[1] Scorch Trip

Die Sonne brennt unbarmherzig auf die Erde hernieder und versenkt Haut und Haar wie eine heiße Herdplatte. Sand peitscht mir ins Gesicht und lässt tausend Nadelstiche auf mein Gesicht rieseln, das helle Licht blendet mich und lotst mich ständig in Erdlöcher oder dergleichen. Knurrend beisse ich die Zähne zusammen und presse die Augen zu, das Kopftuch flattert hinter mir her und schlägt mir immer wieder unangenehm in den Rücken.
Ich orientiere mich einzig und allein an Clints hellbraunen Hinterkopf, der im langsamem Joggtempo sanft vor mir auf und ab wippt. Durch den Gegenwind ist es schwer, die Augen offen zu halten oder normal zu atmen, dementsprechend sticht meine Seite und immer wieder muss ich schnaufend stehenbleiben, nur um dann von meinem Hintermann weitergerempelt zu werden.

Wir laufen nun schon seit etwa drei Stunden ununterbrochen, Minho hat noch keine Pause erlaubt. Oder besser gesagt, ich habe noch keine erlaubt; den jedes Mal, wenn wir langsamer wurden, aber ich alle wieder weiter gehetzt, den Blick immerzu unruhig gen Himmel gerichtet. Ständig muss ich an den Sturm denken, der die Lichter heimgesucht und vielen das Leben gekostet hat hat, an die Blitze und die grauenvolle Beschreibung der verkohlten Leichen. Ein eisiger Schauer jagt mir bei dieser Vorstellung über den Rücken, treibt meine Beine weiter, obwohl ich schon langsam echt an meinem Limit angekommen bin. Zum Glück sprinten wir nicht wie im Labyrinth, ansonsten wäre ich schon längst umgekippt.

Die Sonne nähert sich langsam dem Horizont und ich erlaube uns, eine Weile zu rasten. Wir suchen uns einen leicht ansteigenden Hügel, der und halbswegs vor dem pfeifenden Wind schützt, und schlagen dort unser provisorisches Lager auf. Nur kurz schlafen, dann müssen wir unbedingt weiter. Ansonsten...
Jemand setzt sich neben mich in den heißen Sand und ich sehe ruckartig auf. Clint lächelt mich vorsichtig an, ehe er mir eine Wasserflasche reicht, die ich ihm buchstäblich aus den Fingern reisse. Mit wenigen gierigen Schlucken leere ich sie und sehe danach schuldbewusst zu dem Sani hinüber. Doch der lacht nur und reicht mir den nächsten Behälter.
"Du bist die Dünnste hier, du brauchst am meisten Kraft"
erklärt er mir mit rauer Stimme und ich nicke nur wortlos. Mein Hals ist viel zu trocken, als das ich ihn nun hätte benutzen können.
Stumm sehe ich zu, wie allmählich Ruhe zwischen den Jungs einkehrt. Die meisten schlafen schon, die Arme hinter den Köpfen verkreutzt und das Gesicht in der eigenen Ellbeuge vergraben. Einige unterhalten sie noch murmelnd, doch auch diese legen sich bald nieder und rollen sich zu schmutzigen Gewandkugeln zusammen. Einzig und allein Newt und Minho sind noch auf den Beinen, rennen stetig hin und her und überprüfen die Lagerung der Vorräte.

Unbewusst saugt sich mein Blick an dem Asiaten fest. Sein schwarzes Haar steht ihm stachelig vom Kopf ab, so verschwitzt ist er, auch sein Shirt klebt ihm am Körper. Letzteres stört mich aber im Grunde genommen wenig bis garnicht; die Konturen stechen so deutlich hervor, betonen seine Muskeln und...

Ein Prusten neben mir reisst mich aus meinen Trämereien. Clint hält sich den Mund zu wie eine Kichertusse, versucht dabei krampfhaft seinen Lachanfall unter Kontrolle zu bringen.
"Mund zu, sonst sabberst du noch"
presst er hervor und sofort schießt mir die Röte ins Gesicht. Verdammt, erwischt...
"Aber"
setzt Clint an, holt keuchend Luft,
"Ich muss sagen, du hast einen guten Geschmack. Minho ist echt hüpsch."
Ehrlich, ich habe keinen blassen Schimmer, wie ich darauf reagieren soll. Belustigt? Vielleicht.
Eifersüchtig? Nee...
Während ich noch grübel, gesellt sich eine weitere Person zu uns hinzu und abermals schrecke ich hoch. Ich sollte echt aufhören, so in Gedanken abzudriften, ansonsten bekomme ich irgendwann einen Herzinfarkt.
Newt sieht zwischen uns hin und her und runzelt fragend die Stirn.
"Worum gehts?"
flüstert er leise, als ahne er, dass wir über etwas Geheimes tuscheln. Obwohl, er weiß ja schon, dass ich mit Minho... ja, was eigentlich? Eine Beziehung habe? Eine Affäre? Wie benennt man solch eine Situation den richtig?
Bevor ich mich noch herausreden kann, hat Clint sich schon vorgebeugt und wackelt provuzierend mit den Brauen.
"Um Minhoooo"
kichert der Sani mit verstellter Mickeymaus-Stimme und zieht dabei den Namen seltsam in die Länge, was abermals meine Wangen zum glühen bringt. Ein breites Grinsen schleicht sich auf Newts Lippen.
"Achja? Interessant, erzähl mir mehr..."
Auch er wackelt nun mir den Brauen, als gäbe es kein Morgen, und piekst mir in die Seite.
Ich schlage mir beide Hände vors Gesicht und stöhne genervt auf.
"Ihr seid so..."
setze ich an, da packt plötzlich Newt Clint am Ärmel und zerrt ihn eilig hoch. Ehe ich fragen kann was los ist, schiebt der Blonde den Sani auch schon weg und ruft gerade so laut, dass ich es gut hören kann:
"Ein Strunk da hinten hat sich den Verband aufgerissen, komm mal kurz..."
Dabei grinst er immer noch von einem Ohr zum anderen und dreht sich im Gehen immer wieder zu mir um, stolpert dadurch ein paar Mal über seine eigenen Füße.
Verwirrt sehe ich ihnen nach, da setzt sich auch schon der nächste Neppdepp neben mich. Dreimal dürft ihr raten, wer...

Unsicher drehe ich mich zu Minho um, der den zwei Profishippern mit belustigter Miene hinterherguckt.
"Unauffälligiger gehts wohl kaum"
lacht er leise, dann lässt er sich ohne Vorwarnung nach hinten fallen und reisst mich dabei mit. Überfordert mit der Situation, verkrampfe ich mich und starre stur in den Himmel, welcher sich gerade orangerot zu verfärben beginnt. Eine Weile geschiet nichts, wir liegen einfach nur nebeneinander und hängen beide unseren Gedanken nach. Dann - die Sonne verschwindet bereits hinter den Sanddühnen - spühre ich eine warme Hand, wie sie mir vorsichtig durchs Haar streicht. Nur ganz zart, kaum wahrnehmbar, streicheln Minhos raue Finger über meine Schläge, hinunter zu meinem Kieferkochen. Unmöglich sind die Gefühle zu beschreiben, welche gerade in mir toben; von Angst, über Verlegenheit gegenüber den anderen, bis hin zu absoluter Entspannung. Wie ein Tornado wirbeln sie durch meinen Körper und versuchen die Oberhand zu gewinnen, warten auf meine Unterstützung. Nur wem soll ich den Vortritt gewähren?
Minhos Handfläche legt sich auf meine Wange und dreht mein Gesicht mit sanfter Gewalt zu sich. Ich versuche das ständige Gefühl, von allem und jedem beobachtet zu werden, auszublenden und sehe schwer schluckend in seine dunklen Augen, die mich prüfend mustern.

"Ist dir das unangenehm?"
flüstert er mir leise zu und seine Mundwinkel zucken nach oben. Einen Moment lang blinzel ich ihn sprachlos an. Was ist nur mit Minho passiert? Also dem Buchminho? Wo ist der ständige giftige Sarkasmus hin? Ich weiß nicht, wen ich bevorzuge; die alte oder die neue Version?
"Dir nicht?"
stelle ich schließlich die Gegenfrage, auch wenn sie im Nachhinein noch bescheuerter klingt, als gedacht. Lachend wendet er sich ab und blickt stattdessen hinauf in den Sternenhimmel, der sich nun langsam zu zeigen beginnt
"Nein... nein, überhaupt nicht."
Sollte mich das jetzt wundern oder nicht? Einerseits ist es typisch, dass er sich nicht von der Meinung der Anderen beeinflussen lässt, andererseits ist es immer noch Minho; sarkastisch, selbstverliebt, unabhängig. Zumindest war er im Buch so, nun kann ich ihm beim besten Willen nicht mehr als diesen identifizieren. Sollte es ihm nicht unangenehm sein, so deutlich zu zeigen, dass er... nun ja... eine Schwachstelle hat?
Bei dem Gedanken, dass ich diese "Schwachstelle" bin, könnte ich gleichzeitig lachen und mich ohrfeigen. Ist das gut oder schlecht, dass ich Minhos Sarkasmus-Mauern durchbrochen habe? Schade ich ihm damit?

"Du denkst du viel."
Seine heisere Stimme bringt mich in die Wirklichkeit zurück und ich zucke ratlos mit den Schultern.
"Vielleicht."
Einen Moment lang sagt er nichts darauf, dann schlingt sich plötzlich ein Arm um meine Taille und zieht mich hoch. Ehe ich mich versehen kann, liege ich mit dem Oberkörper auf Minhos harter Brust, seinem Gesicht nur wenige Centimeter entfernt. Er grinst mich verschmitzt an.
"Du darfst Anderen keine Chance geben, dich zu beeinflussen. Egal in welchem Zusammenhang."
Einen Moment lang rühre ich mich nicht, dann beuge ich mich langsam nach vor und lehne meine Stirn gegen seine. Ich kann nichts dagegen tun, es geschiet einfach, als würde ein zuvor nie dagewesener Instinkt mich lenken. Sofort schnellt Minhos Blick nach unten, zu meinen Lippen, und ein heißes Kribbelt jagt mir durch den Körper.
"Und ich? Ich beeinflusse dich nicht?"
murmel ich und schlage die Augen nieder. Habe ich schon mal erwähnt, wie unglaublich verführerisch solche Lippen aussehen? Gosh...
Sein schneller Atem streift über meine trockene Haut, und wie schon zuvor frage ich mich, was hier eigentlich gerade schiefläuft.
"Vielleicht will ich ja von dir beeinflusst werden"
nuschelt Minho undeutlich zurück und ein leichtes Lächeln stielt sich auf meine Lippen. Irgendetwas macht in meinem Kopf klick; ich vermag nicht sagen was, und was es nun genau bewirkt. Auf jeden Fall veranlasst es mich dazu, den letzten Abstand zu überbrücken und ihm meine Lippen aufzudrücken.
Es ist ein ganz anderes Gefühl, zu küssen, als geküsst zu werden. Es ist viel mächtiger, viel besitzergreifender; dieses insgeheime Wissen, dass ich Minho ganz leicht um den Finger wickeln kann. Dass ich ihn in den Wahnsinn treiben kann, wenn ich es will; natürlich im positiven Sinne. Oder doch negativ-positiv? Ach, ihr wisst sicher was ich meine...
Als ich die Augen wieder öffne, grinst mich Minho breit an, seine Iris ist im fahlen Licht noch schwärzer als unter Tags. Wortlos lasse ich mich auf die Seite fallen und lege den Kopf auf seine Brust, während er einen Arm und meinen Nacken gelegt hat. Ich komme mir vor wie in einer kitschigen FanFiction; aber vielleicht ist das ja garnicht so schlecht. Ich meine, die Protagonisten bekommen doch immer ihre Favoriten am Ende, oder? Oder nicht? Ich hoffe nur, die Autorin steht auf 0-8-15 Kram, wo am Ende alle glücklich und zufrieden bis ans Ende ihrer Tage Leben.

Ich werde geweckt, indem mich jemand sanft an der Schulter rüttelt. Beinahe wäre ich vor Schreck den Sandhügel hinabgerollt, als Newt mich - schon wieder - wie ein Clown breit angrinsend begrüßt und dabei nur mühsam ein Lachen unterdrückt.
"Guten Morgen Schlafmütze"
trällert er und verwirrt reibe ich mir die Augen. Ich bin alleine; sprich, Minho ist nicht mehr da. Der Blonde scheint meinen suchenden Blick bemerkt zu haben und deutet mit einer Hand hinter sich.
"Dein Lover ist schon auf den Beinen, Liebes. "
Der Schalk in seiner Stimme ist nicht zu überhören und mein Gesicht wird beunruhigend heiß. Dunkel erinnere ich mich an Minhos Worte gestern Abend, man solle niemanden die Chance geben, einen zu verunsichern, denke an seine Unbeschwerheit, was unsere... Situation anging. Verdammt, ich habe immer noch kein Wort dafür!
Mit neuer Motivation strecke ich herausfordernd das Kinn in die Höhe und blicke zu Newt auf.
"Bist du eifersüchtig?"
versuche ich möglichst ohne hochrotem Kopf zu feixen und der Blonde zieht mich lachend hoch. Doch erwidern tut er nichts darauf; anscheinend fällt ihn auf die Schnelle kein guter Kontra ein. Zufrieden lächelnd putze ich mir den Sand von der Hose und drehe mich einmal im Kreis.

Es ist noch Nacht, der Mond steht hoch am wolkenlosen Himmel und taucht die Wüste in ein silbernes Licht. Der Wind hatte sich gelegt, nun ist es totenstill, kein Sandkorn rührt sich mehr von der Stelle. Auch hat man nun einen besseren Fernblick; dies wird mir sehr bald klar, als ich langsam die Böhe hinaufwandere und schließlich schwer schnaufend am Kamm des kleinen Bergs ankomme.
Nicht weit entfernt sehe ich sie, die Stadt. Sie sieht sogar noch trostloser aus, als ich es mir vorgestellt habe, als sie es in den Filmen animiert haben: Kaum ein Hochhaus steht mehr gerade, lehnen aneinander wie alte Freunde, die sich gegenseitig stützen. Mehr kann ich auf diese Distanz nicht erkennen, ausserdem ist es zu dunkel für genaue Details.
Seuftzend drehe ich mich um und will den anderen zuwinken als Zeichen, dass es Neuigkeiten gibt. Doch dazu komme ich nicht mehr.

Es beginnt mit einem leisen Ton, der mich verwundert inne halten lässt. Ein knirschendes Geräusch, als würde jemand auf tausend kleinen Käfern herumtrampeln, oder hohlen Eierschalen. Anfangs glaube ich noch die Lichter seien es, welche diesen Ton auf irgendeine merkwürdige Weise erzeugen, doch ich werde rasch eines besseren belehrt.

Ohne Vorwarnung, ohne Beben und Vibrieren, ohne jegliche vorige Veränderung des Umfelds, reisst plötzlich der Boden unter mir auf wie berstendes Eis auf offener See.

So. Kapitel 1.02 hehe.

Frage: Ist euch das zu viel Liebesgesülze für euch? Oder findet ihr ich schulde es euch nach 30 Kapitel Verzögerung? xD
Jedenfalls kommt jetzt wieder mehr Action rein, keine Sorge >:)

Tschuss ;) ♡

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