1.
Pia's P.o.V.
Mit 70km/h düse ich die Piste herunter, sodass der Wind mir ins Gesicht peitscht.
Genau das liebe ich am Skifahren, dieses Tempo, dass einem das Gefühl von Freiheit verleiht.
Geschickt weiche ich einem Skikurs aus und sause dann weiter Richtung Tal.
Es ist der letzte Urlaubstag, daher genieße ich die Sonne hier, über den Bergen, noch einmal richtig . Denn heute werden meine Eltern und ich wieder nach Hause fahren.
Die Ferien gehen mal wieder viel zu schnell um, erkenne ich wehmütig.
Voller Vorfreude biege ich dann aber auf die schwarze Piste ab und verlangsame nun doch ein bisschen mein Tempo.
Eine Kurve nach der anderen nehme ich kraftvoll im Parallelsprung und beobachte aufmerksam die weiße Piste vor mir.
Plötzlich erkenne ich, wie es einen Skifahrer vor mir zu Boden reißt, da sich seine Skier anscheinend durch einen Schneehaufen von den Schuhen gelöst haben. Erst nach mehreren Drehungen bleibt er liegen.
Erschrocken bremse ich gerade noch rechtzeitig, um nicht in seinen abgegangenen Skier hineinzufahren und betrachte ihn anschließend genau.
Die Bilder, wie er herunter stürzte, spielen sich immer wieder in meinem Kopf ab und der Schrecken erfasst mich.
Lebt er noch? Ängstlich blicke ich wieder zu ihm, um keine Regung zu verpassen.
Sogleich erkenne ich, dass er sich wieder aufrappelt und beruhige mich langsam. Anscheinend hat er keine ernsthafte Verletzungen, atme ich erleichtert auf.
Denn ich war schon einmal dabei , wie jemand mit dem Hubschrauber abtransportiert werden musste und habe seit dem ein bisschen Bammel, wenn ich jemanden so verdreht liegen sehe.
Schnell und noch immer mit lautem Herzklopfen, sammle ich die Skier und fahre die paar Meter runter, um sie ihm zu bringen, damit er nicht die vielen Meter hochlaufen muss. Bei ihm angekommen halte ich sie ihm vorsichtig entgegen.
"Danke", sagt er schon wieder völlig normal, als ich vor ihm stehen bleibe und die Skier überreiche. Er keucht nicht einmal.
"Haben Sie Schmerzen?", frage ich ihn lieber, sieze ihn dabei aber, denn ich habe keine Ahnung, wie alt er ist. Unter der Skibrille und den ganzen Klamotten kann man absolut nichts erkennnen.
"Nein, das war nichts Schlimmes.", erwiedert er sofort freundlich.
Ich nicke ihm noch einmal als Antwort zu und fahre dann weiter, obwohl, ganz glauben kann ich ihm jedoch nicht.
Allerdings vergesse ich das Thema nach einigen Minuten wieder, da ein andere Gedanke sich in mir breit macht.
Hoffentlich kann ich noch einmal mit der Gondel hochfahren, bevor sie schließt! Ich würde wirklich noch gerne eine Piste mehr fahren.
Schnell biege ich zur Gondel ab und seufze enttäuscht auf.
Sie ist schon geschlossen. Traurig drücke ich mich mit meinen Stöckern ab und gleite zum Parkplatz.
Hier bin ich mit meinen Eltern verabredet.
Ich schaue mich suchend um und entdecke sie sogleich an der Kasse.
Schnell knipse ich meine Skier von den Stiefeln und gebe ihnen meinen Skipass, schließlich möchten sie das Pfand zurück.
Zehn Minuten später sitzen wir auch schon im Auto und fahren nach einer anstrengenden Woche wieder nach Hause.
Der Regen prasselt laut aufs Dach und lässt mich nach dem langen Tag zunehmend müder werden.
Immer wieder fallen mir die Augen zu und schließlich schlafe ich ganz ein.
Ich höre ein Quietschen und spüre ein Ruckeln, als ich aufwache.
Grelles Licht blendet mich, als ich die Augen vor Schock aufreiße.
Erschrocken spüre ich, wie unsere Auto gegen die Leitplanke kracht und dann von der Fahrbahn abkommt. Aber ich kann es einfach nicht realisieren.
Früher habe ich oft über den Tod nachgedacht. Ich dachte, ich würde so etwas wie "Ich liebe euch!" sagen, aber dem ist nicht so.
Ich kann die Situation überhaupt nicht verarbeiten und kreische nur erschrocken los. Genau wie meine Eltern.
Wir drehen uns und dann kracht das Auto in etwas.
Ich spüre noch die Erschütterung, als ich in Ohnmacht gleite.
Lian's P.o.V.
Mein Kopf dröhnt vor Schreibkram und ich schiebe meinen Schreibtischstuhl genervt zurück.
Es ist mittlerweile mein zweites Jahr als Nachfolger, zu dem ich mit 18 Jahren bestimmt wurde. Als einziger Sohn des Alphas vom weltweit größten und stärksten Rudel ist das aber auch nichts verwunderliches. Da mein Vater sehr krank und schwach ist, habe ich sozusagen schon den Alphaposten übernommen, auch wenn er seinen Rücktritt noch nicht erklärt hat. Trotzdem ist es das erste Mal, das ich diesen Mist mache.
Genervt stöhne ich wieder auf. Ich würde viel lieber in eine Disco gehen, aber ich will Timo, meinem Betha, nicht schon wieder den ganzen Schreibkram aufzwingen.
Das habe ich erst letztes Mal gemacht und heute ist sein Geburtstag. Da muss er feiern dürfen, entscheide ich und mache mich wieder ans Unterschreiben und Durchschauen.
Als ich nach einer gefühlten Ewigkeit endlich fertig bin, schaue ich erschrocken auf die Uhr.
Schon nach sechs. Man, hat das lange gedauert!
Ich stecke mir meine Kopfhörer in die Ohren und höre ein bisschen Musik.
Jetzt noch raus zu gehen, würde keinen Sinn machen.
Meine Freunde und Rudelmitglieder sollten jeden Moment vom Skifahren zurückkommen. Außerdem baut sich durch die Musik der Stress langsam ab.
Nach drei Lieder höre ich sie schließlich schon von Weitem kommen, da wir Wölfe sehr empfindlich Ohren haben.
Sofort lege ich die Kopfhörer ab und stürme nach unten.
"Auch mal wieder da. Na wie war der Tag?", rufe ich ihnen zu.
"Voll flachgelgt hat es mich", murrt Timo, mein Betha, was ich ihm nicht wirklich glauben kann. Er ist nähmlich ein sehr guter Skifahrer.
"Wirklich? Zeig her!", fordere ich ihn auf und er öffnet die Erinnerung im Führer-Link.
Ich sehe, wie er über einen großen Schneeberg fuhr und danach auf dem Eis das Gleichgewicht verlor, was mich lachen lässt. Ich weiß ja, dass sich ein Werwolf dabei nicht wirklich verletzt und es sieht einfach zu komisch aus.
Die Erinnerung läuft noch ein Stück weiter ab, sodass ich sehen kann, wie zwei Beine auf ihn zufuhren und Skier neben ihn fielen, bis er hochblickte.
Dann erstarre ich ruckartig.
Ich sehe nicht viel von dem Mädchen oder der Frau, denn auch das kann ich nicht erkennen.
Aber das was ich sehe, verschlägt mir den Atem.
Zwei super schöne und volle Lippen sind unter eine süßen Stupsnase.
Die Erinnerung bricht ab und nachdem ich mich kurz gesammelt habe, erkenne ich das Gefühl.
"Meine Mate!", knurre ich.
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