1.Nervige Mitbewohner
Das bekannte Klingeln meines Alarms riss mich aus meinem wundervollen Schlaf. Mit einem genervten Stöhnen und immer noch geschlossenen Augen tastete ich mich nach dem Nachtständchen neben meinem Bett und versuchte mein Handy zu erreichen, jedoch landete meine linke Hand stattdessen auf etwas ganz Weiches. Ein widerwilliges Murren ertönte hinter mir, woraufhin sich die zwei starke Arme, welche um meinem Bauch geschlungen waren, verfestigten und die Person sein Gesicht in meinem Nacken vergrub.
Ich öffnete meine Augen. Schwarze aufgewühlte Haare kamen mir sogleich in meine Sicht, die ich zuerst nicht ganz identifizieren konnte. Ich versuchte mich irgendwie aufzurichten und um mich blicken, um meine Realität besser wahrzunehmen, doch der feste Griff um meinen Oberkörper hinderte mich daran.
»Man! Lass mich los, Tae-Hyung!«, jammerte ich und versuchte den hellbraunhaarigen Jungen von mir runterzubekommen, der aber nur widerwillig murrte. »Wieso fühlt ihr euch mit Yoon-Gi nur immer so zu meinem Bett hingezogen! Verdammt! Ich ziehe echt in ein anderes Zimmer! Lass mich endlich los! Ich komme zu spät zur Schu—«
Weiter kam ich nicht, da wurde die Tür zu meinem Schlafzimmer aufgemacht. Ho-Seok's neugieriges Gesicht kam zum Vorschein. Seine Lippen formten ein breites Grinsen.
Ich ahnte schon was ganz Fürchterliches.
»Bomb Jump!«, ließ er einen Kampfschrei aus, bevor mit Anlauf auf meinem Bett zugeraunt kam und dann auf dem Bett, also auf mich, Tae-Hyung und Yoon-Gi, sprang. Ich kreischte auf, Suga fing an zu schimpfen und V entkam ein humorvolles Lachen. Der Sänger ließ mich sogleich vor Aufregung auf, zog mir den Kissen unter meinem Kopf weg und schlug damit auf J-Hope ein. Auch der altrosa haariger Junge hatte sich dann eine Waffe, also ebenfalls einen Kissen, in die Hand genommen stieg sogleich in den Kampf ein.
Ich konnte nur machtlos nach Hilfe rufen, während die beiden Jungs sich über mich und zum Teil auch auf mich austobten. Währenddessen hatte Yoon-Gi den Alarm auf meinem Handy ausgestellt. Man würde bestimmt ahnen, dass der Rapper auf die Schlummertaste getippt hatte, aber dies konnte nicht weit genug von der Wahrheit entfernt sein. Irgendwie wussten alle BTS Mitglieder immer, aber wirklich immer meinen Code. Egal wie oft ich sie änderte; am Ende der Woche würde jeder einzelne von dem Passwort erfahren. Deshalb hatte ich damit beschlossen mir keine Mühen mehr zu machen und beließ es bei der Einschränkung meiner Privatsphäre.
Ich wollte aber echt gerne erfahren, wie sie die Zahlen errieten, die sie in das kleine Gerät zur Entzerrung eintippten. Es lag auf keinen Fall daran, dass ich ihre Geburtstage als Code verwendete. Sie waren aber einfach zu merken und ich musste nicht irgendwelche unbedeutenden Ziffern aus meinen Ärmeln schütteln.
Nachdem Suga den Alarm ausgestellt hatte, stellte er sich von meinem Bett auf, schien jedoch keine Sekunde daran zu denken mich aus meiner miserablen Situation auszuhelfen und verließ mit einem ziemlich lauten Gähnen mein Schlafzimmer.
Ich hatte es in diesen Augenblick herzlichst bereut jemals Geld für sein Merch ausgegeben zu haben. Aber nicht nur seines. Ich bereute es auch von V und von J-Hope jemals das BTS Oberteil gekauft zu haben, die sie treu repräsentierten. Diese Poster an den weißen Wänden, die ich eigenhändig in diesem ausgeliehenen Schlafzimmer aufgehängt hatte, schienen in diesen Moment mehr als Fehl am Platz!
Kurz formuliert; Es war die schlimmste Idee als Austauschschüler nach Südkorea gegangen zu sein. Am liebsten hätte ich vor meinen Eltern davon überhaupt nicht sprechen sollen. Mir hätte schon früher auffallen sollen, wie leicht sie mit meinem Wunsch einverstanden waren. Als ich noch recht klein gewesen war, hatten wir eine Weile sogar in Südkorea gewohnt, wobei meine Eltern einige Verknüpfungen in Seoul hatten. Das einer davon ausgerechnet Jin's Eltern gewesen waren, die es für eine super Idee gehalten hatten, mich in die BTS WG zu stecken, war echt unfassbar.
Am Anfang war ich tatsächlich sehr aufgeregt und gespannt gewesen all die Jungs aus meiner Lieblingsband kennenzulernen, aber nachdem ich bemerkt hatte, wie nervig, kindisch und schwierig sie doch alle zusammen sein konnten, hatte ich das auch schnell nicht mehr so toll gefunden.
Kurz gefasst; ich wollte zurück nach Deutschland.
Doch wie jeden Morgen würde mir Jin, meine Retter in dieser kahlen und dunklen Welt zur Hilfe eilen und mich mit einem Lächeln, welches stärker als die Sonne strahlte, begrüßen.
»Lari solltest du dich nicht langsam für die Schule fertig machen? Es ist schon sieben Uhr«, verkündete er mir sogleich, als er mein Schlafzimmer betreten hatte.
Es war doch unfair, dass ich niemals gegen seinem aufmunternden Lächeln gewinnen konnte.
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»Ich wäre echt gerne du. Jeden Tag kommst du mit so einer guten Laune zur Schule, als wären wir gerade nicht in der Hölle, sondern im Himmel«, entkam es von Eun-Young, die danach ein genervtes Seufzen von sich gab. »Es muss echt schön sein mit BTS in einem Haus zu wohnen.«
Meine Freundin schaute in einer dramatischen Weise aus dem Fenster im gegenüberliegenden Wand. Es fehlte nur noch eine traurige Musik. Ich hätte das lieber nicht einmal denken sollen, denn sie begann in einer dramatischen Weise "Let me Know" zu summen. Immerhin versuchte sie das Lied nicht zu singen. Sie war mit dem Rappen auf jeden Fall begabter als mit dem Singen.
»Du hast ja einen kleinen Bruder. Ich denke das ähnelt sehr gut meiner Beziehung zu den Jungs. Bloß, dass ich sozusagen fünf kleine Brüder habe und zwei große«, erklärte ich ihr, woraufhin Eun-Young ein kurzes Lachen entkam. »Obwohl, die zwei großen Brüder können sich manchmal genau so wie kleine Kinder aufführen«, fügte ich noch scherzhaft hinzu.
»Lass mich raten; Jin und RM?«
Ich machte einen überraschten Gesichtsausdruck. Sie hatte bereits ein Gefühl für meine komische Dynamik mit den Jungs.
»Woher weißt du das?«
Sie rollte ihre braunen Augen.
»Ist das nicht eindeutig? Die beiden sind die einzigen, über die du dich so gut wie nie beschwerst«, erklärte sie. »Aber du solltest dich echt zügeln, wenn du über Jimin Oppa lästerst. Ich mag es nicht, wenn du ihn im schlechten Licht darstellst! Immerhin ist er mein Liebling«, warnte sie mich mit einem ernsten Gesichtsausdruck, welcher aber schnell durch ihr bezauberndes Lächeln ersetzt wurde.
Ich wusste, dass sie es ernst gemeint hatte. Bei mir hatte sie es noch recht toleriert, aber wenn sich andere Menschen trauten etwas schlechtes über Ji-Min zu sagen, war sie zum Töten bereit. Mich ließ sie wahrscheinlich nur am Leben, weil ich mit BTS zusammenlebte und somit immer Informationen über ihr Liebling herausgeben konnte. War es das, wie viel er am Tag im Fitnessstudio verbrachte oder manchmal auch, welche Farbenkombination seine Unterhose schmückte.
Also nichts, was mein Gehirn zu sehr anstrengen würde. Obwohl letzteres nun auch wieder nicht unbedingt beruhigend war. Aber da es öfter vorkam, dass der rosahaarige Sänger nur in Boxers im Haus in der Früh herumlief, war es mir sowieso gleichgültig. Im Gegenzug für meine loyale Dienste, hatte sie auf Jimin geschworen, dass sie niemand anderem über meine berühmten Mitbewohner erzählen würde, was prinzipiell bedeutete, dass sie dieses Geheimnis mit ins Grab nehmen würde.
Ich hatte eigentlich von Anfang an keine Hemmungen davor gehabt der Koreanerin meine Situation anzuvertrauen, da sie sich recht schnell als einer meiner bisherig besten Freunden entpuppt hatte und wir uns auf einer Wellenlänge befanden. Außer das mit ihrer Obsession mit Park Ji-Min. Im Gegensatz zu ihr hatte ich seitdem ich in diesem Fandom gestiegen bin immer alle Mitglieder super gerne gehabt. Also konnte ich noch nie jemanden als mein "Bias" aus der Boy Band benennen.
Falls es doch so gewesen wäre, war ich mir nun ziemlich sicher, dass meine große Liebe sehr schnell ein Ende gefunden hätte. Nun gut — wahrscheinlich übertrieb ich ein wenig mit dieser Wortwahl. Eigentlich war BTS gar nicht so schlimm. Nur manchmal empfand ich es eben anstrengend als einziges Mädchen mit sieben Männern zusammenzuleben.
Die BTS Mitglieder hatten sich erschreckend schnell an mich gewöhnt, da sie mir nach so etwa zwei Wochen sehr anhänglich geworden waren. Am Anfang hatte ich das sogar als niedlich eingestuft, aber zurzeit hatte ich stark das Gefühl, als wäre ich zu ihrem persönlichen Teddybär geworden. Allgemein befürchtete ich, dass mich meine Mitbewohner nicht mehr wirklich als Menschen, sondern als irgendein laufendes Kissen oder so etwas Ähnlichem vernahmen. Aber anderseits wäre jeder einzelne Army gestorben, um meine Position zu erlangen und jeden Tag in Körperkontakt mit den sieben Berühmtheiten zu treten, also wollte ich auf keinen Fall als undankbar erscheinen.
»Hallo? Bist du noch da? Lari?«
Das schwarzhaarige Mädchen schnipste ein paar mal mit ihren Fingern vor meinem Gesicht, weshalb ich zu ihr hochschaute. Mein Blick war bis dahin nämlich nach unten gerichtet.
»Hm?«
Sie rollte wieder einmal ihre braunen Augen.
»Du starrst schon eine Weile auf dein Mathebuch in deiner Hand. Ist es so interessant?«
Eine recht komische Fixierung ihrerseits. Anscheinend brodelten ein erneutes Mal Schuldgefühle in ihrer Seele, denn sie legte ihren Kopf schief und betrachtete nachdenklich das Mathebuch.
»Tut mir leid. Heute bin ich nur etwas aufgewühlter als sonst«, gab ich zu, woraufhin sie mir nur mitfühlend auf die Schulter klopfte.
»Die Mathehausaufgaben sind ja auch verdammt schwer gewesen«, gab sie kleinlaut zu, woraufhin ich ihr aber nur widersprechen konnte.
»Ich fand sie eigentlich ganz einfach«, gestand ich, woraufhin sie mir nur einen verstörten Gesichtsausdruck zeigte.
»Ich glaube es dir jetzt wirklich, dass du aufgewühlt bist. Wäre ich auch, würde ich jemals Mathe verstehen. Das ist nämlich genau so unmöglich, wie dass mir ein reicher und heißer Mann noch heute einen Heiratsantrag macht.« Sie hielt kurz inne. »Nein warte. Ich nehme das zurück. Dass ich jemals Mathe verstehe, ist noch unmöglicher.«
Daraufhin konnte ich nichts mehr erwidern, da ich zu sehr lachen musste.
Ich hatte in Deutschland auch immer diese Einstellung gehabt. Aber nachdem ich bei BTS eingezogen war, hatte mich RM gleich belehrt, dass Schule sehr wichtig war und ich auf keinen Fall wegen Mathematik aufgeben sollte, welcher immer schon mein verhasstestes Fach gewesen war.
Also hatte er mir bei Themen ausgeholfen, die ich nicht verstanden hatte und mit mir geübt, als er Zeit aufbringen konnte.
Ich wusste gar nicht, wie ich mich jemals für seine Hilfe bedanken sollte. Er hatte nämlich so gut wie nicht nur mein Schulleben, sondern auch meine lausige Laune nach jeder Mathestunde gerettet.
Ich wurde auf den bekannten Gongschlägen aufmerksam, als es zu den letzten zwei Stunden läutete.
Ein flüchtiger Augenkontakt mit Eun-Young und ein kurzes Nicken als Zeichen, dass wir beide wussten was unsere Aufgabe in diesen Moment war. Und zwar mussten wir so schnell wir konnten zum Klassenzimmer rennen und somit vermeiden, dass der Mathelehrer uns nach der letzten Stunde zum Putzen des Raumes beauftragen würde. Jedoch waren wir genau die letzten, die im Unterricht angetreten waren, weshalb unsere größte Befürchtung letztendlich eintreffen musste.
Also eines war ganz sicher; ich würde Mathelehrer trotzdem nie mögen lernen.
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Nachdem wir den ganzen Klassenraum gefegt, den Mülleimer entleert, die Stühle auf den Tischen gestellt und auch die Tafel gründlich gewaschen hatten, waren wir nach etwa einer halben Stunde fertig.
Eun-Young atmete deutlich hörbar aus, als wir unsere Schultaschen auf den Rücken genommen und endlich die Schule verlassen hatten.
»Beim nächsten Mal werden wir die ganze Pause so wie die anderen Verräter vor der Tür verbringen«, verkündete sie.
Den Ausdruck "Verräter" hatte sie auf unsere Klassenkameraden bezogen, die genau dies getan hatten, ohne uns davor bescheid zu geben. Na ja, eigentlich nicht nur uns, aber wir waren trotzdem langsamer als diese gewesen, die auch gerannt waren. Wir beide machten nicht unbedingt Sprintübungen in unserer Freizeit.
»Ja, lass uns das in Zukunft machen«, stimmte ich ihr sogleich zu.
Das Schultor war kurz vor uns, als mich jemand plötzlich am rechten Arm gepackt hatte und ein wenig zu sich zog. Normalerweise hätte ich mich erschrocken und kurz aufgeschrien, aber dieser Reflex langsam zu einer Angewohnheit.
Und dies nur wegen Jungkook, der mich in diesen Moment angrinste. Natürlich hatte er seine schwarze Maske und seine ebenfalls schwarze Kappe auf, um seine Identität einigermaßen zu schützen, aber ich kannte sein Gesicht.
Eun-Young war schon etwas vorgegangen, weshalb sie sich unwissend zu mir umgedrehte, als sie bemerkt hatte, dass ich ihr nicht mehr folgte. Da Kookie die Mauer verdeckte, hatte sie ihn anscheinend nicht entdeckt.
»Tut mir leid, Eun-Young! Ich habe noch mein Englischbuch in der Schule vergessen! Geh schon vor!«, log ich, was sie aber natürlich wusste.
Ich war kein Mensch, der versuchte ihren vertrauten Freunden etwas vorzugaukeln, weswegen ich ihr das mit BTS bereits anvertraut hatte. Mir war die Ehrlichkeit in einer Freundschaft und natürlich auch in einer Beziehung sehr wichtig. So hatten wir solche Art verschlüsselte Sätze beschlossen, damit sie bescheid wusste, wenn etwas im Zusammenhang mit der Band vorgefallen war.
Eine Angelegenheit davon war, wenn mich ein BTS Mitglied von der Schule abholte oder auch nun, wenn Jeong-Guk urplötzlich vor unserer Schule auftauchte.
»Ach immer dieses Englischbuch! Vielleicht solltest du es lieber Zuhause aufbewahren«, sagte sie natürlich zweideutig. »Schreib mir dann später!«
Und damit setzte sie ihren Weg weiter fort.
Ich richtete meine Aufmerksamkeit sogleich auf dem braunhaarigen Jungen neben mir, der mich aus neugierigen braunen Augen musterte.
»Wie oft soll ich noch sagen, dass du nicht so einfach an meiner Schule aufkreuzen solltest? Was machst du, wenn dich jemand erkennt? Daraus können wer weiß schon welche Gerüchte entstehen!«, schimpfte ich gleich mit ihm, was er aber nur gleich mit seinem Hundeblick versuchte auszuweichen.
»Ich habe dich aber vermisst«, schleimte er sich gekonnt bei mir ein. »Außerdem bin ich dich nur abholen gekommen, weil ich noch beim Einkaufen war und deine Schule nicht so weit entfernt ist«, erklärte er mir dann endlich auf und hielt die Tüte mit den vielen Lebensmittel vor meinem Gesicht, um seine Behauptung zu beweisen.
»Du hast also genau 30 Minuten auf mich hier gewartet, während all die Schüler an dir vorbeigegangen sind?«, fragte ich ihn weiter aus, ohne zuzulassen, dass er das Thema änderte.
»Ich habe zudem deine Lieblingssüßigkeit gekauft«, informierte er mich, woraufhin ich komischerweise vergessen hatte, weswegen ich überhaupt kurzzeitig aufgebracht gewesen war.
»Huh? Dass wir nur ganz zufällig um die gleiche Uhrzeit; ich von der Schule und du vom Einkaufen nach hause gekommen sind?«
Ein Lachen seiner- und ein unschuldiger Gesichtsausdruck meinerseits.
»Ich habe das Auto in der Nähe geparkt«, berichtete er, bevor er seine warme Hand in meine legte und wir zusammen zu seinem schwarzen Fahrzeug gingen, welches er auf der anderen Straßenseite geparkt hatte.
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Im Haus angekommen, stieg mir ein herrlicher Duft entgegen.
»Ah. Jin Hyung muss bestimmt schon mit dem Essen fertig sein«, meinte Jungkook, als er die Tür hinter uns zuschloss.
»Essen!«, rief ich voller Freude durch das ganze Haus und rannte gleich in die Küche, was der Raum neben dem Wohnzimmer war. Kookie hatte recht; Jin war gerade dabei das Mittagessen auf dem großen hölzernen Tisch zu servieren. Als er mich bemerkt hatte, gab er mir wie am selben Morgen das strahlendste Lächeln der Welt.
»Willkommen Zuhause Lari«, begrüßte er mich und entband seinen pinken Kittel, welchen er bis zu diesem Zeitpunkt um seinen seinen Oberkörper getragen hatte. Das neonfarbige Material legte er auf dem Küchenpult ab. Jin hatte bloß ein einfaches weißes T-Shirt mit einer dunkelblauen Jogginghose an, aber er erschien mir in diesen Moment wie ein Engel, der für mich gesandt wurde. Sein Essen war für mich wie ein Segen.
»Kann ich dir bei irgendetwas helfen Oppa?«, fragte ich ihn sogleich, woraufhin er seine rechte Hand auf meinem Kopf legte und behutsam über meine schulterlangen blonden Haare strich. Seine braunen Augen blickten mir lieblich entgegen.
»Mach dir deswegen keine Sorgen. Ich muss sowieso nur noch die Teller und die Stäbchen herrichten«, sagte er. »Du musst wegen der Schule bestimmt schon erschöpft sein. Zieh dir erst einmal etwas Gemütliches an und lege deine schwere Tasche ab.«
Ich nahm offiziell alle negativen Gedanken über BTS zurück, die aus meiner Frust entstanden waren. Es war doch die beste Entscheidung meines Lebens gewesen in die BTS-WG zu ziehen.
»Dein Gehirn ist ja schnell überanstrengt«, ertönte Sugas Stimme hinter mir, der mich mit seinem unangebrachten Kommentar gleich wieder in die Realität zurückgebracht hatte.
»Anscheinend hat Yoon-Gi wieder zu wenig Schlaf bekommen«, meinte Seok-Jin entschuldigend zu mir, woraufhin ich einfach nur lächelnd meinen Kopf schüttelte.
»Das bin ich schon gewohnt«, ließ ich ihn wissen. Aber so laut, dass es natürlich auch der schwarzhaariger Rapper mitbekam. Dieser gab mir sofort einen aufdringlichen Blick, nachdem er eine kleine Wasserflasche aus dem Kühlschrank entnommen hatte. Auch Jungkook war dann endlich in der Küche angekommen und schaute wechselhaft von mir zu Suga und dann wieder zu mir. Jedoch schien er lieber nichts sagen zu wollen und stellte in völliger Stille die Tüte mit den Lebensmittel auf den Küchenpult ab, bevor er sich aus dem Staub machte.
Es wäre jetzt der kritische Moment gewesen, in dem Jin nachhakte, ob wir wieder zusammen zuhause gekommen wären und uns über die möglichen Gefahren durch die Umwelt unterrichtete, aber nun, dass die Aura zwischen mir und Suga nich gerade entspannt war, versuchte mich der Sänger eher vorsichtig aus dem Raum zu führen.
»Du kannst gerne in Zukunft in deinem eigenen Bett schlafen, wenn du deine Frust aufgrund des Schlafmangels an mir auslässt«, hatte ich dem Schwarzhaarigen mitgeteilt, bevor ich dann so schnell wie möglich die Küche verließ.
Jin entkam ein kurzes Glucksen, das aber sehr schnell ein Ende fand. Ich vermutete, dass es aufgrund Yoon-Gis Geschichtsausdrucks war, wie er seine Stirn runzelte und seine braunen Augen verengte. Das tat er nämlich immer, wenn er verstört, genervt, irritiert, wütend, oder mit etwas überhaupt nicht einverstanden war. In diesem Fall auch, nachdem ich mich gegenüber ihm frech verhalten hatte.
In meinem Zimmer angekommen, machte ich gleich die Tür hinter mir zu und atmete hörbar aus.
Obwohl ich glücklicherweise in formaler Sprache geblieben war, wusste ich, dass ich damit trotzdem nicht einfach davonkommen würde. Suga ließ mein unverschämtes Verhalten meist so gut wie nie auf sich sitzen.
Also hieß es für mich, dass ich für eine Weile erst einmal nicht mehr einschlafen durfte, da er nun jederzeit einen Kissen nehmen konnte, während ich mich in meiner Traumwelt befand und diesen gegen mein Gesicht drückte, um mich ersticken zu lassen.
Bei dem brutalen Gedanken allein lief es mir kalt den Rücken runter.
Mit einem großen Seufzen setzte ich meine Schultasche neben meinem hölzernen Schreibtisch ab. Dann zog ich mir gleich meine Schuluniform aus und schlüpfte in eine bequeme Shorts und in einem großen und weiten T-Shirt, auf dem Jins Name stand.
Sein und RM's Merch waren etwa die einzigen geblieben, die ich mit vollem Respekt trug. Bei den anderen konnte man sich streiten.
Das war vielleicht wieder übertrieben.
Ich erinnerte mich natürlich stets daran, wie ich den Merch von jedem einzelnen Mitglied für Weihnachten gewünscht hatte und meine Mutter einfach nur außer sich war und gemeint hatte, dass man solche Oberteile auch einzeln während dem Jahr kaufen konnte. Sie hatte natürlich recht gehabt, aber ich wollte unbedingt, dass ich sie alle gleichzeitig bekam. Die Jungs waren mir nämlich auch schon damals alle gleich wichtig gewesen.
Auf einmal wurde die Tür zu meinem Schlafzimmer aufgeschlossen.
»Lari! Wann kommst du endlich essen? Wir warten schon eine halbe Ewigkeit auf dich!«, ertönte die Stimme von J-Hope hinter mir. Ich blickte kurz zu dem altrosa haarigen Rapper und bemerkte unwillkürlich, wie er seinen Blick auf meinem Rücken heftete, worauf Jin und darunter groß die Zahl 92 stand.
»Jung Ho-Seok«, warnte ich ihn in einem ruhigen Ton, damit er auf keine dummen Ideen kam. Ich konnte nämlich an seinem Gesichtsausdruck erkennen, dass er in diesen Moment nichts Gutes im Schilde führte.
Er machte die Tür so leise wie möglich wieder zu.
Verdammt!
Ich sprintete sofort zu meiner Tür und riss diese weit auf. Sie knallte wegen dem starken Stoß gegen den Türstopper und ging kurz daraufhin hinter mir zu.
J-Hope war gerade dabei die Treppe runterzulaufen.
»Jungs! Es ist Seok-Jin Hyung! Jin Hyung ist ihr Bias!«, schrie er durch das ganze Haus, woraufhin ich schon das Schimpfen und Widersprüche der BTS Mitgliedern wahrnahm.
»Stopp!«, brüllte ich, als ich endlich mal in der Küche angekommen war, wo sich alle bereits brav am Tisch versammelt hatten.
Jin schien mehr als sonst von sich überzeugt zu sein und gab mir diesen wissenden Blick, wie er der tollste auf der Erde war. Währenddessen schienen andere irgendwie enttäuscht und auch aufgebracht zu sein. Suga jedoch blickte mich immer noch mit diesem Blick an, mit dem ich ihn verlassen hatte; irritiert.
»Es ist nicht so wie ihr denk—«, fing ich an, doch wurde von Jin unterbrochen.
»Du musst dich deswegen nicht schlecht fühlen. Ich meine; mit so einem attraktiven Gesicht wie meines, kann man einfach niemand anderen wählen.«
Ich konnte mich nicht entscheiden, ob er seine Worte irgendwie als eine Art Beruhigung bestimmt hatte oder doch um mit seiner mehr als unübersehbaren Schönheit zu prahlen.
»Und ich war mir so sicher, dass es Tae-Hyung ist«, entkam es von RM der sein Kopf enttäuscht schüttelte. »Was ich? Ich dachte es wäre Jungkook«, meldete sich der vorhin erwähnte BTS Mitglied zu Wort, woraufhin aber Jimin die Meinungsrunde beendete. »Also ich dachte immer, dass sie mich am meisten von euch allen gemocht hat.« Daraufhin lachten einige. Der Leader klopfte ihm mit einem mitleidigen Gesichtsausdruck auf seine Schulter.
Ich wollte endlich mal alle aufklären, aber Jin kam mir wieder zuvor.
»Ich kann immer noch nicht glauben, dass ihr alle darauf gewettet habt, dass es auf keinen Fall ich sein könnte, da Lari angeblich keine Angeber mögen würde«, ließ er die Jungs wissen, woraufhin alle nur vergeblich ihre Köpfe schüttelten und seufzten.
Sie hatten gewettet? Auf was denn? Geld?
Suga entkam immer noch keine Reaktion.
Ich hätte mir in diesen Moment meinen Kopf am liebsten gegen die nächste Wand gehauen.
»Leute bitte; könntet ihr mir—«
Ich wurde schon wieder unterbrochen! Verdammt! Wieso ließ mich hier keiner aussprechen?
»Lari ich bin so enttäuscht von dir. Und ich dachte, du magst uns alle gleich. War das etwa gelogen?«, verspottete mich nun Suga, woraufhin ich wirklich nur im Grund und Boden versinken wollte.
»Warte! Nein! Ich—«, versuchte ich mich wieder zu verteidigen, aber keiner wollte anscheinend über meine Meinung erfahren.
»Ja! Ich erinnere mich! Das war doch noch am ersten Tag, als sie bei uns eingezogen ist«, behauptete der Typ, der am meisten für diese Situation beigetragen hatte.
»J-Hope ich bringe dich wirklich um!«, platzte aus mir heraus, woraufhin er mir aufgebracht beäugte. »Wieso ist es immer so, dass wenn Yoongi Hyung so etwas sagt, du nicht reagierst, aber wenn ich irgendwas sage, du mich gleich umbringen willst?«, fragte er mich.
Alle nickten einverständnisvoll.
»Bestimmt ist Yoon-Gi Hyung ihr zweites Liebling nach Jin Hyung. Und sie meinte sie würde uns alle gleich behandeln!«, meldete sich Ji-Min beleidigt zu Wort.
Alle Augen waren auf mich gerichtet.
Ich wusste gar nicht mehr, wie ich reagieren sollte. Wenn ich verneinte, würden sie das wieder falsch verstehen und Suga würde mich heute Nacht 100 prozentig umbringen. Aber wenn ich jetzt nichts mehr sagen würde, würden sie das als Einverständnis wahrnehmen.
Scheiße!
Wieso kam es nun zu so einem großen Missverständnis?
»Ich habe sie auch mal mit meinem Merch herumlaufen sehen«, erwähnte Suga, woraufhin alle überraschte Laute von sich gaben und dann total durcheinander redeten.
»Also hat sie Jin Hyung und Yoon-Gi Hyung deswegen immer besser behandelt«, meldete sich nun auch der jüngste aus BTS zu Wort.
Jungkook! Und ich dachte zumindest einer würde noch auf meiner Seite stehen!
Ich war so verdammt frustriert, dass ich nicht mehr wusste, was ich überhaupt noch sagen sollte, also setzte ich mich meinem Wutausbruch nahe zwischen Suga und Jin, da es der einzige freie Sitzplatz war.
»Und jetzt setzt sie sich sogar neben ihren zwei Lieblingen!«, wandte J-Hope schon wieder ein.
»Das ist der einzige Platz frei! Oder wie stellst du es dir vor? Dass ich etwa im Stehen esse?«, fuhr ich ihn aufgebracht an.
»Wow! dieser Punk ist wirklich zu viel! Dass sie so unhöflich mit ihren Oppas redet!«, griff mich nun auch schon Jimin wieder an.
Jetzt reichte es!
Ich stellte mich rückartig auf und schlug mit beiden Händen auf den Tisch. Dann nahm ich mir meine Essstäbchen in die Hand und hielt sie, wie einen Messer zum Abstechen bereit, hoch.
»Ich werde gleich mit meinen Essstäbchen durch eure Kehle bohren, wenn ihr nicht endlich aufhört mich zu mobben!«, schrie ich, woraufhin sich eine kurze Stille gebildet hatte. Ich schnaufte verächtlich und blickte in jedes einzelne braune Augenpaar.
Es erschien mir schon fast so, als wäre die Zeit gestoppt, wie sie mich nur noch alle ohne zu blinzeln mit geschockten Gesichtsausdrücke musterten.
Und dann?
Dann fing V an laut loszulachen, woraufhin auch alle anderen in Gelächter ausbrachen.
»Tae-Hyung! Hast du das alles aufnehmen können?«, fragte J-Hope, der sogar vom Stuhl fiel, weil er so lachen musste.
Was. Zur. Hölle.
Aus eine Art Beruhigung aber mehr als vorhandene Frustration ließ ich mich wieder auf meinem Stuhl fallen.
»Alles auf Kamera!«, bestätigte der Angesprochene, der sie zur Demonstration in die Hand nahm, welche bis zu diesem Zeitpunkt auf der Theke gestellt war.
»Ihr seid solche Fieslinge!«, schimpfte ich gleich mit den Jungs, nachdem sie sich die Aufnahme von Vorne schauten und sich währenddessen über mich lustig machten. »Payback's a bitch«, flüsterte Yoon-Gi in meinem rechten Ohr, bevor er mit seinem Essstäbchen nach dem Fisch in eines der Schüsseln griff und gleich in seinem Mund steckte.
Er meinte doch wohl; Suga's a bitch!
»Ich kann das nicht glauben! Ihr habt euch wirklich hinter meinem Rücken mit Suga verbündet? Unglaublich«, murrte ich in die Runde, während ich in die Augen von Jungkook blickte. Dieser hob abwehrend seine Hände. »Yoon-Gi Hyung ist eben gruselig, wenn er nicht genug Schlaf bekommt«, verteidigte er sich gleich, woraufhin alle einverständnisvoll nickten und seine Meinung auch zu vertreten schienen.
Ich richtete mich daher gleich zu Jin.
»Seok-Jin Oppa, wie konntest du da nur mitmachen? Ich dachte wir sind soweit gekommen, dass du zumindest meine Partei ergreifst«, gab ich gleich in einem jammernden Ton von mir, als ich zu dem Ältesten blickte, der unschuldig an seinem Essen kaute.
Verräter.
»Sie bevorzugt Jin Hyung aber wirklich mehr«, fing Ho-Seok schon wieder damit an. »Ja, das stimmt. Uns nennt sie nie Oppa«, meldete sich auch Jimin wieder zu Wort.
»Dafür müsstet ihr mein Respekt erlangen. Bisher liegen RM und Jin weit über euch hinaus«, informierte ich die Verräter, die gleich alle widerwillige Laute von sich gaben. Sie kamen jedoch recht schnell wieder zu Ruhe und begannen normal zu essen.
»Außerdem habe ich von euch allen ein T-Shirt«, murmelte ich nach einer Weile, woraufhin alle Blicke auf mich gerichtet waren.
»Wie war das nochmal?«, fragte Jimin, um mich zu ärgern.
»Ich sagte, dass ich von euch allen Merch besitze!«, wiederholte ich mich diesmal lauter und artikulierte die Worte so deutlich wie möglich. »Ihr seid mir wirklich alle gleich wichtig. Auch, wenn ich euch gerade ein wenig hasse, liebe ich euch trotzdem.«
»Du bist wirklich so niedlich«, neckten mich alle gleichzeitig und Suga wühlte mir grinsend durch meine blonden Haare.
Anscheinend hatte er wieder gute Laune!
»Ah! Tae-Hyung hast du das auch filmen können?«, fragte J-Hope zum Spaß, woraufhin alle lachten. Und diesmal sogar ich, woraufhin der altrosa haariger auf mich zeigte. »Oh! Sie lacht! Was für ein Wunder!«
»Hey! Tu jetzt nicht so! Im Gegensatz zu dir verstehe ich Spaß und nehme solche Streiche nicht persönlich!«, entgegnete ich ihm, woraufhin Jin sich fast an seinem Wasser verschluckt hatte, da er anfangen musste zu lachen. Auch die anderen stiegen wieder ein, jedoch schmollte J-Hope die restliche Mittagszeit und weigerte sich mit mir zu unterhalten.
Wer war es also, der keinen Spaß verstand?
Zum Ende hin vertrug er sich wiederum mit mir, da ich ihm beim Abwasch als Ermäßigung ausgeholfen hatte.
»Habt ihr diesen Streich schon vorgeplant gehabt?«, fragte ich ihn, als wir noch in der Küche standen und meine Lieblingssüßigkeiten aßen.
»Ich und Tae-hyung haben schon länger im Gedanken gehabt wieder etwas Pepp in die Bude zu bringen. Also war es uns nur mehr als willkommen, als uns Jungkook noch kurz vor dem Mittagessen berichtet hat, wie zwischen dir und Yoon-Gi Hyung heute erneut Spannung geherrscht hat.«
Deswegen war er also so schnell aus der Küche verschwunden.
»Dann mussten wir nur noch den anderen über unsere Idee erzählen, die damit recht schnell einverstanden waren. Wir hätten entweder auf Seok-Jin Hyung oder Nam-Joon gezielt, dass einer von ihnen dein Liebling aus BTS ist, da du die beiden schon immer als "Oppa" bezeichnet hast. Nachdem du aber heute sowieso von Jin das Band T-Shirt angezogen hast, ging es natürlich noch realistischer und wir konnten noch bevor du in der Küche angekommen warst, den Stuhl zwischen Suga Hyung und Jin Hyung freilassen«, beendete er die ganze Geschichte.
»Ihr seid wirklich unfassbar«, sagte ich zu ihm. »Aber irgendwie unfassbar klug.«
Ho-Seok lachte bloß und nahm sich den letzten Choco Pie aus der Packung. Ich wollte ihn gerade darauf ansprechen, wie das der letzte Stück immer mir gehörte, aber er kam mir zuvor.
»Jetzt haben wir ein Video, mit dem wir dich jederzeit erpressen können.«
Wie bereits erwähnt; sie waren unfassbar klug.
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