, Manuel. Ja richtig, Manuel! Wieso sollte ich auch jemanden meinen Herrn nennen, vor dem ich keinen Respekt habe, weil ich nicht respektiert werde? Diesen Respekt, den du da von mir erwartest, den musst du dir erstmal verdienen und Überraschung, das kannst du nicht, weil du ein gemeiner Mensch bist, den so niemals irgendwer mögen wird!"

Wütend rief ich dem Grünäugigen all das ins Gesicht, was ich schon seit Tagen loswerden wollte. Kalt wurde ich vom Tisch aus gemustert, so als würden meine Worte einfach an Manuel abprallen. „Weißt du was mich schon seit ich hier bin wundert? Dass Claus noch immer bei dir ist und dich bestimmt schon seit Jahren ganz alleine erträgt! Du bist ein unausgeglichener, herzloser, störrischer und selbstsüchtiger Idiot, der es nicht Mal hinbekommt seine Gefühle richtig zu zeigen und der deswegen andere immer wieder verletzt! Ich habe mir wirklich Mühe gegeben dich mit nichts was ich tue zu verärgern. Ich glaube sogar, dass du ein netter Kerl sein könntest, mit dem ich mich gut verstehen könnte, aber dein eigenes Ego und deine Angst stehen dir dabei im Weg selbst glücklich zu werden und deswegen machst du alle anderen um dich herum auch unglücklich! So wie du willst, dass ich hier lebe, werde ich niemals leben, verstanden? Ich brauche andere Personen, mit denen ich reden kann, die ich umarmen kann und mit denen ich Zeit verbringen kann! Du brauchst das vielleicht alles nicht, aber ich will nicht alleine sterben, also werde ich hier drinnen mit Michael zusammen Schach spielen und du wirst mich nicht aufhalten, egal was du sagst!"

Von Wut und Hass getrieben, lief ich einfach aus dem Raum hinaus und ging mir meine Schuhe anziehen, denn hier drinnen wollte ich nicht mehr bleiben. Manuel stand nicht auf, er blieb einfach sitzen und ließ mich gehen, während ich mich weiterhin aufregte. „So mies kannst du jeden behandeln, Manuel, aber nicht mich. Ich lasse mich nicht hier drinnen von dir einsperren, bis du dich irgendwann Mal dazu entscheidest mich umzubringen, weil ich dir zu viel bin! Du kannst nicht immer den einfachen Ausweg nehmen und alle von dir wegstoßen, die dir etwas gutes wollen, du elender Uropa! Hoffentlich werde ich niemals so abgestumpft und gefühllos wie du, dann kann ich zumindest glücklich sterben, wenn ich nicht in dieser Burg mein Ende finde. Warte nur ab, bis ich zu dem Punkt in meinem Leben komme, an dem mir alles egal ist, Manuel! Du hast mir bis dahin ja eh den Kontakt zu jeder einzelnen Person auf diesem Gott verdammten Planeten verboten und dann, ja und dann..., und dann bleibst nur noch du übrig! Dann werde ich meine letzten Momente damit verbringen dich einfach zu umarmen und dich mit meiner Nähe zu foltern! Viel Spaß noch so ganz alleine, Manuel!"

Rief ich dem Grünäugigen zu, bevor ich einfach aus dem Gebäude raus spazierte und die Tür hinter mir zu warf. Mit wütenden, eiligen Schritten lief ich einfach in den Wald des Anwesens hinein, in den ich eigentlich nicht rein gehen sollte. Alles war mir eben gerade egal. Ich wollte einfach nur meine Ruhe und meinen Frieden haben, ich wollte in den Wald gehen, vielleicht ein Reh sehen und am liebsten weinen, denn in diesem Moment hatte ich mir die Chance verspielt jemals glücklich werden zu können. Ohne zu zögern hatte ich Manuel an den Kopf geworfen, was seine Fehler waren und ich schämte mich nicht einmal dafür, nein, wieso sollte ich auch? Es war die Wahrheit, ich hatte dem Vampir mutig die Wahrheit ins Gesicht gebrüllt und er hatte einfach nur zugehört, mich reden lassen, so als wüsste er, dass es so am besten war. Ein einziger Mensch auf dieser Welt musste diesem Mann sagen was er falsch machte und ich war es gewesen, ich war ein starker Kerl gewesen. Sobald ich zurück hier her kam, würde Manuel mir wahrscheinlich beide Beine brechen und mir einen Vortrag darüber halten, wieso ich ein frecher Bengel war, doch das war mir egal.

Noch immer vor mich her murmelnd ließ ich mich schließlich einige Minuten später an einer großen Kiefer in einem Wald nieder, um meinen Tränen der Trauer freien Lauf zu lassen. Ich war wirklich gemein zu dem Langhaarigen gewesen, aber das hatte er verdient, denn irgendwie musste er merken, dass er einen Fehler gemacht hatte. Überfordert umschloss ich meine Beine mit den Armen und legte meinen Kopf auf meinen Beinen ab. Hätte ich vielleicht nicht so aggressiv sein sollen? Ich war schon immer ein sehr ruhiger Mensch, ich ließ mich nicht so schnell aus der Fassung bringen, wie meine Mutter sagte, doch gerade eben war mir alles zu viel. Ich fühlte mich alleine auf der Welt, verlassen und unglücklich, hatte nichts mehr für das es sich zu leben lohnte, so hatte ich einfach keine Kraft mehr dazu meinen Ärger in mich hinein zu fressen. Sollte der Größere mich doch von nun an ganz einsperren, ich würde ihn, sollte er das tun, bis zum Ende meines Lebens terrorisieren und nerven, denn das war es, was er mit seinem Handeln erreichte. Sein Leben könnte so einfach sein, wenn er mich doch nur wie einen Menschen behandeln würde und nicht wie einen Mörder.

Schluchzend saß ich lange so da, bis ich ein kleines, leises maunzen vernehmen konnte. Verwundert schaute ich auf und erblickte die orangene, kleine Katze vor mir sitzen. Staunend legte sich mir ein Lächeln auf die Lippen, das war ja ein Wunder. „Hallo, du! Bitte entschuldige, dass ich weine..., komm her!", sprach ich bemüht sanft auf das Tier ein, dabei hob ich meine linke Hand leicht an und wie gerufen kam die Katze auf mich zu, um sich von mir streicheln lassen zu können. Mit hochgezogener linker Augenbraue stellte ich jedoch schnell fest, dass da ein kleines braunes Band um ihren Hals gewickelt worden war, seit sie gestern bei uns war. Vorsichtig streichelte ich das Kätzchen und strich mir nebenbei die Tränen von den Wangen. Vorne hing ein kleiner Anhänger aus Holz, auf dessen Außenseite wohl der Name des Tieres stand und ich schmunzelte als ich diesen las, er klang so einfach. „Mau heißt du also, hm? Schade, dass du schon zu jemandem gehörst, sonst hätte ich dich heute einfach mit in die Burg genommen..., du schnurrst ja heute ganz schön!", sprach ich sanft mit der Grünäugigen und sie schmiegte sich willig an mich heran, suchte meinen Schutz.

~2200 Worte, geschrieben am 26.12.2022

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