«57» Ablenkungsmanöver

••36. SSW••

Sieben Tage. In sieben Tage kommen Louis und die Jungs, endlich, wieder nach Hause. Die letzten fast drei Wochen haben sich gezogen wie Kaugummi. Ich habe Louis noch mehr vermisst als die Wochen davor und habe mir einmal mehr gewünscht, dass Louis sein Versprechen von vor ein paar Wochen wahr macht und an seinen freien Tage nach London kommt. Natürlich ist es total schwachsinnig und wäre super stressig für Louis geworden, dass weiß ich selber - aber ich habe es mir einfach gewünscht und das obwohl Kate, Lenny und Sophia so ziemlich alles dafür gemacht haben, um mich auf andere Gedanken zu bringen.

Nach meinen Anweisungen haben die drei, die Möbel des Babyzimmers so gestellt, wie ich es für richtig halte. Gemeinsam mit den beiden Mädels hab ich mich, nach einem ausgiebigen Telefonat mit Moma, die mir wirklich hilfreiche Tipps gegeben hat, auf den Weg gemacht die restlichen Kleinigkeiten zu kaufen. Neben eine abwaschbaren Unterlage für den Wickeltisch, fanden auch ein Mülleimer, ein kuscheliger Teppich, ein paar pflege Produkte (die mir meine Hebamme empfohlen hat), Pampers und ein ganzer haufen Body's, Schlafanzüge, Oberteile und auch Hosen ein neues Zuhause in dem hergerichteten Zimmer. Mittlerweile bin ich ganz zufrieden und verfalle nicht gleich in Panik, wenn ich daran denke, dass der Geburts Termin immer näher rückt.

Johanna hatte sich, kaum war ich eine Woche aus Amerika zurück, ein paar Tage frei genommen, den Rest ihrer Bande zuhause, auf sich alleine gestellt, gelassen und sich mit mir zusammen ein paar Kreißsäle angeschaut. Letztendlich haben wir uns dann doch für das Krankenhaus entschieden, welches bloß eine viertel Stunde von hier entfernt ist - wenn die Verkehrslag es zulässt. Wir haben uns aber nicht bloß dazu entschieden, weil es das nächste Krankenhaus von uns aus gesehen ist, sondern einfach weil das Personal dort am freundlichsten war und sie auch, im Falle der Fälle, eine sehr gute Pädiatrie haben. Sie hat mit mir eine Hebamme gefunden und hat meine Tasche für das Krankenhaus gepackt (auch wenn ich es für viel zu früh hielt - man kann nie früh genug auf alles vorbereitet sein). Ich bin mir sicher, dass Louis das ganze, nach einem Wink von Kate, dass ich im Mami Panik Modus bin, organisiert hat und ich habe es wirklich genossen sie ausnahmsweise einfach mal für mich zu haben. Ich habe die Mädchen echt gerne um mich, aber es war auch schön Louis Mutter einfach mal für mich zu haben. Mir Tipps von ihr geben zu lassen, mit ihr über Dinge zu sprechen, vor denen ich Angst habe (zum Beispiel der Geburt oder der Zeit danach, ob Louis und ich das auch wirklich schaffen) und mir gleichzeitig die Angst nehmen zu lassen, dass alles gut werden wird. Meine Eltern sind schon eine ganze Weile Tod, ich habe mich dran gewöhnt und auch wenn ich immer mal wieder in tierischer Sehnsucht nach ihnen verfallen bin, haben sie mir nie so sehr gefehlt, wie jetzt während der Schwangerschaft.

Während ich also mit Johanna alles organisatorische für die Geburt vorbereitet habe, mit den Mädels shoppen war (wobei sich Nelly wiederholt ausgekapselt hat), hat Lenny sich tatsächlich dazu bereit erklärt mich zum Geburtsvorbereitungskurs zu begleiten. Schon für unseren ersten Termin hat er sich ein Tshirt anfertigen lassen, mit der Aufschrift "Ich = Bester Freund! Nur Vertretungsbegleitung, solange der Freund und Kindesvater unterwegs ist!", welches er bisher immer an hatte. Außerdem hat er immer und immer wieder Notizen angefertigt, die er eingescannt und an meinem Verlobten geschickt hatte. Die stille Vereinbarung der beiden, auch für Frauenarzt Termine zu denen mich mein bester Freund begleitet hatte, habe ich nie wirklich verstanden.

Alle haben sich total viel Mühe gegeben und trotzdem, habe ich mich furchtbar nach meinen Freund gesehnt.

Für heute war eigentlich geplant, dass ich zusammen mit Sophia und Kate meinen langersehnten kuschel Sessel für das Babyzimmer kaufen gehe, oder wir zumindest mal durch die Läden gehen um zu schauen was es so an Auswahl gibt, aber beide haben mir heute Morgen, ganz kurzfristig abgesagt. Mit völlig lahmen Ausreden. Kate muss sich angeblich mit einer Kommilitonin treffen, weil sie zusammen ein Fach Referat halten müssen. Laut meiner Freundin müssen die beiden heute unbedingt in die Bibliothek um zu recherchieren, da die Arbeit schon Mitte nächster Woche abgegeben werden muss und Kate es total verschwitzt hat. Genau da ist der Knackpunkt: Nialls Freundin vergisst niemals das sie eine Arbeit vorbereiten muss. Sie ist immer eine der ersten, die alles fertig hat. Genauso komisch war aber Sophia's Ausrede. Liam würde heute ein Kühlschrank geliefert bekommen. Die Spedition würde angeblich zwischen zehn Uhr Morgens und drei Uhr Mittags kommen. Ja natürlich. Ausgerechnet Liam bestellt einen Kühlschrank, obwohl er ganz genau weiß, dass er nicht da ist. Ausgerechnet Liam? Niemals.

Obwohl ich felsenfest davon überzeugt bin, dass die beiden mir irgendwelche Ausreden aufgetischt hatten, bin ich ihnen absolut nicht böse. Geplant hatte ich mir einfach einen entspannten Nachmittag zu machen. In die Badewanne zu gehen und den Tag heute einfach mal Tag sein lassen. Pustekuchen. Die beiden haben tatsächlich Lenny als Ersatz besorgt. Ausgerechnet ihn. Der der shoppen noch mehr hasst als mein Freund.

Schon seit drei Stunden sind wir unterwegs und laufen bereits durch das zweite Möbelgeschäft, aber wirklich fündig wurden wir noch nicht. Als ich ihn gefragt habe, wieso ich Tessa in all den Wochen noch nicht einmal gesehen habe, er hat nämlich immer andere Ausreden gefunden, warum es mit einem Treffen nicht klappt, hat er mir verraten, dass die beiden grade eine Pause einlegen. Wie sich das anhört. Es ging wohl von meinem besten Freund aus, der das ständige geschwaffel, er sei allein wegen ihr hier und das würde sie absolut nicht gut finden, satt hatte. Ich weiß nicht genau warum er bisher nicht mit mir drüber reden konnte, anscheinend vermittel ich durch meine Schwangerschaft den Eindruck, man könne mit mir im Moment über solche Themen nicht reden, aber er hat mir versichert, dass es ihn gut geht und er mit seiner Entscheidung mehr als nur zufrieden ist. Er fühlt sich befreit und hat grade absolut nicht das Bedürfnis, wieder etwas festest mit Tessa zu haben.

„Lenny hier, den möchte ich.“, gebe ich von mir und setzte mich auf den breiten grauen Sessel, der zwar den ein Eindruck macht, als sei er von unserem Sofa im Wohnzimmer abgeschnitten worden, aber ich finde ihn einfach toll. Mein bester Freund hingegen schaut mich etwas skeptisch an. „Findest du nicht er ist ein wenig groß für das Zimmer. Ziemlich breit?“, will er von mir wissen. Ich schüttel energisch mit den Kopf. „Nein auf keinen Fall. Er ist perfekt.“, lasse ich ihn wissen und lege meine Hand auf meinen Bauch. Der kleine Wurm scheint meine Aufregung zu teilen, den plötzlich meint er herum treten zu müssen. „Er ist ziemlich breit und lang. Er nimmt mindestens einfünftel des Zimmers ein. Dir ist hoffentlich klar, dass der kleine Mr. Noname auch mal größer wird.“, erwidert er und spricht die Tatsache grade heraus, dass Louis und ich uns noch immer nicht auf einen Namen einigen konnten. Es ist einfach schwer, sich über den Ozean auf einen Namen einigen zu müssen. „Glaub mir spätestens zur Geburt, hat der kleine einen Namen und wenn er Platz zum spielen und toben braucht, stellen wir diesen Sessel einfach ins Wohnzimmer oder in eines der Gästezimmer oder wir reißen einfach eine Wand ein.“, informiere ich ihn. „Na Louis wird sich freuen. Weiß er eigentlich auf was er sich mit dir einlässt?“ Grimmig schaue ich ihn an und schupse ihn zur Seite. Vielleicht ein wenig zu fest, denn er plumst geradewegs auf den nächsten Sessel. Erschrocken schaut er mich an, bevor wir in Gelächter ausbrechen.

„Okay genug herum gealbert. Lass uns diesen Sessel hier bestellen und dann wieder nach Hause fahren. Ich glaube ich brauche ein Fußbad.“, fordere ich, als ich mich einigermaßen beruhigt habe, stehe auf und halte meinem besten Freund die Hand hin. „Willst du nicht warten bis Louis wieder hier ist und ihm den Sessel dann zeigen?“ Ich schüttel den Kopf. „Nein, wenn ihm der nicht gefällt, soll er losziehen und etwas anderes kaufen. Aber er hat mir soviel Entscheidungen überlassen, dass er sich ja nicht beschweren soll.“, gebe ich entschlossen von mir und ziehe ihn nun noch.

Er schaut auf seine Armbanduhr. „Wir haben noch massig Zeit, wollen wir nicht lieber noch weiter schauen?“ Ich runzel die Stirn. Normalerweise hasst er doch shoppen. Ich schüttel den Kopf. „Nee. Ich will echt nach Hause und ein heißes Bad nehmen.“, lehne ich ab und begebe mich auf die Suche nach einen Verkäufer. „Wir können auch erst ins Studentenwohnheim fahren. Du hast mein Zimmer noch gar nicht gesehen, seitdem ich umgeräumt habe.“, ist sein nächster Vorschlag. Etwas verwundert schaue ich ihn an. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich meinen das er grade verhindern will, dass ich nach Hause fahre. „Ich war Mittwoch mit dir da. Nach dem Vorbereitungskurs. Erinnerst du dich? Ich habe dich für verrückt gehalten, dass du diese Bude vorziehst, statt bei Harry Louis und mein altes Zimmer zu nehmen. Wo dir der Sänger das doch mehrfach vorgeschlagen hat.“, erinnere ich ihn. Es ist jetzt nicht so, dass er in einer Bruchbude untergekommen ist. Es ist einfach ziemlich klein. In seinem Zimmer passt bloß ein einfaches Bett, ein kleiner Schreibtisch und ein Kleiderschrank sowie eine Kommode. Dusche, Toilette und Küche muss er sich drei anderen teilen, die noch nicht wirklich etwas von Sauberkeit und Hygiene gehört haben. „Stimmt...... Dann lass uns noch Kuchen essen gehen oder so.“ „Mir ist momentan nicht nach süßes, das weißt du auch.“,  kontere ich. Die letzten Wochen waren mir Herzhafte Speisen um einiges lieber. Für Chicken Wings würde ich im Moment töten. Er seufzt. „Dann lass uns Burger essen gehen?“ Genervt stöhne ich auf. „Gibt es vielleicht irgendeinen Grund, warum ich noch nicht nach Hause sollte?“, frage ich ihn grade heraus. Ertappt schüttelt er den Kopf und ich ziehe eine Augenbraue hoch. „Natürlich nicht. Es ist doch dein Haus. Was sollten Sophia und Kate da schon anrichten?“ Leicht verwirrt schaue ich ihn an. Ich habe doch weder etwas von Kate noch etwas von Sophia gesagt.

Ich belasse es dabei, frage nicht nach, denn er würde sich sicherlich ein Haufen Ausreden einfallen lassen, weswegen ich mich weiter unbeirrt auf die Suche nach einen Verkäufer mache und auch relativ schnell fündig werde.

⏭️⏮️

Ernsthaft Lenny sollte sich definitiv ein Hobby suchen. Erst ist er ein totalen Umweg gefahren um diesen blöden Burger zu essen.  Unbedingt musste er dieses Ding im Laden essen - wohingegen ich absolut kein hunger hatte und in meinem Kamillentee herum gerührt habe, während er gefühlte Stunden gebraucht hat um dieses Teil zu verdrücken.

Nachdem er dann endlich sein Bürger gegessen hatte und wir uns auf den Heimweg gemacht haben, ist er eindeutig etliche Umwege gefahren. Ich habe es einfach mal so hingenommen. Hier läuft definitiv irgendein Ding, zwischen ihn und meine beiden Freundinnen. Ich sollte das alles hinterfragen, aber Lenny kann schweigen wie ein Grab, grade deshalb ist er mein bester Freund.

„Wir sind viel zu früh.“, gibt er leise von sich, als er bei uns in der Einfahrt parkt. „Zufrüh wofür?“, will ich wissen. Er schüttelt den Kopf. „Vergiss das ich irgendwas in der Richtung gesagt habe.“ Ich runzelte die Stirn. Was in welcher Richtung? „Nur mal so zur information: Lenny du hast überhaupt nichts in irgendeiner Richtung gesagt.“, stelle ich klar. „Gut, dann habe ich auch nichts verraten.“,  erwidert er und steigt aus. Verwirrt schaue ich ihm nach, schüttel den Kopf und folge ihm.

Er reicht mir vor der Tür mein Haustürschlüssel, weil er ja grade unbedingt fahren musste. Ich verdrehe die Augen, schließe die Tür auf und gehe rein. Direkt ziehe ich mir meine Schuhe aus, steige in meinen Hausschuhe und runzel die Stirn. Irgendwie stehen hier viel zu viele Schuhe. Hat Kate Besuch mitgebracht?

„Was geht denn hier ab?“, will ich wissen, als ich ins Wohnzimmer trete und lauter lauer Ballons sehe. „Also da kommen wir alle zu deiner Babyparty und du Fragst meckerst dennoch rum?“,  höre ich eine mir bekannte Stimme und drehe mich um. „Moma.“, gebe ich freudig von mir und gehe in schnellen auf die ältere Dame zu, die ich in den letzten Jahren viel zu sehr in mein Herz geschlossen habe. Ich lasse mich von ihr in eine herzliche Umarmung ziehen. „Was tust du hier?“, will ich von ihr wissen - nicht das ich mich nicht freue, dass tue ich, sehr sogar, aber bis Weihnachten sind es noch drei Wochen und ich glaube kaum, dass sie noch zweimal in der kurzen Zeit hin und her fliegt. „Als Kate mich angerufen hat und meinte, sie und Sophia würden eine Babyparty für dich organisieren, müsste ich doch auch kommen. Eigentlich wollte ich Hanna auch mitbringen, aber dein Bruder meinte, er würde es sicherlich nicht drei Wochen ohne sie aushalten.“, erklärt sie mir.

„Ihr beide seit doch verrückt.“, gebe ich von mir und drehe mich nach meinen besten Freundinnen um, bloß um auch Angie, Ilse, Nelly, Johanna und die Mädels entdecke. „Sind wir nicht! Wir sind deine besten Freundinnen. Wir sind quasi dazu verpflichtet für dich eine Baby shower zu organisieren. Außerdem hat Lotti ebenfalls geholfen, also binde sie ins verrückte bitte mit ein.“, erwidert Kate und stellt eine Platte mit Cupcakes auf den Tisch. „Ganz sicher nicht, ich hab ja wohl eher im Hintergrund dafür gesorgt, dass es nicht alt so kitschig und traditionell wird.“, kommentiert. „Nicht traditionell? Du hast uns quasi alle lustigen Spiele verboten!“, beschwert sich die Kanadierin. „Uns? Wohl eher dir. Ich bin ganz froh, dass wir Lotti mit am Bord hatten, so bleibt uns das bescheuerte Schnullertauchen und etlicher anderer Kram erspart.“, mischt sich nun Liams Freundin ein. Kate verdreht die Augen. „Also ehrlich ihr könnt euch echt anstellen. Kiki, wenn es langweilig wird sind die beiden Schuld.“, informiert sie mich und zeigt auf die beiden Übeltäter bloß um wieder zu verschwinden.

„Ihr seit ein wenig früh, deshalb steht noch nicht alles an Ort und Stelle und unsere Kate ein wenig unter Strom.“, lässt mich Sophia wissen. Mittlerweile habe ich schon Angie, Ilse und Nelly begrüßt und stehe grade bei meiner Schwiegermutter in spe - die mir einen Arm um die Schulter legt, mich zu sich zieht und mir ein Kuss auf die Schläfe drückt. „Freust du dich denn zumindest ein bisschen?“, will Lotti von mir wissen. Ich nicke.

„Ja natürlich.“

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