7.
Pia's P.o.V.
Ich brauchte keinen Moment, um diese Aussage zu verstehen. Das habe ich sofort. Aber glauben kann ich es nicht!
Er soll der stärkste Werwolf sein?
Nein, nie im Leben.
Ich meine ich habe ihn noch nie gesehen, aber ich kann das einfach nicht glauben!
Wieso sollte er dann mit mir sprechen? Also denken...
Haha, guter Witz!, probiere ich es.
Ich meine, einen Versuch ist es doch wert, oder?
Es stimmt. Aber es ist vorerst nicht so wichtig, kommt da auch schon seine Antwort.
Seine Antwort? Alter, ich höre eine Stimme in meinen Koof und glaube daran!
Ja, ich habe einen Beweis, aber es ist immer noch abgefahren.
Und es soll nicht wichtig sein, dass er der stärkste, lebende Werwolf ist? Also angeblich. Ich meine ein Werwolf Beweis habe ich ja noch nicht bekommen.
Wenn meine Eltern das wüssten...
Aber nein. Da war ja was.
Ich schluchze leise auf, aber reiße mich dann schnell wieder zusammen.
Ich habe sie schon wieder vergessen.
Ich will sie nicht vergessen!
Ich will aber auch nicht immer in Trauer leben!
Und vorallem will ich vor einem Werwolf in meinem Kopf keine Schwäche zeigen!
Ich würde gerne jemanden haben, der mich auch mit Schwäche akzeptiert. Aber denjenigen gibt es gerade nicht in meinem Leben.
Diejenigen sind gerade gestorben.
Innerlich breche ich wieder zusammen. Ich will nicht allein sein! Ich sehne mich so nach ihrer Liebe!
Ich quetsche noch ein Tschüss heraus, dann wende ich mich von ihm ab.
Ich will nicht, dass er das mitbekommt.
Ich will mit meiner Trauer alleine sein.
Aber gleichzeitig will ich nicht allein sein!
Ich raufe mir die Haare und fange dann an schluchzend durchs Zimmer zu streifen.
Immer von links nach rechts.
Zum Fenster und wieder weg.
Der Wiederspruch, den ich in mir fühle, zerreißt mich. Ich spüre dieses Sehnen, aber auch diese Scheu.
Ich lasse mich auf das Krankenhausbett fallen und weine ins Koofkissen.
Dann blicke ich nach einer gefühlten Ewigkeit zur Uhr. Ich muss los.
Mein Taxi steht in zwei Minuten am Haupteingang, wenn es nicht schon wartet.
Soll ich meine roten Augen noch wegschminken?
Nein, entscheide ich. Mich interessiert es einen Furz, was die anderen von mir denken.
Ich muss sowieso ins Heim. Ob ich dann den Stempel Heulsuse oder Heimkind habe, ist mir nun auch egal.
Ich werfe mir schnell meine gepackte Tasche über den Kopf und verlasse das Zimmer. Einer Krankenschwester gebe ich noch Bescheid und dann bin ich auch schon weg.
Von diesem schrecklichen Ort.
Hin, zu einem schlimmen Ort.
Ich kenne den Spruch "Sie würden das nicht wollen", aber es interessiert mich nicht.
Sie sind nicht mehr da. Sie sind gegangen.
Weg.
Einfach weg!
Ich will auch nicht. Aber ich kann es nicht ändern. Ich kann jetzt nicht lächelnd durch die Welt laufen.
Ich stelle mich vor den Eingang. Die Sonne strahlt zu uns runter und verspottet mich. Wenn es doch wenigstens regnen würde!
Aber nein es herrscht schönstes Wetter. Und selbst der Taxifahrer ist super gelaunt. Das sind die doch nie?!
Er erzählt mir vorne von seinen anderen Kunden. Einem Mann, der nur Englisch redet, wie spannend. Einer Frau, die zu viele Einkaufstüten hatte und so weiter. Ich schaue während er redet aus dem Fenster.
Irgendwann kommen wir dann endlich Zuhause an.
Ich gebe ihm das Geld und steige schnell aus. Die Tasche hatte ich während der Fahrt auf dem Schoß.
Jetzt kommt der wohl schwerste Teil. Ich muss meine Sachen zusammenpacken.
Ich gehe ganz langsam in mein Zimmer und präge mir nochmal alles ein.
Das Haus wird stehen bleiben. Aber ich werde nach dem Heim wieder hier einziehen! Trotzdem vermisse ich es jetzt schon.
Ich streiche über das Bett meiner Eltern und sehe die Fotos von uns an der Wand.
Behutsam löse ich das vom vorletzten Urlaub und packe es in einen Koffer. Auf einem Berg lächeln wir gemeinsam in die Kamera. Ich schlucke.
Ich möchte so viele Erinnerungen wie nur möglich mitnehmen, darum packe ich nach den Fotos auch ein Shirt von Mama und Papa ein.
Dann kommen meine Klamotten.
Schließlich ist mein Schrank fast ganz leer und ich schaue auf.
Die zwei Koffer sind beinahe am Platzen.
In dem Moment klingelt es und die Heimtante steht vor der Tür.
Ich steige in ihr Auto und die Zeit verschimmt in meiner Wahrnehmung. Genau wie meine Sicht.
Tränen füllen meine Augen und immer wieder schluchze ich auf.
Die Frau ignoriert es einfach.
Ich habe das Gefühl von Wut in mir, kann damit aber nichts anfangen.
Warum bin ich wütend?
Nach einer Stunde Fahrt sind wir da, denn wir halten an. Meine Wut hat sich in Gewissheit umgewandelt und entschlossen steige ich aus dem Auto aus.
Ich muss taff wirken. Wer weiß, wie die anderen Teenies so ticken.
Das Heim ist ein Betonklotz. Grau, quadratisch und absolut nicht einladend. Es gibt viele Fenster, aber die machen das ganze auch nicht besser.
Ich höre die Tante hinter mir und gehe schnell weiter. An der großen Tür muss ich jedoch stehen bleiben.
Genervt drehe ich mich um und warte bis sie endlich mal den richtigen Schlüssel gefunden hat.
Sie steckt ihn ins Schloss und die Tür geht auf. Ein langer Flur ist zu sehen. Die Wände sind pissgelb, der Boden grau.
Wie soll ich es hier nur aushalten?
"Die anderen Kinder haben gerade Abendessen und ich würde dir in aller Ruhe dein Zimmer zeigen.", ich sehe die Frau vor mir an. Sie kam aus der Tür und steht nun breit lächelnd vor mir.
"Achso, ich bin übrigens die Heimleiterin. Frau Poleks.", sagt sie nun endlich.
Okay, also die Chefin. Ein bisschen einschleimen kann ja nicht schaden, denke ich mir und nicke ihr zu.
"Ich bin Pia.", sage ich ihr. Also falls sie es nicht weiß.
"Dass weiß ich doch, Kindchen.", erwiedert sie sofort und erinnert mich damit an eine alte Frau. Auch wenn sie höchstens Mitte vierzig ist.
Schnell folge ich ihr, als sie um eine Kurve biegt.
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