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Die Sonne schien mir mitten ins Gesicht. Es war ein wunderschöner Morgen.

"Du bist schon wach, das ist gut. Ich hab Frühstück gemacht. Komm runter wenn du möchtest." Jax war gerade in sein Zimmer gekommen. Ich hab die Nacht bei ihm geschlafen. Es ergab sich so. Da ich auch nicht meckern wollte, hab ich einfach mitgemacht. Ich war müde und Jax bot mir sein Bett an. Also willigte ich einfach ein.

Ich guckte zu Jax und war kurz gedankenverloren.

Komm runter wenn du möchtest.

Das hab ich selten bis noch nie auf diese Weise von ihm gehört. Wenn du möchtest. Es lässt darauf schließen, dass ich entscheiden kann wann ich was mache. Er wartet unten und wird meine Entscheidungen akzeptieren, egal wie sie ausfallen. Das bedeutete mir mehr als es sollte. Sowas sollte eigentlich selbstverständlich sein. Das Recht auf freie Entscheidung und Auslebung sollte jedem gestattet sein. Doch jetzt wurde es mir das erste Mal ganz offen und ehrlich erlaubt. Dieser Deal war das Beste was mir passieren konnte.

"Ich komme gleich. Ich muss mich noch anziehen und dann noch kurz ins Bad."
Jax nickte und schenkte mir ein Lächeln. "Ich warte dann unten auf dich."

Diesmal lächelte ich ihm zu. Er verschwand und ich war wieder alleine. Es war ein unbeschreibliches Gefühl. Schnell wechselte ich meine Unterwäsche und schlüpfte in eines von Jax Hemden. Ich zog mir eine kurze Stoffhose aus meinem Schrank über und ging ins Bad.
Ich verrichtete all die morgendlichen Gepflogenheiten ohne Stress und Hetze. Alles war losgelöst von Anspannung. Ein ganz normaler Morgen wie ich ihn mir nicht besser vorstellen könnte. Natürlich könnte Jax verschwinden, aber das ist eine unüberwindbare Kleinigkeit von der ich mir nicht diesen super Deal vermiesen lasse.

Ich schlenderte nach unten und ging in die Küche. Jax stand am Herd und brach ein paar Eier in die Pfanne.

"Setz dich schon. Die Spiegeleier sind gleich fertig."

Jax wird es niemals vor mir zugeben und ich werde es ihm auch niemals sagen, aber er macht sowas von sauleckere Spiegeleier. Ich weiß gar nicht was man daran so anders machen kann, aber seine Spiegeleier schmecken einfach absolut gut.

Deswegen freute ich mich einfach, dass er welche für uns machte.

Ich setzte mich an den gedeckten Tisch und füllte mein Glas mit Orangensaft.
"Soll ich dir auch Orangensaft eingießen?"
"Ja bitte."

Bitte

Ein weiteres Wort was Jax äußerst selten benutzt. Es dient zur höflichen Unterstützung einer Frage oder einer Aufforderung.

Jax ist nie höflich. Wenn jemand nicht nach seiner Pfeife tanzt ist das einzig höfliche was er macht dich nicht kurz und klein zu schlagen. Das wars dann auch mit seiner Höflichkeit.

Aber ein Bitte war wirklich mal was Neues.

Ich goss ihm den Orangensaft in sein Glas und wartete auf ihn. Jax drehte sich um und legte sich und mir ein Spiegelei auf den Teller. Er setzte sich zu mir und nahm sich ein Brötchen aus dem kleinen Korb.

"Iss mein Schatz. Du kannst dir nehmen was du willst." Die Stimmung war wirklich angenehm.

Ich nahm mir eine Brötchenhälfte und belegte es mit Käse. Außerdem schnappte ich mir Messer und Gabel und aß endlich dieses köstliche Spiegelei.

"Schmeckt es dir?" Jax biss in sein Brötchen und guckte mir zu wie ich das Spiegelei aufaß.

"Es schmeckt echt gut." Murmelte ich mit vollen Mund.
"Das freut mich." Er schien sich wirklich zu freuen. Ich hatte Jax noch nie so lange an einem Stück lächeln sehen. Er wirkte so happy. Als wäre das hier unser Alltag.


"Was machen wir heute noch so?"

"Na ja, ich hab überlegt dass wir heute Abend richtig schön essen gehen. Aber davor kannst du gerne entscheiden was wir machen."

Ich war etwas überrascht, aber dennoch froh.

"Können wir uns einfach in dem Garten legen und entspannen? Vielleicht können wir ja Musik an machen oder ich könnte irgendwas lesen."
"Ich hab im Keller noch eine alte Picknickdecke. Die kann ich auf den Rasen legen und du holst Rubys Kinderbücher."

Ich musste lachen. Es war eine echt witzige Vorstellung.

"Das hört sich super an, hahah."
"Was ist, warum lachst du?" Jax lachte mit mir.
"Dass du mir was vorliest aus den Kinderbüchern unserer Tochter. Stell dir das vor und versuche dabei nicht zu lachen."

Jax musste schmunzeln. "Okay stimmt, ich verstehe es." Ich musste kichern. Es vergingen keine zehn Sekunden und Jax lachte mit mir. Es war so herrlich amüsant.

"Dafür darfst du den Tisch jetzt auch abräumen."
"Stop warte. Ich stell das Geschirr in die Spülmaschine und du räumst den Aufschnitt weg. Deal?"
"Deal!" Jax schnappte sich gefühlt jegliches Lebensmittel was auf dem Tisch stand und versuchte es in den Kühlschrank zu befördern. Ich guckte dem ganzen Trauerspiel, was zum scheitern verurteilt war, zu.

"Du kannst mir nicht zufällig die Kühlschranktür aufmachen?" Es wirkte wirklich so als ob er mit dem Leben ringen würde.
Ich musste aufpassen, dass ich mich nicht vor Lachen auf den Boden kugele.
"Mhh lass mich überlegen."
"Josie komm schon, das Nutella-Glas fällt gleich weg." Er klang wirklich angestrengt. Es war wirklich lustig. Ihn so straucheln zu sehen war wirklich was Neues.

"Uff okay, es geht um Nutella. Da macht man keine Witze." Schnell öffnete ich ihm die Kühlschranktür und half ihm die ganzen Lebensmittel abzustellen.

"Das Nutella und ich danken dir mein Schatz. Dafür räum ich auch die Spülmaschine ein."
"Bitte beherrsch dich dieses Mal und nimm nicht gleich Alles gleichzeitig vom Tisch. Geschirr verträgt einen Sturz zu Boden nicht so leicht wie eine Käsepackung."
"Weißt du mein Engel, ich habe ein Gehirn. Ich kann selbst denken. Aber danke für den Tipp."
"Das sah vor einer Minute aber noch ganz anders aus als du verzweifelt vor dem Kühlschrank standest."
"Du kannst deine Spülmaschine gleich selbst einräumen junges Fräulein."

Ich streckte ihm belustigt die Zunge raus. "Du kannst das viel besser als ich."
"Ich kann alles besser als du mein Schatz."

Dafür piekste ich ihm in die Seite. Er zuckte auf und ließ einen Teller fallen. "Das bekommst du wieder!" Jax schnappte sich meine Taille und zog mich zu sich. Er trug mich aus der Küche und kitzelte mich währenddessen ordentlich durch. Ich zapptelte wie ein Fisch am Angelhaken. "Was ist mit dem Teller?" Keuchte ich leise.
"Den räum ich später weg. Jetzt ist erstmal Rache angesagt."
"Das hättest du wohl gern." Jetzt kitzelt ich ihn durch. Wir beide landeten rangelnd auf dem Wohnzimmerteppich.

"Okay stopp stopp! Ich kann nicht mehr." Atemlos lag ich auf dem Boden und guckte Jax in die Augen.

"Ich hole die Bücher und du holst die Decke."
Jax nickte und half mir beim aufstehen. Wir beide waren ziemlich aus der Puste.

Schnell lief ich nach oben und guckte in Rubys Bücherregal nach lustigen Büchern. Ich schnappte mir ein paar kurze Kindergeschichten und natürlich mein Lieblingsbuch. Die große Märchensammlung.
Ich hatte große Mühe die ganzen Bücher bis nach unten zu befördern. Aber irgendwie schaffte ich es dann doch. Eilig lief ich in den Garten und platzierte die Bücher auf dem Terrassentisch damit sie mir nicht doch sofort alle hinfielen.

Ich guckte hinter die kleinen Büsche die neben der Terrasse standen und sah eine kleine Picknickdecke wo vielleicht gerade mal zwei Personen drauf passen. Jax kam gut gelaunt hinter mir angelaufen und summte eine fröhliche Melodie. Er hatte ein paar Wohnzimmerkissen in der Hand und eine Flasche Eistee.

"So, gleich kann die Lesestunde beginnen. Einen Augenblick noch." Er drapierte die Kissen so, dass man sich gut hinlegen konnte. Ich nahm die Bücher und legte sie ans Ende der kleinen Decke.

"Lass uns mit den Märchen anfangen." Jax nahm sich das dicke Märchenbuch und blätterte ein bisschen darin rum.

"Ich denke Hänsel und Gretel ist nicht die beste Wahl." Murmelte er und guckte weiter. Ich musste irgendwie darüber lachen. Auch wenn die Bemerkung etwas makaber war, war sie dennoch passend witzig. Ich wusste auch nicht ganz warum ich lachte.

"Kannst du mir bitte Aschenputtel vorlesen? Das ist eines meiner Lieblingsmärchen." Natürlich konnte ich ihm die Seite sofort aufschlagen. Ich hatte es ja auch nicht schon hundert mal durchgelesen. Ich liebe Märchen einfach. Es ist als ob man durchs Lesen in eine weit entfernte Welt entflieht und bei einer wundervollen Geschichte dabei ist.

Und Märchen sind meistens so herrlich berechnend. Es gibt oft ein Happy End. Keine Spannung, kein Drama, gar nichts. Das Gute gewinnt fast immer. Das gefällt mir einfach so an Märchen.

Jax legte sich auf den Rücken und stützte seinen Kopf mit einem Kissen. Ich legte meinen Kopf auf seinen Bauch und genoss einfach die frische Frühlingsbrise. Der Himmel war ausgeschmückt mit ein paar Wolken und Vögel spielten in der Luft. Es war wirklich ein perfekter Augenblick.

Wie findet ihr den soften Jax?

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