10. Maze-Time!
Ich habe verpennt.
Ich wollte Alby und Minho noch am nächsten Morgen überreden, nicht zu gehen; aber ich habe verpennt. Bis zum Mittag habe ich geschlafen, da ich am Vorabend bis spät in die Nacht wachgelegen bin und über den Verlauf der Geschichte nachgegrübelt habe. Was als Nächstes passiert, wie ich es beieinflussen kann, solche Sachen. Und jetzt hocke ich neben Chuck und starre deprimiert ins Leere.
Der Junge tätschelt mir aufmunternd die Schulter und schenkt mir ein vorsichtiges Lächeln.
Er glaubt mir, wie erwartet, jedes Wort.
"Das wird schon."
versichert er mir immer wieder, aber ich ärgere mich trotzdem weiter über mein unterentwickeltes Durchsetzvermögen. Da will mal einer behaupten, ich hätte einen Dickschädel, pah!
Wie erwartet kommen Minho und Alby nicht zurück. Anfangs sind die Lichter nur leicht verunsichert, mit fortschreitender Stunde werden sie zunehmen nervöser bis panisch; und dann schließlich, hoffnungslos. Wie im Buch. Genau wie im Buch.
Ich renne nachdenklich auf und ab und denke über eine Möglichkeit nach, das Bevorstehende zu verhindern. Vielleicht... wenn ich Minho entgegenlaufe und ihm helfe Alby zu ziehen...
Ich trabe auf das offene Tor zu, Thomas und Newt stehen davor. Newt sieht ziehmlich niedergeschlagen aus, er steht gebückt und redet mit weinerlicher Stimme, und irgendwie bekomme ich Mitleid; Alby war ja derjenige, der unbedingt gehen wollte. Dieser Strunk.
Mit verschränkten Armen stelle ich mich hinter ihm hin.
"Ich habs euch gesagt."
sage ich laut, und die zwei drehen sich zu mir um. Tränen stehen dem Blonden in den Augen und seine Schultern zittern leicht.
"Sie werden es nicht schaffen, oder?"
Newts Stimme klingt so verzweifelt, so gebrochen. Mit wird schwer ums Herz.
"Wir können ihnen helfen. Wir müssen ihnen nur entgegenkommen."
In dem Moment kracht es, und die Wände beginnen sich zu bewegen. Scheiße! Was jetzt?!
Gehetzt sehe ich mich um. Einige Lichter kommen angerannt, um zu sehen was passiert. Ich atme tief aus. Dann fasse ich einen Entschluss.
"Wir müssen ihnen entgegenkommen!"
schreie ich über den Lärm hinweg und presche auf das Tor zu. Doch gleich packen mich ein Dutzend Hände und reissen mich zurück.
"Es ist zu spät!"
brüllt mich Newt beinahe schon anschuldigend an und wendet sich mit bebenden Brustkorb ab. Nein. So leicht gebe ich mich nicht geschlagen! Ich strampel und winde mich, aber die Lichter halten mich weiter fest. Wütend bäume ich mich auf und schlage blind in die Menge, treffe aber niemanden. Thomas späht weiter in den Gang. Plötzlich schießt sein Kopf herum.
"Da! Da sind sie!"
Newt wirbelt am Stand herum und humpelt wieder zurück. Ich meine förmlich zu hören, wie es in Thomas' Kopf rattert. Seine Muskeln zucken, seine Beine verkrampfen sich, in seinen Augen lodert ein entschlossenes Feuer auf.
Tu es, Tommy. Los!
"RENN THOMAS!"
schreie ich über das Knirschen der Tore hinweg, bin mir aber nicht sicher, ob er mich gehört hat.
Dann sprintet er los. Alle schreien ihm hinterher, er solle stehenbleiben, aber er tut es nicht. Eine gewisse Entspannung fährt durch meinen Körper.
Die Griffe um meine Arme werden lockerer. Und dann: Autopilot.
Ehe mir bewusst wird, was geschieht, reisse ich mich los und renne vorwärts, hinter Thomas her. Ins Labyrinth hinein. Ich verdammter Dummkopf!
Rumpelnd schließen sich die Tore hinter mir. Thomas bleibt so ruckartig stehen, dass ich volle Kanne in ihn hineinknalle und wir beide zu Boden fallen. Ich lande geradewegs auf ihm, wobei ich eigentlich weich falle; nur er als mein Kissen japst unterdrückt auf und wird gegen den harten Steinboden gedrückt. Irritiert rappel ich mich wieder hoch und sehe mich taumelnd um.
Minho steht keine drei Meter von mir entfernt, keuchend und verschwitzt, neben ihm liegt Albys regloser Körper, mit einer blutenden Wunde an der Stirn. Der Anblick gibt mir letztendlich den Rest.
Ich springe auf die Beine, gehe auf Minho zu und schupse ihn mit aller Gewalt gegen die Wand. Der Asiate ist so geschockt und erschöpft, dass er sich gar nicht wehrt und gegen den rauen Stein knallt. Ich bohre ihm meinen Zeigefinger in die Brust und funkel ihn wütend an.
"Zufrieden jetzt?!"
schreie ich ihm ins Gesicht und verpasse ihm eine Ohrfeige. Ich bin wütend, verdammt wütend. Nicht traurig, nicht ängstlich, nein; das ist nur Wut, die sich jetzt entladen muss. Minho starrt mich mit großen Augen an.
Ich deute auf Alby, der kein Lebenszeichen von sich gibt.
"War es das wert? Sich einen untoten Griewer anzusehen, hm? War es das wert?"
Der Läufer rührt sich nicht, sein Atem geht schnell und stoßweise.
Da werde ich an der Schulter gepackt und nach hinten gerissen. Thomas sieht mich leicht verzweifelt an.
"Das bringt doch nichts. Lasst uns lieber eine Lösung suchen."
Minho lacht bitter auf.
"Ne Lösung? Du Strunk, keiner hat jemals..."
"Im Labyrinth überlebt, jaja."
schneide ich ihm gereizt das Wort ab und seuftze laut.
Er schluckt einmal hörbar, dann lässt er sich an der Wand zu Boden gleiten und vergräbt das Gesicht in den Händen.
"Verdammter Klonk. Ich hatte noch nie solche Angst. Noch nie."
Fast hätte ich Mitleid mit ihm gehabt. Aber nur fast.
"Minho, du Neppdepp. Sei ein Mann und steh auf."
Er sieht mich kurz an, seine Augen glänzen verdächtig.
"Hast du keine Angst?"
"Wenn du keine Angst hast, bist du kein Mensch, richtig? Ein beliebtes Zitat. Gibt viele Edits davon."
Ich reibe mir die Schläfe und schließe stöhnend die Augen. Nein, da ist keine Angst, dafür wirkt diese Situation viel zu unwirklich. Da ist nur Zorn, Zorn auf diese Strünke, die nicht auf mich gehört haben. Zorn auf mich, weil ich diese Strünke nicht dazu gebracht habe, auf mich zu hören.
"So, jetzt hängen wir Alby mal an die Wand, und dann... ja, dann spielen wir mal Verstecken-Fangen mit den Griewern. Uns du wirst nicht abhauen Minho, klar?"
Der Hüter sieht mich mit leeren Augen an, er scheint sein Leben schon aufgegeben haben.
Thomas zieht die Augenbrauen zusammen und mustert mich verwirrt.
"Wir machen was mit Alby?"
"Wir hängen ihn an die Wand. Zwischen dem Efeu. Da finden ihn die Griewer nicht."
Minho starrt mich mit einem perfekten Dein-Ernst-Blick an, aber Thomas scheint nachzudenken. Mit gerunzelter Stirn betrachtet er die Wände und zieht an ein paar Efeuranken.
"Das könnte funktionieren..."
"Klar funktioniert das. Du hast es ja allein geschafft."
"Jetzt hör mal endlich auf mit diesem Vorherseh-Klonk!"
Minho ist aufgesprungen und kommt mit schnellen Schritten auf mich zu. Er wirkt aber nich bedrohlich, nur unendlich verzweifelt.
"Das ist kein Klonk, du Idiot."
Ich funkel ihn drohend an, und er wendet augenblicklich den Kopf ab. Fast hätte ich schon wieder Mitleid gehabt.
Dann kommen die ersten Griewer-Sounds. Rasseln, Keuchen, Kreischen, das volle Paket. Ich bleibe seltsam ruhig; als würde ich die Situation von außen betrachten. Als wäre ich nur ein Zuschauer. Schon fast gruselig.
Minho erstarrt zu einer Marmorskulptur, schneeweiß im Gesicht, dann reisst er die Augen auf und sieht uns entsetzt an.
"Wir müssen uns trennen! Los!"
brüllt er panisch und sprintet im nächsten Moment auch schon davon.
Thomas ruft ihm noch hinterher, aber ich bleibe still. Hat so und so keinen Sinn. Dann wende ich mich Alby zu.
"Komm schon Tommy, dann halt zu zweit."
ahme ich Newts britischen Akzent nach, aber der Witz scheint nicht anzukommen. Zumindest lacht Thomas nicht, viel eher scheint er den Tränen nahe.
Zusammen schieben wir mit altbekannter Technik Alby schrittweise die Wand hoch. Ich mit meiner geringen Kraft kann nur wenig helfen, aber immerhin schaffen wir es so um die 10 Meter nach oben. Und immernoch bleibe ich ruhig. Nach Centimeterarbeit hängen wir uns links und echts von Albys schlaffen Körper ins Efeu und ringen überanstrengt nach Luft. Ich sehe zu Thomas hinüber und er erwidert meinen Blick.
"Was jetzt?"
fragt er mich leise, seine Stimme zittert vor Anstrengung und Angst. Ich zucke mit den Schultern.
"Warten."
Thomas sieht hinunter auf den Boden. Das Knirschen von Metall auf Metall hallt von den Wänden wieder.
"Ich glaube dir."
Verwirrt blicke ich ihn an. Was?
"Ich glaube dir das mit dem Buch. Ich glaube dir wirklich."
Irgendwie überrascht mich dieses Geständnis garnicht. Diese ganze Szene kommt mir vor wie ein Traum, ich handel, ohne wirklich zu spühren. Wie ein Roboter. Nachdenklich kaue ich auf meinen Lippen herum.
"Thomas?"
"Was?"
"Ihr müsst sie die Klippe hinunterwerfen."
"Was??"
"Die Klippe. Wenn sie auf euch zukommen, dann..."
Plötzlich knurrt es, aus dem Augenwinkel sehe ich eine Bewegung. Zuerst nur leicht, dann streckt sich das erste Metallbein. Das zweite. Das Dritte.
Ein schleimiger Körper hievt sich um die Ecke, mit einem skorpionartigen Metallarm, der ihm aus dem Hinterteil ragt. Das Vieh stöhnt und faucht, die Spinnenbeine stampfen schwer und ungelenk über den glatten Steinboden und quitschen dabei wie eine Kreide an der Tafel. Widerlicher Schleim tropft aus einem zähnebesetzten, rundem Maul, das Röcheln seines Atems hallen zu uns herauf. In mir regt sich der Würgereiz.
Und dann trifft es mich, mitten in die Magengrube. Angst, eiskalte, alles zerstörende Angst packt mich, reisst mich herum, zieht mich unter Wasser. Ich schnappe lautlos nach Luft und beinahe wäre ich aus den Ranken gerutscht.
Minho wird überleben.
Thomas wird überleben.
Alby wird überleben.
Aber ich, ich komme nicht im Buch vor. Was ist mit mir?
Werde ich überleben?
Okay.
Okay.
OKAY.
Das Feedback wird immer krasser.
Meine Motivation auch.
Wtf.
Einfach nur danke für all die schönen Worte die ihr mir schreibt ♡ Ihr seid bloody amazing Leudde. Really.
Das Bild zeigt übrigens mein selbstgemachtes Wandtattoo aus Papppapier. Ich hab auch noch ein "WCKD IS GOOD" Labyrinth und ein paar andere Zitate sind in Planung. Wollt ihr die auch sehen? :3
Noch mals danke für den tollen Support ♥
LG eure Cookietoooouuuu
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