Kapitel 17 - „Fassungslos"
Erstellt am: 09.10.2019
Zoey sah die Person, die ihr gegenüber stand mit großen Augen an. „Es lässt dir also keine Ruhe mehr? Du hättest mich genauso in ...", fing Zoey an, wurde jedoch mitten im Satz unterbrochen.
„Hör zu, Cabot, ich habe keinen Bock auf Smalltalk und ich bin dir nicht gefolgt, damit ich mit dir zu diskutieren anfange!"
„Was willst du?", fragte Zoey genervt und lehnte sich an die Wand, abwartend sah sie die junge Frau an. Die jedoch einen Moment zögerte, bis sie mit der Wahrheit herausrückte. „Woher weißt du, dass er mein Bruder ist?"
„Woher ich weiß, dass Ethan dein Bruder ist? Warum, zum Teufel, hast du mich nicht in der Schule darauf angesprochen? Musst du mich unbedingt in meiner Freizeit verfolgen? Da bekommt man ja Angst!", erwiderte Zoey. Lucy kniff die Augen zusammen. „Ist doch egal, verdammt! Woher weißt du, dass Ethan mein Bruder ist? Woher weißt du, dass er mich vermisst?"
Zoey erwiderte Lucys wütenden Blick ruhig. „Woher ich ihn kenne, ist meine Sache und woher ich weiß, dass er dich vermisst?", sie machte eine Pause und bemerkte wie unruhig Lucy wurde. Da sie kein schlechter Mensch war, wollte Zoey Lucy nicht zu lange zappeln lassen. „Ich habe ein Foto von dir und deiner Familie gesehen."
„Ein Foto?"
„Ja, ich schätze, du warst damals fünf oder sechs Jahre alt. Sehr stark hast du dich nicht verändert und dadurch habe ich erkannt oder mir gedacht, dass du vielleicht seine Schwester bist. Als ich ihn darauf angesprochen habe, ist er wütend geworden und ..."
„Wann?"
Zoey zog verwirrt die Augenbrauen zusammen. „Was wann?"
„Wann hast du ihn darauf angesprochen?", fragte Lucy. Zoey musterte ihre Schulkollegin und löste sich aus ihrer kühlen Haltung gegenüber Lucy. Sie konnte Lucy noch immer nicht leiden, doch Zoey konnte an ihrem Blick erkennen, dass es sie wirklich interessierte. Seufzend fuhr sich Zoey durch ihr Haar und lockerte es etwas. „Lucy, bevor ich deine Frage beantworte ... Warum hast du mich nicht in der Schule angesprochen? Wir hatten sechs Stunden zusammen, da hättest du genug Möglichkeiten gehabt, mich darauf anzusprechen."
„Willst du mich verarschen?", zischte Lucy. „Ich hab doch keinen Bock, dass darüber getuschelt wird, warum ich mich mit dir abgebe."
Zoey kniff kurz die Augen zusammen, ließ es jedoch bleiben. „Vor etwa zwei Wochen habe ich ihn darauf angesprochen. Er hat mich nach Hause gebracht. ... Was ich allerdings nicht verstehe, warum heißt er Wayne und du Gordon mit Nachnamen?"
„Da war er bei unserem Haus ... Geht es Ethan gut? Wo ist er jetzt?", fragte Lucy und sah Zoey hoffnungsvoll an. Zoey zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung, wo er ist und wie es ihm geht. Warum habt ihr verschiedene Nachnamen und keinen Kontakt?", wagte Zoey einen weiteren Versuch und hoffte auf eine ehrliche Antwort von Lucy. Zuerst kam es Zoey so vor, als wollte Lucy das Thema wechseln, doch sie wurde eines besseren belehrt.
„Wir wurden adoptiert und während ich den Namen meiner jetzigen Eltern angenommen habe, hat sich Ethan geweigert. Ich weiß, er verachtet mich und deswegen hat es mich gewundert, als du gesagt hast, dass er mich vermisst. Ethan hat zu mir gesagt, er hätte keine Schwester mehr.", Tränen traten in die Augen von Lucy und überforderte Zoey damit. Zoey trat unsicher zu ihr und zögerte kurz, bevor sie Lucy über den Rücken strich. „Ich bin mir sicher, er hat dafür seine Gründe und meint es nicht so."
Lucy ließ den Tränen freien Lauf. „Es hat fürchterlich geschmerzt, Ethan ist doch mein Bruder! Von ihm weiß ich ein wenig etwas über unsere leiblichen Eltern ... sie sind gestorben als wir noch Kinder waren. Vielleicht hat Ethan das letzte Foto mit unseren Eltern, denn mit unseren Adoptiveltern hat er sich nicht verstanden. Er hasst sie."
„Oh, das wusste ich nicht. Ich wollte nicht..."
Lucy lächelte, doch es erreichte ihre Augen nicht. „Tja, Cabot, so sieht es wirklich in meinem Leben aus. Meine Eltern sind in Wirklichkeit meine Adoptiveltern und keiner weiß, dass ich einen Bruder habe. ... Wenn du Ethan das nächste Mal siehst, richte ihm aus, dass ich ihn vermisse."
„Okay.", erwiderte Zoey. „Du könntest das nächste Mal auch mit kommen?"
Lucy lachte auf und schüttelte den Kopf. „Das ist nett, aber keine gute Idee. Er würde mich nicht sehen wollen." Zoey wollte gerade etwas erwidern, als Abigail um die Ecke trat und erstaunt vor den beiden jungen Frauen stehen blieb. Ihr Blick verfinsterte sich. „Lucy.", brummte sie leise, doch hörbar genug. Die Angesprochen sah im ersten Moment geschockt aus, fasste sich jedoch schnell wieder und wandte sich an Zoey. „Zu keinem ein Wort, Cabot."
Lucy drängte sich an der noch immer bösen blickenden Abigail vorbei und ließ die beiden Freundinnen stehen. Es war alles gesagt worden, fast alles.
„Was wollte Lucy denn von dir?", fragte Aby neugierig. Zoey seufzte laut und schüttelte den Kopf. „Ich habe Hunger und weil meine Pizza jetzt kalt sein wird, muss ich mir eine Neue bestellen. Wegen deiner Frage, ich erzähle es dir ein anderes Mal, aber nicht jetzt. Komm gehen wir zurück."
~~~~~~
Eineinhalb Stunden später hatte Zoey ihre Freundin Lou zu Hause abgesetzt, während Abigail mit Mike mitgefahren war - die beiden wollten noch ins Einkaufszentrum fahren. Zoey saß in ihrem GMC und war auf dem Heimweg, der erste Schultag nach zwei Wochen war wirklich anstrengend gewesen und trotzdem hatte sie sich gefreut ihre Freundinnen wiederzusehen.
Nach der Begegnung mit Lucy, war sie wirklich froh endlich nach Hause zu kommen. Die Marshall-Geschwister hatten sie fragend angesehen, doch Abys Blick brachte sie zum Schweigen. Zoey war ihr einfach nur dankbar gewesen und hatte sich eine frische Pizza bestellt und diese dann versunken in ihre Gedanken, schweigend gegessen. Zoey war froh, wenigstens ein bisschen etwas über Ethan erfahren zu haben. Doch Zoey wusste, sie musste Ethan persönlich die Fragen stellen, um genauere Antworten zu bekommen.
Schlagartig kam Zoey eine Idee, die sie zum Grinsen brachte. „Natürlich, Zoey Cabot.", sprach sie in die Stille des Autos hinein.
Sie parkte ihren Wagen vor dem Anwesen der Cabots und hastete in das Haus hinein, hinauf in ihr Zimmer und mit einer Papiertüte in der Hand wieder hinunter. Bevor sie jedoch wieder hinaus ins Freie laufen konnte, trat ihr Vater aus dem Wohnzimmer: Erstaunt blieb Zoey stehen. „Dad, was machst du denn schon hier? Hast du heute nicht einen Termin bei Gericht?"
„Hatte ich heute Vormittag, als du in der Schule warst. Wo willst du denn hin?", fragte Dominic seine Tochter und musterte sie. Sie hatte Farbe im Gesicht und wies auch sonst keine Anzeichen auf, als würde es ihr schlecht gehen. Zoey grinste und drückte ihrem Vater einen Kuss auf die Wange. „Einen Freund besuchen, ich bleibe aber nicht lange weg."
„Welchen Freund?"
„Dad, den kennst du nicht. Ich muss jetzt aber auch los, er wartet auf mich.", log sie und schlüpfte hinaus ins Freie. Dominic sah seiner Tochter besorgt hinterher, als ihm etwas wichtiges einfiel. „Zoey, warte! Ich habe eine Neuigkeit für dich!"
„Welche denn?", rief sie fragend zurück. Dominic fing zu strahlen an. „Dein Bruder..., er kommt nach Hause."
Zoey erstarrte mitten in der Bewegung, sie hatte von ihrem Bruder schon lange nichts mehr gehört und nun kam er endlich wieder nach Hause. „Oh mein Gott, wirklich!? Wann?"
„Am Samstag, in zwei Tagen!", rief er ihr zu und fing zu lachen an, als seine Jüngste vor Freude zu Hüpfen anfing und einen spitzen Schrei los ließ. „ Wir können uns später darüber unterhalten. Jetzt fahr schon, bevor du zu spät zu deinem Bekannten kommst. Pass auf dich auf."
„Zu spät? Ach ja, genau, bis später Dad!", rief sie ihm gutgelaunt zu und stieg in ihren Wagen. Sie drehte die Musik voll auf und fing an laut mitzusingen, als sie losfuhr. Es war die allerbeste Nachricht, die sie seit zwei Wochen hörte – neben der Nachricht, dass Mike und Aby ein Paar waren. Der heutige Tag hatte es für Zoey echt in sich. Sie war seit langem wieder in der Schule gewesen und hatte erfahren, dass ihre beste Freundin mit dem Bruder von Lou zusammen war, seit einem halben Jahr. Ihr Bruder würde an diesem Wochenende nach Hause kommen und nicht zu vergessen, die Begegnung mit Lucy in der Pizzeria vor der Damentoilette.
Zoey fuhr die Hauptstraße entlang, sie hatte sich den Weg – als Ethan sie nach Hause gebracht hatte -genauestens im Kopf eingeprägt und wusste, wie sie fahren und wo sie abbiegen musste.
Summend zu einem Lied, das im Radio spielte, achtete sie auf die Straße und nahm nur nebenbei die Jugendlichen in ihren orangenen Overalls war. Sie wusste von ihrem Vater, dass das Jugendliche waren, die Sozialstunden leisten mussten – vom Richter angeordnet – wegen irgendeines Vergehens, das sie verschuldet hatten. Diese hier mussten wohl die Straße sauber machen, in dem Viertel der „Schönen & Reichen". Als Zoey an ihnen vorbeifuhr, stach ihr ein junger Mann in Jeans und schwarzen Hemd ins Auge.
Verwirrt zog sie die Augenbrauen zusammen, sah sie ihn denn jetzt schon überall? Ihr Herz klopfte ihr bis zum Hals, als sie vorbeifuhr und noch einen Blick in den äußeren rechten Seitenspiegel warf. Knapp vor der nächsten Ausfahrt, legte sie eine Vollbremsung hin und wendete das Auto.
Das konnte nicht sein, oder doch?
Zoey hatte das Radio abgedreht, während es in ihrem Kopf nur so vor lauter Fragen ratterte. Wenn er es wirklich sein sollte, warum musste er dann Sozialstunden leisten? Hatte er etwas verbrochen? Zoey hatte ihn seit zwei Wochen nicht gesehen, konnte man in so kurzer Zeit auf einmal Sozialstunden bekommen? Sie musste, wenn sie nach Hause kam, ihren Dad fragen.
Zoey nahm ihren Fuß vom Gaspedal und lenkte den Wagen auf den Seitenrand. Mit klopfendem Herzen stieg sie aus, schloss automatisch ab und starrte regelrecht den jungen Mann an, der mit dem Rücken zu ihr stand. Sie beobachtete das Geschehene von der gegenüberliegenden Straßenseite und zitterte vor Aufregung leicht am ganzen Körper. Zoey sah, wie ein anderer Mann in einem orangenen Overall sich zu ihm gesellte und mit ihm sprach. Da sie jedoch zu weit entfernt standen, konnte sie nicht verstehen, was gesprochen wurde und auch, war sie sich noch immer nicht sicher, ob er es wirklich war.
In der nächsten Sekunde konnte sie ahnen, was sie vorhin miteinander gesprochen hatten, denn der junge Mann sah von seiner Arbeit auf und drehte sich in ihre Richtung.
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Vielen Dank für's lesen ❤️
1715 Wörter
Meinung ?🤗
Fortsetzung folgt ...😘
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