[16] So what?
*screams*
*throws Phone away*
*crys of happiness*
EIN KAPITEL! HALLELUJA!
Ich warte.
Ich warte darauf, dass ein riesiger Eimer über unseren Köpfen erscheint und uns Eiswasser überleert, dass Helikopter angeflogen kommen und eine Kiste voller gekühlten Icedrinks bringt. Ich warte einfach darauf, dass irgendetwas passiert; doch ich werde schamlos enttäuscht.
Denn es rührt sich genau gar nichts.
"Das wars?",
fragt Marie unnötiger Weise in die drückende Stille hinein, ich zucke bloß mit den Schultern. Keine Ahnung; wars das? Sind wir nun alle geheilt? Gerettet? Erlöst? Ich fühle mich nicht irgendwie verändert, auch stinkt es immer noch nach Schweiß und verbranntem Holz, die Sonne knallt noch immer unbarmherzig auf das Land rund um mich herum und lässt es verdorren wie eine alte Ledersohle.
Aus dem Augenwinkel kann ich sehen, dass Thomas neugierig zu uns herüberstarrt, er dürfte bis eben geschlafen haben und sich nicht wirklich auskennen. Allerdings kann ich von mir selbst ebenso wenig behaupten, ich hätte einen Überblick über diese ganze Scheiße. Ja, gut, mein Text erscheint im Buch, aber heißt das nun wirklich, dass es auch als Heilmittel funktioniert? Um das herauszufinden, brauche ich einen Eimer Wasser, Eiswürfel, einen Crank und noch eine Handvoll Wissenschaftler, die danach herausfinden können, ob der Virus wirklich verschwunden ist oder nicht.
"Was war das jetzt? Ich kenn mich gerade wirklich nicht aus!",
meldet sich Sonya zu Wort, ausdruckslos und mit hohlem Interesse mustert sie das ausgeblichene Buch in meinen Händen. Von den anderen Mädchen kommt zustimmendes Gemurmel und einige fauchen Beleidigung, von wegen, ich würde kostbare Zeit vergeuden. Hilfesuchend sehe ich zu Marie, die sich allerdings abwendet, als ginge das Ganze sie nichts an.
"Dann lasst uns mal pennen gehen, morgen wird ein harter Tag."
Das kann nicht ihr Ernst sein.
Ich habe gerade die verdammte Rettung der Menschheit geschrieben, und sie lässt das kalt? Was geht in diesem Kopf schief?!
Entrüstet springe ich auf die Beine, doch einige Mädchen stellen sich mir in den Weg.
"Jetzt erklär doch mal!"
"Was ist das für ein Buch?"
"Woher kennst du Marie?"
Anfangs versuche ich noch, mich vorbeizudrängeln und den Fragen auszuweichen, doch schon nach wenigen Sekunden wird mir klar, dass dies keinen Sinn hat. Also muss ich mich gezwungener Maßen wieder hinsetzen, die Tatsache, dass tausende Menschen sterben, während ich die Heilung kenne, beiseiteschieben und von ganz vorne anfangen.
Ich erzähle von meiner Welt, der Lichtung, von allem, was wichtig ist. Ich leiere die ganze Story herunter, bis mein Hals austrocknet und ich Wasser brauche, damit man meine Stimme überhaupt noch verstehen kann, doch die Überraschung kommt zum Schluss: Sie glauben mir. Sie sehen mich an, alle miteinander, nicken, als würde nun alles einen Sinn ergeben. Allesamt sind sie einverstanden mit meiner Geschichte, so irrwitzig sie auch klingen mag, nicht ein negatives Kommentar wird abgegeben. Einige scheinen sogar begeistert; eigentlich so ziemlich alle, bis auf eine. Diese eine funkelt mich an, als wäre ich ihr Erzfeind höchst persönlich, und genau bei dieser einen kann ich nicht nachvollziehen, warum sie so reagiert, wo sie mich doch am besten kennt von allen hier.
Teresa.
xXx
Die Sonne ist heiß, aber die Hitze, welche unter meiner Haut kocht und mir fast den Verstand raubt, ist heißer. Ich weiß nicht, wo dieses Brodeln seinen Ursprung hat: Bei dem Gedanken an die Heilung? Bei der Vorstellung, es könnte doch nicht funktionieren? Oder bei der Tatsache, dass ich Minho gleich wiedersehen werde? Es mag kitschig klingen - und ich hasse Kitsch, mal ehrlich - doch er fehlt mir auf merkwürdige und völlig ungewohnte Art und Weise, wie man einen Menschen eben vermissen kann, der einen gleichzeitig nervt und glücklich macht.
Über die weite Ebene der Landschaft kann ich bereits in der flimmernden Hitze den Trupp ausmachen, welcher sich wie ein Käfer über den Boden wälzt und langsam vorarbeitet. Noch sind sie weit entfernt, aber sie kommen stetig näher, mit jeder Minute, wie mir scheint.
Thomas ist übrigens noch unter uns. Ich habe Teresa eingeschärft, diesen Verrat-Dreck zu lassen, da ANGST ihren heiligen A-2 so und so nie etwas antun würden. Sie hat es mit viel Murren und bösen Blicken angenommen, aber nichts erwidert.
Die Vorstellung der absoluten Heilung spornt mich an und elektrisiert mich gerade zu. Diese Funken scheinen auf die Mädels überzuschlagen, das Tempo wird immer wieder um einen Zahn erhöht, bis wir schließlich vor der Jungsgruppe laufen, sodass es zu keiner Verschmelzung der zwei Teams kommt. Es enttäuscht mich, aber einmal entfacht, lässt sich die Motivation der Mädchen nicht mehr bremsen.
Ich schlafe kaum, da bin ich auch schon wieder auf den Beinen. Gruppe A liegt einige hundert Meter hinter uns; es juckt mir in den Fingern, auf sie zu warten, und auch Thomas dreht sich immer wieder um und blickt erwartungsvoll hinter sich. Aber der Zug der Gruppe B ist zu stark, also laufe ich weiterhin widerstandslos mit.
Gegen Mittag des zweiten Tages erreichen wir dann endlich das Schild. Niemand ist enttäuscht; Marie und ich haben sie vorgewarnt, auf diese Enttäuschung, und auf den kommenden Kampf. Ich habe ihnen von den Monstern mit den Glühbirnen am Körper erzählt, und dass man die Birnen zerstören muss, damit man sie umbringen kann. Zwar habe ich schon die Begegnung der Griewer und der Cranks hinter mir, dennoch beschleicht mich wieder diese Angst, ich könnte es diesmal doch nicht überleben. Oder schlimmer noch: Jemand meiner Freunde könnte es nicht überleben. Minho, Newt, Chuck...
"Was machen wir jetzt? Einfach warten?",
quatscht mich Sonya von der Seite an und ich zucke zusammen, ganz in Gedanken versunken.
"Jaja",
sage ich schnell, und sehe mich suchend um. Nichts deutet darauf hin, dass aus dem Boden bald widerliche Kreaturen kriechen werden, alles ist ruhig und friedlich.
Ich lege den Kopf in den Nacken und blicke in den - noch - wolkenlosen Himmel. Auch das Gewitter habe ich angekündigt, und dass alle in die Boxen springen sollen, wo die Viecher hinauskommen werden, um nicht von Blitzen geröstet zu werden.
Ohne wirklich zu wissen, was ich tue, forme ich beide Hände zu einem Trichter, führe ihn an den Mund und beginne zu schreien, was mir gerade durch den Kopf geht.
"ICH WEIß, DASS IHR UNS STALKT, IHR MISTKERLE! DAS GANZE PROJEKT HAT KEINEN SINN MEHR, DENN WIR HABEN DAS HEILMITTEL BEREITS!"
Von den Mädchen kommen irritierte Blicke, doch ich ignoriere sie.
"IHR KÖNNT JETZT AUFHÖREN! DAS BRINGT NUR MENSCHENLEBEN! ODER WOLLT IHR ETWA NOCH MEHR HATE? BEENDET DIESEN MIST!"
Mein Hals schmerzt, aber es tut gut, die Stimme zu erheben. Ich habe wenigstens versucht, sie darauf hinzuweisen; auch wenn ich zuvor schon wusste, dass es keinen Sinn haben wird.
"AM ENDE KOMMT EH NUR RAUS, DASS WIR RECHT HATTEN! ALS GEBT VERDAMMT NOCH MAL AUF, ODER ICH WERDE EUCH HÖCHST PERSÖNLICH IN DEN ARSCH TRETEN!"
"WARUM SCHREIST DU SO?!"
Newts belustigte Stimme erschreckt mich dermaßen, dass ich wie ein Grashüpfer hochspringe, nach hinten stolpere und glatt auf meinem Allerwertesten lande. Verwirrt blicke ich hoch und sehe wenige Meter entfernt die Jungs stehen, welche mich alle mit komischen Blicken durchlöchern. Verständlich, eine grünhaarige Teenagerin, die sinnloses Zeug in einer Wüste herumbrüllt, trifft man nicht alle Tage.
Fragend schweift Newts Blick zwischen mir und Gruppe B hin und her, und ich nicke leicht, um ihn zu verstehen zu geben, dass sie von unserer Freundschaft wissen. Prüfend werfe ich einen Blick über die Schulter, und sehe alle Mädchen aufgereiht dastehen und die Jungs misstrauisch mustern. Fast schon provozierend locker schlendert Thomas zu seinen Freunden herüber, begrüßt Newt mit einem kurzen Handschlag und sieht mich dann auffordern an, als erwarte er, dass ich die aufgekommene Anspannung auflöse.
Umständlich rappel ich mich hoch und putze mir die Hose ab, dann stelle ich mich zwischen Jungs und Mädels wie zwischen zwei Kriegsfronten. Kurz und knapp erkläre ich, das ich Gruppe B alles erzählt habe, was mit dem Buch geschehen war und was nun passieren wird. Die Augen der Jungs weiten sich, als ich von der Heilung spreche, dabei erinnere ich mich wieder daran, dass sie ja alle noch denken, sie wären alle infiziert. Dies sollte vielleicht auch so bleiben; ansonsten lassen die Immunen uns noch links liegen.
Minho tritt hervor und lässt seinen Blick prüfend an mir herunter gleiten, als suche er irgendetwas, vielleicht Verletzungen oder dergleichen.
"Und wann geht der ganze Spaß los?"
fragt er mit genervtem Unterton, als ginge die ganze Sache ihm mächtig gegen den Strich, und zieht die Augenbrauen hoch. Gerade klappt mein Mund auf, um ihm eine Antwort zu liefern - nämlich dass ich es nicht weiß - da kracht es auf einmal und etwa hundert Meter entfernt wirbelt eine Staubwolke auf. Es donnert hinter mir; eine zweite Staubwolke. Eine dritte, vierte, fünfte, unzählige Wolken bilden sich dort, wo die Erde aufbricht und eine metallerne Box wie aus dem Nichts hochgefahren kommt.
Entschuldigend hebe ich die Arme, als Zeichen, dass ich damit nicht gerechnet habe, doch keiner schenkt mir mehr Beachtung. Etwa die Hälfte der Jungs starrt entsetzt zu den Boxen, welche sich nun langsam öffnen, die übrigen laufen ohne Scheu auf die Mädchen zu und nehmen einige Lanzen und Speere entgegen, da Gruppe A allgemein ziemlich unbewaffnet ist. Während die Jungs an mir vorbeidonnern wie Wasserbüffel, packt mich auf einmal jemand am Arm und zerrt mich auf Gruppe A zu. Es ist - wer hätte das Gedacht? - Minho, der mir allerdings keinen Blick schenkt, sondern mich einfach in den innersten Kreis des Trupps schiebt. Wie bestellt und nicht abgeholt stehe ich kurz nur dumm in der Gegend herum, bis Newt so nett ist und mir ein unterarmlanges Messer und einen Posten zuschreibt, sodass ich Teil des Kreises bin, der sich nach und nach bildet. Auch die Langsamen gliedern sich allmählich ein, alles wirkt ein wenig tollpatschig und nicht ganz so diszipliniert wie beim römischen Heer in der Formation Schildkröte, aber dennoch erfüllt es seinen Zweck: Jeder hat nun Blick auf eine Box, jeder hat einen Feind, den es zu bekämpfen gilt. Das Ganze hat ein System, welches die Aufgabe erleichtert.
Links neben mir steht Marie, die Lippen fest zusammengepresst und den Blick stur auf die Box gerichtet. In ihren Augen kocht die pure Entschlossenheit, und für einen Augenblick muss ich daran denken, dass auch sie wahrscheinlich einmal eine Schülerin gewesen ist, dessen einzige Sorge es war, ob man nun das neue iPhone bekommt oder nicht, ob man eine Fünf in Mathe schreibt oder ob die Klassenbitch schon wieder neuen Klatsch verbreitet. Doch nun sieht sie aus wie eine Kriegerin, die sich mit verbissenem Ernst in den Tod stürzen wird.
Aus dem Augenwinkel sehe ich, dass eine neue Person rechts zu mir herantritt, und ich drehe den Kopf. Es überrascht mich kaum, dass es Minho ist; dafür verblüffen mich seine Worte umso mehr.
"Du schaffst das schon, okay? Mach keinen Klonk, und bleib am Leben. Ich geb dir Rückendeckung."
Und dann beugt er sich zu mir herunter und gibt mir ganz ungeniert und schamlos einen Kuss. Einfach so. Obwohl gerade der schlechsteste und unlogischte Zeitpunkt dafür ist, schießt mir dennoch die Röte ins Gesicht und ich stottere irgendwelchen zusammenhanglosen Stuss vor mich hin, komplett unfähig, einen geraden Satz zu bilden.
Minhos Mundwinkel zucken und er setzt schon an, noch etwas zu sagen - vermutlich etwas sarkastisches zu meiner Reaktion - da ertönt ein Ohrenbetäubendendes Quietschen, und Kreaturen kommen aus dem Inneren der Boxen gekrochen.
Aber keine schwabbeligen Halb-Menschen, die lauter Glühbirnen am Körper haben. Nein, nichts dergleichen; sondern etwas viel, viel grauenhafteres.
Menschen. Menschen mit zu viel oder zu wenig Gliedmaßen wie normalerweise, mit Kiefern so breit wie die eines Neandertalers, entstellte Gestalten, denen der Geifer nur so aus dem Maul tropft. Doch die Kirsche auf dem Sahnehäubchen sind die Gesichter: Ich kenne sie, sie alle.
Meine Mutter. Mein Vater. Meine Schwester. Freunde, Bekannte, Verwandte.
Und aus meiner Box kommt Clint...
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