Kapitel 9 - ein guter Tag? Eher nicht!
Erstellt am: 10.08.2019
Als Zoey am nächsten Tag ausgeruht aufwachte, bemerkte sie, dass sie alleine in dem Zimmer war. Ethans Seite war leer und es sah so aus, als wäre er schon etwas länger auf den Beinen. Müde, verwirrt und mit zerzausten Haaren schaute sie sich nun im sonnendurchfluteten Zimmer um.
Es sah noch schlimmer aus, als es Zoey vermutet hatte. An den Wänden war Graffiti und die Möbeln sahen aus, als kämen sie gerade vom Sperrmüll. Angewidert sprang sie vom Bett auf und nahm dieses sofort unter die Lupe. Es sah sauber aus, soweit sie es sauber nennen konnte. Nicht jeder konnte sich ein schönes zu Hause leisten, doch etwas bewohnbar konnte man es doch machen, oder nicht?
Sie blickte an sich herab und seufzte erleichtert auf.
Ethans Kleidung roch nach seinem Aftershave und zu ihrem Glück, war es auch sauber und wies keine Flecken auf. Seine Stoffhose, die Weste und sogar seine Socken waren ihr natürlich um viele Nummern zu groß und dass obwohl er selber schlank war, aber muskulös. Sie war aber eindeutig zu klein und zu dünn, für seine Kleidung.
Okay, was sollte sie jetzt machen?, fragte sich Zoey und ließ sich seufzend aufs Bett fallen. Sie hatte keine Ahnung wo sie war und nicht einmal ihre Familie und beste Freundin, Abigail wussten von ihrem Aufenthaltsort. „Abigail.", schoss es aus Zoeys Mund und sie sprang von Bett auf. Als sie einen starken Schmerz auf der rechten Seite spürte, zischte sie laut auf. Warum hatte sie den Schmerz nicht schon gestern bemerkt? War sie denn so erschöpft und müde von dem Vorfall gewesen? Langsam öffnete sie den Reisverschluss der Weste, fuhr leicht über die rechte Seite und zuckte wieder zusammen.
Zoey atmete tief durch und streifte sich die Weste vom Oberkörper. Ein großer blauer Fleck prangte auf der rechten Seite unterhalb ihrer Brust. Wie hatte sie diesen Fleck und den dadurch verursachten Schmerz nicht merken können? So blind war sie nun doch wieder nicht.
Sie hätte doch darauf bestehen sollen, dass Ethan sie ins Krankenhaus fahren solle. Doch manchmal, auch wenn sie ihm immer mehr vertraute, machte er ihr wirklich Angst. Seine Drohung, er würde sie verprügeln wenn irgendjemand von der Sache erfahren würde, nahm sie aus irgendeinem Grund ernst. Diese Gründe hatten sie davon abgehalten, ihm zu widersprechen.
„Alles der Reihe nach, Zoey. Zuerst musst du versuchen irgendwie Abigail zu erreichen.", beruhigte sich Zoey selber und schlüpfte wieder in die Weste hinein. Wieder auf ihr Ziel konzentriert, suchte sie das Zimmer ab. Sie hatte Abigail in der letzten Nacht total vergessen, sie musste ja vor Sorge fast umgekommen sein. Zoey konnte sich nicht einmal erinnern, ob sie überhaupt an ihre Freunde und Familie gedacht hatte.
Da der Akku von ihrem Handy noch immer leer war, blickte sie sich suchend im Schlafzimmer um. Obwohl sie nicht damit rechnete irgendetwas in diesem Raum zu finden, sah sie jedoch ein Handy auf dem Fensterbrett liegen. Ihr Herz machte vor Freude Luftsprünge. Ohne nachzudenken lief Zoey zum Fenster und nahm das schwarze Handy in die Hand.
„Bitte, bitte... bitte!", murmelte Zoey und drückte am Handy herum, das Schicksal meinte es gut mit ihr. Zoey hatte Glück, denn das Handy war sogar aufgedreht. Als sie die Tastensperre gelöst hatte, erschien ein Bild mit vier Menschen im Hintergrund. Sie studierte es kurz und riss erstaunt die Augen auf. Der kleine Junge vor dem Ehepaar und neben dem Mädchen mit den braunen Haaren, jeweils einen Zopf links und rechts sah..., sie stockte mitten in ihren Gedanken, als die Tür geöffnet wurde.
Zoey ließ vor Schreck das Handy auf den Boden fallen, und drehte sich mit großen Augen und klopfendem Herzen um.
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„Ich hab dir erst gestern gesagt, dass du dich nicht mehr bei mir Blicken lassen sollst!", schnauzte der junge Mann und fuhr sich genervt durch sein Haar. Er stand mit einer feschen Blondine vor seinem Wohnhaus und lehnte lässig an der Wand. Sein Gesicht und seine Stimme strahlten Ruhe aus, doch jeder der ihn persönlich kannte, wusste, dass er davor war, seine Geduld zu verlieren. Er hasste anhängliche Mädchen. „Ich habe auch ohne dich genug am Hals, verstanden? Mein Kumpel baut eine Menge Mist und ich versuche das Maß so gering wie möglich zu halten, damit er keinen Ärger bekommt." Das bin ich ihm schuldig, dachte er sich, sprach es jedoch nicht aus.
Sie fing zu weinen an und glaubte somit, sein Herz zu erweichen. „Ja, aber du hast doch gesagt, dass du immer für mich da bist. Versteh doch, ich liebe dich und kann nicht ohne dich leben!"
„Tiffany, versteh doch, es interessiert mich nicht!", erwiderte Ethan und grinste dabei frech über das ganze Gesicht, bevor es so schnell verschwand wie es gekommen war. Sein Herz konnte niemand so schnell zum Schmelzen bringen, es war ein Herz aus Eis. „Ich sage alles, damit ich das bekomme, was ich möchte!"
Mit tränenverschmiertem Gesicht wandte sich die junge Frau von ihm ab. „Aber du hast doch gewusst, dass ich dich liebe."
Statt ihr zu antworten, fing er lauthals zu lachen an, sodass sich sogar manche Menschen nach ihnen umdrehten und sie skeptisch beobachteten. Ein Mann trat sogar näher und fragte Tiffany, ob mit ihr denn alles in Ordnung sei. Sie nickte nur und der Mann ging skeptisch weiter. Tiffany wischte sich die Tränen von den Augen weg. „Du merkst gar nicht, wie sehr du mich mit deiner Art verletzt. Ethan."
„Na und, was soll ich jetzt machen? Dir meine Liebe vorspielen, obwohl ich nicht so für dich empfinde wie du für mich? Oder dich in den Arm nehmen und dich trösten, weil ich dich nicht liebe?", fragte er lachend und ernst zugleich. „Tiffany, es interessiert mich nicht. Ich war von Anfang an ehrlich zu dir, sieh zu, wie du damit klar kommst."
Sie schluchzte aufs neue los und wollte ihm eine Ohrfeige verpassen, der er grinsend und gekonnt auswich. „Du bist nicht die Erste, die versucht mir eine zu klatschen."
„Du bist so ein Schwein, ich hasse dich!", schrie sie ihm entgegen und lief davon. Mit einer Zigarette im Mund schaute er ihr hinterher. „Das sagt ihr alle und trotzdem kommt ihr immer wieder.", sagte er und war sich bewusst, dass Tiffany es nicht mehr hören konnte. Natürlich war er ein Schwein, doch anders verstanden es die Frauen nicht. Er war seit acht Uhr auf den Beinen und hatte nur fünf Stunden Schlaf bekommen, heute war einfach kein guter Start in den neuen Tag und die Frauen gingen ihm auch auf die Nerven. Verstanden sie denn nicht, was ein One-Night-Stand war? Und dann hieß es die Männer seien die Bösen, weil sie keine Beziehung wollen und nicht ehrlich seien.
Er seufzte und ging über die Straße zum Bäcker, dieses Gespräch hatte ihn eindeutig hungrig gemacht.
„Hey Luke, alles klar?", begrüßte Ethan seinen Kumpel, der einzige unter seinen Freunden, der wirklich eine Arbeit hatte und dieser auch wirklich nachging. Der Angesprochen hob seinen Kopf und grinste, als er Ethan erkannte. Luke ging um die Theke herum und begrüßte seinen alten Freund mit einer Umarmung. „Klar, bei dir? Habt dich schon lange nicht mehr zu Gesicht bekommen."
„Ich war für eine kurze Zeit außerhalb der Stadt, hat Sam irgendeinen Mist gebaut, während meiner Abwesenheit?"
„Ich wusste nicht einmal, dass du weg bist. Wie lange warst du weg?", fragte Luke neugierig.
Ethan zuckte mit den Schultern. „Eine Woche. Ich hab gerade keine Kohle dabei, kannst du mir trotzdem ein paar Semmeln und Muffins geben? Bekommst das Geld später, habe es zu Hause vergessen."
„Klar, bring mir später einfach fünf Dollar vorbei und die Sache hat sich.", erwiderte Luke und ging wieder hinter die Verkaufstheke. „Ich habe gehört, dass Sam gestern fast großen Mist gebaut hätte."
„Hat ja, schnell die Runde gemacht. Ja, und ich habe den Retter spielen müssen.", sagte Ethan wütend. „Der Kerl war gestern high und hat sich an ein Mädchen rangemacht..."
„Wahnsinn, so tief ist er noch nie gesunken. Hat er Stress mit Natalie?"
Ethan zuckte die Schultern. „Keine Ahnung, ich weiß nur, dass Sam wieder zu dealen angefangen hat."
„Echt? Hat er nicht vor kurzem erst aufgehört?", fragte Luke erstaunt, der Sam noch nie leiden hatte können und auch nicht verstand, warum Ethan mit ihm abhing. Er wusste, dass Ethan Sam eine Menge schuldig war, trotzdem wäre dieser ohne Sam besser dran.
„Kennst ihn ja, er tut alles damit er zu Geld kommt. Solange er mich aus diesem Mist heraus hält und nichts in meine Wohnung bringt, ist es seine Sache.", antwortete Ethan und nahm die gereichte Tüte entgegen. „Danke, du bekommst das Geld später."
„Bring es mir einfach, sobald du es hast.", erwiderte Luke darauf und verabschiedete sich von Ethan. Dieser verschwand nickend aus der Bäckerei und ging gemütlich über die Straße, als ein Auto abbremste und zu hupen anfing. „Hast du einen Knall?", schrie der Fahrer ihm hinterher, doch Ethan ignorierte ihn. Seine Aufmerksamkeit galt dem Fenster im dritten Stock, in dem er den Schatten von zwei Personen wahrnahm
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Abigail saß in ihrem Zimmer beim Schreibtisch und starrte ihr Handy an. Es war neun Uhr in der Früh und sie hatte vielleicht zwei Stunden Schlaf gefunden. Ihre Freundin war seit gestern Abend verschollen und sie hatte sich noch immer nicht bei ihr gemeldet.
Obwohl Aby gewollt hatte, dass Mike nach Hause fuhr, war er bei ihr geblieben und so lange wach geblieben, bis sie eingeschlafen war. Zwar war er direkt danach auch eingedöst und Abigail eine halbe Stunde später wieder aufgewacht, doch sie war erstaunt, wie viel Mike für sie tat.
Er schlief und sie wollte ihn auch schlafen lassen, also trat sie leise aus ihrem Zimmer und ging in die Küche. Ihre Mutter stand am Herd und machte Pfannkuchen, erstaunt beobachtete Aby ihre Mum eine Weile. „Ich glaube es nicht, Mike muss wirklich öfters bei mir schlafen.", sagte sie und ihre Mum ließ vor Schreck, den Pfannkuchen fallen, den sie gerade aus der Pfanne gehoben hatte.
„Abigail, musst du mich so erschrecken?", schimpfte ihre Mum, lächelte jedoch dabei und Abigail drückte ihrer Mum einen Kuss auf die Wange, bevor sie sich bückte und den Pfannkuchen aufhob und wegschmiss. „Mike kommt ja nicht so oft zu uns, also muss ich es ihm etwas schmackhafter bei uns machen!"
„Wie bitte? Mum, er ist bei der Navy und es ist logisch, dass er lieber bei seiner Familie ist und nicht bei uns!", erwiderte Aby und musste schmunzeln.
Am Anfang war ihre Mum gegen diese Beziehung gewesen und jetzt mittlerweile vergötterte sie ihren Schwiegersohn in spe - wie sie ihn gerne nannte.
„Ja, aber er ist mit meiner Tochter zusammen. Habt ihr eure Beziehung eigentlich schon öffentlich gemacht?"
„Nein, aber demnächst an seinem Geburtstag wollen wir unseren Freunden und seiner Familie, unsere Beziehung bekannt geben.", antwortete Aby und lehnte sich an die Küchentheke. „Wo ist Dad?"
„Schon bei der Arbeit. Wo ist eigentlich Zoey? Sie wollte doch diese Woche bei uns schlafen oder?"
Abigail zuckte erschrocken zusammen und atmete erleichtert auf, als es ihre Mum nicht mitbekommen hatte. „Sie... ähm...", ihr fiel nichts ein und so blieb sie bei der Wahrheit. „Ich weiß es nicht."
Mrs. Malone drehte sich zu ihrer Tochter und blickte sie überrascht an. „Du weißt nicht, wo Zoey ist?"
„Nein. Ich habe sie gestern Abend auf der Party zum letzten Mal gesehen und Lou hat mir gesagt, dass sie nach Hause fahren wollte. Doch bei uns oder bei ihrem Vater, denn ich gestern vorsichtshalber angerufen habe, ist sie nie angekommen."
„Wie bitte? Abigail, warum hast du mir das nicht früher erzählt?", sagte ihre Mum tadelnd. „Ich habe geglaubt, dass wir uns alles anvertrauen."
„Ich hatte Angst, dass ich Ärger bekomme. Du hast uns extra gesagt, wir sollen zusammen bleiben und nun, ist das Schlimmste eingetroffen. Zoey ist verschwunden.", erwiderte Aby zerknirscht. Dass Zoey betrunken war, ließ sie trotzdem lieber weg, da sie eigentlich noch kein Alkohol trinken durften..
„Engelchen, natürlich hätte ich kurz gemeckert, aber ich hätte nie mit dir geschimpft oder dir die Schuld gegeben. War Zoeys Vater schon bei der Polizei und hat eine vermissten Meldung gemacht?", erwiderte ihr Mum mit sanfter Stimme.
Aby nickte und tränen rannen über ihre Wangen, so dass Mrs. Malone die Pfanne von der heißen Herdplatte wegstellte und ihre Tochter umarmte. „Sie wird schon wieder auftauchen.", versuchte Mrs. Malone ihre Tochter zu beruhigen.
„Ja, aber ich hätte bei ihr bleiben und auf sie aufpassen sollen.", schluchzte Abigail und vergrub ihr Gesicht im Pullover ihrer Mum. „Was, wenn ihr etwas schlimmes passiert ist? Sie irgendwo liegt und... und..."
„Abigail, deine Freundin wird wieder auftauchen und du wirst sehen, dass es ihr gut geht!", unterbrach Abys Mum sie und strich ihr sanft übers Haar.
Mike trat in die Küche und blieb für einen Moment angewurzelt stehen, als er die innige Umarmung von Mutter und Tochter sah. Er fühlte sich wie ein Eindringling und wollte gerade wieder kehrt machen, als Abys Mum ihn sah. „Mike, guten Morgen."
Abigail löste sich von ihrer Mum und drehte sich mit verweintem Gesicht zu ihren Freund. „Mike...", schluchzte sie und fiel ihrem Freund in die Arme. Er schloss sie sofort in seine Arme und strich ihr beruhigend über den Rücken. Obwohl er leicht mit der Situation überfordert war, ließ er sich nichts anmerken und bevor er irgendeinen Schwachsinn sagte, blieb er lieber still. Mike hatte noch nie mit weinenden Frauen umgehen können und dass hatte sich bis zu dem heutigen Tag nicht geändert.
Hilflos blickte er zu ihrer Mum und sah sie aus verzweifelten und flehenden Augen an, ihm zu helfen. Mrs. Malone lächelte ihm sanft und aufrichtig zu. „Komm, Abigail, du musst etwas essen und danach schauen wir weiter. Okay?"
Aby nickte und ließ sich auf die Sitzbank in der Küche nieder. Sie hatte eigentlich keinen Hunger, zwang sich jedoch wenigstens zwei Pfannkuchen zu essen. In Gedanken war sie bei ihrer Freundin, Zoey.
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Vielen Dank für's lesen ❤️
2304 Wörter
Meinung ? 🤗
Fortsetzung folgt ...😘
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