Kapitel 15

Auf dem Weg zum Abreiteplatz gurtete Liv nocheinmal nach. Jumper schnaubte gelassen und lief in einem zügigen Schritt hinüber zu dem Sandplatz. Dort konnte sie Vincent erkennen. Doch dieser saß nicht im Sattel, sondern stand neben einem kleinen Schecken, in dessen Sattel ein zierliches Mädchen saß. Es musste ungefähr in Livs Alter sein. Liv kannte sie nicht, was wohl daran liegen musste, dass sie wahrscheinlich Französin war. Umso überraschter war sie, als sie sich mit Vincent auf Deutsch unterhielt.

Noch überraschter war sie aber, als Vincent sie zu sich hinwinkte. Neugierig streckte Jumper seine Nase zu dem unbekannten Pferd aus, doch der Schecke legte gefährlich die Ohren an und drohte mit der Hinterhand, als Jumper sich ihm näheren wollte. "Pass doch auf! Cisco ist ziemlich empfindlich!" schnauzte das Mädchen in Livs Richtung. "Liv, das ist Emma. Emma das ist Liv" Vincent ignorierte die Bemerkung des rothaarigen Mädchens und sah zu Liv, die ihn aber nur verwirrt ansah, während sie versuchte Jumper von dem Schecken fern zu halten, bevor sie sich noch unbeliebter machte. "Emma trainiert bei meinem Onkel und ich habe ihr versprochen sie aufs Tunier zu begleiten. Dann hatten meine Eltern die Idee, dass ich meine Großpferde mitnehmen könnte", erklärte Vincent, als er Livs Blick entdeckt hatte.

"Moment mal. Du bist doch Liv Langhoff!", meldete sich Emma nun wieder zu Wort. Liv nickte zögerlich. "Cool. Bist du in zwei Wochen in Warendorf?" Wieder nickte Liv. "Cool. Ich auch, aber zum ersten Mal" Sie schien eigentlich ganz nett zu sein, jedoch fand Liv, dass sie eine ziemlich unsympathische Ausstrahlung hatte, außerdem hätte sie sie wegen Jumper nicht so anmotzen müssen.

"Lilliana!" Eine unglaublich nasale Stimme drang in Livs Ohren. Ihr Blick glitt zu dem Mann auf dem Abreiteplatz. James Barrymore hatte die Arme vor der Brust verschränkt und sah sie erwartungsvoll an. "Die Arbeit ruft. Naja man sieht sich!" Liv wendete Jumper und ritt hinüber zu ihrem Tranier, der sie schon auf dem Abreiteplatz erwartete.

"Na endlich. Jetzt aber hopp hopp!" Das war das einzige, was James Barrymore sagte, bevor er schweigend seinen Schützling beobachtete. Nachdem Liv mit Jumper den Probesprung ein paar Mal übersprungen hatte, ritt sie zum Eingang und beobachtete Emma im Parcours. Sie musste zugeben, dass sie gar nicht so schlecht ritt. Schließlich sprang eine solide Nullrunde dabei heraus. Die Zeit war auch ziemlich gut gewesen, somit erklomm sie den bisherigen dritten Platz. Nachdem Emma den Parcours verlassen hatte, ritt Liv hinein.

Gespannt spitzte der Palomino die Ohren. Die wenigen Zuschauer, die sich um den Sandplatz versammelt hatten, blickten gespannt auf das Paar. Nachdem die Startglocke erklungen war, ließ Liv Jumper in den Galopp anspringen. Ein weiteres Mal würde sie gegen die Uhr reiten, alles geben, um eine goldene Schleife mit nach Hause zu nehmen. Jeder von Jumpers Galoppsprüngen war ein Zusammenspiel sämtlicher Muskeln. Kraftvoll schwebte er über den Boden. Gespannt hatte er die Ohren gespitzt und zog kaum merklich an, als Liv ihn auf den ersten Sprung zu lenkte. Jetzt müsste sie sich wohl an den Gedanken gewöhnen, nicht mehr in Dinos, sondern in Jumpers Sattel zu sitzen. Der goldene Hengst machte beinahe alles alleine. Von weitem sah Liv bereits, dass es passen würde und Jumper hob sich, ohne dass Liv ihm einen Impuls dazu geben musste, kraftvoll in die Höhe.

Den ersten Sprung ließen sie ohne Probleme hinter sich. In einem rasanten Tempo ging es nun auf Nummer zwei zu. Liv ritt mit sieben, statt mit acht und obwohl es etwas weit wurde, wackelten die Stangen jediglich in den Auflagen. Auch drei und vier, eine zweifache Kombination, klappte problemlos. Bisher lagen sie gut in der Zeit. Für den Sieg musste sie jedoch etwas riskieren.

Wassergraben, Steilsprung, Dreifache - alles überwanden sie fehlerfrei. Bei der Triplebarre kam Jumper zu dicht und Liv musste die Beine zu machen, sodass der Hengst überhaupt noch sprang. Sonst hatten sie jedoch keine Probleme und kamen mit einer ziemlich schnellen Nullrunde ins Ziel. "Mit einer wahnsinnis Zeit von 53.96 Sekunden übernimmt Startnummer 562 die Führung", dröhnte nun eine verzerrte Stimme knackend aus den Lautsprechern, die an den Ecken des Springplatzes angebracht waren.

Grinsend klopfte Liv dem Hengst den Hals. Sie war stolz so ein Pferd besitzen zu dürfen, denn eins stand fest: Golden Jumperboy war ein unglaubliches Pony. Gleichzeitig vermisste sie Dino. Sie wusste, dass so ein Pferd, wie der Schimmel nie wieder kommen würde. Jumper war wahrscheinlich das bessere Springpferd, aber Dino war etwas besonderes. Er hatte immer für Liv gekämpft. Gemeinsam hatten sie sich an die Spitze Europas gekämpft. Er hatte sie zum Lachen gebracht, aber auch zum weinen. Er war es gewesen, der immer hinter Liv gestanden hatte, wenn sich alle von ihr abgewendet hatten. Er war ihr bester Freund gewesen. Er war das Pferd gewesen, das man nur einmal in seinem Leben bekam. Ein Seelenverwanter.

Wirklich freuen konnte sie sich über ihre bisherige Führung nicht. Es war nichts besonderes mehr, zu gewinnen. Dino hatte ihr immer so ein Gefühl vermittelt, dass jeder gemeinsame Sieg etwas besonderes war, doch dieses Gefühl fühlte sie mittlerweile nicht mehr. Ihr Herz war gebrochen und durch nichts könnte es wieder geheilt werden.

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So nach langer Zeit endlich mal wieder ein Kapitel. Danke an alle die so geduldig waren und bis jetzt gewartet haben, ohne sich abzuwenden. Hier nochmal eine kleine Ankündigung, da es mittlerweile fest steht. Es wird einen zweiten Teil von Jump it geben. Er wird dann direkt an den ersten anschließen, aber jetzt wieder hier her zurück. Ich habe gerade eine ziemlich traurige Szene geschrieben, sodass ich mir gedacht habe, ich überarbeite das Kapitel und poste es, sodass ich ein bisschen aufgeheitert werden. Ich hoffe es gefällt euch, auch wenn nicht sehr viel passiert.




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