Kapitel 35 „You are an Idiot ..."

Erstellt am: 05.01.2020

Zittrig und ein wenig zögernd drückte Zoey die Türklinge hinunter, diese glitt langsam auf. Zoey's Herz klopfte ihr vor lauter Aufregung bis zum Hals. Tief durchatmen, Zoey, du schaffst das, sprach sich Zoey Mut zu und betrat das Krankenzimmer. Ein sanftes Licht erhellte den dunklen Raum ein wenig.
Ein erstickter Laut entrang sich Zoey's Kehle, als sie den leichenblassen Ethan auf dem Bett liegen sah. „Oh Gott...", murmelte sie erschrocken und blieb mitten im Raum stehen. 
Ethans Arme und sein Kopf waren bandagiert und er hing, neben dem Beatmungsschlauch, an einer Ernährungssonde um Flüssigkeit oder Nahrung zu sich nehmen zu können.  Tränen bahnten sich ihren Weg nach oben, und bevor sie es auch nur hätte verhindern können, kullerten sie schon ihre Wangen hinunter. Eine immense Wut packte sie plötzlich, so dass sie am liebsten gegen etwas geschlagen hätte.
„Du Idiot! Du Idiot, warum hast du das getan? Warum?!", schluchzte Zoey auf. „Warum hast du es getan? Ich verstehe es nicht. Ich verstehe dich nicht, bitte erkläre es mir! Du musst aufwachen und mir erklären, warum du das getan hast!" Sie ließ sich auf den Stuhl neben seinem Bett nieder, ließ ihren Kopf auf die Matratze sinken und weinte bitterlich.
Zoey wischte sich die Tränen von den Augen und schluckte: „Danke. Danke, dass du mir das Leben gerettet hast."
Seufzend ergriff sie seine schlaffe Hand und drückte sie leicht. Sie war verwirrt, mehr als verwirrt. Sie wusste nicht, was in ihm vorging, was das alles zu bedeuten hatte, und doch wusste sie, sie würde Ethan nicht mehr von der Seite weichen. Es musste bergauf gehen und sie wusste, was sie zu tun hatte.
Zärtlich strich Zoey Ethan über die Wange, ein trauriges Lächeln umspielte ihre Lippen. Sie würde ihm beistehen, mit all ihrer Kraft. Eine Träne tropfte auf seine Stirn und Zoey wischte sie sanft weg. Sie schmunzelte und dachte über ihre gemeinsame Zeit nach, ließ alles noch einmal Revue geschehen, und dann ging ihr ein Licht auf.
„Ich liebe dich, Ethan Wayne. Jetzt musst du dir besseres einfallen lassen, um mich wegzustoßen. Dieses Mal weiche ich nicht von deiner Seite, der Unfall hat mir die Augen geöffnet. Also wach so schnell wie möglich auf, ich brauche dich.", flüsterte Zoey knapp bei seinem Ohr.
Sie lachte auf und schüttelte den Kopf. „Gott, war ich naiv. Ist man mit sechszehn Jahren so naiv? Ich habe dir alles abgekauft, jedes Mal ... ich hätte wissen müssen, dass du es wahrscheinlich nur aus Selbstschutz gemacht hast. Merke dir eines, du hast mich das letzte Mal von dir gestoßen! Ich liebe dich und warte auf dich. Wenn du aufwachst, werde ich für dich da sein."
Zoey drückte ihm einen sanften Kuss auf die Stirn und musterte ihn. Er würde es schaffen, er war stark.
„Okay, es ist schon spät, aber ich komme wieder! Ich habe eine Idee, und so wie ich dich kenne, wirst du mir später den Kopf kürzen. Jedoch glaube ich, dass es dir helfen wird und hoffe, du bist mir später nicht allzu böse. ...  Ich komme morgen wieder und jeden weiteren Tag, bist du wieder bei mir bist."

Zoey saß im Schneidersitz auf ihrem Bett und starrte aus dem Fenster. Sie hatte gestern Nacht kein Auge zu getan, das Bild, wie Ethan im Bett lag und an der Ernährungssonde angehängt war, blass um die Nase, hatte sich in ihr Gedächtnis eingeprägt. Es war ungewiss, wann Ethan wieder aufwachen würde, und der Besuch von seiner besten (Ex-) Freundin hing Zoey auch noch in den Knochen. Zoey seufzte: Sie würde Ethan immer wieder eine Chance geben, sie liebte ihn. Und wenn er nicht in ihrer Nähe war, fühlte sie sich leer. Doch trotzdem konnte sie ihm eine Sache nicht verzeihen, den Einbruch. Er hatte davon gewusst... . Sie verstand wirklich die Sorgen von Renée und vielleicht hatte sie es etwas übertrieben mit ihrer Reaktion. Doch trotzdem ging es Renée nichts an, ob sie Ethan wieder eine Chance geben würde oder nicht. Sie hatte sich einfach nicht einzumischen. Punkt aus!
„Hey! Du darfst nach Hause. Warum sitzt du hier so traurig herum?", fragte die vertraute Stimme ihres Bruders. „Du darfst nach Hause! Du darfst nach Hause! Wuhuu...", sang Zac und entlockte Zoey ein Lächeln. „Come on, Sister, sing with me!"
„Du hast doch einen Knall, Bruderherz.", sagte Zoey lachend. „Warum willst du etwas mit Musik machen, wenn du nicht einmal die Töne triffst?"
„Dafür habe ich ja dich. Wenn ich Songs schreiben sollte oder irgendeinen Song aufnehmen muss, komme ich zu dir.", antwortete Zac ernst.
Zoey zeigte ihm den Vogel. „Ich hole meine restlichen Sachen aus dem Bad, könntest du die Lade ausräumen und alles in meiner Sporttasche verstauen, bitte? Dann können wir auch schon los!"
„Sicher, habe ja sonst nichts zu tun.", kommentierte Zoey's Bruder und zwinkerte ihr zu. Lachend verschwand Zoey im angrenzenden Bad.
Zachary blickte seiner jüngeren Schwester nachdenklich hinterher, er wusste, irgendetwas stimmte nicht. Seufzend öffnete er die Lade, auf die Zoey gedeutet hatte. Erstaunt hob Zac die Augenbrauen, als ihm ein Foto ins Auge stach. Zac verstaute ihren IPod und ein Buch in ihrer braunen Sporttasche, bevor er das Foto in die Hand nahm. Es zeigte seine Schwester und einen ihm unbekannten jungen Mann, beide sahen sich vertraut in die Augen, und so wie es aussah, hatten sie nicht gewusst, das ein Foto geschossen worden war. Zachary wusste zwar, dass seine Schwester seit einer Weile einen Freund hatte, jedoch hatte er ihn – bis heute – nicht zu Gesicht bekommen.
„Was tust du da?", fragte Zoey.
„Ist er das? Ist das dein Freund?", fragte Zac und sah seine Schwester mit zusammen gekniffenen Augen an. Zoey entdeckte das Foto und riss es ihm aus der Hand, sie erwiderte seinen Blick belustigt „Kommt jetzt der große Bruder-Beschützer-Instinkt oder was?"
„Zoey, beantworte meine Frage."
„Ja, das ist er."
„Aha..., jetzt, wo ich weiß, dass es ihn wirklich gibt – ja, es stört mich. Ich möchte ihn kennen lernen, damit du es weißt."
Zoey schnaufte. „Du hast doch einen Knall, sicher nicht."
„Zoey.", sagte Zac scharf.
„Zachary, es würde gar nicht gehen.", sagte Zoey und stopfte ihre Badeutensilien in ihre Tasche.
„Warum?"
Zoey seufzte und ihre Augen blickten ihn traurig an. „Er hat mich vor dem Wagen gerettet. Er liegt auf der Intensivstation und im Koma. Können wir jetzt gehen?"

Zachary sah sie seit fünf Minuten schweigend an, bis sie ihm schon genervte Blicke zusandte. „Und? Können wir jetzt los?", fragte Zoey genervt. Es war das erste Mal, dass sie ihren Bruder sprachlos vor sich sitzen sah.
„Klar, gehen wir, bevor Dad auf die Idee kommt, Dr. May zu überreden, dass du länger im Krankenhaus bleiben musst.", erwiderte Zac, jedoch mit seinen Gedanken ganz woanders.
Zoey sah ihren Bruder geschockt an. „Was? Na dann, komm in die Hufe!"
Zachary lachte und schnappte sich Zoey's Tasche. „Komm, ich bringe dich zum Wagen."
Beim Aufzug stoppte Zoey jedoch und drehte sich zu ihrem Bruder um. „Ich muss noch etwas erledigen, wartest du beim Wagen auf mich?"
„Ok, beeil dich."

Zoey betrat Ethan's Zimmer und erblickte Renée schlafend auf dem Stuhl neben dem Bett. Nachdenklich fuhr sie sich durch ihr langes blondes Haar und ging auf leisen Sohlen auf die andere Seite des Bettes. Ein sanftes Lächeln bildete sich auf ihrem Gesicht und sie drückte Ethan einen Kuss auf die Stirn.
Darauf bedacht, dass sie Renée nicht weckte, beugte sie sich zu seinem Ohr. „Hi, Darling. Ich darf heute nach Hause und das habe ich dir zu verdanken. Mein Retter in jeder Not. Ich komme jeden Tag vorbei und werde dir nicht von der Seite weichen. Dieses Mal wirst du mich nicht so leicht los, verstanden? Ich liebe dich, Ethan Wayne. Bis morgen."
Zärtlich strich Zoey ihm über seine Wange – es hatten sich schon Bartstoppeln gebildet. Es war still im Raum, nur das Piepsen der Geräte war zu hören.
Eins, zwei Minuten beobachtete sie Ethan und hoffte auf eine Regung von ihm, doch nichts geschah. Sie zwang sich, nicht ungeduldig zu werden, es war erst der zweite Tag nach dem Unfall.
Seufzend drückte sie ihm einen weiteren Kuss auf die Stirn und drückte sanft seine Hand. Ich werde immer für dich da sein. Die Zeiten, in denen du mich von dir stoßen konntest, sind vorbei ... Ich bin nicht mehr so naiv wie früher.
Zoey richtete sich wieder auf und blickte in das aschfahle Gesicht von Renée. „Ich wollte mich nur schnell von ihm verabschieden. Habe ich dich geweckt?"
„Nein, ich ... Zoey, ich habe es gestern nicht so gemeint, wie du es aufgefasst hast. Ethan ist mein bester Freund, und hätte ich ... du solltest ihm noch eine Chance geben. Ich mag dich, wirklich ... Durch dich wurde er zu einem besseren Menschen, wieder zu dem Ethan, den ich kennen und lieben gelernt habe – freundschaftlich natürlich.", sagte Renée und schenkte ihr ein müdes Lächeln, seit Tagen kam Renée nicht mehr zum Schlafen.
Zoey sah Renée überrascht an. „Oh..., okay. Dann sollte ich mich wohl für mein Verhalten gestern entschuldigen, es tut mir Leid, dass ich dich so angefahren bin. Wir werden wahrscheinlich keine besten Freundinnen, aber für Ethan ... können wir ja Frieden schließen."
„Okay, damit bin ich einverstanden.", erwiderte Renée und erhob sich. „Ich brauche ein Zigarette und danach einen Kaffee, um meine Müdigkeit zu verdrängen."
Zoey nickte und gab Ethan einen letzten Kuss. „Ich muss auch gehen, mein Bruder wartet."
„Sag mal, wie heißt dein Bruder eigentlich?", fragte Renée, als sie gemeinsam mit Zoey das Zimmer von Ethan verließ und sie sich in Richtung des Aufzuges aufmachten.
Zoey warf ihr einen verwirrten Blick zu, antwortete jedoch trotzdem. „Zachary..., kennst du ihn? Er will aber nur „Zac" genannt werden, ist viel cooler."
Renée lachte laut auf und schüttelte den Kopf: Jungs und ihre Coolness, das gab es auch bei jedem, den sie kannte. Sie stiegen in den Aufzug ein, und während Zoey auf „0" drückte, lehnte sich Renée an die Wand. Schmunzelnd beobachtete sie die Zahlen, wie sie immer niedriger wurden.
„Ja, ich habe ihn vor den OP-Sälen getroffen. Er hat darauf gewartet, endlich etwas über deinen Zustand zu erfahren.", antwortete Renée und fing zu lachen an. „Ich habe ihn Kopfschmerztabletten gereicht und er hat geglaubt, es seien Drogen oder etwas anderes. Keine Ahnung. Auf jeden Fall, hat mich diese Begegnung für ein paar Sekunden abgelenkt."
„Dann war es wohl Schicksal, dass ihr euch dort getroffen habt.", sagte Zoey und sah Renée nachdenklich an. Die junge Frau hatte ein Schmunzeln auf den Lippen und ihre Augen glitzerten ein wenig.
„Ja, so kann man es wohl nennen."

Draußen an der frischen Luft zündete sich Renée seelenruhig eine Zigarette an und zog kräftig daran, bis sich ihre Lungen mit dem Rauch füllten. Innerlich war Renée noch immer so aufgewühlt, wie vor zwei Tagen, als sie aus dem Schlaf gerissen und ihr mitgeteilt wurde, dass sich ein Mr. Wayne im Krankenhaus befand. Renée lehnte sich an die Wand und beobachtete den Rauch wie er zum Himmel empor stieg und sich dann auflöste. Zoey hatte sich vor kurzem verabschiedet und war auf die Toilette verschwunden.
„So sieht man sich wieder, Renée.", ertönte eine ihr bekannte, männliche Stimme. Sie wandte den Kopf und sah in ein blaugraues Augenpaar, das belustigt glitzerte.
„Hi, Zac.", begrüßte sie ihn, mit einem breiten Lächeln im Gesicht. „Wie geht's ?
„Danke, mir geht es blendend. Mein Dad und ich holen meine Schwester ab ... sie lässt sich jedoch sehr viel Zeit.", antwortete Zac stirnrunzelnd. „Wie geht es dir?", fragte er, gutgelaunt und lehnte sich ebenfalls an die Mauer.
„Gut, danke der Nachfrage.", antwortete Renée. „Sie ist noch auf die Toilette verschwunden, solltest du dich fragen, wo sie bleiben sollte."
„Ihr kennt euch?"
Renée seufzte. „Ja, sie ist mit meinem besten Freund zusammen. Er lag im neben OP."
„Ah..., das nenne ich einmal Schicksal. Hier, mach es auf, wenn ich verschwunden bin, ich würde mich freuen.", sagte Zac und reichte Renée einen weißen Briefumschlag. Er grinste breit und nickte ihr kurz zu, bevor er sie einfach stehen ließ. Renée sah ihm erstaunt hinterher.
„Hey, was ist es denn? Ein Brief? Liebesbrief, bitte nicht?!", schrie sie ihm nach.
Zac lachte, hob die Hand zum Abschied und ging nicht weiter darauf ein. „Man sieht sich ... oder hört sich!"

Zoey hatte gesehen, wie Zachary Renée ein Briefkuvert zu gesteckt hatte und wie er lässig davon schlenderte. Verwirrt über sein und ihr Verhalten trat sie aus dem Gebäude und ging auf Renée zu.
„Wie wäre es, wenn du mir deine Nummer gibst und wir können uns, wenn wir Ethan besuchen, abwechseln. So kommen wir beide zum Schlafen."
Verwirrt hob Renée den Kopf. „Ja, klar." Sie sagte Zoey ihre Nummer auf und Zoey ließ es auf Renée's Handy läuten. „Ok, super. Es ... Es tut mir wirklich leid, wegen gestern. Es ist halt meine Entscheidung, ob ich Ethan eine Chance gebe oder nicht."
Renée grinste. „Schon gut, kann ich verstehen. Richte deinem Bruder schöne Grüße aus." Danach drehte sie sich um und verschwand im Inneren des Krankenhauses. Zoey blickte ihr verwirrt und erstaunt hinterher, bevor sie sich aus ihrer Starre riss und zu ihrem Vater und Bruder ging.

„Hi, Dad!", begrüßte sie ihren Vater fröhlich und schloss ihn in eine feste Umarmung. Ihren Bruder drückte sie einen nassen Kuss auf die Wange und ließ sich dann auf dem Beifahrersitz nieder.
Nachdem alle eingestiegen waren und Dominic den Weg in Richtung ihres zu Hauses einschlug, fiel Zoey etwas auf. „Sag mal, Dad, wo ist eigentlich Melissa? Sie war kein einziges Mal im Krankenhaus und auch jetzt ist sie nicht mit."
Dominic lachte und sah in den Rückspiegel zu seinen Sohn, dieser zwinkerte ihm zu und richtete dann seinen Blick wieder aus dem Fenster.
„Was denn? Wovon weiß ich nichts?", fragte Zoey, der es nicht entgangen war.
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Vielen Dank für's lesen ❤️
2294 Wörter
Meinung ?🤗
Fortsetzung folgt ... 😘

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