[12] Sinnlos
Ich hatte Panik, okay? Ich wollte irgendetwas unternehmen, auch wenn es total nach hinten losgehen könnte. Und das ist es auch.
Als ich wild mit den Händen fuchtelnd zwischen meine Gang und die Cranks getreten bin, hat Blondie keine Sekunde lang gezögert, mir den Knauf seiner Pistole gegen die Schläfe zu donnern. Und nun; nun liege ich wie ein Häufchen Elend am Boden und weiß nicht, wo oben und wo unten ist. Alles dreht sich, Sternchen tanzen in meinem Blickfeld und der Rand meines Sichtfelds wird seltsam dunkel. Ich könnte mich wohl nicht einmal auf allen vieren halten, wenn ich gewollt hätte, geschweige denn auf zwei Beinen. Wenn.
Denn nun will ich einfach nur sterben. Selbst mit meinem genialen Wissen scheint mein ach so fester Griff um die Handlung sich in Butter zu verwandeln, die Situation rinnt mir wie Wasser durch meine offenen Finger hindurch, mit nicht dem geringsten Effekt. Lediglich nasse Hände bekommt man davon.
Verschwommen nehme ich wahr, wie mich jemand an den Schultern packt und hochzerrt, ein höllischer Schmerz beginnt unter meiner Schädeldecke zu pulsieren und die Welt kippt. Danach... ist gar nichts mehr.
Als ich aufwache, fallen mir als erstes die Stimmen auf. Bekannte Stimmen.
"Was ist, wenn die da runter kommen und uns holen? Dann können wir uns nicht einmal wehren!"
Das ist Thomas. Tommy, wie er leibt und lebt, und mir mit jedem Tönchen, das er von sich gibt, gerade einen Keil ins Hirn treibt. Gepeinigt stöhne ich auf.
"Alina? Bist du wach? Alina!"
Das ist Clint. Langsam öffne ich die Augen und finde mich in dem kleinen Raum wieder, in dem Thomas und Brenda vermutlich im Buch festgehalten wurden. Im Obergeschoss sind Schreie zu hören. Ich ächze leise und versuche mir an due Stirn zu greifen, doch eine Fessel an den Handgelenken hintert mich daran. Diese Neppdeppen haben es geschafft, mich am Boden festzuknoten, sodass ich nun in dieser Seitenlange bleiben muss, obwohl mir schon der Nacken schmerzt. Besorgt mustert mich der Sanitäter, als erwarte er, dass ich jeden Moment abdanken könnte. Dann tritt noch eine Emotion in seine Augen: Reue.
"Es tut mir Leid"
fängt er an zu jammern wie ein kleines Kind.
"Das ist alles meine Schuld. Hätte ich nicht so überreagiert..."
"Clint."
"Nein. Lass mich ausreden. Ich bin Schuld, verdammt! Nur weil ich mich nicht traue mich zu outen..."
Synchron fallen Brenda und Thomas die Kinnladen herunter, doch der Sanitäter labert sie gnadenlos nieder.
"... heißt dass noch lange nicht, dass ich von allen erwarten kann, dass sie dies bemerken! Ich meine, Minho konnte ja nicht wissen..."
"Clint, halt die Fresse!"
zische ich nun schon leicht aggressiv, angespornt durch meine immer heftiger werdenden Kopfschmerzen.
"Wir werden so und so gleich gerettet."
Alle Augenbrauen schnellen gleichzeitig in die Höhe.
"Waru...?"
setzt Brenda an, in dem Moment wird auch schon die Tür aufgetreten und Minho kommt frisch und munter ins Zimmer spaziert. Nicht das geringste Indiz deutet darauf hin, dass er gestern Abend noch beinahe lebendig verreckt wäre, viel mehr wirkt er ausgeschlafen und hochmotiviert. Er verharrt kurz im Rahmen, als wolle er seine glorreiche Retterpose genießen, und gibt irgendeinen sarkastischen Spruch von sich, den ich jedoch ignoriere. Das letzte, was ich gerade gebrauchen könnte, sind egozentrische Sprüche mit Minhos übertriebenen Getue.
Mit einem selbstgefälligen Grinsen tapst er zu mir herüber und schneidet mit einer fließenden Bewegung die Fesseln durch. Sofort rolle ich mich auf den Rücken und strecke alle vier Glieder von mir wie ein Seestern, reibe mir über die verkrampften Nackenmuskulatur und starre stumm zur Decke hinauf. Jede noch so kleine Bewegung macht sich als Stecken an meiner Schläfe bemerkbar, weshalb ich es vorziehe, lieber tot zu spielen.
Es macht leise Ratsch, als der Asiate auch die anderen befreit, danach kniet er sich neben mich und sieht mich von oben herab und mit schiefgelegtem Kopf an, wie ein Hund, der etwas nicht versteht.
"Komm schon, Beine hoch!",
sagt er beschwingt und ich blinzel ihn ungläubig an.
"Was zur Hölle hast du getan, dass du wieder so fit bist?"
stellt Clint schließlich die Frage, welche mir schon die ganze Zeit im Kopf herumschwirrt.
"Jorge hat mir 'ne kräftige Portion Aspirin gegeben, und noch ein paar andere Sachen. Gute Erfindung, dieses Zeug."
"Die Protion war mehr als nötig."
Auch ohne den Kopf zu drehen weiß ich, dass es Newt war, der gesprochen hat.
"Der Strunk ist gestern total dicht bei uns angetorkelt und hat sicht wortlos übergeben, und ist danach schon fast im stehen eingepennt. Ich glaube, das war genug Anlass, um uns einen Rettungsplan zu überlegen. Clint murmelt irgendetwas von Da haut der Bastard einfach ab, doch Minho ignoriert ihn soweit. Stattdessen beginnt er, mich an der Schulter hochzuziehen. Genervt stöhne ich auf, doch im Endeffekt bleibt mit nichts anderes übrig, als aufzustehen. Oder soll ich mich beamen? Als ich letztendlich auf meinen wackeligen Beinen stehe, sind die anderen längst vorgegangen, sodass Minho und ich die Nachhut bilden. Der Asiate schiebt mich in gleichmäßigem Tempo vor sich her, ich laufe - mehr oder weniger - mit. Kurz bevor wir das Ende der langen Treppe erreichen, beugt er sich nach vor, sodass sein Atem von hinten über meine Wange streicht.
"Steht das Versprechen von gestern noch?"
flüstert er leise, ich kann sein Grinsen förmlich hören. Das ist wieder einmal typisch Minho. Denkt sich nur das seine. Aber ich wette, den Rest hat er komplett vergessen...
Der Gang durch die Partyhalle ist schnell hinter mich gebracht. Einige wenige Cranks, die noch anwesend sind, knien mit erhobenen Händen in den Ecken, die Blicke auf den Boden gesenkt. Nun, da es im Raum taghell ist, wirkt er eher alt und schäbig als mystisch und bedrohlich wie noch gestern. Überall zerbrochenes Glas, verschüttete Drinks und jede Menge Kotze und Zigarettenstummel. Mit kommt das wenige Essen vom Vortag hoch bei dem ekeligen Geruchmischmasch, der sih hier zusammengebraut hat, weshalb ich mein Tempo trotz Kopfweh beschleunige, um endlich an die frische Luft zu kommen.
Als alle endlich aus diesem Teufelshaus raus bin, erlaube ich es mir erstmals, richtig durchzuatmen. Auch hier ist die Luft heiß und trocken, doch wenigstens frei von Drogendämpfen.
"Das war ja mal was"
gibt Clint leise von sich und fährt sich erschöpft über die Augen. Er hat, genau wie Thomas und Brenda - und vermutlich ich auch - dicke Augenringe an den Tränensäcken und ist noch dazu käsig bleich im Gesicht, was wohl von dem drogenreichen Drink herrührt. Als Antwort zucke ich nur mit den Schultern. Was soll ich darauf auch schon groß erwidern? Es war schrecklich gewesen; vermutlich habe ich nun ein Leben lang ein Partytraume und werde nie richtig feiern können. Doch ich lebe, ich atme, und ich habe nicht mal Narben davon getragen, so gesehen sollte ich glücklich sein. Doch... ich kann es nicht. Ich kann mich darüber nicht freuen.
Wieder einmal befällt mich das Heimweh, stärker noch als je davor. Der Drang nach Frieden und Ruhe, wie ich ihn kannte und wertschätzte, baut sich immer mehr in mir auf wie Wasser, dass gegen einen Damm drückt. Die Frage ist nur... was wird passieren, wenn die Hürde bricht? Was werden die Folgen sein? Ich kann es nicht genau sagen. Das einzige, was ich weiß, ist, dass ich diesem Druck nicht mehr lange standhalten werde können. Irgendwann zerbreche ich an diesem Stress, dieser Todesangst, und dann werde ich zu Blast werden, den man abschütteln wird wie eine lästige Fliege. Chuck wird ohne mich klarkommen müssen; und Minho. Und Clint. Sie alle werden mir fehlen.
Du redest ja schon so, als wärst du schon tot!
meckert meine innere Stimme und ich seufzte. Ich fühle mich jedenfalls nicht sehr lebendig momentan.
"Ich würde vorschlagen..."
setzt Jorge zur Sprache an, da knallt plötzlich eine Tür gegen eine Hausmauer. Alle Köpfe fahren herum, und sofort verkrampft sich mein Magen.
Ich habe Blondie völlig vergessen.
Dieser Mistkerl mit seiner verdammten Pistole!
Wie gehetzt steht er da und sieht uns mit leicht wahnsinnigem Blick an, seine Lippen zu einem schadenfrohen Grinsen verzogen. Seine Waffe schwenkt er siegessicher hin und her, zielt mal auf dein einen, dann auf den anderen.
"Ihr Idioten!"
knurrt er, klingt dabei aber eher amüsiert als wütend. Die Pistole wechselt immer noch ständig sein Ziel, doch seine Augen haben sich breits auf einen Punkt fixiert: mich. Wir sehen uns an, ich sehe die Boshaftigkeit in den eigentlich ganz hübschen blauen Augen glänzen, sehe den Rachedurst.
Und dann wird mir schlagartig klar, auf wen er zielen wird, wen er treffen will. Das, und der Fakt, dass ich nun endgültig von meinem Leid erlöst werde, dass ich meinem Leben abdanken kann. Es hat so und so keinen Sinn mehr; ich vermassel alles nur noch, wie man sehen kann.
Blondie reisst den Arm in die Höhe und legt blitzschnell den Finger an den Abzug.
Ich zögere keine Sekunde und werfe mich mit ausgestreckten Armen und fest zusammengekniffenen Augen, um den Tod nicht entgegen sehen zu müssen, vor Minho.
Okay. Also... sorry. Für das Ende. Tötet mich nicht ;-;
Das mit der Lesenacht ist übrigens fix, ich muss nur noch ein passendes Datum finden :3
Aja, und: DADADADA TROMMELWIRBEL!
Diesen kommenden Samstag, so gegen Abend, werde ich mein erstes eigenes Buch veröffentlichen! Halt, auf Wattpad, logisch xD
Die Story spielt in der "normalen" Welt, doch es ist eine Fantasygeschichte, wo sehr viel mit den Worten Körper und Seele herumgespielt wird. An Sarkasmus fehlt es natürlich auch nicht zwischen den Zeilen ;) Ihr kennt mich ja bereits ein wenig, ich kann selten durchgehend ernst schreiben.
Würde mich mega freuen, wenn ihr dann vorbei schauen würdet :D
Auf Wiederlesen!
Eure Cookietoouuu
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