Kapitel 24
Das dauerhafte Grinsen in Vincents Gesicht brachte Liv gerade an den Rand der Verzweiflung. Nicht nur lachte er sie aus, nein, er musste dabei auch noch umwerfend gut aussehen. Warum musste Ines das mit dem uneleganten Abgang von Marguerites Rücken überhaupt erwähnen? Jetzt stand sie da wie der letzte Volltrottel. Dabei hatte der Tag so schön begonnen.
Liv hatte sich bereits auf das Training mit Marguerite gefreut und naja auch, weil Vincent am Nachmittag eintreffen würde. Die Stunde war auch gut verlaufen, zumindest, bis der kleine Spatz aus dem toten Winkel der Stute angeflogen kam und mit einem Affenzahn an ihnen vorbeigerauscht war.
Marguerite hatte sich dermaßen erschreckt, dass sie einen riesigen Satz zur Seite gemacht hatte und anschließend über den gesamten Platz buckelte. Wie ein junges Pferd hatte sie die gewaltigsten Bocksprünge vollführt, die Liv jemals in ihrem Leben gesehen hatte, denn zu diesem Zeitpunkt hatte sie schon mit dem Sandboden Bekanntschaft gemacht.
"Da hat sich aber jemand erschrocken!", meinte Claude, nachdem er sichergestellt hatte, dass sowohl Reiter, als auch Pferd das Ganze unversehrt überstanden hatten, und hatte begonnen zu lachen. Er hatte ernsthaft gelacht. Es musste wohl sehr merkwürdig ausgesehen haben, denn auch Ines und François konnten sich ein Grinsen nicht verkneifen. Aber Liv fand das dennoch alles andere als lustig.
Ein wenig eingeschnappt war sie zum Stall getrottet und hatte Marguerite in ihre Box verfrachtet. Dann war sie in ihr Zimmer gehuscht, um sich was Neues anzuziehen. Zu ihrem Pech war der Platz nach dem gestrigen Regem noch feucht gewesen und nun hatte sich in den Stoff an ihrem linken Oberschenkel ein riesiger Fleck gefressen, der unmöglich aussah, wie Ines noch einmal betonen musste.
Margot hatte sich heute bisher noch gar nicht blicken lassen, aber Liv erfuhr, dass sie an diesem Wochenende mit ein paar jungen Pferden auf einem Turnier, ungefähr zwei Stunden Autofahrt entfernt verweilte. Morgen würden sie ebenfalls dort hinfahren, um nach dem Rechten zu schauen, wie Liv erfahren hatte.
Nun ja, wie schon bekannt, wusste Vincent nun jede Einzelheit über Livs Abgang, über den Ines noch brühwarm berichtet hatte. Nun räusperte sich der Franzose.
"Ja, ja. Marguerite kann manchmal schon eine kleine Schisserin sein. Frag nicht, was sie mit mir schon alles gemacht hat" Mit dieser Aussage wurde Liv ein wenig leichter ums Herz. Wenigstens war sie nicht die Einzige, die von der braven Stute abgebockt wurde.
"Also ich kann's ihr ja erzählen"
"Nein!", meinten Vincent und Liv beinahe gleichzeitig auf Ines' Vorschlag und nun konnte sich Liv ebenfalls kein Kichern mehr verkneifen.
Ines blickte gleichzeitig verwirrt und beleidigt drein, François schüttelte einfach nur den Kopf und Vincent und Liv mussten immer noch lachen. Doch dann schwang er zu einem ernsten Thema über.
"Ich hab gehört, dass du versucht hast, deinen Vater zu erreichen?" Irgendwie wollte sie nicht darüber reden. Sie wollte es darauf beruhen lassen und nie wieder darüber nachdenken müssen.
"Ähm ... tut mir leid, aber mir fällt gerade ein, dass ich was Wichtiges im Stall vergessen hab", druckste Liv und machte auf dem Absatz kehrt. Dann begannen ihre Beine beinahe von selbst an zu laufen. Immer schneller und schneller. Aber nicht zum Stall. Daran vorbei den kleinen Trampelpfad entlang, wo sie die vergangen Tage mit Ines und François ausgeritten war.
Nachdem sie gefühlte zwei Kilometer gelaufen war, ließ sie sich irgendwann ins Gras fallen. Warum war die Welt eigentlich so ungerecht? Musste man wirklich erst etwas großes opfern, bevor seine Träume in Erfüllung gehen. Musste Liv wirklich ihre ganze Familie wegschmeißen, bevor sie wirklich erfolgreich in ihrem Sport werden konnte?
Ging nicht beides? Glücklich und erfolgreich? Musste man immer ein Opfer bringen? Würde Liv nun zusammenbrechen? Wo sie ihrem Ziel doch so nah war.
*
"Der ist gut", meinte Vincent knapp, während er mit dem Finger auf einen kräftigen Fuchs zeigte. Seit einer halben Stunde stand Liv gemeinsam mit dem Jungen am Abreiteplatz und beobachtete die verschiedensten Pferde. Zumindest Vincent tat das. Liv starrte einfach nur auf den Sandboden vor sich und betete, dass das alles bald vorbei war.
Wirkte sie nach außen wirklich so perfekt? So vollkommen? Sah man ihr ihr Leid nicht an?
Vorhin hatte ein Mädchen sogar nach einem Autogramm gefragt. War das zu fassen? Dieses hatte gemeint, sie wäre ihr großes Vorbild. Liv hörte das nicht zum ersten Mal und augenblicklich musste sie wider Willen wieder an die kleine Lisa denken.
Lisa, Dinos neue Reiterin. Lisa, die Liv vergöttert hatte. Lisa, die ihr ihr Pferd weggeschnappt hatte.
"Sag mal, ist alles in Ordnung?", fragte Vincent mit seinem unverkennbaren Akzent und legte Liv die Hand auf die Schulter. Diese nickte leicht. Dabei war gar nichts in Ordnung. Ganz und gar nicht.
"Wirklich?", hakte Vincent noch einmal nach. In seinem Gesicht zeichnete sich eine Spur von Besorgnis ab.
"Das hab ich doch gerade eben gesagt!", schnauzte Liv darauf in seine Richtung und machte einen Schritt zur Seite, dass er augenblicklich seine Hand wegnahm. Schon bereute Liv ihre Antwort, denn Vincent wirkte nun etwas verletzt. Dabei wollte er nur nett sein!
Aber entschuldigen würde sich Liv nun auch nicht. Dafür war ihr Stolz eindeutig zu groß. Stattdessen starrte sie weiter auf die vielen Pferde und hasste sich selbst für ihre Art. In manchen Momenten erkannte sie sich gar nicht mehr selbst. Hatte sie die ganzen Turniere wirklich zu einem anderen Menschen gemacht? Hatte sie der Druck von Zuhause so verändert? Oder war sie schon immer so ein Mensch gewesen? Unfreundlich, erfolgsorientiert, ehrgeizig?
Würde sie einmal so werden, wie ihre Mutter? Oder viel schlimmer: War sie es bereits?
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Hei :)
Hier ist mal wieder ein neues Kapitel. Ich bin zurzeit so richtig im Schreibefieber, weil ich jetzt nach über einem halben Jahr endlich mal fertig werden möchte ^^ Ja ja, ich weiß, meine Kapitel werden immer kürzer und der Schreibstil ist auch grottig, aber ich hoffe doch, ihr verzeiht mir das ;) Axh da hätt ich doch gleich mal ein paar Fragen an euch ^^
Was glaubt ihr wie es weitergeht?
Wird Liv das mit ihrem Vater packen?
Wird sie ihm begegnen, mit ihm reden etc.?
Wie wird es in Hagen laufen? Alles nach Plan oder eher nicht?
...
Und noch viele mehr, die ich jetzt lieber nicht aufzählen möchte. Aber wenn ihr etwas über euch erzählen wollt nur zu. Ich bin immer offen meine Leser besser kennenzulernen.
Wer von euch gehört denn überhaupt zu den Springreitern?
LG Marie <3
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