(25) Dankbar?

"Ich weiß, ...ich weiß, ... was du getan hast...", haucht plötzlich Taehyung's tiefe Stimme, kaum hörbar in die kühle Nachtluft hinein...

Augenlider von Jungkook reißen sich vor Schock panisch auf- die Laute wiederholen sich immer wieder wie verrückt gewordene Wortfetzen in ihm. Zähne misshandeln vor Schreck seine Unterlippe. Beißen. Reißen. Nagen. Fleischen sich, erneut in ihr. Schmeckt das ausgetretene Blut, erneut aus ihr. Genau das Blut, welches wie bei einem Wettrennen, durch seinen Körper schießt. Wie in einem Wettrennen- als ob es sich um Leben und Tod handeln würde, hetzt das Blut vor Schreck durch seine Adern. Drücken. Sie drücken so sehr, als ob seine Adern vor Druck gleich platzen würden. Wie in einem Wettrennen, beschleunigt sich vor Schreck seine Atmung. Wie in einem Wettrennen, als was er gerade gelaufen wäre- taumelt er vor Erschöpfung. Sieht seine Umgebung um ihn herum verschwommen. Alles so verschwommen. Geraubt wird ihm nämlich die Umrisse der Umgebung, als sich Tränen auf seiner Wasserlinie ansammeln. Drückt seine Augen zusammen. Um diesen schweren Tränen die Freiheit zu gewähren. Drückt seine Augen fester zusammen. Und schon, schon laufen sie, wie in einem Wettrennen- über seine zierlichen Wangen. Jetzt ist es so weit. Alles. Alles ist verloren. Jeden. Jeden hat er auf dieser Welt enttäuscht. Jeden.

Herzklopfen bis zum Hals- Augen wieder weit aufgerissen- senkt er seinen Blick zu dem Jungen unter sich, welchen er trotz dessen eng in seinem Arm hielt. Senkt seinen Blick zu dem Jungen, um in ihn die Ängste zu erkennen, die Enttäuschung, und die Wut.

Den Hass.

Aber so musste es schließlich irgendwann kommen, es ist okay, er hat es verdient.

Nur einmal.

Würde er seinen besten Freund doch nur noch einmal sehen dürfen. Ein letztes Mal, bevor es jetzt gleich alles vorbei sein würde. Sich ein letztes Mal bei ihm entschuldigen. Sich entschuldigen, so kläglich versagt zu haben. Eine letzte, viel zu überfällige Umarmung.

Senkend ist sein Blick zu den Jungen- bereit den verdienten Hass zu erkennen.

Zu seiner Verwunderung, merkt er aber nur, dass die Augen von Taehyung nach diesen Worten bloß ein deutlich weites Stück müder geworden sind. Er hat vermutlich selbst Schwierigkeiten die Umgebung noch vollendet wahrzunehmen.

Er muss, er muss später über die Situation nachdenken- er muss den Jungen jetzt erstmal wieder zum Arzt bringen. Sofort. Das ist das wichtigste. Das aller wichtigste. Ja, er kann sich erinnern, erinnern wer er ist, aber das darf ihn jetzt nicht aus der Bahn werfen, ihm zu helfen.

Der Rollstuhl.

Er geht mit schnellen Schritten zu diesem hin und beugt sich nach unten, um ihn behutsam hinein zu setzen. "Wie heißt du?", unerwartet durchbricht Tae nochmal kämpfend die Stille. Den Blick noch an den des anderen Jungen gehaftet, während er den Rollstuhl unter ihm spüren kann.

Jetzt ist Taehyung alles klar. Alles klar wieso der Junge ihn besuchte.

Jungkook setzt ihn behutsam in den Stuhl und wird sich gleich den Blickkontakt wieder anschließen. Er hat zwar eine andere Frage, auf seine Erkenntnis hin erwartet, aber vermutlich will der Junge- ja natürlich will er das. Natürlich will er den Namen, von dem Jenigem, welcher sein Leben zerstörte, wissen. Wieso hat er was anderes erwartet?

Jetzt wird er die verdiente, tiefgründige Abneigung und die Ängste in Taehyung erkennen können - mit diesem Gefühl, und mit der Ausstrahlung eines bereuenden, leidenden Jungen, schließen sich seine schlafentzogenen Augen an, tauchen in den Nächsten, gemeinsamen Blickkontakt, als er leise seinen eigenen Namen in das immer noch nahstehende Gesicht haucht.

Aber wieso kann er immer noch keinen Hass in Taehyung's Augen erkennen?

"Danke~....Jungkook...",

Taehyung fühlt keinen Hass. Keine Angst. Keine Abneigung. Nur Dankbarkeit - fühlt nur Dankbarkeit, als er Jungkook's Namen, als sein letztes Wort in das vorgebeugte nachstehende hübsche Gesicht raunen darf. So nah, dass er die Wärme spüren kann, welche die Lippen von dem anderen Jungen am ausstoßen sind.

Fühlt sich dankbar ihm gegenüber, weil er ihn davor bewahrt hat noch länger in seiner schmerzhaften Erinnerung zu beharren.

Fühlt sich tief dankbar ihm gegenüber, weil er ihn damals bei dem Unfall das Leben gerettet hat. Dankbar, dass er sich daran erinnern kann, wie Jungkook ihn gerettet hat.

Nicht ahnend, dass genau auch dieser Junge der Auslöser dieser schmerzerfüllten, lebenseinschneidenden Erinnerung und seiner momentanen Lage ist. 

Jungkook beobacht sprachlos, wie Taehyung ohne Unterbrechung den Blickkontakt versucht standhaft zu bleiben- bis sein Kopf jedoch schließlich nach hinten gegen die Lehne des Stuhls neigt und seine Augen sich aufgebend schließen.

Augen von Jungkook stattdessen aufgerissen- versucht überfordert seinen stickigen Kloß hinunter zu würgen.

Dankbar? Er fühlt sich dankbar? Schlimmer. Das ist viel schlimmer.

Schlecht. Plötzlich ist ihm schlecht. So schlecht. Nicht nur schlecht. Übel. So kotzübel. Versucht vor lauter Stress nicht zu kotzen. Als, dankbar? Immer wieder mit voller Lautstärke durch seinen Kopf dröhnt.

Dankbar?

Dankbar? Der Patient soll alles sein, aber bloß nicht dankbar! Nicht dankbar. Das hätte er nicht verdient.

Tränen rannten geschockt, stumm über sein Gesicht. Dankbar? Seine Hände fangen zu zittern an. Wieso? Verkrampfen in sich. Schwindel lässt seine Umgebung beben. Dankbar?

Umkippen- gleich wird Jungkook umkippen- man sieht, wie seine Hände laut hechelnd, hilfesuchend seine Oberschenkel an sich krallen. Versuchen den verzweifelten Jungen zu stützen. Alles wirkt auf eimal noch so viel schwerer. Dankbar. Das Schlagen seines Herzes. Seine Atmung. Dankbar. Sogar zu weinen. Das fällt ihm schwer. Dankbar. Unausweichliches brennen zischt durch seinem Körper. Schwindel verätzt immer weiter wie feindliche Säure seine Umgebung. Dankbar.

Blick wieder zu Taehyung,

zu dem Jungen - dessen Leben ihn wertvoller als sein eigenes geworden ist -

Alles andere von Säure verätzt. Bis auf ihn. Ihn erkennt er ganz klar und deutlich.

So, als würde er alles unwichtige ausblenden und sich darauf fokussieren, worauf es gerade ankommt.

Das, was wirklich wichtig ist.

Er darf nicht, er darf jetzt nicht - er weiß, was er tun muss.

Verdrängen. Er muss es jetzt wieder verdängen.

Er darf jetzt nicht zusammenbrechen. Nicht jetzt. Nicht hier. Verdrängen.

Verdängen, damit er ihm helfen kann.

Würgereitz unterdrücken. Schwindel ausblenden. Tränen davon abhalten, sich ihrer Gier nachzugeben. Gedanken und Ängsten dazu zwingen, sich nicht weiter laut auszusprechen. Sollen sie es sich wagen, sich jetzt nocheimal auszusprechen. Nichts. Nichts wird ihn davon jetzt abhalten zu handeln.

Seine zittrigen Hände umgreifen den Griff des Rollstuhls, als sie sich angestrengt von seinen Beinen lösen, um den Patienten wieder in das Gebäude des Krankenhauses schieben zu können.

Gibt sich nicht mehr länger seinen Gefühlen, oder Gedanken hin. Es geht jetzt nicht. Er darf es jetzt nicht. Unterdrückt sie um jeden Preis, welcher sein Körper aufbringen muss.

Verdrängen. Um den Jungen wieder in Sicherheit zu bringen. Er muss weiter machen, er muss -

Verdrängen.

Verdängen, mit unglaublichen Herzschmerzen, als Konsequenz.

Verdrängt in seinem kaputten Herzen, mit den Worten, welche schon längst seinem Mund verlassen hätten sollen, schiebt er den Patienten wieder zurück zwischen die Türen.

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Ihr Lieben, ich wünsche euch ein wunderschönes Wochenende🌻

& ich danke dir fürs lesen, das bedeutet mir unheimlich viel!! 💗

Taehyung kann sich jetzt an Jungkook erinnern, aber anscheinend nicht an die ganze Wahrheit.. ich denke, das könnte interessant zwischen den beiden werden 😳

Wir sehen uns wieder am Dienstag! 🌻

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