(36) Schwarze Farbe

Wie unklar es ihm doch war, wie sehr seine Augen- dessen Seele zerstört ist, realisiert er erst in diesem Moment.

Was aus Jungkook geworden ist, realisiert er erst in diesem Moment.

Er wusste doch wie sehr es seinem besten Freund schlecht ging, natürlich, wie konnte er das nicht?

Er hat einen Menschen angefahren, totgefahren, wie konnte es einem dann nicht schlecht gehen?

Egal aus welchem Grund, wie es zustande kam, dass würde einem immer auf der Seele lasten und quälen, vor alldem, wenn man kein Geständnis machen kann.

Vor alldem, wenn man solch ein herzensguter Mensch wie Jungkook ist

Aber ihn nicht wiedererkennen zu können, das Gefühl zu haben einen ganz anderen Menschen vor sich sitzen zu haben, das hat er nicht geahnt. Oder wollte er vielleicht nicht ahnen.

Also sagt keiner etwas. Beide weiterhin erstarrt in der noch letzten ausgeführten Bewegung, welche noch verschont wurde, von den negativen, angespannten Emotionen die die Stimmung nun vollkommen bändigen.

Gefangen in einer viel zu vergänglichen Nacht, zwischen den raschelnden Bäumen die alles beobachten, den glitzernden Zeugen über ihnen, in den roten Augen von Jungkook, welche tief schwarze Farbe auf dessen persönliche Leinwand schmeißt. Auf eine Leinwand mit dessen dunklen Farben wirft, welche schreit bald endgültig in sich zusammenzufallen.

Namjoon ist gefangen in einer Seele, welche durch Jungkook's Augen blickt, es als Fenster benutzt, um sich zeigen zu können, um sich Namjoon zeigen zu können.

Nicht nur Hoseok erkennt es. Erkennt was in Jungkook los ist. Erkennt dessen Zerrissenheit. Nicht nur Hoseok kann die Augen für das Fenster der Seele nutzen.

Namjoon braucht dafür nicht Mal eine Sekunde bei Jungkook, sieht es auf Anhieb, mit dem Hintergrundwissen wie es damals aussah. Wie sie damals aussah. Wie er damals aussah.

"Jungkook-", endlich. Endlich ist Namjoon dazu bereit dessen viel zu lange überfälligen Worte gegenüber seinem besten Freund zu offenbaren. Jedoch ist er nicht der Einzige, dessen unausgesprochenen Wörter die Lunge beinahe zerdrücken.

"N- nein Joonie höre mir b-bitte zu. Ich weiß, du hast gesagt, dass ich alles richtig gemacht habe, indem ich erste Hilfe geleistet und den Krankenwagen angerufen habe. Dass ich nicht mehr hätte tun können, dass ich mir keine Vorwürfe darüber machen soll, weil ich zu schnell gefahren bin, um dir zu helfen, um jemanden zu helfen. D- du hast gesagt, dass es eigentlich deine Schuld sei, dass du mich zu sehr mithinein gezogen hast, a- aber das ist alles was ich immer wollte, an deinem Leben teilhaben, obwohl du diese Entscheidung getroffen hast. Ich wollte dir helfen, bei dir bleiben. Das war mein einziger, wirklich mein einziger Wunsch."

Aus Jungkook fließen nun die Sätze, welche schon viel zu lange in seinem Einsamen 'ich' beharren. Fließen nun endlich zu jener Person, an den sie schon zu lange adressiert sind.

"I- in jener Nacht hast du gesagt, dass ich diesen Jungen nicht besuchen und ihn in Ruhe lassen soll, weil er ja nicht herausfinden darf, wer ich bin oder was ich getan habe, dass es viel zu gefährlich für uns beide sei. Dass der Junge ja irgendwo hinwollte und er deshalb Freunde und Familie haben muss, dass diese ihn sicherlich besuchen werden und er dann sein Leben früher oder später so fortsetzen kann, wie er es kennt.

Das ich nicht mehr tun kann, dass ich alles getan habe, alles getan habe was ich konnte.

Doch Namjoon, ich weiß, wir haben oft telefoniert, du hast mich oft versucht zu trösten, aber es ist alles anders als du denkst, i- ich hatte nicht nur Angst, dass es diesen Jungen nicht gut ging, n- nein ich wusste es.

Ich wusste es, ich habe es dir nicht erzählt, dich angelogen, es tut mir so schrecklich leid, weil ich ihn einfach besuchen musste.

I- ich musste ihn besuchen, ich musste es tun, ich konnte mich nicht blind darauf verlassen, dass nun alles gut für ihn werden würde. Ich konnte zum ersten Mal nicht auf deinen Worten vertrauen. Es tut mir leid Namjoon, so sehr.

Weißt du auch wieso ich es nicht konnte? Ich habe einen neuen Wunsch in jener Nacht entwickelt, welcher genauso wichtig für mich wurde, wie die Sicherheit von dir und mir.

Ich will nicht nur daran glauben, dass er glücklich wird, ich will es sehen.

Ich wollte diesen Jungen glücklich sehen. Ich wollte mich im Krankenhaus persönlich davon überzeugen, ich wollte mich persönlich davon überzeugen, wie dessen Familie bei ihm ist.

Weißt du wie? I- ich wollte ganz aus Versehen in der Besuchszeit in das Zimmer kommen, sagen, dass ich mich mit der Raumnummer geirrt habe, mich entschuldigen, sehen, wie seine Familie dabei an seinem Bett sitzt, sagt, dass es ja nicht so schlimm ist, oder sich vielleicht beschwert und meckert, dass ich ja nächstes Mal besser aufpassen soll. D- denn so hätte keiner sicher Verdacht geschöpft, e- es war ein guter Plan Namjoon, ein Plan, um sie zu sehen.

Ich wollte sie sehen.

Die Augen, aus welchen wegen mir das Leben einst ausgesaugt wurde, ich wollte sie sehen, Namjoon. Sie leben sehen.

Aber weißt du, was ich stattdessen gesehen habe?

Den Jungen, welcher dort im Bett lag als wäre er weiterhin tot, wegen mir.

B- bitte sei nicht sauer auf m- mich.

A- aber ab diesem Zeitpunkt war ich jeden Tag dort. Ich war jeden Tag an seinem Krankenbett. Ich habe ihm jeden Tag etwas vorgelesen. Jeden Tag seine Hand gehalten, mir jeden Tag darüber Gedanken gemacht, ob ich endlich seinen Pony schneiden soll oder nicht.

Mir jeden Tag darüber Gedanken gemacht, ob er eines Tages aufwacht.

Ob er eines Tags überhaupt noch die Chance hat diese Welt zu sehen. Ob er überhaupt dazu die Chance bekommt, unsere Welt durch seinem viel zu langen, lockigen Haaren zu sehen.

Ob er eines Tages aufwacht Namjoon. Im Koma. Er war im Koma. Ich habe ihn zwar nicht endgültig in den Tod geschickt, aber in eine andere Welt, in eine unergründete, unerforschte, wahrscheinlich dunkle Welt. In eine Welt, wo er ganz alleine ist. In eine Welt, wo es niemanden außer ihn gibt. In eine Welt, welche nur ihn ganz alleine gefangen hält.

In eine Welt, wo ich ihn hineingesperrt habe.

Ein Körper, welcher zwar am Leben ist, doch ein Körper ist nichts ohne seinem Geist, Namjoon. Ist nichts ohne einen Besitzer. Er war nicht glücklich Namjoon, er lebte nicht, er existierte nur. Und selbst darüber war ich mir nicht sicher.

Wo sind wir Namjoon, wo sind wir, wenn wir nicht hier sind?

I- ich habe mir jeden Tag darüber Gedanken gemacht, ob er, wenn ich da bin vielleicht nicht alleine in dieser Welt ist. Wenn ich da bin, er vielleicht ein bisschen weniger Angst hat. Denn das war doch das mindeste, das mindeste was ich hätte tun können, Hyung.

Und weißt du was? Ich bin extra immer außerhalb der Besuchszeit gekommen, weil ich mich immer noch davor fürchtete, dass seine Familie ja in dieser Zeit da sein könnte.

Ich dachte, das Koma wäre das schlimmste an der ganzen Situation und das die Familie ihn schon längst gefunden hat. Ich dachte, ich muss aufpassen, ihnen über dem Weg zu laufen.

Denn ich wollte doch trotzdem wissen, wann- ob er aufwacht und seine Hand halten, ihm vorlesen, mir Gedanken über seinem Pony machen, als er es noch nicht war.

Aber weißt du was? Weißt du was ich erfahren habe? Namjoon, ich war der Einzige- der Einzige, welcher außerhalb vom Krankenhaus, ihm etwas vorgelesen hat, der seine Hand hielt, der sich Gedanken über dessen viel zu langen Pony machte.

Der Einzige, der sich darüber Gedanken machte, ob er überhaupt nochmal aufwachen würde.

Namjoon er- er war nicht nur in dessen gefangenen Welt alleine, nein auch in unserer Welt, wurde er alleine gelassen.

Und dann? Weißt du was dann passiert ist?-", Jungkook hört auf zu sprechen, denn zum ersten Mal kann er eine Pause machen, als Namjoon seine breiten, weichen Handfläche auf die nassen, tränenübergelaufenden Wangen legt. Seinen Kopf zu seinem eignen zieht, um tief in Jungkook's verlassenen Augen hineinzuschauen.

"Jungkook hör auf dich noch ein einziges Mal zu entschuldigen, verstanden? Du sollst wissen, dass ich, so wie du, immer hinter dir stehe, okay?

Und dass ich dich verstehen kann. Ich weiß, ich habe gesagt, dass du sich aus seinem Leben raushalten sollst, weil es das Beste für uns ist, das sicherste, aber weißt du was?

Ich hätte es anders als du nicht machen können. Ich hätte nicht anders als du Reagiert, ich wäre nicht anders als du daran kaputt gegangen und es mir verschwiegen.

Es tut mir unbeschreiblich leid, aber es ist nicht deine Schuld, verstanden? Ich bin der Jenige, der gesagt hat, du sollst dich ins Auto setzten, obwohl du keinen Führerschein hast, als es geregnet hat, ich bin der Jenige der-"

"Aber ich bin der Jenige, der es von dir verlangt hat, dich überredet hat.

Namjoon ich hatte dich damals sogar erpresst, so sehr wollte ich dich unterstützen, egal was ich auch tun sollte, wie gefährlich es ist. Ich nehme es dir nicht übel, dass ich das Gefühl hatte dir nichts erzählen zu können, denn du hast ja recht. Du hättest doch Recht gehabt. Mit allem.

Ich darf nicht von der Polizei gefunden werden. Ich darf nichts gefährden. Und die Gefahr war zu groß, dass genau das passiert. Das ich alles noch mehr zerstöre, als es schon ist, ich alles zerstöre, was du dir aufgebaut hast.

D- denn es ist wahrscheinlich mein Schicksal, a- alles kaputt zu machen- Namjoon ich mache alles kaputt und bereite anderen nur Sorgen-, dem Jungen, welchen ich überfahren habe, den anderen Jungen, dem ich nicht helfen konnte und der jetzt wegen meines Versagens in noch größeren Schwierigkeiten steckt- und natürlich dir, i- ich, w- wenn ich anders wäre, nur ein kleines bisschen anders, dann würde es den beiden gut gehen- dir gut gehen. Es tut mir leid- so so leid."

Neue Tränen befreien sich aus Jungkook's brennenden Augen, als sich immer mehr Worte aus seinem inneren erlösen, kraftlos an dem Körper seines besten Freundes gepresst, unterbricht er Namjoon, welcher schon sein Mund aufmacht um ihn wahrscheinlich zu widersprechen.

Aber für Namjoon war es in dem Moment egal, es tat ihm weh. Ja so sehr weh, sodass er mit den Tränen von Jungkook ohne Mühe hätte mithalten können, jedoch war er froh.

So froh, dass Jungkook es ihm erzählt. Das er Jungkook halten kann, wenn er weint. Ihm persönlich zuhören kann, wenn er endlich alles erzählt. Ihn halten kann, um ihn anschließend mit persönlichen Worten trösten zu können, was für beide zu einem Privileg geworden ist.

Sein Herz wird ihm momentan zwar Stück für Stück in 1000 Teile zerrissen, jedoch ist er gleichzeitig so froh, Jungkook dafür kleine Stücke seines Herzens zurückgeben kann.

"Namjoon, ich habe nicht nur sein Leben zerstört, indem ich ihn beinahe umgebracht habe und er dadurch im Koma lag, nein- seit dem er aufgewacht ist, seit heute aufgewacht ist- Ich- Ich w- weiß zwar, dass ich kein Mörder bin aber e- er weiß nicht wer er ist.

Er- ich habe ihn das letzte genommen, was ihn zurückbringen hätte können, einer der wertvollsten Dinge die wir besitzen, Erinnerungen.

U- und weißt du wie ich es erfahren habe? Es hat mir niemand erzählt... m- man konnte es sehen Namjoon- sehen, so deutlich sehen wie ausgesaugt er war, wie verloren und verletzt er war."

Namjoon hat Jungkook noch immer ganz fest an sich heran gedrückt und streichelt den Jungen immer wieder über dessen braunen Haare, dann wieder über seine Wange, um die nächsten Tränen von seiner Leinwand zu retten. Er will versuchen, dass einst so schöne Gemälde Stück für Stück zurückzubringen. Und das Jungkook weiß, dass seine Träne nicht in seine schwarze Leinwand einziehen muss, ist der erste Schritt.

"Hyung- i- ich wollte mir zur Aufgabe machen, für ihn da zu sein, bei ihm zu bleiben, dafür sorgen, frag mich nicht wie, bitte frag mich nicht wie ich das schaffen wollte- i- ich dachte mir nichts dabei- außer wieder, das ich ihn glücklich sehen wollte. Namjoon das ist wirklich das Einzige was ich mir dabei gedacht habe- b- bis er-", Jungkook muss sehr tief Luft holen, das stottern übertrumpft ihn, als er sich für die nächsten Worte bereit macht.

"Hyung, er erinnert- erinnert sich an mich- a- aber nicht an alles, w- weißt du an was er sich erinnert?

Er erinnert sich daran, dass ich ihn gerettet habe, nur daran. D- das ist das schlimmste, das schlimmste und weißt du auch wieso? E- er sieht mich als sein 'Retter' an ich bin der Held für ihn, w- wie soll ich das ertragen?

Ich kann das nicht ertragen- ich habe das nicht verdient- w- wie soll ich ihn jetzt nochmal besuchen können?

Wie kann ich jetzt noch für ihn da sein?
Mein Versprechen halten?

Ich weiß, wie unmoralisch und falsch es vorher schon gewesen wäre, a- aber jetzt, wo er denkt, ich wäre sein Held- ich kann ihm nicht die ganze Wahrheit sagen- ich darf es nicht richtig stellen- ich kann- ich weiß nicht was ich tun soll.

D- du hättest es sehen sollen, welchen Blick er mir geschenkt hat, Namjoon.

Wie dankbar er mir ist. Welches Vertrauen er plötzlich in mich setzte. Du hättest es sehen sollen.

H- hyung, ich- sag mir, was ich tun kann, damit er glücklich ist und dir dabei nichts zustößt. Bitte. Bitte sag es mir- bitte-", kaum zu verstehen waren die Worte, des Jungen, welcher in den Armen beinahe von Namjoon versinkt. In den Armen, welche ihm davor bewahren endgültig den Halt zu verlieren.

Jedoch konnte man die Verzweiflung gar nicht überhören, welches den Besitz von Jungkook ergreift. Kann nicht überhören, wie sehr der Junge sich doch nach einer richtigen Antwort sehnt.

Man kann nicht die Stille überhören, welche nun plötzlich zwischen den beiden Jungs herrscht.

Die Stille, in welcher sich Namjoon die Worte zurrechtlegt, um das Gemälde des einst so unbeschwerten, glücklichen Jungen, nicht noch weiter zu zerstören.

💜💜💜

Huhu!🌻

Es tut mir so leid, dass ich erst wieder so spät Abends update.. ich habe mir wirklich vorgenommen, es eher zu machen! Ich werde mich versuchen besser zu organisieren💕

Und ich wollte dir ungemein dafür danken, dass du noch hier bist und meine Geschichte so verfolgst! Du machst mich echt glücklich damit!<3🌻

Ich hoffe auch, dass dir der Teil gefallen hat und dass du einen wunderschönen Mittwoch hattest!💕

Bis nächste Woche, ich freue mich!🌻

💜💜💜

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top