Kapitel 7

Okay, dann mal rein in den Grill.

Das mache ich eigentlich nur, weil ich mal so überhaupt keine Lust auf Klaus hab. Auch WENN er den anderen Vampir in diesem Moment foltert, es ist mir egal. Ich will erstmal was trinken. Diesmal aber was Alkoholisches. So sehr ich warmes Blut auch liebe, meine Liebe zu Bourbon ist auch nicht zu vernachlässigen.

Also öffne ich leise die Tür und trete ein, denn ich hab gerade wirklich keinen Bock auf Aufmerksamkeit. Ich weiß, das passt so gar nicht zu mir, aber so ist das immer, wenn ich von den toten wieder auferstehe. Was leider gar nicht so selten ist, wenn man mit dem mächtigsten Wesen der Welt zusammenwohnt. Klaus und sein Temperament. Aber eigentlich wollte ich ja erstmal eine kurze Pause von ihm, auch, wenn es nur für ein paar Stunden ist.

Erst jetzt bemerke ich, dass ich mitten im Raum stehen geblieben bin. Man, dass Thema mit der Aufmerksamkeit wird wohl nix mehr. Okay, jetzt ganz cool wirken und so tun, als wäre das gewollt. Und so schreite ich dann obercool auf meinen Stammplatz zu, wo ich mich aber nicht hinsetzen kann. Mein Blick wandelt sich von cool zu wütend und so tippe ich dann den Mann, der auf meinem Platz sitzt, an. Mit Sicherheit sieht auch mein wütender Blick cool aus, aber da ich genau weiß, wie schnell meine Gedanken abschweifen, verwerfe ich diesen kurzerhand wieder.

Immer noch auf eine Reaktion vom Platzwegnehmer wartend, werde ich langsam ungeduldig und setze mich somit auf den Platz neben ihn, nur um ihm gehässig zuzuflüstern: "Wenn ich Sie wäre, würde ich jetzt ganz schnell aufstehen und verschwinden, denn das, worauf sie da sitzen, ist MEIN Platz und ich hatte heute einen echt miesen Tag." Ich glaub's nicht. Er sitzt einfach nur da und schaut in seinen Drink. Will er mir jetzt meine Zukunft vorhersagen, wie diese verrückte Lehrerin aus Harry Potter immer mit diesem Tee oder was?

"Oh tut mir leid, steht da etwa Ihr Name drauf? Wenn nicht, bleibe ich genau hier sitzen. Denn ob Sie's glauben oder nicht: Nicht nur Ihr Tag war scheiße."

Schade, ich hätte meine Zukunft zu gerne erfahren. Weil mir nicht einmal das gegönnt wird, will ich meinen Platz umso mehr. Deshalb packe ich ihn am Kragen und warte, bis er mir in die Augen schaut, um ihn zu manipulieren. Aber dazu kommt es nicht, denn als er mein Gesicht erblickt, bekommt er zuerst riesige, ungläubige Augen und meint dann nervös: "Schon okay...ich...ähm...wollte sowieso gerade gehen."

Das hat mich jetzt mal wirklich überrascht. Nicht, dass er anscheinend Angst vor mit hat, sondern sein Gesichtsausdruck. Er wirkte so, als würde er mich irgendwoher kennen. Aber das Seltsamste ist, dass auch ich das Gefühl habe, ihn schon einmal gesehen zu haben. Diese Augen erinnerten mich an jemanden. Keinen Bekannten oder Freund, daran würde ich mich auf jeden Fall erinnern. Eher an jemanden, den man im Vorbeigehen sieht.

Ein Rütteln reißt mich aus meinen Gedanken, denn der Typ, der noch immer meine Hand an seinem Kragen hat, versucht sich loszureißen. Ich lasse ihn, weil ich schon irgendwie darüber nachdenken muss, wer der Kerl ist. Diese Chance ergreift er natürlich und stürmt aus der Bar, jedoch nicht ohne sich jede Sekunde zu mir umzudrehen und mich eindringlich anzustarren.

Da ich schnell doch keine Lust mehr habe, darüber nachzudenken, lasse ich mich auf meinen endlich freien Platz nieder und bestelle einen Bourbon.

So richtig genießen kann ich ihn jetzt irgendwie nicht mehr. Toll, denken ist so nervig. Also trinke ich schnell aus und lege einen Zwanziger unter das Glas, bevor ich es auf die Theke direkt vor mir stelle. Ich liebe meinen Stammplatz.

Dann stehe ich auf, natürlich wieder sehr cool, und gehe in Richtung Tür. Irgendwann muss ich ja nach Hause, obwohl Klaus auch dort wohnt. Und falls er noch lebt, auch ein anderer Vampir, der mich umbringen wollte.

Bald kaufe ich mir eine eigene Wohnung. Okay, wird wahrscheinlich wieder eine Villa, aber warum auch nicht? Ich besitze doch genug Überzeugungskraft.

Ich hab gar nicht gemerkt, wie ich die Tür geöffnet habe, aber ich muss es ja getan haben, weil ich draußen stehe, wo es mittlerweile regnet. Nächstes mal, wenn ich auf missglückter Mission bin, nehme ich mein Auto mit.

Nach nicht einmal zehn Minuten stehe ich völlig durchnässt und davon so richtig genervt vor unserem, wie immer offen stehendem, Tor und will mich gerade in Bewegung setzen, als ich einen unnormal schnellen Herzschlag höre, der entweder von einem Mädchen kommt, dass mich gesehen hat und total geflasht von meinem Aussehen ist, oder von...naja, wovon denn sonst?

Das werde ich wohl erfahren, wenn ich mich endlich mal in die Richtung drehe, von der dieses Geräusch auf mich zukommt. Genau das tue ich auch, da blicke ich direkt auf einen großen Van, der an der Straße steht und mir die Sicht versperrt. Und als wäre ich total taub, springt jemand von der anderen Seite dieses Vans auf mich zu. Ist ja nicht so, als hätte ich sowas nicht erwartet. Deshalb drehe ich mich in Vampir-Speed um und hindere einen Mann, wahrscheinlich in den Dreißigern, daran, mir einen Holzpfahl ins Herz zu stoßen. Daraus schließe ich mal, dass ich ihn nicht aus einer schönen Begegnung kenne. Also für ihn. Den Mann aus der Bar.

"Bist du wirklich so bescheuert? Denn anscheinend weißt du genau, wer ich bin. Ich finde es wirklich unfair, dass du dich mir nicht zuerst vorgestellt hast, bevor du versuchst, mich zu töten. Ich weiß doch noch gar nicht, warum." Und da ist mein arrogantes Grinsen wieder. Passend zur Situation, mit bösem Funkeln in den Augen.

Er versucht sich loszureißen, hat aber keine Chance gegen meine Vampir-Stärke.

"Ich lass dich nicht los, bevor du mir nicht gesagt hast, wer du bist und warum du mich töten willst! Mir fallen zwar genügend Leute mit Gründen ein, aber du bist ganz offensichtlich ein Mensch! Also raus mit der Sprache, denn glaub mir, sonst wird es unschön für dich."

"Mein Name ist Alaric Saltzman und du Arschloch hast meine Frau Isobel getötet! Ist das nicht Grund genug?"

Ah, daher kenn ich dich also. Warum müssen alle ein besseres Gedächtnis haben als ich?

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