2. Fight like a girl

👊

Das Gitter wackelt, als die zwei Jungs zu mir hinabspringen.

Ich rühre mich immer noch nicht. Ich weiß nicht warum, aber ich tu's nicht. Mein Körper macht einfach selbstständig Dinge, und mir bleibt nichts anderes übrig, als ihm zu vertrauen. Mir selbst zu vertrauen.

Jemand umfasst mich an den Beinen - verdächtig nahe am Po, wenn ihr mich fragt - und der Zweite an den Schultern.
Das ist nur ein Traum. Ganz ruhig.

Wer von beiden jetzt Newt und wer Alby ist, weiß ich nicht, aber das tut nichts zur Sache. Ich spiele jetzt Leiche, mit Leichenstarre, damit ich in dieser Kauerposition bleiben kann. Anscheinend denken das die Jungs auch, denn sie zögern keine Sekunde, als sie mich gut einen Meter zur Seite hieven, vermutlich auf eine provisorische Trage. Dass ich mich dabei nicht irgendwie auseinanderfalte, stört wie's aussieht niemanden, zumindest beschwert sich keiner bei mir.

Mit einem Ruck werde ich hochgezogen, sodass ich aufpasse muss, nicht von der Trage zu rollen oder meine Igelstellung aufzugeben. Fest zusammengerollt liege ich da, und versuche mich mit meinen 50 Kilo möglichst schwer zu machen und an den Untergrund zu saugen, damit ich auch wirklich oben ankomme.

Diesmal wird die Trage gepackt, ich höre Nägel über Holz kratzen und gedämpftes Gemurmel. Es knistert leise unter mir, als sie mich auf der Wiese abstellen.
Einige Schritte, schwer und widerwillig, schleifen über den Boden, vermutlich weichen alle ein Wenig zurück. Sollen sie nur...

Zwei Personen kommen neben mir zum Stehen.

"Herkommen, Frischling!"
ruft Alby, glaube ich. Zumindest war es derjenige, der vorher Newt aufgefordert hat, mich herauszuheben.

Wieder Schritte.

"Kennst du dieses Mädchen, Strunk?"

Wie sie einfach alles aus dem Buch diktieren. Dass mein Hirn sich das alles merkt, und so genau in diesem Traum wiedergeben kann... Faszinierend.

Stille tritt ein.

Eigentlich ist es nur ein Traum.
Und in Träumen kann man alles machen.
Eigentlich.

Aber irgendwie will ich mich trotzdem nicht einfach so kampflos ergeben. Ich will wissen, wie sie reagieren...

"Ob ich sie kenne? Ich..."

Mein Körper schaltet wieder auf Autopilot. Denn ich, ich selbst, hätte folgendes nie selbst zusammengebracht.

Als hätte mein Gehirn die ganze Zeit auf diesen Zeitpunkt gewartet - diesen Zeitpunkt, wo alle Aufmerksamkeit auf Thomas liegt - reiße ich ruckartig die Augen auf. Das Licht blendet mich grell und schmerzhaft, doch das registriere ich gar nicht wirklich. Mein Fuß schießt hoch, tritt dem Nächststehenden gegen das Knie, sodass diese Person - unvorbereitet, wie sie vermutlich war - fluchend nach hinten stolpert. Im nächsten Moment verhake ich meine Beine auch schon mit denen des zweiten, hebel ihn aus - Selbstverteidigungskurs lässt grüßen - und bringt ihn somit ebenfalls aus seinem lockeren Stand zu Fall.

Flink mache ich eine Rolle vorwärts, um mich möglichst schnell von der dritten Person zu entfernen, und erst dann, erst jetzt werfe ich einen Blick auf das Szenario.

Thomas - ein etwas abgeänderter Dylan O'Brian - steht wie versteinert da und starrt mich sprachlos an. Newt, der das absolute Abbild von seinem Schauspieler verkörpert, rappelt sich gerade hoch, Alby reibt sich mit wutverzerrtem Gesicht das Knie.

Oh-o.
Ein wütender Alby? Nicht gut.

Hastig rappel ich mich hoch und schaue mich gehetzt um. Zu meinem Unglück stelle ich fest, dass die meisten Jungs bereits auf mich zugerannt kommen, um mich abzupassen. Nicht mit mir, Biatch!

Am Stand drehe ich mich um und renne davon.
Renne einfach quer über die Wiese, wohl wissend, dass es hier kein Entkommen gibt.
Aber, sie sagt man denn so schön: Yolo.

Ich muss dazu sagen, dass ich einer der schlechtesten Läufer bin, die diese Galaxie je gesehen hat. Ich bin zwar schnell, da ich kaum Gewicht bei mir trage, aber mit einem etwas erhöhtem Tempo geht mir schnell die Puste aus und ich bekomme Seitenstechen. Die Kondition ist also ziemlich im Keller.

Warum renne also ich jetzt davon?
Einfach so, denk ich mal.

In meiner Hast bekomme ich nur eine kurze Gelegenheit, mich umzusehen. Der Hof, die Lichtung, alles so, wie es sich mein Fangirlhirn vorgestellt hat. So ähnlich wie im Film, klar, man adoptiert halt das Bild. Aber trotzdem bleiben noch einige Details, die sich unterscheiden. Zum Beispiel...

Meine Füße stoppen so plötzlich, dass ich es erst registriere, als ich mich bereits mehrere Male in der Wiese überschlage. Ich bekomme gut eine Handvoll Erde ins Maul und spucke diesen Snack auch gleich wieder aus, nur um bei der nächsten Rolle wieder eine Portion zu schlucken. Hustend und spuckend komme ich zum Stillstand, schnappe nach Luft und suche nach dem Auslöser meines Crashs.

Keine 3 Meter von mir entfernt steht ein - nur leicht keuchender - Thomas, der sich den Dreck von der Hose wischt. Dieser Arsch hat mir doch glatt das Bein gestellt! So ein Trottel!

Autopilot deaktiviert, jetzt kommt mein Ego wieder an die Macht.

Ich mache mir erst gar nicht dir Mühe, mich sauberzumachen, sondern springe sofort auf die Beine. Thomas spannt sich gleich wieder an, um mir wieder hinterherzurennen, doch ich mache ihm einen Strich durch die Rechnung und stapfe mit meinem tödlichsten Giftblick auf ihn zu. Zuerst sieht er mich verwirrt an, dann geht wieder in Stellung, versucht in die Führung über die Situation zu bekommen. Nope Boy.

Mit erhobenem Zeigefinger trete ich auf ihn zu.

"Bist. Du. Dumm??",
fauche ich ihn an und tippe ihn bei jedem Wort gegen die Brust. Anfangs ist er noch so perplex, dass er sich nicht rührt, dann packt er meinen Arm.

"Dageblieben",
versucht er ganz cool zu sagen, klingt dabei aber nur halb so sicher, wie er äußerlich wirkt. Oje, hab ich ihn etwa verunsichert? Na wenn schon, denn schon!

"Frauen stellt man nicht das Bein, wenn sie sprinten, ist das klar?",
schleudere ich ihm mit meiner besten Zickenstimme ins Gesicht und ernte dafür gleich einmal ein paar Lacher.

Verwirrt sehe ich mich um und bemerke, dass sich einige der Lichter um uns herum versammelt haben und mich wie notgeile Schaulustige angaffen.
Dann teilt sich die Menge, und Alby und Newt kommen auf uns zu. Okay, Newt ist mir egal, als vor Alby habe ich schon irgendwie Respekt.

"Hast du Klonk im Hirn?",
knurrt er auch gleich und baut sich vor mir auf. Thomas hat mich derweilen losgelassen, wegrennen kann ich so und so nicht mehr. Will ich auch nicht. Jetzt will ich nur noch aufwachen und ein gutes Buch lesen.

"Wenigstens habe ich irgendwas im Kopf, im Gegensatz zu euch Hohlbirnen!",
gebe ich zurück und klopfe mir Gedanklich selbst auf die Schulter für den guten Kontra. Albys Gesicht verfinstert sich noch mehr.

"Bringt sie in den Bau!",
schnauzt er in die Runde und sogleich werde ich von zwei Leuten an den Armen gepackt. Aber so leicht ergebe ich mich nicht!

"Habt ihr etwa Schiss vor einem Määähhhhdchen?",
lästere ich lauthals los und beobachte gespannt ihre Reaktion. Newt zieht nur die Augenbraue hoch, doch Alby beißt an. Seine dunkle Haut schimmert rötlich, als er sich zu mir umwendet.
Ich lege gleich nach.

"Was denn? Reg ich dich etwa auf, Alby?",
kichere ich übertrieben Tussihaft, doch anstatt Gelächter aus der Menge folgt Stille. Verwirrt sehe ich mich um, dann zu Alby. Der wirkt jetzt auch nicht mehr wütend, nur mehr überrascht.

"Woher kennst du meinen Namen?"

Bevor ich darüber nachdenken kann, plappere ich auch schon weiter.

"Sollte ich das nicht? Alby, hm?
Newt? Thomas? Chuck? Bratpfanne, Minho..."

Ein Junge in der Menge unterbricht meine Quasselei. Mir bleibt schlagartig die Spucke weg.

"Verdammt, die gehört zu den Schöpfern!"

× × ×


Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top