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"Als sie sich aufrichtete und der Prinz ihr ins Gesicht sah, so erkannte er das schöne Mädchen, das mit ihm getanzt hatte, und rief: "Das ist die richtige Braut. Mit ihr habe ich auf dem Ball getanzt." Die Stiefmutter und die beiden Schwestern erschraken und wurden bleich vor Ärger. Er aber nahm Aschenputtel aufs Pferd und ritt mit ihr fort. Endlich fand der Prinz seine Liebe, die beiden heirateten und lebten noch lange glücklich und vergnügt. Und wenn sie nicht gestorben sind, so leben sie noch heute."
Jax klappte das Buch laut zu und legte es neben mich. Ich wäre eingeschlafen wenn er das nicht gemacht hätte.
Er seufzte und nahm sich meine Hand.
"Also wenn ich mal meine ehrliche Meinung äußern dürfte. Ich glaub der komische Prinz hat einfach nur einen gewaltigen Fußfetisch und versucht ihn mit dieser riesigen Schuhanprobe zu vertuschen. Der durfte von jeder Perle im Land die Füße betatschen und diesen Schuh anprobieren. Glaub mir der Prinz steht nicht auf Cinderella sondern auf ihre geilen, kleinen Füßchen."
"Oh Jax du bist absolut unmöglich. Jetzt hab ich immer den royalen Fußfetischisten vor mir. Dankeschön dafür."
"Kein Problem, immer wieder gerne." Er nahm sich ein kleines Buch und las laut vor.
"Mein erster Besuch im Zoo. Na das hört sich doch super spannend an. Oh und es hat auch nur zehn Seiten. Das wird aber ein rasches Ende." Jax machte sich gerade wirklich lustig über die Bücher einer Zweijährigen.
"Du bist so ein Volldepp." Ich nahm ihm das Buch weg und legte es zur Seite.
Schnell griff ich mir wieder das Märchenbuch und suchte ein weiteres meiner Lieblingsmärchen.
Frau Holle.
Ich schlug die Seite auf und begann an zu lesen.
"Es war einmal eine Witte, die hatte zwei Töchter. Davon war die eine schön und fleißig, die andere hässlich und faul-"
"Ich wüsste wen ich von den beiden flachlegen würde. Und danach würde sie auch noch mein Zimmer entstauben. Super praktisch."
Ich boxte Jax leicht in die Seite. "Ich will nichts mehr hören. Du ruinierst das schöne Märchen." Ich schmunzelte heimlich. Wenn Jax merkt, dass ich seine Kommentare lustig finde, werde ich die ganze Zeit nichts anderes mehr zu hören bekommen.
"Ist ja gut. Solange du mir mit Aschenputtel und dem Fußfetischisten fernbleibst, bleib ich still." Er tätschelte meinen Kopf und brachte sich in eine angenehme Liegeposition. Ich legte mich derweil auf den Bauch und platzierte das Buch direkt vor mir.
Ich ließ weiter und war kurz vorm Schluss.
"(...) Das gefiel Frau Holle überhaupt nicht und sie wollte den Dienst der Faulen beenden. Pechmarie war damit zufrieden und meinte, nun würde der Goldregen kommen. Frau Holle führte sie auch zu dem Tor, als sie aber darunter stand, wurde statt des Goldes ein großer Kessel voll schwarzem Pech ausgeschüttet. "Das ist zur Belohnung deiner Dienste", sagte die Frau Holle und schloss das Tor zu. Da kam die Faule heim, aber sie war ganz mit Pech bedeckt, und der Hahn auf dem Brunnen, als er sie sah, rief: "Kikeriki, unsere schmutzige Jungfrau ist wieder hie." Das Pech aber blieb fest an ihr hängen und wollte, solange sie lebte, nicht abgehen."
"Also ich weiß ja nicht."
Ich guckte Jax skeptisch an. Was wollte er jetzt wieder bemängeln?
"Diese Glücksmaria sollte aufhören ihr LSD an andere zu verteilen. Ich bitte dich, ein Brot was aus dem Ofen um Hilfe ruft und dann schneit es auch noch wenn die Oma ihre Bettdecke aus dem Fenster wedelt. Für mich klingt das ganz klar nach Drogenmissbrauch. Das einzige was da vielleicht schneit ist das Koks."
"Ouh man ich gebs auf."
Lachend legte ich meine Beine auf seinen Bauch.
"Tut mir leid Baby aber von Füßen hab ich heute wirklich genug." Er packte sich meine Füße und drehte mich zu sich. Ich war gepeinigt mit Prinz Charming dem Fußfetischisten aus Cinderella und Jax hatte seinen Spaß. "Mit dir werde ich nie wieder ein Märchen lesen."
"Bring Ruby bloß nicht so eine Scheiße bei. Märchen sind tabu."
"Das hättest du wohl gern. Was soll ich ihr sonst vorlesen? Die Gebrauchsanweisung von unserem Stabmixer?"
"Klingt schon mal besser als die LSD Glücksmaria und Prinz Lustfuß."
Ich guckte ihn an und musste laut los lachen. "Du redest so einen Schwachsinn, dass ist nicht zu glauben." Jax lachte mit und nahm mich in den Arm. "Jedes Mal wenn ich jetzt diese beiden Märchen lese, muss ich an Prinz Lustfuß oder LSD Glückmaria denken. Man ey." Ich tränte vor Lachen.
Das Prinz Charming und Goldmarie so in den Dreck gezogen wurden, verkraftete ich nicht. Es war so absurd. Ich wischte meine Tränen weg und schmiegte mich an Jax.
"Am liebsten würde ich noch Schneewittchen oder so vorlesen, aber deine Meinung richtet viel zu viel Schaden an." Murmelte ich und guckte direkt zu Jax. Er hatte wieder etwas zu sagen.
"Weißt du ich kann nix dafür, dass die Alte nicht richtig essen kann. Und dass dann sieben dauergeile, kleinwüchsige Kerle die in einem gläsernen Sarg bestatten sagt ja schon absolut alles. Also meine Meinung zu Märchen ist wirklich klar. Die gehören weggesperrt und verschlossen."
"Du hast einfach keine Fantasie. Es ist immer viel mehr als das Offensichtliche."
Jax stöhnte gelangweilt. "Also ich hätte jetzt viel mehr Lust auf eine richtig gruselige Horrorgeschichte." Jax Stimme wurde dramatisch und aufbrausend.
In dem Moment landete ein kleiner Schmetterling auf seinem Knie. Damit hatte es sich auch schon mit der Dramaturgie.
"Okay ich gebe auf." Er entdeckte den gelben Zitronenfalter und sank mit dem Kopf immer mehr ins Kissen.
"Jetzt siehst du was Märchen anrichten. Die Monster des Waldes kommen angeflogen." Er deutete auf den Schmetterling und seufzte so tief wie noch nie.
Das kommentierte ich nicht. Es war einfach offensichtlich was für ein Esel er war. Jax war wirklich amüsant.
Langsam kuschelte ich mich in ein Kissen und guckte einfach in den Himmel.
Hin und wieder flogen ein paar Vögel vorbei oder Jax Freund der Zitronenfalter.
Jax summte eine ruhige, entspannende Melodie und spielte dabei mit meinen Haaren.
So vergingen bestimmt ein paar Stunden.
"Willst du vorher eigentlich noch duschen bevor wir losfahren?"
Ich guckte ihn an und nickte leicht.
"Ja ich denke schon. Ist es denn schon so spät?"
Jax guckte auf sein Handydisplay. "Um 19 Uhr hab ich einen Tisch bestellt. Wir haben es jetzt kurz vor halb sechs." Stellte er fest und guckte mich dabei an.
"Ich geh vorher duschen und dann kannst du gerne duschen gehen. Ich brauch nämlich nicht Stunden im Bad so wie du." Er grinste verschmitzt und zog mir leicht an meinen Haaren.
"Hey das stimmt überhaupt nicht." Stellte ich beleidigt fest. "Vielleicht mal ne halbe Stunde aber sonst."
"Eine ganze Stunde." Beendete er meinen Satz.
"Leugnen bringt nichts Liebling. Du bist die Königin im Duschen. Länger als du braucht keiner."
Ich streckte ihm die Zunge raus und stand auf.
"Wehe du brauchst mehr als zehn Minuten. Dann setzt es aber was." Mit einem gespielten Unterton ermahnte ich ihn und zeigte mit meinem Zeigefinger auf Jax.
"Wenn ich mehr als zehn Minuten brauche, dann haben wir ja auch keine Zeit mehr für deine Dusche. Also muss ich richtig reinhauen."
Ich schüttelte demonstrierend mit dem Kopf und überlegte mir irgendeinen dummen Konterspruch. Aber mir fiel nichts ein. Ich war wohl oder übel geschlagen worden.
"Hilf mir mal kurz auf." Er streckte mir seine Hand hin. Ich sollte ihm aufhelfen. Ich nahm seine Hand und wollte Jax hochziehen. Jeder kann sich denken wie das endete. Jax war viel zu stark und riss mich zu Boden. Ich landete auf seinem Brustkorb und musste zusehen wie Jax mit dem gespielten Schmerz klarkam.
"Uff Baby, du bist so schwer."
"Du bist einfach nur ein kleiner Jammerlappen." Flüsterte ich ihm belustigt ins Ohr. Ich wusste, dass ich ihn damit hatte.
Er griff nach meiner Hüfte und setzte mich auf seinen Bauch.
"Ich zeig dir gleich mal wer hier der Jammerlappen ist." Er piekste mir unaufhörlich in meine Seite und brachte mich dazu quiekend aufzustehen.
"Ja ja du hast gewonnen. Geh endlich duschen du Jammerlappen."
"Du wirst sehen was du davon hast mich als Jammerlappen zu betiteln."
Jax zückte sein Handy und fing an Fotos zu machen. Schnell hielt ich die Kamera zu und streckte ihm wieder die Zunge raus. "Ich weiß schon was du erreichen willst. Aber sicher jammer ich jetzt nicht rum." Jax schmunzelte etwas und zog mich zu sich runter.
Unter anderen Umständen hätte ich gequengelt. Aber ich ließ mein Gewissen einfach nicht zu. Heute sollte es einfach mal Pause machen.
Schnell hielt Jax die Kamera auf mich und machte ein Foto wie ich freudestrahlend in die Kamera grinse.
Gerade war mir alles egal.
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