Kapitel 13 - „Freundschaft"
Erstellt am: 29.08.2019
Zeitgleich bei Zoey C.
„So glauben Sie mir doch, ich bin die Treppen hinuntergestürzt und hab mich dabei am Treppengeländer gestoßen.", wiederholte Zoey ihre Geschichte mit klopfendem Herzen. Sie konnte sich an die allerletzten Worte, bevor Ethan ins Zimmer gestürmt war, erinnern.
„Erzähle einer Menschenseele davon und ich werde dich finden, Zoey Cabot. Tochter eines reichen Anwaltes, der eine eigene Kanzlei betreibt: Cabot & Co.."
„Woher...?", hatte ich gefragt. Sam hatte mir mit einem breiten Grinsen geantwortet. „Ich weiß alles über dich, Zoey."
Der junge Arzt beobachtete Zoey kritisch und bandagierte den verletzten Bereich unterhalb ihrer rechten Brust. Zoey schätzte den Arzt auf Anfang dreißig und musste sich eingestehen, dass er wirklich heiß aussah. Die tiefe Stimme des Arztes riss sie aus ihren Gedanken. „Ms. Cabot, ich kaufe Ihnen ihre Geschichte nicht ab. Ich habe solche Verletzungen wie ihre, oft zu Gesicht bekommen und diese kommen nicht von einem Treppensturz oder einer freundschaftlichen Auseinandersetzung. Sie haben zwei geprellte Rippen, der blaue Fleck unterhalb ihrer rechten Brust weist darauf hin, dass jemand Sie mit dem Fuß getreten oder mit der Faust geschlagen hat. Dann sehe ich die blauen Flecken und die Schrammen auf Ihren Armen, Sie wurden festgehalten und geschlagen. Wer auch immer Ihnen das angetan hat, es war Körperverletzung. Sie sollten den Verantwortlichen anzeigen."
„Aber wenn ich es Ihnen doch sage, ich bin die Treppen hinunter gestürzt.", log Zoey. Ihre Angst vor Sam war einfach zu groß. Obwohl sie wusste, dass zwischen Sam und ihr mehr als ein paar Kilometer lagen, Sam hatte sie von Anfang an einschüchtern können und er hatte seine Wirkung nicht verfehlt.
Sie log einen Arzt an.
Was würde geschehen, wenn Sam herausfand, dass sie ihn angezeigt hatte? Wenn die Polizei ihn festnehmen würde? Jemand aus seinem Bekanntenkreis würde ihr sicher einen Besuch abstatten! Dieses Risiko wollte sie lieber nicht eingehen. „Ich werde keine Anzeige erstatten, weil es keinen Grund gibt."
Der Arzt seufzte und nickte. „Ich kann Sie zu nichts zwingen, Ms. Cabot, aber Sie sollten es sich überlegen. Es kann Ihnen nichts passieren."
„Das weiß ich, aber mich hat niemand geschlagen oder festgehalten. Sind wir jetzt fertig?", erwiderte Zoey mit fester Stimme und war von den Fragen ihres behandelnden Arztes mittlerweile genervt. Nachdem sie sich ihr T-Shirt wieder übergezogen hatte, schrieb der Arzt ihr noch ein Rezept auf. „Sie sollten sich in den nächsten Tage ausruhen, wegen der geprellten Rippen und für die Schrammen und blauen Flecken schreibe ich Ihnen eine Salbe auf, die den Heilungsprozess etwas vorantreibt."
Zoey nickte, und als sie sich verabschieden wollte, hielt der junge Arzt sie noch einmal auf. „Wegen der Anzeige..."
Zoey seufzte und zischte vor Schmerz auf. „Es wird keine Anzeige geben, es gibt keinen Grund." Sie verabschiedete sich schnell und trat mit klopfendem Herzen und mit zittrigem Körper hinaus auf den Krankenhausflur. Nachdem sie ein paar Mal tiefdurchgeatmet hatte, machte sie sich auf den Weg zu ihrem Vater ins Wartezimmer.
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Gedankenverloren lag Zoey auf ihrem Bett und starrte an die Decke. Vor eineinhalb Stunden war sie endlich zu Hause angekommen.
Erschöpft hatte sie ihrem Vater einen Kuss auf die Wange gegeben und ihm versprochen, ihm am nächsten Tag alles zu erzählen. Dominic hatte nur genickt und Zoey hinterher gesehen, als sie die Treppen hinauf in den ersten Stock gegangen und dann in ihrem Zimmer verschwunden war.
Zoey seufzte und schloss erschöpft die Augen. Sofort sah sie das Bild eines grinsenden Ethan vor ihrem inneren Auge. Als es an ihre Zimmertür klopfte, riss sie die Augen auf und eine leichte Röte schlich sich auf ihre Wangen. Niemand geringeres als ihre beste Freundin Abigail betrat lächelnd den Raum.
„Oh Gott, ich bin so froh, dass dir nichts passiert ist.", begrüßte Aby ihre Freundin und schloss Zoey sanft in ihre Arme. „Warum hast du dich nicht gemeldet, ich habe mir solche Sorgen um dich gemacht und geheult wie ein Schlosshund. Ich bin die ganze Zeit an deine dumme Sprachbox gekommen und ... oh mein Gott, wie sehen deine Arme aus? Geht es dir gut? Woher... Woher hast du diese ganzen blauen Flecken?", ratterte Abigail, ohne zwischendurch Luft zu schnappen hinunter.
Zoey lächelte leicht. „Mir geht es gut, Aby. Ich..."
„Sicher?", unterbrach Abigail ihre Freundin. „Dein Dad hat mir gesagt, ihr wart im Krankenhaus! Was hast du genau? Soll ich jemanden für dich Grün und Blau schlagen? Warst du bei der Polizei, hast du eine Anzeige gemacht? Ich schwöre, sag mir wer dich verletzt hat und ich prügle mich mit ihm! Keiner fasst meine beste Freundin an. Ich werde dich nie wieder auf einer Party alleine lassen! Versprochen."
Zoey lachte belustigt auf und zischte kurz Luft aus, als sich ihre geprellten Rippen bemerkbar machten. „Hol Luft, Aby. Mir geht es gut, ich war beim Arzt und neben meinen blauen Flecken und Schrammen habe ich geprellte Rippen unterhalb der Brust. Halb so wild, Abigail."
„Es tut mir so leid, es ist alles meine Schuld, weil ich unbedingt mit Mike alleine sein wollte.", flüsterte Abigail und ihr Blick wurde verschwommen. „Es tut mir so leid, Zoey.", fing sie zu schluchzen an und warf sich in die Arme ihrer Freundin.
Zoey strich Abigail sanft über den Rücken und versuchte sie so gut sie konnte zu beruhigen. „Es war und ist nicht deine Schuld, Aby. Ich habe Alkohol getrunken und bin dann im Bus eingeschlafen. Jetzt hör auf zu weinen, das bist nicht du!"
„Ja, aber ich..."
„Du konntest es nicht ahnen, dass ich so einen Blödsinn mache. Okay?", unterbrach Zoey sie. „Ich muss gestehen, dass ich wirklich Angst hatte – sehr große Angst. Ich wollte einfach nur nach Hause, zu meinem Vater und in mein Bett. Ich dachte... e-er würde mich w-wirklich v-ver..."
„Oh Gott!", rief Aby aus und schlug sich mit der Hand auf den Mund. Mit großen Augen starrte sie Zoey an und schüttelte nur fassungslos den Kopf. „W-Was? W-Wer?"
Zoey wandte ihren Blick von Abigail ab und starrte wie zuvor wieder an die Decke. Sie hatte gestern wirklich Glück gehabt. Wenn Ethan nicht gewesen wäre ... soweit wollte sie gar nicht denken. Es war vorbei, sie war dieser Hölle entkommen und wieder zu Hause. Sie berichtete Abigail alles von Anfang an, ließ kein einziges Detail aus und bemerkte am Ende ihrer Erzählung, wie sie zitterte und Tränen über ihre Wangen liefen.
Zoey erzählte Abigail von Sam, von Ethan und die Verbindung zwischen ihm und Lucy. „Ich glaube, dass Lucy die Schwester von Ethan ist, doch Sam hat mir gesagt, diese sei vor langer Zeit gestorben. Keine Ahnung, was jetzt wahr ist und was nicht.", beendete Zoey ihre Erzählung und bemerkte, wie bleich Aby war. „Alles in Ordnung?"
Abigail nickte. „Ich... es tut mir so leid, wäre ich nur bei dir geblieben, dann wärst du nie in diese Situation gekommen und..."
Zoey lächelte und drückte Abigail vorsichtig, die Schmerzen im Brustkorbbereich ignorierte sie. „Pech, Süße, es war einfach Pech. Aber ich habe Ethan kennen gelernt und ... obwohl ich ihn nur einen Tag ... ähm ... Nacht kenne, mag ich ihn. Er ist anders, als dieser Sam – sein Freund."
„Zoey?", fragte Abigail mit einem ungewohnten Unterton in ihrer Stimme. „Du willst doch nicht wieder zurück, oder?"
„Was? Nein, will ich nicht.", wehrte Zoey kopfschüttelnd ab, aber für Aby nicht überzeugend genug.
Abigail seufzte und schlug sich mit der flachen Hand auf die Stirn. „Wie naiv bist du eigentlich? Dieser Sam hätte dich fast vergewaltig und dann haben sie dir gedroht, trotzdem willst du zurück?"
„Ich habe seine Kleidung und, keine Ahnung, ich mag Ethan, auch wenn er wirklich ein komischer Kerl ist und Stimmungsschwankungen hat, die nicht mehr normal sind. Ich möchte... ihn kennen lernen.", schlussfolgerte Zoey und schaute aus dem Fenster, sie traute sich nicht ihrer Freundin in die Augen zu sehen. Diese griff Zoey an die Stirn. „Eindeutig Fieber, ich glaube, ich rufe besser den Arzt."
Obwohl Abigail es ernst meinte, musste Zoey lachen. „Ich brauche keinen Arzt, Aby, ich meine es ernst. Ich werde Ethan irgendwann seine Klamotten bringen."
„Dann begleite ich dich aber!"
„Nein! Nein, das möchte ich nicht. Es wäre zu gefährlich für dich. Du musst meine Erzählung auch für dich behalten, Aby. Ich habe dich wahrscheinlich jetzt schon in Gefahr gebracht. Erzähle niemanden davon, wenn nötig stelle dich dumm."
„Warum?", fragend schaute Aby ihre Freundin an.
Zoey biss sich auf die Lippe, warum hatte sie sich unbedingt die Seele aus dem Leib reden müssen? „Wenn jemand davon erfährt, dass du es weißt, bin nicht nur ich in Gefahr. Verstanden?"
Abigail nickte verständnisvoll. „Ehrenwort, ich behalte alles für mich."
Zoey seufzte erleichtert auf und musste sich auf Abys Wort verlassen. „Dad gibt mir meinen Führerschein wieder und in drei Tagen kommt unser Auto aus der Werkstatt, vielleicht habe ich das Wochenende bis dahin schon wieder vergessen.", kam sie aufs Thema zurück.
„Du vergiss nie etwas.", sagte Abigail mit fester Stimme.
Zoey grinste. „Ach Aby, du kennst mich eindeutig zu gut. Aber es war mir eine Lehre und ich werde nie wieder Alkohol anrühren, dass kannst du mir glauben."
„Wie geht es deinem Vater?", fragte Abigail, um das Thema zu wechseln, bevor es noch zu einem Streit ausarten konnte.
„Er hat gedacht, dass er mich verliert, so wie Mum. Er hat geweint, als er mich gesehen hat und beim Arzt hat er Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt, dass man mich sofort und nicht erst in zwei Stunden untersucht. Ich glaube, er und ich haben etwas aus der gestrigen Nacht gelernt.", antwortete Zoey und dachte an ihren Vater.
Als er sie heute Vormittag in seine Arme geschlossen hatte, hatte er vor Freude geweint und sie am liebsten gar nicht mehr loslassen wollen. Ihre Schmerzen hatte sie hinunter geschluckt und die Umarmung erwidert, sie hatte ihren Vater vermisst und sie war einfach glücklich, dass der Schrecken sein Ende gefunden hatte. Auch konnte sie sich gut an seine Reaktion erinnern, als er ihre blauen Flecken und Schrammen gesehen hatte. Er war richtig wütend geworden und hatte Zoey sofort ins Krankenhaus gezogen.
Zoey würde ihrem Vater die Hälfte erzählen, die Beinahe-Vergewaltigung würde sie ihm aber verschweigen. Sie wusste nicht, ob dieser Sam hier irgendwo Handlanger hatte. Auch wenn sie es teilweise nicht gezeigt hatte, hatte sie große Angst vor Sam.
Zoey hoffte, Abigail würde es wirklich niemanden erzählen und für sich behalten. Sam war ein gefährlicher Mann, dem man alles zutrauen konnte. Sie musste ihrer besten Freundin einfach vertrauen.
„Weißt du, als Ethan mich gerettet und mich zu sich nach Hause mitgenommen hatte, hatte ich keine Angst mehr. Ich wusste, er würde mich beschützen und jedes Mal, wenn Sam in meiner Nähe war, hat er mich beschützt. Ethan ist wirklich ein guter Kerl, der auf Bad Boy macht.", sagte Zoey, eher zu sich selber.
Abigail beobachtete ihre Freundin und machte sich noch mehr Sorgen um sie. „Zoey, diese Gegend ist nichts für dich und auch nicht für mich, wir sind dort nicht aufgewachsen und ich gestehe, ich bin froh darüber. Dort ist es gefährlich, Zo."
„Ich habe Ethan, er passt auf mich auf.", erwiderte Zoey und strahlte Abigail an.
Aby seufzte. „Du kennst ihn doch gar nicht, Zoey! Warum sollte er auf dich aufpassen, denkst du, er hat nichts Besseres zu tun?"
„Deswegen möchte ich ihn kennen lernen, Abigail. Er ist einer der Guten. Ethan muss nur wieder auf den richtigen Schienen landen und ich werde ihm dabei helfen."
„Was? Haben sie dir dort eine Gehirnwäsche unterzogen? Die Typen sind gefährlich, es sind echte Bad Boys.", sagte Abigail wütend. „Du bleibst von dort weg, wenn nicht... erzähle ich es deinem Vater!"
„Was? Du..., dass kannst du nicht machen Abigail.", sagte Zoey verzweifelt.
„Doch, ich kann.", erwiderte Abigail ernst und stand vom Bett auf. „Du hättest es mir verheimlichen sollen, Zoey."
„Wir erzählen uns doch immer alles und ich dachte, ich kann auf dich zählen."
Abigail schüttelte den Kopf. „Nicht bei dieser Sache, Zoey. Weißt du, dass ich in der letzte Nacht nichts geschlafen habe, vor lauter Sorge um dich? Ich hatte Angst und habe mir die Schuld gegeben. Es ist mir wie eine Woche vorgekommen, weil ich einfach nicht wusste, wo du warst und erreicht haben wir dich auch nicht ... Zoey wir hatten schreckliche Angst um dich. Versprich mir, dass du dich von dort fernhältst!"
„Aby..."
„Versprich es, oder wir waren beste Freundinnen."
Zoey lenkte ein. „Ich verspreche es dir, auf unsere Freundschaft."
„Auf unsere Freundschaft.", wiederholte Aby leise und drückte Zoey einen Kuss auf die Wange. „Schlaf jetzt, du musst dich ausruhen. Ich bin froh, dass du wieder da bist. Hab dich lieb."
Zoey lächelte schwach. „Ich hab dich auch lieb, Aby. Ich rufe dich an, sobald ich wieder wach bin."
„Okay. Tschüss.", verabschiedete sich Abigail und ließ Zoey alleine in ihrem Zimmer zurück. Mit einem Mal kam sich Zoey einsam vor und wünschte sich, dass ihre Mum noch am Leben wäre. Irgendwann schlief Zoey vor lauter Gedanken erschöpft ein und bemerkte nicht einmal, wie ihr Vater nach ihr schaute und sich für einen Moment zu ihr aufs Bett setzte.
„Mach das nie wieder, Zoey. Ich kann dich nicht auch noch verlieren, du bist deiner Mum so ähnlich... es ist, als würde ein Teil von ihr, in dir weiterleben. Ich liebe dich, meine Prinzessin.", flüsterte Dominic und gab ihr einen sanften Kuss aufs Haar. Er deckte sie sorgfältig zu und verließ leise das Zimmer.
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Vielen Dank für's lesen ❤️
2216 Wörter
Meinung ? 🤗
Fortsetzung folgt ...😘
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