Kapitel 21

"Rahm ihn mehr ein, sonst läuft er wieder vorbei" Claude stand neben dem lilablauen Oxer und beobachtete Liv mit einem kritischen Blick. Sie griff die Zügel nach und hielt direkt auf das Hindernis zu. Irgendwie war sie nicht richtig bei der Sache. Heute morgen hatte sie sich die Nummer ihres Vaters herausgeschrieben, aber bisher hatte sie sich noch nicht getraut ihn anzurufen. Denn sie hatte Angst, er würde nicht mit ihr reden wollen. Tief durchatmen. Jetzt muss ich mich erstmal aufs Reiten konzentrieren.

Sternentänzer drückte sich kräftig vom Boden ab und sie segelten über den L Oxer. Erleichtert parierte Liv ihn zum Schritt durch. "Machen wir Schluss für heute. Ines kommt sowieso bald von der Schule, dann könnt ihr vielleicht noch gemeinsam ins Gelände", meinte Claude lächelnd und verließ die Mitte der Bahn.

"War doch gar nicht so schlecht", versuchte François Liv aufzumuntern, als er ihren deprimierten Gesichtsausdruck bemerkte. Das Training war schrecklich gewesen. Sie konnten nicht höher als einen L Parcours springen, da Liv nie die Distanzen getroffen hat. Erst nachdem Claude Taktstangen vor den einzelnen Sprüngen platziert hatte, hat es einigermaßen geklappt. Wenn es die nächsten Tage so weiterging, dann würde sie in Hagen ganz sicher nicht durch den Parcours kommen.

"Wenn ich an einem A Springen teilnehmen würde vielleicht", gab Liv pampig zurück und schwang sich aus Sternentänzers Sattel.
"Ach komm schon! Ich wäre froh, wenn ich an einem A Springen teilnehmen könnte! Aber über einen Meter geht bei mir gar nichts. Da fehlt mir einfach der Mumm. Mein Bruder lacht mich mittlerweile sogar schon aus, wenn ich vor 'nem E Parcours Panik kriege" Nun konnte Liv nicht anders, als zu grinsen. Auch wenn es eigentlich ganz und gar nicht lustig war. Es gab viele Reiter, die Angst vor dem Springen besaßen und es war nur sehr sehr schwer diese wieder weg zu bekommen.

"Wo genau war jetzt nochmal seine Box?", fragte Liv, während die beiden nebeneinander über den Hof liefen. Es war alles so groß, dass Liv schon wieder vergessen hatte, wo es überhaupt zu den Ställen ging, sodass François mitkommen musste, um ihr den Weg zu zeigen.

"Gleich da im kleinen Stall" Der Junge deutete auf den Stallkomplex hinter der Allee und vergrub seine Hände dann in den Taschen seiner Reithose.

"Erzähl mal, ist das nicht super anstrengend mit den ganzen Turnieren? Ich meine, ich kenn das ja von Vincent, aber du bist ja auch noch mit den Großpferden total erfolgreich. Ist das nicht total stressig?" Wieder errötete Liv leicht. Sie wird sich doch nicht in Vincent verknallt haben. Oder etwa doch?

"Ja eigentlich schon, aber will ich das alles gar nicht" Mittlerweile stand der Braune in seiner Box und Liv nahm gerade den Sattel von seinem Rücken.

"Warum machst du das dann?"

Nun geschah etwas Merkwürdiges. Liv erzählte ihm alles. Also wirklich alles. Von der Trennung ihrer Eltern, über ihre ehrgeizige Mutter und den wachsenden Erfolg. Eigentlich berichtete sie von ihrem ganzen vergangenen Leben. Sogar von der Beziehung zwischen ihrer Mutter und James Barrymore. Als sie fertig war, war sie den Tränen nahe. François hatte ihr die ganze Zeit über aufmerksam zugehört und war ihr kein Einziges Mal ins Wort gefallen.

Nun nahm er sie in den Arm und auch wenn sie nicht vorgehabt hatte zu weinen, ließ Liv den Tränen jetzt freien Lauf. Irgendwie tat es gut darüber zu reden. Bisher hatte sie es die ganze Zeit totgeschwiegen. Wahrscheinlich in erster Linie aus dem Grund, weil sie niemanden gehabt hatte, mit dem sie reden konnte.

"Und was ist jetzt mit deinem Vater? Willst du nun Kontakt zu ihm aufnehmen?" Liv zuckte mit den Schultern. Irgendwie fürchtete sie sich davor.
"Hast du Angst?" Wieder zuckte sie mit den Schultern.
"Ich weiß es nicht. Es fühlt sich alles so merkwürdig an. Außerdem weiß ich doch gar nicht, ob er überhaupt etwas mit mir zutun haben will. Schließlich hat er sich die letzten Jahre auch nicht gemeldet und er hat eine neue Familie!" Liv wischte sich eine Strähne aus dem Gesicht und schloss Sternentänzers Boxentür.

"Naja er ist immer noch dein Vater. Wieso sollte er dich nicht sehen wollen?", räumte François ein, während sie die Allee zum Haupthaus entlangschlenderten. Die Nachmittagssonne stand hoch am Himmel und verbreitete eine angenehme Wärme. Dazu lag ein leichter Geruch nach Pferd in der Luft. Irgendwie fühlte sich Liv hier wie zuhause. Abgesehen davon, dass sie sich bei jedem zweiten Schritt, den sie setzte, verlief.
"Keine Ahnung", meinte Liv darauf. Sie hatte selbst nicht wirklich darüber nachgedacht, allerdings keimte sich ein unwohles Gefühl in ihrem Magen auf, wenn sie daran dachte.

"Ach mach dir keinen Kopf. Wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Kennst du doch, nicht war?" Liv nickte, das tat sie eigentlich andauernd. Sie setzte auf volles Risiko im Parcours, um zu siegen.
"Ich bin dafür, dass du ihn noch gleich heute anrufst. Wenn du möchtest können Ines und ich dir auch die Hand halten. Einer links und der andere rechts" François grinste und Liv wurde augenblicklich angesteckt. Dieser Junge war so lieb zu ihr, dabei kannten sie sich kaum. So wie jeder hier eigentlich.

Claude war kein einziges Mal ausgerastet, als Liv keine einzige Distanz getroffen hatte, Camille hatte sie mit ihrer freundlichen offenen Art von Anfang an in ihr Herz geschlossen und Ines mochte sie sowieso schon immer. Wenn sie bloß ewig hier bleiben könnte, dann würde sie wahrscheinlich ein Leben wie im Himmel führen.

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Hey :)
Jaja lang ist's her, als ihr das letzte Mal von mir gehört habt und jetzt ärgert ihr euch wahrscheinlich auch über mich, weil das Kapitel auch noch so kurz ist. Tut mir auf jeden Fall aufrichtig leid, aber ich hab zur Zeit so viel Stress, dass das Schreiben irgendwie zu kurz kommt. Dennoch habe ich vor kurzem eine neue Geschichte angefangen, die ich heute veröffentlicht habe. Schaut doch mal bei Until Tomorrow - Das Licht der Hoffnung vorbei ;)
Dann mal liebe Grüße von mir. Ich hoffe man sieht sich in nächster Zeit öfter ^^
Marie

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