☙Kapitel 18 - Fremde Gedanken❧

|| Hey meine Lieben! :D
Ich weiß, ich weiß - ich bin mal wieder spät dran, die Woche war seltsam gestopft, sodass ich zu sonst kaum etwas gekommen bin s:
Aber dafür habt ihr jetzt das nächste Kapitel mit noch mehr offnenen Rätseln als bisher ;) ... Spricht nicht für mich? Ich hoffe, es regt euren Spekulationssinn ein wenig an :D
Viel Spaß und passt auf euch auf!
Cheers!~ ||

Als sich der Tag zu Ende neigte, ließ Samiro Shyra so wie sonst auch immer anhalten, die Lichtung, am Rand derer sie zum Stehen kamen war der gestrigen nicht unähnlich, ebenso gespenstisch ruhig und verlassen. Samiro hatte sich den restlichen Weg versucht zusammen zu reimen, was vorgefallen war, und warum keiner der anderen auch nur ein Zeichen zurückgelassen hatte. Er dachte lächelnd an Saíras schief in die Rinde geritzten Fangzähne, doch seit gestern hatte er nichts dergleichen mehr gesehen. Einzig und allein die Markierung, dass das hier ihr nächster Treffpunkt hätte sein sollen, stach ihm ungut ins Auge. Er hatte eine Vermutung, beziehungsweise war das Fernbleiben seiner Kameraden bloß ein Beweis dafür, dass die Salvatori keine Minute gezögert hatten, Junas Pläne zu vereiteln.

Shyra war nach alldem immer noch die Prinzessin und auch wenn ihr das selbst vielleicht nicht so klar war, bedeutete das, dass wer auch immer sie in die Finger bekam, ungeheure Macht erlangte.

Also war es wichtiger Shyra in Sicherheit zu bringen, als seinen Kameraden zu helfen. Anderseits juckte es ihn den in den Fingern einfach auf Patrouille zu gehen und die anderen aufzuspüren, ihnen beizustehen, denn wenn sie tatsächlich in einen Hinterhalt geraten waren, dann konnten sie jede Hilfe gebrauchen, die er ihnen geben konnte.

Hör auf, du musstest bei Shyra bleiben. Samiro atmete tief durch und versuchte seine Situation zu akzeptieren. Außerdem, wer sollte dann die jungen Nachtschatten davon abhalten sich wieder auf die Prinzessin zu stürzen als wäre sie irgendein skurriles Abendmahl? Es erstaunte ihn, dass sie trotz ihres immensen Unwissens die Stimmung der Umgebung so gut lesen konnte, dass es ihr auffiel, wann auch immer sie in ätherisch überstrapazierte Gebiete gelangten und das nur anhand der welkenden Vegetation. Ebenso beunruhigend fand er, dass sie auch ein Gespür für die Nachtschatten zu haben schien – oder umgekehrt – wenn er selbst über die Jahre fahrlässig geworden war, was seine Aufmerksamkeit gegenüber der vermaledeiten Plagegeister anging. Saíra hatte es auch gespürt, das hatte Samiro gemerkt. Die Südländerin hatte zwar versucht es zu verstecken, aber ihre irritierte Reaktion auf Shyra bestätigte ihn nur zusätzlich in seiner Annahme, dass irgendetwas mit diesem Mädchen anders war. Was genau konnte er beim besten Willen nicht sagen und fürs erste ließ ihn das auch kalt.

Er hatte ganz andere Dinge, um die er sich sorgen musste und die Gemütsschwankungen einer hochnäsigen Prinzessin gehörten da eindeutig nicht dazu.

Er konnte den anderen nicht mehr zur Seite stehen, nur hoffen, dass sie so schlau gewesen waren, sich zu trennen, um die Salvatori ebenfalls dazu zu zwingen sich aufzuteilen ... und so möglichst sicher zu stellen, dass keiner zurück auf ihre Fährte kam. Er spürte ein dumpfes Gefühl, das ihm sagte, wie feige er war, weil er hoffte, keinem der Salvatori begegnen zu müssen, doch zugegebener Weise wollte er sich rechtfertigen, indem er sich eingestand, dass es alles andere als vorteilhaft war, dass er seit etlichen Tagen nicht einmal mehr wirklich geschlafen hatte und diese Tatsache zu einem vernichtenden Unterschied führen konnte, sollten sie tatsächlich von den Feinden überrascht werden. Und Shyra war im Kampf so unnütz wie eine Katze, der man sämtliche Krallen gezogen hatte. Um sie zu verteidigen bräuchte er gegen die Salvatori all seine Kraft.

Kraft. Mit diesem Gedanken, wühlte auf einmal wieder jene fremde Macht in ihm und schlich sich in sein Bewusstsein. Wenn sie kommen, gib ihnen wovor sie sich fürchten, säuselte eine Stimme in seinen Gedanken und der junge Mann schüttelte kurz den Kopf.

Juna hatte ihn gewarnt, bevor er aufgebrochen war. Und auch Aredhel viele Male davor. Solange er nicht im Einklang mit der Macht in seinem Körper war, war es äußerst unklug sich derart zu verausgaben. Aber was für eine Wahl hatte er schon gehabt? Shyra war unbrauchbar, sie konnte nicht einmal atmen, ohne den gesamten Wald aufzuschrecken und Wache halten, während er sich erholte ... er hatte gesehen, wie das ausgegangen war. Obwohl er hier eingestehen musste, dass auch ihn die Nachtschatten gehörig überrascht hatten. Für gewöhnlich hielten sie sich fern von ihm, der in ihm versiegelte Äther ängstigte diese Geschöpfe, vertrieb sie aus Furcht vor der Macht, die ihm inne wohnte und daher wollte es sich ihm nicht erschließen, warum auf einmal so viele von ihnen aufgetaucht waren.

Samiro warf Shyra einen nachdenklichen Blick zu, wie sie sich bereits wieder in eine der Kuhlen gekauert hatte, die weiter in der Dunkelheit des Waldes lagen. Hatte er sich im Endeffekt doch zu viel zugemutet? Das hämische Grinsen von Leander blitzte vor seinem geistigen Auge auf und ein tiefer Groll arbeitete sich in seiner Brust nach oben. Um keinen Preis, nicht so lange er noch lebte, würde er es diesem Hochstapler erlauben die Möglichkeit zu ergreifen ein herablassendes ich habs dir ja gesagt über ihn auszusprechen. Undenkbar, spuckte die Stimme in seinen Gedanken. Warum nimmst du dich seiner nicht eben so an, wenn wir zurück sind?, zischte sie weiter, doch Samiro schnippte sich bloß gegen die Stirn.

„Hey Samiro-", fing Shyra jetzt an, doch ihre Worte drangen kaum an seine Ohren.

Ganz gleich, wie du Heim kommst, er wird es wissen. Er wird dich wieder tadeln, bestrafen, missachten. So wie sie dich alle missachten - „Samiro?!" - mit dieser verhohlenen Abneigung, den meidenden Blicken, den abscheulichen Gedanken, säuselte die Stimme in seinem Kopf nun deutlicher, rammte sich mit klauenbewehrten Händen beinahe einen Weg in sein Bewusstsein und der junge Mann keuchte auf.

„Samiro, was ist mit dir?!", drang Shyras zarte, kaum wahrnehmbare Stimme durch den klebrigen Schleier seiner Gedanken, doch mit einem Mal kippte seine Welt und Samiro griff sich an die Stirn, als er gegen den nächsten Baum torkelte und hart mit der Schulter gegen die Rinde schlug. Oh ja, diesen ekelhaften Gedanken, ein jeder wünscht sich, diese Würmer der Salvatori würden dich endlich zermalmen, sie sprechen es nicht aus, aber insgeheim ist dir das doch ebenso bewusst, wie mir, hab ich Recht? Samiro keuchte und presste sich den Handballen gegen die Schläfe. Sein Schädel fühlte sich mit einem Mal schneidend kalt an, sein Atem fraß sich beinahe unerträglich beißend in seine Lungen, als er versuchte die fremden Gedanken abzuschütteln. Sie schätzen dich nicht ansatzweise so, wie es dir gebührt, Bürschlein. Sie fürchten sich vor der Macht, die dich über sie alle stellt. Feiglinge, die deine Kraft, meine Kraft nicht dulden, es dir nicht gönnen, dich zu rächen.

Sein Blick fiel auf Shyra, die nun neben ihm zu Boden ging und er spürte einen plötzlichen Hass auflodern. Kaum hatte das Mädchen ihm in die Augen geblickt, wich sie erschrocken zurück. Samiro zwang sich den Blick abzuwenden. Einfach atmen, versuchte er die fremden Gedanken zu übertönen. Wütende Schreie schnitten ihm wie Klingen durch den Kopf.

„Samiro!", wiederholte das Mädchen und riss ihn damit zurück in die Gegenwart.

Was?", knurrte er zwischen zusammengebissenen Zähnen hindurch. Sah sie denn nicht, wie sehr er sich beherrschen musste, um nicht plötzlich unüberlegte Dinge zu tun, die fatale Folgen hatten? Er musste seine gesamte Willenskraft und ebenso Körperkraft aufbringen, um seine Hände zu kontrollieren, er spürte, wie die Finger seiner anderen Hand, die nicht an seinen Kopf gepresst war, krampfhaft in den Boden gruben und ein stechender Schmerz riss ihn zitternd aus der eisigen Grube, in die sein Geist zu trudeln gedroht hatte.

„Du musst unbedingt schlafen", zischte sie tadelnd. „Eher brechen wir nicht wieder auf!" Ihre Stimme war schrill, er wandte den Kopf ab und hielt Shyra eine zittrige Hand entgegen und hoffte ihr damit Einhalt zu gebieten.

Seit wann hatte dieses Gör das Recht ihm irgendetwas zu befehlen? Hör auf. Er ließ sich nun mit dem Rücken gegen den Baum fallen und zog die Hand, die er eben noch in die Erde gegraben hatte in seinen Schoß. Er musste sich den Finger an einem scharfkantigen Stein aufgeschnitten haben, denn er spürte das klebrige Blut und die feuchte Erde zwischen seinen Fingern.

Samiro legte Daumen und Zeigefinger seiner unverletzten Hand an seine Nasenwurzel und versuchte sich zu sammeln.

„Ich bin mir nicht sicher, wie klar und deutlich ich noch werden muss, Prinzessin", ächzte er ohne sie anzusehen, „wir haben bereits genug Zeit vertan. Sei einfach still und lass mich kurz ..." Seine Stimme war scharf und kalt gewesen, aber er bereute es nicht.

„Du hast dich verletzt!", konstatierte das Mädchen nun erschrocken und Samiro sah durch die Schlitze seiner Lider, wie ihr Gesichtsausdruck von vorwurfsvoll zu erschrocken und zurück wechselte. Fast unfreiwillig zuckte sein Mundwinkel.

„Tu nicht so, als hättest du noch nie Blut gesehen."

Shyra schnappte nach Luft. „Darum geht es nicht!"

„Nein, es geht darum, dass du dein getretenes Ego wieder nach außen kehrst", sagte er schneidend und öffnete seine Augen das erste Mal seit dem Anfall komplett, damit er ihr ins Gesicht blicken konnte.

Er konnte mit Genugtuung feststellen, dass sie ganz blass um die Nase wurde, ehe ihre Wangen und Ohren rot anzulaufen schienen.

„Wie kannst du es wagen!", fauchte sie wutentbrannt, dass der junge Mann fürchtete, sie selbst würde sich in jedem Moment in einen grässlichen Dämon verwandeln, der alles kurz und klein hauen wollte, das ihm ins Blickfeld geriet.

„Du bist der widerlichste, arroganteste Mensch, dem ich je begegnet bin. Egoistischer und herablassender ist keiner, mit dem ich je hätte Bekanntschaft machen müssen und ich muss es wissen! Ich bin die Prinzessin dieses Landes und kenne mich mit Widerlingen aus!", schleuderte sie ihm schnippisch entgegen.

Ein kehliges Lachen entrang sich seiner Brust und Samiros Augenbraue zuckte ehrlich belustigt nach oben.

„Dann freut es mich, dass ich dir eine Hilfe auf deinem Weg des Erkenntnisgewinns sein darf. Man lernt schließlich nie aus", sagte der junge Mann mit vor Herablassung triefender Stimme. Selbst in diesem Zustand wäre es dir ein Leichtes ihre weiße, hübsche Kehle zu durchtrennen, schoss es ihm plötzlich durch die hintersten Winkel seiner Gedanken und nur ein erneutes Verkrampfen seiner Arme rangen den Drang nieder der Prinzessin tatsächlich an die Kehle zu gehen. Wieso so schüchtern? Die Mörder deiner Eltern willst du doch nicht so leichtfertig verschonen?

„Es wundert mich, warum der Rest deiner Kameraden überhaupt Wert auf dich legt", drang Shyras Stimme wieder an seine Ohren, sie bebte vor Wut und Samiro meinte in ihren Augen Tränen funkeln zu sehen. Das ist sie nicht, schob Samiro seiner inneren Stimme einen Riegel vor und spürte, wie die eisige Kälte langsam zurück ging. Vorläufig.

„Bitte sei einfach nur still, Shyra", stöhnte er leise, da ihn lautes Sprechen nur zusätzlich anstrengte, solange er innerlich mit sich zu ringen hatte. Doch das Mädchen dachte nicht daran. Jetzt schien sie erst Recht die Nerven zu verlieren und wenn er nicht rasch etwas unternahm, dann würde sie in eine ausgereifte Panik verfallen.

„Hast du überhaupt noch eine Ahnung, wohin wir wollen? Kannst du den Weg eigentlich überhaupt noch sehen?", keuchte sie mit halb erstickter Stimme und Samiro sah, wie sie wieder krampfhaft ihren Kompass umklammerte. Es hatte keinen Zweck.

„Setz dich einfach hin und halt die Klappe", schnappte Samiro schroff und tatsächlich. Die Prinzessin klappte den Mund zu, presste die Lippen verkniffen zusammen und ließ sich dann aber ein Stück weit von ihm entfernt ebenfalls gegen eine Wurzel sinken. Sie fragte nicht nach einem Unterschlupf und rollte sich einfach im Schutz des Unterholzes auf der nackten Erde zusammen.

Ihre Haare waren zerzaust und die Kleidung – die, wie er damals fest gestellt hatte, durchaus reisetauglich war – noch schlimmer zerrissen und verdreckt als kurz nach dem Nachtschatten-Angriff. Ein grimmiges Lächeln huschte über sein Gesicht. Auch wenn Shyra es nicht aussprach, vermisste sie ihre feinen Gewänder und duftenden Bäder mehr, als ihren stumpfsinnigen Bruder und er stellte sich die genugtuende Frage, ob ihr das ebenso bewusst war wie ihm.

Vermutlich schwelgte sie allerdings alleinig in ihrem vermeintlichen Sieg, da sie ihren Willen gegenüber Samiro durchgesetzt hatte, auch wenn dieser das unter jeglichen Umständen bestreiten würde. Dass sie jetzt doch rasteten hatte nichts mit Shyras herrischer Art zu tun, sondern viel mehr mit der Tatsache, dass Samiro vermutlich keinen Schritt mehr tun konnte.

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