33
Eine Dusche war genau das was ich gebraucht hatte. Harry hat mir erlaubt zu duschen. Es war einfach nur ein befreiendes Gefühl. Ich wusch die ganze Angst und Verzweiflung von mir ab. Irgendwie stärkte mich die Dusche, warum auch immer.
Ich guckte in den Spiegel. Das dunkle Lederhalsband lag immer noch um meinen Hals. Ich hatte mich nicht getraut es abzunehmen. Harry könnte jederzeit rein kommen. Dann wäre ich geliefert. Unvorteilhafterweise hatte Harry mir keine Kleidung bereit gelegt. Ich musste also vorlieb mit dem Handtuch nehmen. Mein erster Gedanke war, einen der Angestellten von Harry zu fragen, ob die Anziehsachen für mich hätten. Aber seitdem ich hier bin ignoriert mich jeder. Keiner spricht mit mir. Wahrscheinlich wurde es ihnen verboten. Da ich niemanden in Unannehmlichkeiten bringen möchte, musste ich irgendwie anders an Kleidung kommen. Vorsichtig verließ ich das Badezimmer und guckte mich um. Niemand war zu sehen.
Eigentlich blieb mir nur eine Möglichkeit schmerzfrei an Kleidung zu kommen. Ich musste Harry fragen. Dieser wartete in seinem Zimmer auf mich.
Langsam ging ich in die Höhle des Löwen. Irgendwie wurde mir immer mehr klar, dass das keine gute Idee war. Doch jetzt konnte ich nicht mehr zurück. Harry hatte mich schon gesehen.
"Darf ich bitte Kleidung haben Sir?"
Mürrisch stand Harry von seinem Schreibtischstuhl auf und ging zu seinem Schrank. Achtlos warf er mir ein Shirt hin und setzte sich wieder auf den Drehstuhl. Ich wusste, dass ich nicht mehr bekommen würde. Ein T-Shirt war schon wirklich eine Sensation.
"Dankeschön Sir." Ich wollte sein Zimmer schnellstmöglich verlassen, doch Harry stoppte mich.
"Du kannst dich auch hier umziehen Kitten." Langsam drehte ich mich um.
Wenn ich jetzt schon wieder Widerworte geben würde, wüsste ich nicht, ob ich diesen Tag noch überleben würde. Deswegen brachte ich es schnell hinter mich. Ich ließ das Handtuch fallen und zog mir schnell das graue T-Shirt über. Es ging mir zum Glück noch über den Hintern. Selbst dafür war ich dankbar.
"Was hältst du davon, wenn wir etwas Essen. Du scheinst etwas neben dir zu sein." Er scherzte. Was ein Witzbold er doch ist. Warum ich wohl neben mir stand?
Zusammen gingen wir nach unten. Ich hatte zwar überhaupt keinen Hunger aber man musste nehmen was man kriegen kann. Ich wusste nämlich nicht, wann ich das nächste Mal etwas zu essen bekommen würde.
Harry setzte lehnte sich an der Spüle an und guckte mir zu wie ich hilflos im Raum stand. Was sollte ich machen? Ich durfte sowieso nichts ohne seine Zustimmung. Also machte ich einfach nichts.
Nach kurzer Zeit stürmten zwei junge Männer in die Küche und hatten nach fünf Minuten den Tisch gedeckt. Alles was man brauchte war da. Doch nur ein Service war gedeckt. Natürlich nur für Harry.
Er setzte sich auf seinen Platz und deutete mir sich neben ihn zu setzen. Als ich mich auf den Stuhl setzen wollte, schüttelte er mit dem Kopf. Harry zeigte auf den Boden. "Neben mir am Boden ist dein Platz." Widerwillig setzte ich mich neben seinen Stuhl auf den Boden. Harry fing an zu essen und ich beobachtete einfach das Geschehen. Die beiden jungen Männer brachten jeweils zwei Müllbeutel nach draußen.
Irgendwann wurde ich stutzig. Die Küchentür war die ganze Zeit offen. Selbst als die beiden Männer von draußen wieder rein kamen, wurde die Tür nicht abgeschlossen. Könnte dies mein Weg zur Freiheit sein?
Ich guckte kurz zu Harry. Wenn ich jetzt los laufen würde, dann hätte er mich in zehn Sekunden eingeholt. Ich musste auf den richtigen Augenblick warten. Diesmal musste ich was aus meiner Chance machen.
Harry gab mir eine Scheibe Brot. Überrascht durch die Tatsache, dass Harry mal nicht nur an sich selbst gedacht hat, aß ich die Scheibe schnell auf.
Harry war irgendwann fertig mit dem Frühstück und wollte mit mir die Küche verlassen. Ich war verzweifelt. Meine Chance zur Flucht verringerte sich immer mehr. Ich war kurz davor mich einfach loszureißen und aus der Tür zu stürmen.
Dann klingelte sein Handy. Harry ging da natürlich ran und ließ meinen Arm los. "Du wartest hier Kitten." Murmelte Harry und ging in den Flur.
Also wenn das nicht der perfekte Augenblick war, dann wusste ich es auch nicht. Schnell lief ich zur Tür und öffnete sie so leise wie ich konnte. Kurz guckte ich mich um. Die Tür führte direkt zur Einfahrt. Adrenalin pumpe durch meinen Körper. Das war meine Chance!
Ich rannte los so schnell ich konnte. Barfuß und nur in Harrys T-Shirt gekleidet rannte ich auf die Straße. Ich hatte die Hoffnung irgendein Auto würde hierher fahren. Ich rannte einfach. Ich achtete kaum noch auf meine Umgebung. Der Asphalt unter meinen nackten Füßen setzte mir zu aber ich sprintete immer weiter.
"Josette, bleib sofort stehen!" Harry rannte hinter mir her. Er war wirklich wütend. Aber darauf konnte ich mich gerade nicht konzentrieren. Meine Aufmerksamkeit galt einzig und allein dem großen Haus an der Ecke der Straße. Wenn ich es bis dahin schaffen würde, könnte ich die Polizei rufen. Dann wäre ich erlöst. Dieser Gedanke trieb mich noch mehr an.
Ich war angekommen und klingelte Sturm. Bald müsste jemand die Tür aufmachen, sonst bin ich tot. Harry kam immer näher. Ich schloss schon mit meinem Leben ab. Fuck, fuck, fuck.
Die Haustür wurde geöffnet. Ich schubste die Frau an der Tür weg und schloss hinter mir die Tür. Schnell zog ich die verwunderte Frau von der Haustür weg. Sie war maximal so alt wie ich.
"Es tut mir leid dass ich hier so reinplatze. Ich brauche dringend ihr Telefon! Ein psychopathischer Mörder ist mir auf den Fersen. Ich brauche ihre Hilfe, bitte!" Außer Atem suchte ich selbst nach einem Telefon.
Die Frau guckte mich immer noch total verwirrt an. Irgendwie war sie nicht so ganz auf der Höhe. Sie wirkte auch sehr verstört.
"Ein Telefon? Ach ja natürlich." Verwirrt aber zügig verließ sie den Flur. "Warte hier, ich hole dir ein Telefon."
Völlig fertig mit den Nerven entfernte ich mich von der Haustür und ging ein paar Schritte durch den großen Flur. Mir fiel ein äußerst unangenehmer Geruch auf. Ich wusste aber nicht woher dieser kam.
Plötzlich hämmerte irgendwas ganz laut gegen die Haustür. Natürlich war das Harry. Mein Herzschlag war für eine Sekunde außer Gefecht gesetzt. Ich rannte hinter der Frau hinterher. Gleich würde ich frei sein. Ein Anruf und mein Leben wäre gerettet.
Ganz in meinen Gedanken verloren stand ich in einer kleinen Küche. Mir fiel auf, dass es ungewöhnlich ruhig war. An der Haustür war kein psychopatischer Killer mehr und die Frau hatte ihre Suche nach dem Telefon anscheinend auch schon aufgegeben. Irgendwas war hier faul.
"Miss, sind sie hier irgendwo? Hallo?" Ich lief durch die untere Etage. Doch ich konnte niemanden entdecken. Ich konnte das Knarzen einer Tür wahrnehmen. Fuck, solche Situationen sind überhaupt nichts für mich.
Kurz nach dem leisen Türgeräusch tauchte die Frau aus dem Wohnzimmer auf.
"Ich habe ganz vergessen, das mein Herr das Telefon abgeschaltet hat. Aber keine Angst, er wird dir helfen. Du musst nur aufhören dich gegen ihn zu wehren." Hinter der jungen Frau tauchte ihr Herr auf. Harry grinste fies und lies es mich spüren wie sehr ich gescheitert war. Die Situation war so absurd. Der Frau wurde eine ordentliche Gehirnwäsche verpasst. Sie machte nicht mal Anstalten zu fliehen oder in irgendeiner Weise Widerworte zu geben.
Reflexartig rannte ich los. Die Treppe musste doch irgendwo hinführen! Sie war meine einzige Chance. Oben angekommen wusste ich nicht mehr was ich machen sollte. Hier gab es so viele Türen. Meine Hoffnung schwand immer mehr. Ich war den Tränen nah.
"Kitten gleich hab ich dich!" Harry lief ruhig und gelassen die Treppen hoch. Ich rannte bis zum hintersten Zimmer und öffnete einfach die Tür.
Hier stank es so widerlich. Schon auf dem Flur war der Geruch echt nicht zu ertragen. Ich konnte das Zimmer kaum betreten ohne mich zu übergeben. Schnell guckte ich mich um.
Auf dem Bett lag eine Leiche. Eine komplett verweste Leiche. In der Ecke lagen ebenfalls zwei Leichen. Was war das für ein Horrorhaus?
Das war zu viel. Kreischend rannte ich aus dem Zimmer, direkt in Harrys Arme.
Mein Nervenzusammenbruch widerspiegelte die Aussichtslosigkeit. Ich klappte zusammen. Kraftlos sank ich zu Boden. Ich stand unter Schock. In meinem Kopf waren nur noch die drei toten Menschen. Das Ereignis gerade hat mir den letzten Rest gegeben!
"Kitten hast du jemals gedacht, dass du mich überraschen könntest? Glaubst du, dass du auch nur irgendeine Situation kontrolliert hast?" Heulend kniff ich die Augen zusammen. Ich wollte einfach nur weg von hier. Gerade wollte ich einfach nur zu Jax und meine Tochter in den Armen halten.
"Ich will nach Hause zu Jax und meiner Tochter." Heulte ich gebrochen. Harry wird mir wehtun, das weiß ich ganz sicher. Ich habe schreckliche Angst davor.
Grob legte Harry seine Arme um meinen Körper und hob mich hoch. Ich griff mir den Stoff seines Hemdes und heulte in seine Brust. Ich habe solch eine verdammte Angst, das kann mir niemand nehmen. "Bitte tu mir nicht weh Harry!" Wimmerte ich leise. Ich wiederholte es immer wieder. Denn mit noch mehr Schmerzen überlebe ich das alles nicht mehr.
"Du bist so unwiderstehlich, wenn du so gebrochen bist mein liebes, kleines Kitten!"
"Ich bin nicht dein Kitten." Flüsterte kaum verständlich.
"Nein aber du bist Jax Kitten. Das macht das alles umso aufregender!"
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