9.
Lian's P.o.V
Bisher hat noch kein Wolf es realisiert. Sie haben es gesehen, aber können es nicht fassen.
Der erste beginnt zum Mond zu heulen, den man jetzt am Abend schon gut sieht.
Muss ich sie töten? Kämpfen sie weiter oder unterwerfen sie sich mir?
Ich spanne meine Muskeln weiter an und warte auf Wutausbrüche.
Sie alle heulen vereint hoch und auch ich lasse einen kurzen Laut ertönen.
Einerseits, um meine Kehle nicht zu entblösen, andererseits, weil ich mich kurz entschuldige.
Ich muss kaltblütig sein, aber ich kann nicht weiterleben, wenn ich mich nicht entschuldige. Ich töte nicht aus Lust und Laune, deshalb entschuldige ich mich bei meiner Mondgöttin für jedes Wolfsleben, das ich ihr raube. Ich tue es nicht gerne.
Schnell richte ich meinen Blick wieder auf die Gegner.
Es schaut aus, als wären sie sich uneinig, was auch vorhersehbar war, da sie ihren Alpha verloren haben.
Die einen unterwerfen sich mir, worüber ich nicht sehr erfreut bin. Klar, mehr Mitglieder sind gut, aber auch mehr Arbeit. Und momentan möchte ich nur meine Mate kennenlernen.
Die anderen Wölfe kommen derweil knurrend auf mich zu. Sie wollen ihren Alpha rächen, auf Leben und Tod. Das Gefühl von Gefahr befällt mich und ich mutiere zur Maschine. Ich spanne alles an und beiße dem ersten der mich angreift ins Bein.
Mein Rudel kämpft nun auch. Die meisten haben ein oder zwei Gegner, die sie davon abzuhalten versuchen, zu mir zu kommen.
Der schwarze Wolf bleibt vor mir liegen und krümmt sich. Ich schleudere einen weiteren Angreifer auf ihn und versetze beiden den Todesstoss. Das kann man nicht beschönigen.
Einen nach dem anderen erledige ich und schließlich haben wir es geschafft.
Umgefähr 35 Wölfe liegen tot zu unseren Füßen, getötet durch uns. Ein kleines Schuldgefühl kommt in mir auf, aber das ist nichts neues für mich. So ist es nunmal, wenn man seine Artgenossen tötet.
Ich lasse diesesmal ein langes Heulen ertönen. Dabei entschuldige ich mich bei unserer Mondgöttin abermals für die Toten und lade das restliche Nordrudel in unser Rudel ein.
Zuerst stimmt mein Rudel mit ein und das befreiende Gefühl von Zusammenhalt durchflutet mich.
Dann kommen auch die ersten Neuen mit dazu. Immer mehr schließen sich uns an und rufen die ganzen Familien herbei.
Es ist ein Heulen, das man noch kilometerweit hören kann. Wir werden immer leiser und ich lade sie schleißlich in den Rudel-Link mit ein.
Hiermit seid ihr dazu eingeladen in unser Rudel einzutreten, solltet ihr euch mir, eurem Alpha, unterwerfen!
Wer das nicht macht wird augenblicklich das Territorium verlassen!
In meinem Rudel ist die Anspannung groß, als sich die ersten Verbindungen aufbauen.
Das alles bedeutet viel für sie: neue Freunde und Feinde, neue Wächter und Rivalen und neue Rudelmitglieder.
Aber was das Ganze vorallem für mich bedeutet, ist mehr Arbeit.
Ich werde die Rangordnungskämpfe überwachen, die Loyalität der neuen Wölfe prüfen und neue Wächter ausbilden müssen.
Dabei habe ich gerade viel wichtigeres zu tun!
Ich begrüße die neuen Wölfe im Rudel-Link.
Es handelt sich um die 500, umgefähr 100 davon sind Kinder.
Die nächsten Tage werde ich wohl beschäftigt sein, denke ich und seufze.
Pia' P.o.V.
Der Wecker reißt mich mal wieder aus dem Schlaf. Das ist der letzte Ferientag, bitte nicht! Ich stöhne auf und setzte mich auf mein Bett.
Nein! Es war ja noch schlimmer! Ich legte mich schnell wieder hin und fing dann haltlos an zu weinen. Wieso sind sie tot?
Wieso muss ich jetzt ins Heim?
Ich schüttel mich und denke an den gestrigen Tag zurück. Gestern hat meine Mutter noch gelebt!
Und heute...
Ich weine noch minutenlang vor mich hin, bis mein Bauch anfängt zu grummeln.
Das Abendessen gestern habe ich ausfallen lassen und dafür jetzt umso mehr Hunger.
Außerdem ist es bestimmt eine gute Ablenkung, denke ich mir und husche schnell ins Bad. Ich lege gefühlt zehn mal mehr Concealer auf als sonst und ziehe mir dann schnell einen Jogginganzug an. Dabei zähle ich Schäfchen, um auf keinen Fall an das Tabu-Thema zu denken.
Ich gehe runter in die Küche, schaufle mir drei Schüsseln Müsli rein und beobachte dabei die anderen Jungendlichen im Essraum.
Es sind nicht mehr viele, da es schon fast elf Uhr ist.
Zum Glück habe ich ein Einzelzimmer! Dann weckt mich nicht immer eine laute Zimmergenossin.
Ich sehe wie sich mir jemand gegenüber setzt, ignoriere ihn aber. Ich bin nicht bereit für ein dämliches Gespräch! Bald bin ich hier eh wieder raus!
"Hey, Süße! ", kommt es dämlich von vorne. Ich stöhne genervt zurück und schaue weiter zu drei Mädchen auf der anderen Seite des Raumes. Nach einer Minuten erhebt mein Gegenüber wieder sein blödes Wort mit einem Räuspern:
"Wer hat nur die Diamanten gestohlen, um sie in deine Augen zu legen? Schau mich doch mit ihnen an, Süße!"
Ich drehe meinen Kopf langsam, sehe den blonden Typen an und pruste dann endgültig los. Das war ja mal schlecht!
Krümmend sitze ich auf meinen Stuhl und probiere zwanghaft kein Müsli auszuspucken. Himmelherrgott, wie kommt man auf so einen Mist?
Er schaut mich leicht dumm und böse an. Ich lache noch ein paar Sekunden weiter, doch als ich daran denke, dass es das erste Mal Lachen nach dem Tod meiner Eltern ist, erstirbt es ganz schnell.
Ich stehe ruckartig auf, lasse mein Müsli einfach stehen und gehe in mein Zimmer.
Die gelben, ungewohnten Wände erdrücken mich sofort und so entschließe ich mich dazu, einen kleinen und einsamen Ausflug zu unternehmen. Ich kann dabei ja auch mit dem Typen in meinem Kopf reden, oder? Dann bin ich immerhin nicht mehr ganz so einsam, überlege ich. Und bisher erscheint er mir sehr nett zu sein. Hat der eigentlich auch einen Namen?
Ich taufe ihn einfach Gamboy. Wegen dem Gambia Land in Afrika. Ich schlendere über die Straßen und schaue mich ein bisschen um. Nach einer Minute versuche ich Gamboy dann anzusprechen.
Ähm? Hast du grade mal kurz Zeit? Weil mir ist ist grad so ein bisschen langweilig.
Gott, bin ich peinlich! Ich glaube er hat jetzt eher keine Zeit für mich nach so einen dämlichen Spruch, dass ist ja genauso schlecht wie der Blonde vorhin! Bestimmt führt Gamboy so ein Gedankengespräch dann doch lieber mit jemand anderen.
Klar hab ich Zeit. Gib mir nur noch schnell eine Minute, höre ich ihn in meinen Kopf.
Ach, irgendwie habe ich seine warme, tiefe Stimme vermisst.
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