19. Fashion?!
Fluchend drängel ich mich an den Jungs vorbei, die sich gerade um die Ladeklappe versammeln. Ich schnappe vereinzelte Sätze wie
"Endlich bekomme ich meine Spitzhacke!"
oder
"Hoffentlich sind frische Hosen dabei"
auf. Verbittert verziehe ich den Mund und starre die immer noch geschlossene Box an.
Nein. Nein nein nein!
"Alles oke?"
Eine Hand legt sich zögernd auf meine Schulter, und als ich mich umblicke begegne ich den unschuldigen Augen von Clint. Er sieht mich mit einem prüfenden Blick an, der ihn wie ein richtiger Arzt wirken lässt, seine Augenbrauen fest zusammengezogen.
Ich schüttel nur stumm den Kopf, seuftze resigniert und sehe zu, wie man die Klappen zur Box hochhievt.
"Sie... sollte heute nicht kommen."
murmel ich leise, ich klinge niedergeschlagen und erschöpft.
Der Sani runzelt verwirrt die Stirn.
"Wie meinst du das?"
"Na, wie wohl. Sie sollte nicht kommen. ANGST hat die Pläne bestimmt geändert. Jetzt sind wir alle aufgeschmissen! Wer weiß was jetzt passiert! Ich kann euch nicht mehr helfen! Ich..."
Vor lauter Panik vergesse ich, dass sie noch garnicht von der Organisation wissen, die sie hier reingesteckt hat, meine Stimme wird immer höher und hysterischer. Als jemand hinter mir erschrocken aufjapst, bremse ich keinen Wortschwall und wende mich um.
Die Box ist leer. Bis auf eine kleine, handliche Holzkiste ist sie komplett leer. Aufgebrachtes Gemurmel bricht los.
Und ich? Ich checke garnichts mehr. Was hat denn das jetzt zu bedeuten?
Will sich ANGST einen schlechten Scherz erlauben oder was? Und was ist in der Kiste?
Total verwirrt sehe ich zu, wie ein Junge hinunterspringt und die Schachtel aufhebt, die eine Spur größer als ein Schuhkarton ist und aus hellen Holzplatten besteht. Er dreht sie kurz in seinen Händen hin und her, hält sie dann von sich weg und verengt die Augen, als müsse er Kleingedrucktes lesen. Das Stimmengewirr schwillt an und einige fordern ihn auf vorzulesen, aber er scheint diese Zwischenrufe entweder zu ignorieren oder zu überhören.
Ungeduldig trete ich von einem Bein auf das andere, doch der Lichter hat keine Eile und starrt immer noch angestrengt auf den Gegenstand in seiner Hand.
"Was ist denn hier los?"
Newt kommt durch die Menge gehumpelt, wobei ihm die Lichter brav Platz machen und eine Gasse bilden, und stellt sich neben mich. Ich registriere dies erst garnicht, erst als er mich direkt anspricht, bemerke ich seine Anwesenheit.
"Warum ist die Box leer Alina?"
Erschrocken zucke ich zusammen und blicke leicht verzweifelt zu dem Blonden hoch.
"Sie sollte heute garnicht ankommen..."
Newts braune Augen werden groß.
"Wie? Meinst du, die Schöpfer haben den Plan..."
Ich nicke. Er bricht ab und glotzt mich einen Moment lang entsetzt an, dann schüttelt er heftig den Kopf und hockt sich hin.
"Klonk!"
flucht er leise, dann springt er in die Box und reisst dem unbekannten Jungen wortlos die Kiste aus der Hand, der ihn daraufhin bitterböse anfunkelt. Ohne das Gepäck näher zu betrachten wirft er es nach oben vor meine Füße und klettert schwerfällig wieder heraus, verzieht dabei ein paar Mal schmerzhaft das Gesicht, wenn er sein wehes Bein belastet. Reflexartig halte ich ihm die Hand hin, als er sich über den Rand zu hieven versucht, und erschrecke so umso mehr, als er sie dann auch tatsächlich ergreift und sich hochzieht. Zum Glück nimmt er mich nicht als Hauptstütze, allein bei dieser leichten Belastung von geschätzten 40% hätte es mich fast nach vorne gezogen und ich wäre beinahe in die Gitterbox gepurtzelt.
Einen Moment lang sitzt Newt schnaufend auf dem Boden und ringt nach Atem - sein Bein scheint ihm mehr Umstände zu machen, als er zugibt - dann rappelt er sich ungeschickt hoch und bückt sich nach der Kiste. Die Lichter rund um uns herum sind währenddessen näher zusammengerückt, um das rätselhafte Teil besser betrachten zu können, stoßen und drängeln sich so gut es geht in die vorderen Reihen und diskutieren flüsternd miteinander.
Schlagartig wird mir die Nähe der vielen männlichen Wesen in meinem direkten Umfeld klar und ich bekomme es mit der Panik zu tun.
Hejejej, jetzt mach mal Halblang. Du wirst dir doch wohl keine Männerphobie einreden, oder?
Nein... das werde ich nicht.
Nicht, solange ich auf dieser Lichtung leben muss.
Angestrengt versuche ich mich wieder zu entspannen und konzentriere mich stattdessen voll und ganz auf die Holzkiste in Newts Händen. Der hat bereits den Schriftzug gefunden und liest ihn mit ebenfalls zusammengekniffenen Augen und gerunzelter Stirn durch, verzieht ab und zu den Mund und gibt undefinierbare Geräusche von sich. Ich widerstehe dem Verlangen, mich hinter Newt zu stellen und ebenfalls den Text zu lesen, stehe erzwungen geduldig da, ohne mich zu rühren oder nachzufragen.
Nach einiger Zeit dreht er die Schachtel um und hält sie mir hin.
"Lies mal."
Ein ziehmlich kleingedruckter, mit verschnorkelten Buchstaben geschriebener Text wurde auf das raue Holz gedruckt und ist kaum zu entziffern. Konzentriert betrachte ich die Zeilen und beginne zu entschlüsseln.
Dies hier ist für Alina bestimmt. Es wird das letzte Paket sein, was je aus der Box gekommen ist, die Wochenlieferung wird eingestellt.
Von dem vielen Stirnzlrunzeln bekomme ich allmählich Kopfschmerzen. Vorsichtig sehe ich auf zu Newt, doch der scheint genauso ratlos zu sein wie ich. Da packt er mich plötzlich am Handgelenk und zerrt mich hastig von der Menge weg.
"An die Arbeit!"
brüllt er den Lichtern zu, als einige protestierend aufschreien, zieht mich weiter hinter sich her und direkt zur Versammlungshalle. Beinahe schon gestresst schiebt er mich in die leere Hütte, lässt sich auf einen der leeren Stühle sinken und deutet mir, ebenfalls Platz zu nehmen. Leicht verwirrt setze ich mich hin und blinzel ihn fragend an. Er zeigt mit ausgestrecktem Finger auf die Kiste auf meinem Schoß.
"Mach auf. Vielleicht ist es irgendetwas wichtiges, aber du musst es mir nicht unbedingt zeigen. Nur falls..."
Als Antwort drehe ich den Quader in die richtige Position und lege die Schieber zurück, die den Deckel fixieren. Behutsam hebe ich ihn ein Stück an und linse ins Innere der Holzschachtel.
Was ich sehe, verwirrt mich noch mehr, als ich ohnehin schon bin.
Klappernd kracht der Deckel gegen die Außenwand, als ich ihn zurückschleuder um den Inhalt besser betrachten zu können.
Gewand.
Einfach nur Gewand.
Unschlüssig kratze ich mich am Kopf. Soll das ein schlechter Scherz sein? ANGST schickt mir etwas zum anziehen?
Auch Newt scheint etwas anderes erwartet zu haben, er wirkt fast ein wenig enttäuscht.
"Nagut, dass ist nicht etwas, was ich als wichtig bezeichnen würde..."
murmelt er und schweigt eine Weile, eher er sich schwerfällig erhebt.
"Ich denke mal, du willst dich gleich umziehen. Dieses Hemd ist dir nämlich viel zu groß."
Ich blicke reflexartig an mir herunter, obwohl mir bewusst ist, dass ich aussehe wie ihm Pyjama. Seuftzend nicke ich und erhebe mich ebenfalls.
"Naja, dann mach mal."
Ohne ein weiteres Wort humpelt er nach draußen und lässt mich alleine zurück.
Wie sich herausstellt, sind die Sachen, die mir geschickt wurden, nicht bloß "Gewand".
Oh nein.
Das Material fühlt sich seidig weich und geschweidig an wie Katzenfell, ist gleichzeitig aber elastisch und ähnlich wie ein Funtionsshirt aufgebaut. Der Stoff ist graublau und hat ein dunkles, verwaschenes Muster, das an die tanzenden Schatten vom im Wind wehenden Blättern erinnert. Er liegt eng am Körper an, wie maßgeschneidert, ist aber nicht drückend oder auf irgendeine Weise unangenehm. Fast wie eine zweite Haut.
Die Hose - eine enge Leggin mit dem gleichen Stoff, nur eine Nuance dünkler - ist Natlos und sitzt wie angegossen, ich habe jede Beinfreiheit.
Unterwäsche war ebenfalls dabei im Paket, allesamt sportlich und praktisch, und vor allem, wie durch Zauberhand unter der engen Bekleidung nicht sichtbar. Wer weiß wie die Jungs gelotzt hätten, wenn man den Rand meiner Unterhose hervorstechen sieht? Ich will das eigentlich garnicht so genau wissen...
Ganz unten in der Kiste liegt ein lederner Gürtel, den man sich locker um die Taille binden kann. Er hat verschiederne Schlaufen und Tachen, vermutlich um Messer oder Ähnliches Spielzeug festzumachen und einfach mit sich herumtragen zu können.
Außerdem liegen noch ein halbes Dutzend Gummibänder zwischen den Gewandschichten, und eine einfache Bürste, was mich zum Jubeln bringt. Bisher habe ich meine Zotteln nur mit einem selbstgemachten Kamm der Jungs und mit den Fingern durchbürsten können.
Ich mache mir gar nicht erst die Mühe darüber zu grübeln, warum ANGST mir das alles schickt. Es ist nun mal so, und ich bin froh darüber.
Als ich gekämmt und fertig angezogen vor den Spiegel trete, den breiten Gürtel locker um den Bauch festgezogen, verschlucke ich mich beinahe an meiner eigenen Spucke.
Ich sehe aus wie eine Kriegerin, die sich fertig für das Schlachtfeld gemacht hat, gleichzeitig auch wie ein zu hell geratener Ninja, so seidig wie der Stoff im Licht schimmert.
Ich sehe gut aus, das gestehe ich mir selbst ein. Auch wenn ich zum Thema Eitelkeit kaum mitreden kann, viel eher verarsche ich mich selbst schlimmer als meine besten Feinde.
Kurz spiele ich mit dem Gedanken, die Sachen wieder auszuziehen, da sie zu viel Aufmerksamkeit auf sich ziehen könnte, doch dann reisse ich mich am Riehmen. Ich sollte endlich aufhören, so hysterisch zu sein, auch wenn diese Aktion noch nicht mal 24 Stunden her ist. Nicht mal ein Tag...
Genug!
Fest entschlossen trete ich aus dem Bad, in das ich mich zurückgezogen habe, und stehe als erstes Chuck gegenüber, der wie üblich Wache schiebt. Als er mich sieht klatscht er begeistert in die Hände.
"Du siehst voll toll aus!"
ruft er begeistert und ich muss leicht grinsen.
"Dankeschön Chucky."
Mit neu geschöpftem Mut schlendere ich über die Lichtung, mit meinem kleinen Bodyguard an der Seite, der so stolz vor mir hergeht, als wäre meine Erscheinung allein sein Verdienst.
Alle - und damit meine ich wirklich alle - Lichter, an denen ich vorbeimaschiere, starren mich an, als käme ich geradewegs vom Mars, einige pfeifen mir sogar hinterher. Letzteres lässt mir die Röte ins Gesicht schießen; ich bin so viel Aufmerksamkeit echt nicht gewöhnt. Zu Hause hat mich niemand angesehen, aber hier... nagut, hier ist es auch nur so krass, weil ich das einzige Mädchen bin.
Trotzdem...
"Das nenne ich mal 'ne schöne Begrüßung!"
Zuerst fühle ich mich garnicht angesprochen, doch als ich mich dann doch umwende, steht Minho mit einem fetten Grinsen mit gegenüber. Er scheint heute nicht so viel geschwitzt zu haben, sein Gewand ist einigermaßen trocken, sein Haar steht ebenfalls noch in alle Himmelsrichtungen ab, wirkt aber nicht zerzaust. Eher... fluffig.
Was labert mein Hirn da??
Keinen blassen Schimmer...
"Minho? Wolltest du nicht direkt in den Katenraum?"
Thomas taucht hinter dem Asiaten auf, der mich noch immer von oben bis unten abscannt, und wirft nur einen kurzen Blick auf meine Wenigkeit.
Doch sofort schnell sein Blick wieder zurück, als habe sein Hirn erst jetzt das Gesehene verarbeitet und er lässt ebenfalls seine Augen über meinen Körper wandern. Allerdings unterscheidet diese beiden Betrachtungsvarianten etwas: Minho sieht mich an wie ein Junge, der eben ein Mädchen mustert. Thomas dagegen starrt mich an, als würde ich mit einem mit Edelsteinen bestetzten Pelzmantel herumlaufen.
"Wo hast du das den her?"
fragt er mich verblüfft, kommt auf mich zu und zupft ungeniert an meinem Shirt herum. Ich zucke überrascht zurück, lasse ihn aber dann doch machen. Er stellt keine Gefahr da; zumindest zwinge ich mich dazu, dass einzusehen.
Minho mustert Thomas kurz kritisch, als würde er gerade eine Glasfigur anfassen, die auf keinen Fall zerbrechen darf, dann wandern seine Augen wieder zurück zu mir. Fordernd zieht er eine Augenbraue hoch, um die Frage des anderen zu unterstreichen. Ich werfe einen schnellen Blick zu Chuck, der etwas verloren danebensteht und Thomas beobachtet, der wiederum fasziniert den Stoff meines Tops zwischen den Fingern reibt, als wäre es etwas sehr Wertvolles.
"Das ist heute mir dem Wochenproviant gekommen."
sage ich, und mir fällt ein, dass sie ja noch garnichts von dem Griewerangriff wissen. Was ich so mitbekommen habe hat Newt herumerzählt, dass es demnächst einen Angriff geben könnte, um die Lichter nicht in Hektik zu versetzen, doch auch wenn sie sich noch ein paar Tage in Sicherheit wiegen, ist die Anspannung deutlich greifbar. Und der Unglaube stinkt ebenfalls aus allen Ecken; die meisten glauben es nicht, das verwundert mich aber kein Bisschen.
"Achso"
gibt Minho leise von sich und winkt seinen Kumpel ungeduldig zu sich. Wortlos joggt der Hüter los, ohne sich zu Verabschieden, Thomas bleibt kaum Zeit uns zuzuwinken.
Ich zögere einen Moment; dann deute ich Chuck, dass er gehen solel, und laufe den Jungs hinterher.
Der Schwarzhaarige sieht mich leicht verwundert an.
"Was ist denn noch?"
blafft er ungeduldig, als hätte ich ihn vorher aufgehalten, und nicht umgekehrt.
"Wonach siehts denn aus? Ich komme mit."
Genervt verdreht er die Augen.
"Das..."
"Darf ich nicht, ich weiß. Aber die Lichtung wird so und so nicht mehr lange existieren. Ich muss euch einiges erzählen, aber unter vier Augen. Oder sechs, in dem Fall."
Minho kneift misstrauisch die Augen zusammen und scheint widersprechen zu wollen, doch Thomas nickt sofort interessiert.
"Was? Wie meinst du, die Lichtung..."
"Dann komm halt mit."
unterbricht ihn der Hüter mit leicht bockigem Unterton und setzt seinen Weg stillschweigend fort.
Ehrlich gesagt überrascht es mich, dass er so schnell nachgegeben hat, wenn auch mit ziehmlich unfreundlichem Ton. Was ist denn plötzlich mit dem Großmaul Minho passiert?
Ich sehe zu Thomas und erkenne an seinem Blick, dass er wohl das Gleiche denkt wie ich.
Leute.
Ich hab ein paar Fragen.
Also...
1) Ich bin am überlegen eine zweite Story zu schreiben. Diese würde etwas - okay, ganz - anders sein als Just a Book.
Aber ließt selbst...
Gruppe C
(Klapptext)
Die Labyrinthe sind nicht die einzigen Projekte von ANGST.
Es gibt noch eine eine weitere Truppe von Probanden, welche ebenfalls auf unerbittliche Art und Weise gefoltert wird: Die Gruppe C.
Bei jenen wird allerdings nicht die psychische Belastbarkeit erforscht, sondern allein die körperliche Reaktion auf gewisse Substanzen getestet, welche man ihnen direkt in die Blutbahn spritzt.
Langzeitfolgen dieser Experimente sind selbst den Forschern unbekannt.
Dieses Unwissen sollte der Organisation jedoch zum Verhängnis werden.
Denn die Substanzen, welche den Testpersonen seit Kindesalter jeden Tag verabreicht werden, verändern den Körper.
Sie machen ihn schneller.
Sie machen ihn stärker.
Sie machen ihn unkontrollierbar.
Sie machen einen Menschen zu dem, was Diana heute ist.
Eine unzerstörbare Waffe.
Was meint ihr? Ja, nein? Vielleicht? Baum?
2) Wie findet ihr die Story Just a Book bis jetzt? Also nicht vom Schreibstil und so, sondern vom Aufbau, der Geschwindigkeit der Handlungen? Ist es euch zu schnell?
Und ich hab immer das Gefühl, zu viel zu updaten ._. Nerv ich euch?
Nagut. Das wars vorerst mit meinen Fragen. Bye :P
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