19.

Pia's P.o.V.

Keuchend komme ich vor dem Heim an. Auch in diesem Haus sind anscheinend alle Werfüchse, denn es ist ja immernoch im Territorium. Ein bisschen schüttelt es mich, wenn ich an meine bisherige Unwissenheit denke.
Schwungvoll stoße ich die Tür zum Heim auf und suche hektisch nach der Heimleiterin in diesen pissgelben Fluren.
Ich entdecke sie schließlich im Esszimmer und stürme auf sie zu.
"Würden Sie den Primus und einen Alpha bitte nicht reinlassen?", bringe ich es auf den Punkt. Einige Sekunden starrt sie mich erschrocken an und ich habe schon Angst, dass sie garnichts von Gestaltwandlern weiß, dann aber schüttelt sie energisch den Kopf.
"Ich höre nicht auf dich, Mädchen. Ich höre nur auf die Anführer.", entgegnet sie entschlossen.
Da hab ich wohl aufs falsche Pferd gesetzt, denke ich, wage aber noch einen letzten Versuch:
"Ich habe die Bevollmächtigung des Alphas."
"Das kann mir jeder erzählen, Kindchen.", ist sie weiterhin ungerühert und ich renne vor mich hinfluchend in mein Zimmer, Plan B muss her. Schnell ziehe ich das Laken vom Bett und rolle den Bettüberzug darin ein, dann schnappe ich mir das Paket und renne raus.
Heute werde ich wohl wo anders übernachten müssen.
Gedanklich flute ich meinen Kopf erneut mit Wasser und renne dann an der verdutzten Heimleiterin hinaus ins Freie.
Wohin jetzt mit mir?

Ich renne immer weiter, um möglichst viel Abstand zwischen mich und Lian zu bringen. Für mich ist es wie eine entgültige Entscheidung. Ich möchte nicht, dass jemand über mich entscheidet! Ich möchte auch selber entscheiden, ob ich in ihn verliebt sein will.
Einfach vom Schicksal bestimmt, hallo? Er ist dann quasi gezwungen mich zu lieben und darauf will ich nicht angewiesen sein!
Die Gasse endet und ich schaue mich schnell um. Vor mir liegt der Wald, aber ganz ehrlich? Wer wäre so doof sich vor einem Werwolf im Wald zu verstecken?
Die haben doch eine mega gute Nase, oder? Dann kann er mich riechen.
Eigentlich müsste ich jetzt, wie in so Actionfilmen, eine falsche Färte legen, aber dazu habe ich wahrscheinlich keine Zeit.
Also muss was besseres her.

Ich stehe umgefähr eine Minute wie ein Depp am Ende der Gasse bis eine Katze an mir vorbeiläuft. Ich wage es nicht mich zu bewegen, am Ende ist sie auch so ein Gestaltwandler und soll mich suchen oder so. Man weiß ja bei all dem Kram nie.
Mein Atem muss anscheinend aber doch zu laut gewesen sein, denn sie dreht ihren Kopf zu mir und trottet dann gemütlich auf mich zu, um an meinen Beinen entlang zu schmußen. Eigentlich ist das ja ganz süß.
Immer wieder rennt sie um mich rum, aber langsam muss ich mich von ihr lösen, schließlich sucht ein Werwolf nach mir. Dann kommt mir aber eine Idee. Ich schnappe mir mein Kopfkissenbezug und binde es der Katze um den Bauch.
Ja, das sollte klappen. Mein Geruch haftet daran bestimmt noch ziehmlich gut.
"Kusch,kusch", probiere ich die Katze wegzuscheuchen und erstaunlicherweise klappt es auch sogleich.

Na, was machst du jetzt, Lian?, denke ich mit ein bisschen schlechtem Gewissen, du musst dich für eine Fährte entscheiden.
Das Wasser in meinem Kopf blockiert anscheinend weiterhin die Verbindung, da keine Antwort von Lian kommt. Glück gehabt.
Ich laufe in die entgegengesetzte Richtung in die die Katze gelaufen ist, also nach rechts.
Von der einen Hausfassade zur nächsten beschließe ich irgendwann doch ein paar Meter in den Wald zu gehen, um nicht so aufzufallen. Dann lieber da verstecken wo er sucht, als gar nicht verstecken, ändere ich meine Meinung. Dort wird man mich sicher nicht so leicht erkennen.
Ich stampfe über das halb verrottete Laub und drehe mich immer wieder um.
Dann erklingt plötzlich ein Heulen, es ist von einem Wolf.

Es hört sich wunderschön an und am liebsten würde ich länger der Stimme lauschen. Das muss Lian sein, erkenne ich aber, reiße mich zusammen und gehe weiter.
Einen Schritt nach dem anderen stapfe ich vorran in den Wald, bis ich die Häuserfassade nicht mehr sehe, dann halte ich wieder auf die rechte Seite zu.
War das gerade ein Knacken? Ängstlich schaue ich mich um, kann aber nichts erkennen. Da wieder ein Knacken, es kommt von oben. Ich drehe mich gefühlt tausendmal im Kreis bis mir schwindelig ist, kann aber nichts erkennen.
Um das Schwindelgefühl abzulegen schließe ich kurz die Augen und reibe meine Stirn, anschleißend öffne ich meine Augen wieder.
"Ahhh!", schreie ich aus Reflex, bis mir eine Hand auf den Mund gedrückt wird. Da steht einer vor mir, ein Mensch? Bestimmt nicht!
Ich spüre Flügel um mich schlagen und erblicke Fledermäuse. Überdimensional große Fledermäuse. Fledermäuse hier?
Eine nach der anderen verwandelt sich vor meinen Augen in einen Menschen.
Sind das Werfledermäuse? Sind Fledermäuse überhaupt Säugetiere?
Ich brauche einen Moment um meine Lage zu analysieren, dann fange ich an um mich zu treten und zu schlagen.
Die Hand auf meinen Mund hindert mich weiterhin daran nach Hilfe zu rufen und lässt nur ein leises Brummeln ertönen.
Hilfe, stinken die auch!, nehme ich ihren Geruch war, als weitere Werfledermäuse meine Arme und Beine festhalten, sodass ich mich nicht mehr rühren kann.
Äußerlich ergebe ich mich, aber innerlich probiere ich das Wasser wieder aus meinen Kopf zu bekommen. Ich muss Lian um Hilfe rufen!, was besseres fällt mir nicht ein.

Wie bei einem kleinen Loch fließt das Wasser langsam aus meinen Kopf, aber es dauert einfach zu lange.
"Wenn du nicht schreist, nimm ich die Hand weg", höre ich die dunkle Stimme des Mannes vor mir. Schnell nicke ich, schreie aber nicht sofort los, vielleicht kann ich sie dazu bringen mir zu vertrauen und nachlässig zu werden, damit ich wegrennen kann.
"Wir haben ein Angebot", fährt er mit seiner einschleimende Stimme fort und wieder nicke ich nur schnell. Ich könnte mir gerade vor Angst echt in die Hose mache, mein ganzer Körper zittert, während das Wasser weiter abläuft.

"Du kommst mit uns mit und hilfst uns mit deinen Kräften, dafür tuen wir dir nichts an."
Mit meinem Kräften? Und ich soll machen was die Idioten sagen und ihnen helfen? Nie im Leben. Wild schüttel ich den Kopf, spüre eine Sekunde später aber eine Faust in meinen Magen.
Ich krümme mich vor Schmerz zusammen und Tränen schießen in meinen Augen.
Dann schreie ich, so laut ich kann. Lian wird mich schon hören, oder? Und unsere Verbindung ist auch fast wieder da.
Werfledermäuse!, probiere ich ihm noch mitzuteilen, dann wird mir schwarz vor Augen. Jemand muss mir etwas gegen den Kopf geschlagen haben.

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