März NE 226 - Kapitel 1

Dass ich mit Vasili wegen meiner geheimen Identität als Grundbesitzerin reinen Tisch gemacht hatte, hatte eine große Last von meinen Schultern genommen. Endlich konnte ich mit ihm über alles reden und musste nicht ständig auf der Hut sein, um mich nicht zu verraten.

Obwohl wir nach außen hin weiterhin nur Freunde waren, änderte sich für uns alles. Vasili war nun ebenfalls klar, was für uns beide auf dem Spiel stand und so hatten wir uns in den Tagen nach unserer Aussprache gemeinsam überlegt, wie wir unsere Beziehung im Geheimen führen konnten. Das waren wohl die Besprechungen mit den kreativsten Ideen meines ganzen Studiums gewesen.

Zum Glück hatte Finn seinen Esperanto-Kurs in diesem Semester nicht gemeinsam mit Vasili, so dass er einmal pro Woche für eine Stunde nicht im Zimmer war, während Vasili und ich keine Vorlesungen hatten. Zwischendurch trafen wir uns außerdem im Labor, das man zum Glück von innen abschließen konnte. So etwas wie Bilder entwickeln machte außer Vasili eh kaum jemand. Es fand nur ein Kurs zu den Grundlagen der Fotografie in jedem Semester hier statt. So war das Labor die meiste Zeit leer und wir hatten es für uns. Das Rotlicht war total romantisch und ich hatte ein paar weiche Decken gekauft und im Regal deponiert. Es wurde nun auch stetig wärmer und so konnten wir uns auch im Park an einer der abgeschiedenen, blickgeschützten Stellen treffen, an denen wir ein Küsschen riskieren konnten.

Da sich Luis und Klaus, das bekannteste Pärchen der Universität, noch immer regelmäßig spektakulär stritten, hatten die Lästermäuler auch immer genug Gesprächsstoff und meine Versöhnung mit Vasili wurde nicht näher beleuchtet. Die zwei hätten wirklich Pralinen und Blumen verdient!

„Hast du schon die Themen für deine Abschlussarbeit?", fragte ich Vasili, als wir Anfang März gemeinsam in der Mensa beim Mittagessen saßen. Wir hatten uns davor noch kurz für ein Schäferstündchen im Labor getroffen und ich musste mich konzentrieren, um nicht mit einem Dauergrinsen rumzulaufen.

„Wir haben fünf Themen für die Abschlussarbeit bekommen, zu denen wir Fotografien einreichen müssen", sagte er zwischen zwei Bissen, „Ich werde eines der Schneebilder verwenden, die ich in Russland gemacht habe."

Ich nickte gedankenverloren. „Wir haben drei Themen bekommen, zu denen wir jeweils einen Artikel abliefern müssen", berichtete ich, „Eines ist völlig frei. Wir sollen einen Artikel schreiben, der unsere Dozenten mitreißt. Etwas Neues. Ohne Vorgaben ist fast noch schwieriger, als ein Thema, das einem nicht liegt."

„Haben sie euch auch schon von der Zeitschrift erzählt, die am Ende erstellt wird?", fragte er, „Es sollen Teams aus zwei bis vier Personen aus den Studiengängen Journalismus und Fotografie gebildet werden und jedes Team muss zwei Doppelseiten gestalten."

„Ja, das wurde uns mitgeteilt." Ich grinste ihn herausfordernd an. „Und ich überlege schon die ganze Zeit fieberhaft, mit wem ich ins Team soll. Vielleicht mit Finn?"

Er brummte und seine Augen funkelten belustigt. „Du könntest dich aber auch mit dem besten Fotografen deines Jahrgangs zu einem Zweierteam zusammentun."

„Das wäre natürlich ein Argument. Für mich ist das Beste gerade gut genug", bestätigte ich in bester Grundbesitzer-Manier.

„Beste daran ist, dass wir uns ständig zur Projektarbeit treffen können, ohne dass sich jemand wundert", sagte er und lächelte erfreut.

Als wäre noch weitere Überzeugungsarbeit nötig gewesen. „Für den Artikel in der Zeitschrift kann ich eines der beiden gesetzten Themen oder ein ganz freies Thema wählen, das ist egal", erklärte ich.

Er nickte. „Ich werde einfach danach bewertet, wie gut meine Bilder zu deinem Artikel passen. Wäre also nicht schlecht, wenn ich noch etwas Zeit zum Fotografieren hätte, wenn du den Text fertig hast." Wir beschlossen, gleich mit diesem gemeinsamen Projekt zu beginnen.

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