Kapitel 18 - „Wiedersehen"

Erstellt am: 29.11.2019

Zoey stand einfach nur da und starrte auf die andere Seite der Straße, wo er stand. Es kam ihr so vor, als könnte sie direkt in seine blauen Augen sehen, und sie war sich sicher, dass seine Augen wie immer geheimnisvoll waren. Ihr Herz klopfte fest gegen ihre Brust und sie fragte sich, warum sie auf einmal so nervös war. Sie hatte sich spontan dazu entschieden, zu ihm zu fahren und plötzlich wusste sie nicht mehr weiter, obwohl er auf der gegenüberliegenden Straßenseite stand.
Es existierte nur mehr er, ihr Herz schlug immer schneller und das konnte sie sich einfach nicht erklären. Sie wusste nicht warum, doch sie fühlte sich wie in Trance und setzte sich – ohne auf die fahrenden Wagen zu achten – in Bewegung.
Ihr Blick haftete noch immer auf Ethan, der sie voll und ganz in seinen Bann zog – ohne es zu wissen. Zoey achtete überhaupt nicht auf den Verkehr und überquerte die Straße, als ein lautes, tiefes Hupen eines LKWs und starke Bremsgeräusche ertönten.
Zoey zuckte zusammen und blieb aus Schock – da die Geräusche sehr nah klangen – stehen und drehte sich langsam nach links. Starr vor Schreck riss sie die Augen auf und bewegte sich keinen Zentimeter, als sie den heranfahrenden LKW auf sich zu kommen sah.
Bevor sie der Lastkraftwagen jedoch erreichen konnte, wurde sie zur Seite gestoßen und landete unsanft auf ihren Rücken. Zoey schrie auf und kniff die Augen zusammen, etwas lag schwer auf ihr. Doch sie traute sich nicht, ihre Augen zu öffnen und sie fragte sich, ob der Wagen sie nun erfasst hatte oder nicht. Ob sie noch am Leben war oder nicht. Sie bekam fast keine Luft mehr, fühlte es sich so an wenn man starb? Sie musste ihre Augen öffnen, es blieb ihr nichts anderes übrig.
Langsam öffnete sie ihre Augen und Grün schaute in Blau, sie ließ einen spitzen Schrei los und fing zu zappeln an. Es dauerte, bis sie die blauen Augen erkannte, Ethan. Das konnte nur ein Traum sein oder sie war doch vom LKW erfasst worden und war – Nein, das wollte sie nicht wahr haben. Was Zoey nicht mitbekommen hatte, war, dass der LKW-Fahrer sich schon längst wieder aus dem Staub gemacht hatte, als er gesehen hatte, dass es ihr gut ging
„Verdammt, du trittst mir noch in meine Weichteile. Hör auf, Zoey.", schrie sie jemand wütend an. Sie hörte abrupt auf und öffnete langsam ihre zusammengekniffenen Augen. „Ethan..., bi-ist du re-real? Bin i-ich nicht to-ot?"
Ethan sah sie belustigt an. „Bist du auf den Kopf gefallen, als ich dich vor dem LKW gerettet habe?"
„Nein, bin ich nicht. Woher sollte ich wissen, dass du mich gerettet hast? Denkst du, ich kann hellsehen?", schnauzte sie ihn gereizt an und schnappte nach Luft. Warum bekam sie so schwer Luft?
„Normalerweise müsste jetzt ein „Danke Ethan" kommen, aber dieses Wort kennst du wohl nicht in deiner Luxusgegend." Zoey schnappte nach Luft und wollte etwas sagen, bekam jedoch nur ein Krächzen heraus. Erst jetzt bemerkte Ethan, dass er noch immer auf ihr lag und ließ ein lautes „Oh" heraus. Fragend und genervt zu gleich, sah sie ihn an. „Was ist?"
„Nichts. Obwohl, doch, du hast noch nicht „Danke, Ethan, dass du mein Leben gerettet hast" gesagt.", beantwortete er ihre Frage und genoss ihre Unwissenheit, dass er auf ihr lag. Das müsste ihr doch auffallen oder hatte er sie falsch eingeschätzt. Er dachte vom ersten Moment an, seit er sie zum ersten Mal gesehen hatte und da war sie halbnackt gewesen, dass sie eine zickige, aber kluge Nervensäge sein musste. Wahrscheinlich hatte er sich getäuscht und sie war doch ein dummes blondes etwas.
„Verdammt, ich bekomme keine Luft. Es ist als würde jemand auf mir ...", sie stoppte und Erkenntnis blitzte in ihren Augen auf. „Gott, wie blöd bin ich eigentlich - Geh hinunter von mir, du ... du Was-auch-immer, ich bekomme keine Luft!"
Ethan zog eine Braue belustigt in die Höhe und verlagerte sein Gewicht ein wenig, so dass sie wieder frei atmen konnte. Seine Sozialstunden hatte er in den hintersten Winkel seines Gehirns geschoben und sogar vergessen, seit Sam ihn auf Zoey aufmerksam gemacht hatte. Wahrscheinlich würde er einen mächtigen Ärger von den Aufpassern und seinem Bewährungshelfer bekommen, doch es war ihm eigentlich auch egal.
„Geh, verdammt noch einmal, ganz hinunter von mir oder ich fange an zu schreien!", zischte Zoey ihm zu. Ethan grinste und schüttelte den Kopf. „Mir gefällt es aber."
„Geh hinu...", fing sie an, unterbrach sich jedoch, als Ethan mit Gewalt von ihr weggezogen wurde. Erschrocken riss sie die Augen auf und erkannte zwei Polizisten, die Ethan festhielten, obwohl er sich nicht einmal wehrte. Einer sagte irgendetwas zu ihm, worauf Ethan spöttisch eine Augenbraue in die Höhe zog und Zoey selbstbewusst und arrogant zuzwinkerte, bevor er gewaltsam zurück zu seiner Gruppe gebracht wurde.
Zoey sah Ethan und dem Polizisten mit großen Augen hinterher, als sie eine tiefe aber trotzdem sanfte Stimme aus ihren Gedanken riss. „Alles in Ordnung mit Ihnen, Miss?"
Sie riss ihren Blick von Ethan los und nickte schwach, als sie dem zweiten Polizisten ins Gesicht sah. „J-Ja, danke."
„Hat Sie der junge Mann verletzt oder irgendwie angegriffen?", fragte er weiter. Zoey schüttelte langsam den Kopf und verneinte, hatte er denn nicht die ganze Situation gesehen? Sie wollte gerade etwas sagen, als sie auf die Beine geholfen und dann von dem Beamten gemustert wurde. Sie biss sich auf die Lippe und fühlte sich unwohl, während der Typ sie sorgfältig musterte. „Ich sehe keine äußerlichen Verletzungen, vielleicht sollten sie trotzdem ins Krankenhaus fahren."
„Ähm... Nein, es geht schon. Kann ich... kann ich kurz mit dem jungen Mann reden, der mich gerettet hat?", fragend und mit treuherzigen Augen sah sie den etwas älteren Polizisten an. Er zögerte. „Es tut mir leid, aber er muss Sozialstunden leisten und darf..."
„Bitte! Er hat mich gerettet und ich habe mich noch gar nicht bei ihm bedankt... Bitte, sonst hab ich ein total schlechtes Gewissen, weil ich mich nicht bedankt habe.", Zoey drückte auf die Tränendrüse und schaffte es auf Kommando, dass Tränen ihre Augenwinkel verließen. Sie bemerkte, wie der Polizist zögerte und nickte. „Okay, aber nur ganz kurz.", erlaubte es der Beamte ihr. Zoey strahlte und fiel dem Polizisten um den Hals. „Danke, vielmals."

Zoey atmete tief durch als sie Ethan auf die Schulter tippte und er sich eine Sekunde später zu ihr umdrehte. Ein breites Grinsen zierte seine Lippen und eine Augenbraue war in die Höhe gezogen, in seinen Augen blitzte es nur so von Arroganz.
„Geht es dir eigentlich gut?", fragte er plötzlich und brachte Zoey somit aus dem Konzept. Verwirrt sah sie ihn an und nickte schwach. „Ja, danke."
„Gut. Denn das nächste Mal, lasse ich dich von dem Wagen oder was auch immer überfahren. Du hast sie doch echt nicht mehr alle gehabt, als du über die Straße gegangen bist – ohne dich umzuschauen.", sprach er ernst weiter und wandte sich wieder seiner Arbeit zu, so als wäre alles gesagt worden.
„Danke, dass du mich vor dem LKW gerettet hast, Ethan.", bedankte sich Zoey und schlang ihre Arme um seinen Oberkörper. Sie legte ihre Wange an seinen Rücken und blieb für eine Weile so stehen, bis sie spürte, wie sich Ethan anspannte. Zoey löste sich von ihm und sah seinen Rücken an. Langsam drehte sich Ethan zu ihr und sah sie aus wütenden Augen an. „Wage es noch einmal...", brummte er bedrohlich, doch Zoey blieb standhaft.
„Was dann? Willst du mich verprügeln?", fragte sie frei heraus, ohne zu ahnen, dass das ein wunder Punkt bei ihm war und ihn nur noch wütender machte. „Ich glaube, dein Daddy würde seine Tochter nicht gerne im Krankenhaus besuchen wollen, wo sein Mandant liegt. Jetzt verzieh dich."
„Mein Vater? Mandant?", fragte sie verwirrt.
Ethan lachte spöttisch auf. „Hat Daddy dir nichts erzählt? Wegen deinem Daddy müssen Sam und ich Sozialstunden leisten. Verschwinde, Cabot."
„Ja, aber..."
„Verzieh dich gefälligst, oder ich verprügle dich wirklich!", knurrte er und machte sich wieder an die Arbeit. Der Polizist von vorhin trat zu ihnen und bat Zoey jetzt zu gehen, da seine Kollegen sie schon die ganze Zeit misstrauisch beäugten. Zoey nickte und wandte sich zum Gehen. „Ach, Ethan, ich weiß, dass Lucy deine Schwester ist."
Grinsend überquerte sie die Straße und ließ sich hinter dem Steuer nieder. Sie atmete tief durch und schloss die Augen, um ihr rasendes Herz zu beruhigen. Irgendwann hatte es plötzlich angefangen, heftig gegen ihre Brust zu schlagen, so dass sie geglaubt hatte, es würde gleich herausspringen. Zoey startete ihren Wagen und wendete ihn wieder in die entgegengesetzte Richtung. Sie war noch nicht fertig mit Ethan, immerhin hatte sie noch seine Klamotten. Dazu kam noch, dass sie die beiden Geschwister wieder vereinen wollte, denn was war wichtiger als der eigene Bruder oder die eigene Schwester? Selbstbewusst und voller Tatendrang steuerte Zoey ihren Wagen in Ethans Gegend, und obwohl sie sich hier nicht wohlfühlte, freute sie sich schon auf sein überraschtes Gesicht. Wenn man ihn überhaupt überraschen konnte, ging es ihr lächelnd durch den Kopf. Nichts und niemand brachte sie von ihrem Plan ab. Sie wollte Ethan helfen und ab heute, fing sie damit an.

————————————————
Vielen Dank für's lesen ❤️
1531 Wörter
Meinung ? 🤗
Fortsetzung folgt ...😘

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top