erwischt und entwischt

Leseempfehlung: Erwischt hat _Mary-Ann_ die stummen Leser. Diejenigen, die gerne lesen, aber die Geschichten dann nicht einmal eines Votes für wert befinden. Und dann enttäuscht sind, wenn der frustrierte Autor irgendwann von Wattpad verschwindet. Und das nur, weil ihm die stummen Leser ständig entwischen.

Warum das so unschön - und ehrlich gesagt ziemlich undankbar - gegenüber den Autoren ist, erklärt _Mary-Ann_ in ihrem Werk Wattpads Währung ganz genau. Und wirbelt damit eine bereits seit Jahren dauernde Diskussion auf. Hier rate ich euch, nicht nur das Buch selbst, sondern auch wenigstens einen Teil der vielen Kommentare zu lesen. Es ist äußerst spannend, die Meinungen und Erfahrungen von Autoren und Lesern durchzugehen. Und zudem habt ihr da auch die Gelegenheit, neue Autoren zu entdecken und eure eigenen Lieblinge zu markieren. Dieses  kleine Werk hat einen festen Platz in meiner Bibliothek und ich sehe immer wieder einmal hinein, um zu sehen, was sich in den Kommentare Neues ergeben hat.

„Das war deine letzte Lanze!" rief Gorbrandt. Er selbst kämpfte noch immer mit seiner ers­ten Lanze. „Was machs­t du nun?"

Die Prinzessin zuckte die Achseln. „Ich hab' sonst keine mehr. Gebt mir eine von Eu­ren!"

Gorbrandt verschluckte sich beinahe vor Schreck. Die Forderung der Schwertmaid war durchaus be­rech­tigt. Doch er konn­te ihr keine von den normalen Lanzen aus der Waf­fen­kam­mer ho­len lassen, das hätte ihren Ver­dacht erregt. Und wenn sie mit seiner eigenen, ver­gif­te­ten Lan­ze kämpfte - die Prinzessin war noch im­mer unverletzt, ihre ver­damm­te Rüs­tung hielt al­lem stand, was er aufzubieten vermochte. Es war nicht mög­lich, die Lan­ze gleichzeitig durch geschmiedeten Stahl und durch die Kettenglieder zu treiben und die Schwertmaid hat­te kaum eine Stelle an ihrem Körper, die nicht durch beides ge­schützt wurde.

Gorbrandt dagegen wies bereits mehrere kleine Kratzer auf. Es waren keine ge­fähr­li­chen Wun­den, doch er hat­te bei fast jedem Gang mit der Schwertmaid eine Schram­me da­von­ge­tragen. Er rechnete einfach nicht da­mit, dass sein Gegner auf winzige, un­ge­schütz­te Stel­len an Armen und Beinen aus war. Traditionell ver­suchte man bei die­ser Art Kampf, die Brust oder den Bauch des Gegners zu durchbohren und das wa­ren auch die Regionen, die er spontan schützte. Warum bloß hielt sich die Prin­zes­sin nicht dar­an? Vielleicht ging sie von ihrer eigenen mädchenhaften Zim­per­lich­keit aus, die sie bis­her allerdings noch nicht gezeigt hat­te, und glaubte, wenn er ge­nü­gend brennende und scheuernde Kratzer hat­te, gäbe er von allein auf.

Gorbrandt überlegte. Wenn die Prinzessin weiter so kämpfte - mit seiner eigenen, ver­gif­te­ten Lanze - dann wür­de sie ihn mit ihren läppischen Kratzern umbringen. Wenn er jetzt aufgab, hatte er jedoch ebenfalls ver­lo­ren. Und dann verlor er zwar nicht das Le­ben, aber den schönen Drachen, den er mehr als sein Le­ben liebte.

Er grinste. Er liebte Herausforderungen. Seit langem hatte ihm nichts mehr so viel Freu­de bereitet wie der halb menschliche Drache und nun die Schwertmaid, die das herrliche Tier ret­ten woll­te.

„Da hast du!" Er warf ihr eine Lanze zu. Sie fing sie auf, glücklicherweise am Schaft. Gorbrandt grinste wie­der. Es wäre einfach nicht gerecht gewesen, hätte sich die Prin­zes­sin in die­sem Moment an der ver­gif­te­ten Spitze geritzt. Dann wäre der Spaß ja be­reits vor­bei ge­we­sen.

Der Herold gab das Zeichen. Sie stürmten erneut aufeinander los und in diesem Waf­fen­gang zielte die Prin­zes­sin auf die Schulter des Ritters. Gorbrandt feixte hinter sei­nem Vi­sier. Die Schwertmaid würde ih­re Lanze wieder im letzten Moment ab­len­ken und ihm ei­nen ihrer unbedeutenden Kratzer beizubringen ver­su­chen. Aber dies­mal würde er vor­be­rei­tet sein.

Er achtete kaum auf seine eigene Lanze, fixierte nur die Lanzenspitze der Gegnerin, um die Lanze in dem Mo­ment vollends abzulenken, in dem die Prinzessin die Ziel­rich­tung än­derte und die Lanze darum nicht so fest im Griff hatte. Gleich musste es so­weit sein. Die Prinzessin hatte diesen fiesen Trick noch jedes Mal an­ge­wandt. Ver­dammt, die Lan­ze war ihm schon recht nahe gekommen, dachte Gorbrandt, und sie lenk­te noch immer nicht ab! Sie ... Gorbrandt konnte plötzlich nicht mehr denken, als sich die Lanze der Schwert­maid mit Wucht in seine Schulter bohrte, genau dorthin, wo­hin sie gezielt hatte. Dies­mal hat­te sie nicht ab­ge­lenkt.

Ordran verhielt ihr Pferd, als der Ritter stürzte. Sie hatte gut getroffen, Gorbrandt war durch diese Wunde kampf­un­fähig. Sie hatte gewonnen. Denn Gorbrandt würde sicher nicht auf einer Fortsetzung des Kampfes mit dem Schwert bestehen, er würde zu­se­hen, dass er an das Gegenmittel für das Gift herankam.

Gorbrandt öffnete die Augen und sah sie hasserfüllt an, als sie sich über ihn beugte. „Du klei­nes Miststück!" fauch­te er.

So hatte sie der Drache auch genannt. Ordran musste lächeln, als sie daran dachte.

Gorbrandt sah ihr Lächeln und grinste hinterhältig. „Du meinst, du hast gewonnen, ja? Ich hab's doch ge­sagt, dass du mir nicht trau'n kannst."

Er richtete sich auf und rief dem Hauptmann seiner Wache zu: „Schmeißt dieses Weibs­stück in den Kerker! Ket­tet sie an den Drachen, dass sie mal sieht, was für 'nen Prinzen sie befreien wollte."

„Das wird leider nicht mehr möglich sein!" protestierte jemand.

Gorbrandt drehte sich um und riss die Augen auf. Hinter ihm stand der Drache.

Er war in seiner Menschengestalt. Noch wanden sich Ketten um seinen Leib und ver­schie­den lange Ket­ten­en­den hingen von den Eisenbändern um seine Gelenke her­un­ter. Er keuch­te, seine Augen verrieten das Grauen, das hinter ihm lag und er war klatsch­nass. Doch er war frei. Er hatte das Wasser durchquert.

„Ivohile!" rief die Prinzessin. Gorbrandt fuhr auf. „Du wusstest es? Du hast ihn gekannt?" Und dann rief er sei­nen Männern zu, die respektvoll vor dem Drachen zu­rück­ge­wichen wa­ren: „Was ist los? Tötet sie und nehmt ihn gefangen! Ihr werdet ihn wohl doch über­wältigen könn'!"

Die Prinzessin bückte sich, riss Gorbrandt das Schwert aus der Scheide und warf es dem Dra­chen zu. „Kommt nur", forderte sie die Männer auf. „Wer möchte als erster?" Und zu Ivohile: „Wie viele?"

„Nicht mehr als 25."

„Du spinnst wohl! Ich hab' 34 Männer in der Burg!" fuhr Gorbrandt auf.

Ivo­hi­le gönnte ihm ein kurzes Lächeln. „Ich weiß. Aber neun Unglückliche sind mir be­reits über den Weg ge­lau­fen."

Die übrigen Reisigen wirkten auch nicht gerade glücklich. Sie zeigten keine rechte Lust, es mit der krie­ge­ri­schen Schwertmaid und dem feuerspeienden Drachen auf­zu­neh­men. Denn das Wasser hatte das Feu­er des Drachen nicht gelöscht, wilde Flam­men schlu­gen aus Ivohiles Mund und trieben die Männer zu­rück.

„Ich mach euch 'nen Vorschlag", meinte die Prinzessin. „Ihr zieht euch zurück, nehmt eu­ren Herrn mit und gebt ihm erstmal das Gegengift, bevor er stirbt. Und wir neh­men die Prin­zessinnen und gehen. Wenn ihr nicht darauf eingeht, werden wir uns den Weg frei­kämp­fen müssen und ich glaub' nicht, dass sehr viele von euch das über­le­ben."

Die Männer sahen sich an. Schließlich zuckte einer die Schultern und meinte: „Das Weib hat den Drachen zwei­mal besiegt und wir alle wissen, wie schwer das ist. Besser, wir ge­hor­chen ihr."

Ivo­hi­le grinste, als die Männer abzogen, ihren Herrn zwischen sich tragend. „Ein Glück, dass der Drache von der wilden Maid beschützt wird. Ohne sie wär' er wohl ver­loren."

Or­dran senkte das Schwert. „Meinst du?"

„Sie haben Angst vor dir. Nicht vor mir. Ich bin ja bloß 'n Drache. Du bist was viel Gefährlicheres, näm­lich 'ne Jungfer!"

Plötz­lich warf er das Schwert fort, packte sie und wirbelte sie herum. „Du bist die klügs­te Frau der Welt!" ver­si­cher­te er. „Wie du ihn bezwungen hast, das war einfach groß­ar­tig! Bitte, verlass mich nie wieder", spot­te­te er. „Ich hab' Angst, wenn du mich nicht be­schützt!"

Die Prinzessin lachte. „Sei nicht so albern. Aber sag' mal, wie hat er dich überhaupt be­sie­gen können?"

„Er gab mir ver­gif­te­ten Wein zu trinken", gab der Prinz zu.

„Ich wusste doch, dass es besser ist, Bier zu trinken", rief die Prinzessin.

Ivo­hi­le lachte. Dann nahm er ihre Hand. „Komm', wir holen die Mädchen aus dem Ver­lies und verschwinden von hier. So­bald Gorbrandt einigermaßen denken kann, wird er uns wieder sei­ne Männer hinterherschicken. Oder traust du ihm etwa?"

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top