August NE 226 - Kapitel 3

Am nächsten Morgen hatte ich gleich beim Ärztehaus von Dr. Lorenz Grüneburg angerufen und sowohl für mich als auch für Vasili einen Termin ausgemacht. Ich hatte mich das letzte Mal vor meinem Studium durchchecken lassen, also war es generell eine gute Idee, einen Arzt aufzusuchen. Als Grundbesitzerin hatte ich noch am gleichen Tag einen Termin bekommen und da ich seine Arztrechnung übernahm, bekam Vasili zur gleichen Zeit einen Termin.

„Du hast was?", fragte mich Vasili entgeistert, als er zum Mittagessen von seiner Fototour zurück in unsere Suite kam. Er war früh morgens aufgebrochen, weil da das Licht anscheinend besser war. Ich hatte nach dem Barbesuch erst mal lange ausgeschlafen.

„Du bist von uns beiden ja wohl eher diejenige, die sich was eingefangen haben könnte", schimpfte er beleidigt. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass er auf meinen Plan so reagieren würde und stand ihm nun perplex gegenüber.

„Ich habe mich immer geschützt", stellte er klar und verschränkte die Arme vor der Brust, „Du kannst mich doch nicht einfach wie ein Haustier zur Entwurmung schicken!"

„Ich lasse mich ebenfalls untersuchen", beeilte ich mich zu beteuern. „Außerdem ist diese Untersuchung für manche grundlosen Männer so erstrebenswert, dass sie dafür sogar mit einer Grundbesitzerin schlafen", fügte ich grinsend hinzu.

„Dann muss der Gesundheitscheck ja phantastisch sein", grummelte er, ließ sich dann aber dazu überreden, zum Arzt zu gehen.

Drei Stunden später stiegen Vasili und ich aus dem Taxi, das uns bis vor das Ärztehaus gebracht hatte, ein modernes Gebäude mit viel Stahl und Glas. Hier trennten sich unsere Wege, denn wie ich am Telefon angewiesen worden war, mussten wir das Gebäude durch zwei verschiedene Eingänge betreten.

Kurze Zeit später brachte mich ein ärztlicher Assistent in einen Behandlungsraum, an dessen Tür auf einem Schild Prof. Dr. Lorenz Grüneburg stand. Den Mann, der dort in einem weißen Arztkittel hinter dem Schreibtisch saß, schätzte ich um die fünfzig. Er hatte graumeliertes, kurzes Haar und sympathische Lachfältchen um die Augen.

Ich hatte vorab im Internet recherchiert: der Familie Grüneburg gehörten mehrere Kliniken und Ärztehäuser in Hessen und Thüringen. Ein Mann wie Lorenz hatte es sicher nicht nötig, sich noch persönlich um Patienten zu kümmern. Doch wie ich erfahren hatte, probierte er hier in Frankfurt einen neuen Ansatz aus.

In diesem Ärztehaus bekamen reiche Grundlose Leistungen angeboten, die sich normalerweise nur Grundbesitzer leisten konnten. Die Preise waren erschwinglich, da das dafür nötige Equipment nur auf die Grundbesitzer umgelegt wurde und die Untersuchungen für Grundlose an den Geräten vorgenommen wurde, wenn sie gerade nicht für Grundbesitzer gebraucht wurden. Das war zwar interessant, aber ich hatte das leider aus einem recht neuen Artikel erfahren, da war mir jemand zuvorgekommen.

„Ich bin Lorenz", stellte sich der Arzt vor und legte seine Handflächen zur formellen Begrüßung unter Grundbesitzern aneinander.

„Anastasia Petuchow", stellte ich mich mit ebenfalls aneinandergelegten Handflächen vor.

Ich hatte bereits am Empfang meine medizinischen Daten freigegeben. Lorenz setzte sich an seinen Schreibtisch, rief sie sich am Bildschirm auf und studierte die Eintragungen. Dann nickte er und wendete sich wieder mir zu. „Dein letzter Gesundheitscheck liegt fast drei Jahre zurück, das sollte unbedingt gemacht werden. Hast du irgendwelche Beschwerden?" Ich verneinte. „Gut, dann sprechen wir noch über Vasili, den du mitgebracht hast", sagte Lorenz und trug routiniert vor: „Es gibt mehrere Gesundheitstests, die sich in Umfang und Preis teils stark unterscheiden. Der Günstigste ist der Basis-Check, er umfasst nur die Untersuchung auf alle sexuell übertragbaren Krankheiten. Der Comfort-Check wird am häufigsten genommen, dabei werden alle Gesundheitswerte überprüft und auf alle bekannten Krankheiten hin untersucht."

„Ist es möglich, den kompletten Gesundheitscheck machen zu lassen, bei dem auch die Gene auf Erbkrankheiten untersucht werden?"

Lorenz hob überrascht die Augenbrauen. „Im Prinzip ist absolut alles möglich, dieser Test kostet aber mit Abstand am meisten. Mit dem Test allein ist es auch nicht getan, er bildet normalerweise die Grundlage für die individuell abgestimmte Krebsvorsorge. Nach dem Test würde Vasili nur wissen, was im Alter zu einem Problem werden könnte, das allein hilft aber noch nichts."

„Könnte ich eine Krebsvorsorge für Vasili über dich beziehen?"

Lorenz lehnte sich in seinem Stuhl zurück und musterte mich eingehend. Mir ging auf, dass ich mich mit Sicherheit deutlich von den üblichen Sex-Touristinnen unterschied, die einen Grundlosen in die Praxis brachten.

„Vasili ist ein begnadeter Fotograf. Ich möchte alle Optionen durchgehen." Sofort ärgerte ich mich über mich selbst: Warum rechtfertige ich mich?

Lorenz nickte. „Für Geld ist alles möglich, wenn du die Krebsvorsorge für ihn zahlst, kann ich sie für ihn bestellen."

Er nahm ein Tablet und legte es mir hin. Es zeigte ein Datenblatt mit den Leistungen für Neugeborene. Bei Grundbesitzern wurde dieser Test kurz nach der Geburt gemacht.

Ich ging die Leistungen durch und mein Blick blieb kurz am Preis von über einer Million hängen. „Mach bitte den kompletten Test", entschied ich, „Die Krebsvorsorge kann ich dann anhand der Ergebnisse entscheiden." Und natürlich Vasili vorher fragen, ergänzte ich in Gedanken.

„Gut, dann wird mein ärztlicher Assistent nun die nötigen Proben für deinen Gesundheitscheck von dir nehmen und ich sehe nach Vasili", sagte Lorenz und stand auf. Ich musste ihn wohl recht überrascht angesehen haben, denn er ergänzte lächelnd: „Bei dem Preis ist eine Chefarztbehandlung inklusive. Außerdem sprechen die ärztlichen Assistenten im Grundlosen-Bereich kein Esperanto." Dann legte er zum Abschied wieder förmlich seine Handflächen aneinander und verließ den Raum.

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