Kapitel 30 - „wahre Freundschaft"

Erstellt am: 02.01.2020

Zoey wischte sich die Tränen von den Augen und parkte ihren Wagen vor dem hellgelben Gebäude, in dem ihre beste Freundin wohnte. Fast eine Woche hatten die beiden Freundinnen kein Wort miteinander gewechselt und trotzdem wusste Zoey, dass sie sich auf Abigail verlassen konnte. Sie hatte es einige Male telefonisch bei Ethan versucht, doch er hatte nicht abgehoben. Aus purer Verzweiflung fand sie sich nun vor der Wohnungstür ihrer Freundin wieder. Zoey war verwirrt und verstand die Zurückweisung von Ethan nicht, obwohl er ihr doch erst vor kurzem seine Liebe gestanden hatte. Sie brauchte jemanden zum Reden und niemand wäre dafür besser geeignet, als ihre beste Freundin.
Schluchzend stand Zoey vor der Wohnungstür, betätigte die Hausklingel und hoffte, ihre Freundin zu Hause anzutreffen. Es war eine spontane Entscheidung gewesen, zuerst war sie nämlich auf den direkten Weg zu Ethan gewesen, bevor sie umgedreht hatte.
Abigail öffnete die Tür mit einem sanften Lächeln, das sofort wieder verschwand. Bevor sie irgendetwas sagen konnte, stürzte sich Zoey in ihre Arme und weinte bitterlich. Beruhigend sprach Aby auf ihre Freundin ein, während sie Zoey ins Wohnzimmer dirigierte.
Zwar hatte sich Zoey von ihrem kurzen Heulkrampf wieder beruhigt, als Abigail mit zwei Tassen heißem Kakao zurückkam, trotzdem sah sie ihr an, wie verzweifelt sie war. Ihr Gefühl wusste und sagte ihr, dass es etwas mit diesem Typen zu tun hatte. „Also, Maus, was ist passiert?"
Zoey hob den Blick, sah Abigail aus tränenverschmierten Augen an und umarmte sie stürmisch. „Ich habe dich so vermisst, Aby. Es tut mir so leid! Ich wollte mich nicht mit dir streiten, es tut mir leid."
Abigail lächelte und strich Zoey beruhigend über den Rücken. „Schon gut, Zoey. Es ist Schnee von gestern, okay? Wir wollen es vergessen und nicht mehr darüber reden, kein Typ kann unsere Freundschaft zerstören. Wir beide sind schon zu lange miteinander befreundet, dass wir uns von so einem mickrigen Streit unterkriegen lassen. Wir beide sind einfach zu stur, wenn es um den ersten Schritt geht."
Zoey nickte und musste widerwillig schmunzeln. „Danke."
„Wofür?"
„Einfach für alles, du warst und bist immer für mich da. Ich bin nicht immer einfach, dass weiß ich..."
„Nein, das bist du nicht.", unterbrach Aby sie lachend, bevor sie wieder ernst wurde. „Also, Süße, was ist los? Was hat dieser Typ angestellt?", fragend sah Abigail ihre Freundin an und reichte ihr die Tasse Kakao.
Zoey seufzte. „Weißt du, ich liebe ihn wirklich ... und erst vor einer halben Stunde oder so ... er liebt mich auch, hat er gesagt! ... Ich wollte zu ihm fahren, doch er ignoriert meine Anrufe... wer sagt, dass er mir dann die Tür öffnen wird? Er ist so stur und in sich gekehrt ... Ich meine, warum ignoriert er mich plötzlich? Es kann doch nicht nur wegen meinem Vater sein. Er macht sich nie etwas aus anderen, warum sollte es ... Ich verstehe ihn nicht ... Es lief alles so gut und ... ich weiß nicht, was ich noch tun soll ... Ich habe wirklich alles versucht und ...", Zoey brach ab, als erneut Tränen ihre Wangen hinabliefen. Sie schnappte sich ein kleines Zierpolster von der Couch und vergrub ihr Gesicht darin.
Abigail strich ihr beruhigend über den Rücken, während sie versuchte, den Inhalt des Gesagten zu verstehen. „Süße, ich verstehe nur Bahnhof. Fangen wir von Anfang an. Erzähl mir alles, was ist passiert?"
Stockend berichtete Zoey ihrer Freundin, was heute Vormittag vorgefallen war und auch, wie sich ihre Beziehung zu Ethan endlich verbessert hatte. Dass sie sich in ihn verliebt und mit ihm ihr erstes Mal erlebt hatte, ließ sie auch nicht aus.  Auch erzählte sie Abigail von dem Treffen mit Lucy, von dem sie noch nicht wusste, ob es schon stattgefunden hatte. Sie hatte bis jetzt keine Zeit gefunden, mit Ethan darüber zu reden. Zoey erzählte Aby, wie sie den Kontakt zu seiner Ex-Haushälterin wieder herstellen, und dass sie Ethan mit einem Treffen überraschen wollte. Sie ließ kein einziges Detail von dem Erlebten aus, mit dem Wissen, dass Abigail nicht davon begeistert sein würde.
„Wow, da habe ich wohl einiges verpasst, oder?", fragend und mit einem sanften Lächeln, sah Aby ihre Freundin an.
Zoey nickte leicht und vergrub ihr Gesicht wieder im Polster. „Es tut mir wirklich leid, dass wir uns gestritten haben, wegen einem Typen...", kam es nach paar Sekunden später gedämpft aus dem Polster.
Aby lachte. „Mir auch, Zoey. Lass es uns vergessen, okay? Wir beide sind einfach zu stur, mehr nicht. Obwohl ich noch immer bezweifle, dass Ethan ein netter Mensch sein kann. Aber ich möchte dir beistehen und helfen."
„Ehrlich?", Zoey schaute auf und umarmte ihre Freundin stürmisch. Aby grinste und erwiderte die Umarmung. „Ja, ich kann meine beste Freundin einfach nicht leiden sehen."
Zoey lachte, während Tränen ihre Wangen hinab liefen. Sie war froh, eine Freundin wie Abigail zu haben. „Du bist wirklich die Beste! Es tut mir wirklich leid, Aby!"
„Noch einmal, dann werfe ich dich aus meiner Wohnung! Genug entschuldigt, okay. ... Mein negatives Bild über Ethan bleibt, bis er mir das Gegenteil beweisen kann.", erwiderte Abigail ernst.
Zoey nickte leicht. „Das werde ich akzeptieren ... Was soll ich denn jetzt machen?"
Aby sah ihre Freundin nachdenklich an und kratzte sich mit dem Zeigefinger am Nasenrücken, während sie überlegte. „Am besten, du lässt ihn heute in Ruhe. Ich denke, er braucht selbst einmal Zeit mit seinen Gefühlen für dich klarzukommen."
„Du meinst..."
Aby nickte. „Genau. Ich nehme das jetzt alles aus deinen Erzählungen heraus und denke, dass es für ihn erst einmal selber ein Schock war. Lass Ethan heute in Ruhe und morgen statten wir deinem Schwarm einen Besuch ab."
Zoey seufzte und nickte, nichts anderes hatte sie von ihrer Freundin erwartet. Für heute würde sie Ethan in Ruhe und Zeit für sich lassen.  „Okay."
„Ich habe eine Idee.", rief Abigail aus und sprang voller Elan von der Couch auf. Breit grinsend streckte sie Zoey die Hand hin und zog sie in die Höhe, als diese sie zögerlich ergriff. „Wir beide werden heute wieder einmal den Club unsicher machen."
Zoey verzog das Gesicht. „Ich weiß nicht, Aby. Ich habe keine Lust, zu feiern."
„Ach, papperlapapp, du kommst jetzt mit! Du brauchst Ablenkung und was ist am besten dafür geeignet? Wir gehen in unseren Stammclub und lassen es richtig krachen, nur den Alkohol lassen wir bei dir weg ... deswegen sitzt du jetzt in diesem Schlamassel.", erwiderte Abigail fröhlich und wies ihre Freundin an, ihrem Vater per SMS Bescheid zu geben.
Seufzend folgte Zoey Abigail ins Schlafzimmer und ließ sich lustlos aufs Bett nieder. „Aby..."
„Pst..., ich möchte jetzt nichts hören. Ich muss mich konzentrieren, damit ich ein tolles Outfit für dich und mich zusammenstellen kann."
Zoey beobachtete Abigail, wie sie ein Kleidungsstück nach dem anderen aus dem Schrank zog und die engere Auswahl aufs Bett warf. Auch wenn Zoey zwischendurch Protest einlegte, ließ sich Abigail nicht von ihrer Idee abbringen. Zoey wurde bewusst, wie sehr sie ihre beste Freundin und ihre ständige fröhliche Laune vermisst hatte. Sie hatte es bis jetzt immer geschafft, dass sich Zoey besser fühlte, wenn es ihr schlecht ging. Sie waren füreinander da, in guten und in schlechten Zeiten. Beste Freundinnen, eben.
Sie würde heute mit Abigail feiern gehen und ihre Sorgen einmal beiseiteschieben, an diesen Abend zählte nur die Freundschaft.
~~~~~

Ethan tigerte in seinem Wohnzimmer auf und ab, er hatte kein gutes Gefühl bei dem Plan von seinem Freund. Dieser hatte sich vor einer Stunde verabschiedet und wollte ihm heute noch die Uhrzeit und den Treffpunkt bekannt geben.
„Gott, hilf ihm! Du machst mich wahnsinnig, Ethan!", schnaubte Renée, erhob sich von der Couch und trat zu ihrem Freund. Sie schnappte sich die frisch angezündete Zigarette und drückte sie im Aschenbecher, der auf dem Couchtisch stand, aus. Es war schon untypisch, Ethan um diese Uhrzeit mit einer Zigarette im Mundwinkel zu sehen. Doch noch untypischer war es, dass er in der letzten halben Stunde fast die ganze Schachtel aufgeraucht hatte.
Renée seufzte, holte ein frisches Bier aus der Küche und reichte es Ethan. Sie sah sich im Wohnzimmer um und schüttelte den Kopf. Überall standen leere Bierflaschen, zwei volle Aschenbecher, leere Verpackungen vom Chinesen oder Pizzaschachteln herum und auch sonst konnte man nicht von einer sauberen, aufgeräumten Wohnung reden.  „Du solltest echt einmal wieder für Ordnung sorgen. Ich bin selber nicht so ein Ordnungsfreak, aber du lebst wirklich in einem ... Schweinestall."
„Jaja.", brummte Ethan und öffnete die Flasche. Renée seufzte wieder und ließ sich auf die Couch nieder. „Was ist los? Brauchst du ein bisschen Ablenkung, mein Freund?"
Ethan warf ihr einen bösen Blick zu, er wusste, was mit „Ablenkung" gemeint war. „Halt die Klappe, Renée..."
„Schon gut, war ja nur ein Angebot, dass du früher nicht ausgeschlagen hättest... Es geht um ein Mädchen, habe ich Recht?"
„Zoey? Nein.", brummte Ethan, wandte sich zum Fenster und fuhr sich durch sein schwarzes Haar. Renée trat hinter ihren Freund und schlang die Arme um seinen muskulösen Körper, während sie ihren Kopf an seinem Rücken ruhen ließ. Sie lächelte, als sie an die alten Zeiten zurück dachte. Hätte sie es früher gewusst, hätte sie alles getan, Ethan an ihrer Seite zu behalten. Doch damals hatte ihre Beziehung einfach nicht sein sollen und geliebt hatte er sie auch nicht. Jetzt gehörte sein Herz einer anderen und sie würde alles für ihren Freund tun, dass er das Mädchen nicht verlor. Er brauchte jemanden und die Kleine war genau die Richtige dafür, sie würde Ethan aus dieser Gegend herausholen und ihn wieder auf den richtigen Weg bringen. Zwar würde sie ihn vermissen, wenn sie ihn nicht mehr bei seinen illegalen Kämpfen oder Rennen anfeuern konnte, doch es würde Ethan auf jeden Fall besser gehen.
„Ich habe ihren Namen nicht einmal erwähnt, Ethan. Du liebst sie, oder? Es macht dir Angst und deswegen stößt du sie von dir.", sagte Renée nach einer Weile.
Ethan spannte sich an. „Was redest du für einen Mist, Renée?"
Sie hatte Recht, sie hatte es gewusst und wechselte die Taktik. „Andere Frage, was willst du von dem kleinen Schulmädchen? Sie ist ein reiches Blondchen und gibt das Geld ihres Daddy's aus, mehr nicht. Die Kleine weiß sicher nicht einmal, wie es im richtigen Leben zugeht! Eine kleine, eingebildete, egoistische, blonde Schnepfe. Ich bin mir sicher..."
Ethan drehte sich um und stieß Renée von sich, während er ihr Gerede unterbrach. „Ein Wort noch und du bist das erste Mädchen, dass ich schlagen werde! Gerade du solltest keine Vorurteile haben, Renée! Sie hat mehr für mich gemacht, als jeder andere Mensch in meinem Leben, okay? Ein falsches Wort noch und..."
„Du liebst sie und du weißt es." Renée lächelte sanft und drückte Ethan einen Kuss auf die Wange.
„Was zum Teufel...?"
„Ich mag die Kleine, Ethan. Sie hat dich verändert, zum positiven! Du bist wieder fröhlicher, lachst mehr und bist nicht mehr so launisch, ausgenommen heute.", unterbrach Renée ihn erneut und grinste breit, sie freute sich wirklich für Ethan.
„Du bist echt ein Miststück, Renée, weißt du das?"
„Ja, und ich liebe es.", antwortete Renée grinsend und umarmte Ethan. „Versau es dir nicht, Ethan. Nicht jeder hat so ein Glück."
Gerade als Ethan etwas erwidern wollte, fing sein Handy zu läuten an. Er drückte Renée einen Kuss auf die Stirn und fischte sein Handy aus der Hosentasche. Sam's Nummer erschien auf dem Display und Ethan ahnte nichts Gutes. „Ja?"
„Ethan, wir verlegen die Aktion auf heute.", kam es aufgeregt von Sam. „Es ist die perfekte Nacht, Mann. Ich weiß von meinem Informant, dass keiner zu Hause ist. In einer halben Stunde vor unserem Stammlokal. Mach dich bereit, Kleiner!" Sam legte ohne ein weiteres Wort auf und Ethan starrte auf sein Handy. Doch sein erster Gedanke galt Zoey. Es war soweit, nach dieser Aktion würde er Zoey nie wieder sehen. „Ethan?", Renée's Stimme riss Ethan aus seiner Starre. Er drehte sich um und schenkte ihr ein schiefes Lächeln, während er seine Freundin in die Arme schloss. „Du bist wirklich in Ordnung, Renée. Ich muss jetzt los, treffe mich mit Sam."
„Ethan, mach es nicht.", hielt Renée ihn auf, als er gerade in seine Schuhe und in seine schwarze Weste schlüpfte. Verwirrt drehte er sich um. „Was?"
„Das weißt du. Sam ist ein Idiot ... du solltest bei dieser Aktion nicht mitmachen, Ethan."
Ethan schnaubte und zog sich weiter an. „Renée, es geht dich nichts an."
„Doch, du bist mein Freund, Ethan!"
„Sam ist mein Freund, ich bin es ihm schuldig!"
„Ich weiß, was er damals für dich getan hat! Deswegen musst du trotzdem nicht bei dieser Aktion mitmachen ... wenn man euch erwischt, landet ihr im Knast! Ihr beide seit vorbestraft und noch immer auf Bewährung!", versuchte Renée ihn zur Vernunft zu bringen. Ethan stoppte in der Bewegung und Hoffnung schimmerte bei Renée auf, doch sie täuschte sich.
„Renée, es ist meine Sache. Halt dich da raus!", mit diesen Worten drehte sich Ethan um, schnappte sich seine Autoschlüssel und verließ die Wohnung.

~~~~~~

Zoey saß in ihrem GMC und befand sich auf dem Heimweg. Sie hatte sich etwas früher von Abigail verabschiedet, da sie einfach nicht in Feierlaune kam. Sie wollte einfach nur mit sich und ihren verwirrten Gedanken alleine sein. Abigail wollte sie begleiten, doch das hatte Zoey strikt abgelehnt und ihr versprochen, sich zu melden, sobald sie zu Hause war.
Seufzend bemerkte Zoey, dass sie nur mehr eine Gasse von Zuhause entfernt war. Sie hatte endlich das große Haus für sich alleine, denn niemand würde auf sie warten. Zachary hatte ihr Bescheid gegeben, dass ihr Vater bei einem Arbeitskollegen eingeladen war und er selbst zog mit seinen Freunden um die Häuser.
Zoey lenkte den Wagen in die Auffahrt und parkte direkt vor der Tür. Sie wollte sich nur noch in ihr großes, kuscheliges Bett verkriechen und den heutigen Tag hinter sich lassen. Wenn sie nicht plötzlich so ein mulmiges Gefühl hätte.
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Vielen Dank für's lesen ❤️
2295 Wörter
Meinung ?🤗
Fortsetzung folgt ...😘

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