[Vierundneunzig] - Einfach etwas Liebe
Ich bin immer noch überwältigt von meinen Gefühlen, weil das Herz von Morgan und Kyle doch noch schlägt und sie weiterhin Teil unseres Lebens bleiben.
Auch Chesters Freude überschlägt sich regelrecht, als wir mit Kyle bei meinen Eltern auftauchen. Zuvor haben wir ihn bei Ambers Eltern abgeholt, weil diese mit Morgan nach New York fährt und Kyle so lange bei uns bleiben wird.
Als meine Mutter Kyle mit uns hereinkommen sieht, weiß sie natürlich sofort, was das zu bedeuten hat und wird von ihren Gefühlen ebenfalls vollkommen übermannt.
Und so halte ich sie in meinen Armen und weine gemeinsam mit ihr vor Freude.
Kyle hingegen versteht gar nicht, wieso er von Chester direkt überfallen und fest umarmt wird. Obwohl wir ihm das erklären, ist es für ihn einfach zu weit entfernt. Er begreift zwar, was wir alle geglaubt haben, aber die Tragweite ist ihm nicht so bewusst.
Kurzfristig haben wir uns dazu entschieden, die Jungs bei meinen Eltern zu lassen, damit Jolene und ich noch ein bisschen Zeit für uns alleine haben, um uns wieder ein wenig zu akklimatisieren und von all den Gefühlen erholen zu können.
Und das haben wir auch bitter nötig. Die letzten Wochen waren viel zu vereinnahmt von so vielen Ereignissen, die uns die gemeinsame Zeit geraubt haben.
Jolene und ich haben uns dazu entschlossen, mit unserem Boot aufs Meer hinauszufahren, die Sonne und die Wärme zu genießen, die Ruhe - fernab vom Stress des alltäglichen Lebens.
Unser Boot treibt einfach - und nur sehr leicht schwankend - im Wasser. Die Stille deckt uns ein und wir beide liegen gemeinsam auf dem Deck und lassen all das auf uns wirken.
Ich spüre förmlich, wie der Stress und all die Anspannung aus meinem Körper gleiten und von purer Ruhe und Entspannung geflutet wird.
Jolene geht es genauso. Schon lange habe ich in ihrem Gesicht diesen entspannten Ausdruck nicht mehr gesehen. Gerade sie benötigt wieder viel Energie, die ihr durch die ganzen Umstände geraubt wurde. Sie benötigt Kraft, um das meistern zu können, was uns noch bevorsteht: Der Kampf gegen Bilson. Dafür braucht sie nicht nur Durchhaltevermögen, sondern auch einen klaren Kopf.
Ich drehe mich zu ihr und lege meinen Arm um sie, meinen Kopf auf ihre Schulter und streichle an ihrer Taille auf und ab.
Sofort spüre ich ihre Hand auf meinem Rücken und ihre Lippen in meinem Haar.
Daraufhin hebe ich meinen Kopf und sehe sie an. »Ich vermisse uns.«
Jolene lächelt schwach und beugt sich mir ein wenig entgegen, um unsere Lippen für einen Kuss zu vereinen.
»Ich verspreche dir, die ganze Sache mit Bilson so schnell wie möglich zu erledigen. Ich will es beenden, bevor unser Kind auf die Welt kommt.« Bedeutend gleitet sie mit ihrer Hand über meinen Bauch. »Denn ich will diese Zeit mit euch genießen und nicht mit der ganzen Scheiße belastet sein.« Wieder beugt sie sich mit entgegen, um mich zu küssen.
Anfänglich diente dieser Kuss als Siegel für ihr Versprechen, aber dann wird er zärtlicher, inniger und schließlich auch leidenschaftlicher.
Automatisiert gleitet meine Hand über ihre Haut; vom Bauch nach oben, zwischen ihren Brüsten durch und wieder zurück.
Ihre Atmung beschleunigt sich dadurch und auch ihre Berührungen werden stimulierender. Mit ihrer linken Hand öffnet sie die Schleife meines Bikini-Oberteils, ihre rechte Hand schleicht sich in meine dazu passende Hose, gleitet zu meinem Hintern und streift sie so nach unten. Selbiges mache ich mit ihren zwei Stoffstücken, die sie am Körper trägt.
Sie dreht sich ein wenig zu mir und ihr Bein schiebt sich zwischen meine, während ihre Hand über meine Taille gleitet, zu meiner Brust, die sie zärtlich liebkost - bis unsere Lust auf dem Höchstpunkt ist und sie mit ihren Lippen die Liebkosung meiner Brust übernimmt, damit sich ihre Hand an anderer Stelle austoben kann.
Jolene ist kreativ und weiß genau, wie sie den Sex so unglaublich schön gestalten kann, ohne dass mich die Position anstrengt oder sie unbequem wird.
Ich kann vollkommen abschalten und ihre Berührungen und Küsse einfach nur genießen. Jegliche Gedanken verschwinden und nur noch das Gefühl purer Liebe durchströmt mich. Ich bin gänzlich bei ihr und dem, was sie mit mir macht.
Ich verliere nicht mal einen Gedanken daran, was passiert, wenn ein weiteres Boot vorbeikommt und wir bei unserem Liebesspiel erwischt werden.
Mir ist das einfach egal, ich will nur Jolene spüren; ihre Fingerspitzen, ihre Zunge, ihre Haut - überall an meinem Körper.
Der Höhepunkt unserer Ekstase beendet unsere Leidenschaft aber noch nicht. Noch eine ganze Weile bleiben wir dort liegen, streicheln und küssen uns.
Bis uns Jolene wieder nach Hause bringt, wo wir es uns an unserem Pool gemütlich machen, während die Sonne untergeht und sich ein wunderschönes Farbenspiel über Miami legt.
Im Wasser des Pools genieße ich die Schwerelosigkeit, und insbesondere mein Rücken dankt es mir.
Jolene aber ist längst nicht fertig damit, mich mit ihrer Liebe zu überschütten und zu verwöhnen. Sie hat genauso viel Nachholbedarf, wie ich. Und natürlich genieße ich ihre ungeteilte Aufmerksamkeit in vollen Zügen.
Mir gefällt es, wie sehr wir uns aufeinander einlassen können, ohne befürchten zu müssen, jeden Moment von einem 6-Jährigen dabei gestört zu werden.
Es gibt nur sie und mich. Ihre Berührungen und Küsse. Ihre süßen Worte.
Unsere Nähe und unsere Liebe.
All das unter freiem Himmel, mit dem besänftigenden Rauschen des Meeres. Umringt von den Fackeln, die Jolene zuvor entzündet hat.
Ein schöner, fast roter streifen am Horizont, darin der halbrunde Feuerball, der in seiner orangenen Färbung im Meer zu versinken scheint.
Mit der einen Hand halte ich mich am Beckenrand fest, mit der anderen an Jolenes Schulter, während ich mich an ihrem Hals festsauge, weil sie mit ihren Berührungen erneut überwältigende Gefühle in mir auslöst. Denn auch eine Unterbrechung durch die Polizei will ich vermeiden. Und da Jolene diese Meinung ganz sicher mit mir teilt, muss sie sich damit abfinden, morgen mit einem Halstuch durch die Gegend laufen zu müssen.
Ihre Lippen liegen an meinem Ohr und ich kann ihre aufgeregte Atmung hören und auch spüren. Zum richtigen Zeitpunkt aber legt sie diese auf meine, damit ich all meine Lust in ihren Kuss hineinraunen kann.
Aber auch danach hört sie nicht auf, mich zu küssen - nur weniger wild, dafür sanft und zärtlich.
»Babe«, haucht sie schwach und angestrengt, und ihre grünen Augen sehen feurig in meine.
»Hm?«, entgegne ich ebenso schwach und küsse sie wieder.
»Wenn ich könnte, würde ich dich jeden Tag heiraten.«
Ich entferne mich ein wenig von ihr, damit ich sie deutlicher sehen kann. Mein Herz pocht jetzt nicht mehr nur wegen der Anstrengung wild, sondern wegen ihrer etwas anderen Art, mir ihre Liebe zu gestehen.
»Und ich würde jeden Tag 'Ja' sagen«, antworte ich lächelnd und ziehe sie für einen Kuss wieder zu mir.
So sehr wir all die Zuneigung und Zärtlichkeiten genießen, müssen wir unsere Zweisamkeit dennoch unterbrechen, weil mir im Wasser zu kalt wird. Also steigen wir aus dem Pool.
Während Jolene all die Fackeln löscht, gehe ich schonmal ins Badezimmer, um mir den Tag, den Schweiß und auch das Chlor von der Haut und aus den Haaren zu spülen.
Jolene stößt kurz darauf dazu, um selbiges zu tun.
Ursprünglich hatten wir vor, es uns auf der Couch bequem zu machen, mit Pizza vom Lieferservice und einem schönen Film.
Aber der Tag hat uns beide geschlaucht, mich vermutlich mehr als Jolene, wobei Jolene einige Stunden mehr an Ruhe nachzuholen hat, als ich. Deshalb steuern wir direkt unser Bett an, obwohl es eigentlich noch früh am Abend ist. Aber ich bin müde und erschöpft. Der Tag war aufreibend und kräftezehrend - in vielerlei Hinsicht.
Tatsächlich aber bin es gar nicht ich, die sofort einschläft, sondern Jolene. Ein wirklich seltener Anblick. Üblicherweise schlafe ich als erstes ein, weil sie mich in ihren Armen hält und mir sanft durchs Haar krault. Irgendwann danach schläft sie dann ein.
Heute ist es anders, und das zeigt deutlich, dass auch die Akkus einer Jolene Reid irgendwann leer gehen.
Absolut nachvollziehbar nach alledem, was die letzten Wochen passiert ist. Jolene hat an so vielen Baustellen gleichzeitig gearbeitet. Ein Wunder, dass sie überhaupt so lange durchgehalten hat.
Zuerst die Sache mit ihrem Vater, die noch immer nicht überstanden ist. Er ist mehr oder weniger auf freiem Fuß, und doch ist es verdächtig still um ihn - Jolene traut dieser Ruhe nicht, vor allem nicht, nachdem sie das über Morgans Vater herausgefunden hat.
Dann Bilson mit all seinen Versuchen, Jolenes Karriere zu zerstören, in dem er ihr die ganzen Unternehmen entreißt, um BNS niederzuwalzen. Die Angriffe auf ihr Netzwerk, der Verdacht der Steuerhinterziehung - die damit einhergehende Verhaftung, und letztlich auch der Verlust ihrer geliebten Cousine.
All das mit einer hochschwangere Frau und einen sechsjährigen Sohn an ihrer Seite, die sie ebenfalls zu beschützen wusste.
Ich bin beeindruckt von dieser Stärke, die sie da aus sich herausgeholt hat - und ich bin unsagbar stolz darauf, wie sie das gemeistert hat.
Das ganze ist noch nicht überstanden. Bilson ist immer noch nicht ausgeschaltet, ihr Vater noch nicht Verurteilt, und ich immer noch schwanger.
Nur eines erschaffte ihr Erleichterung: Morgan lebt.
Und ich bin mir ganz sicher, nach dem, was insbesondere die letzten Tage anbelangt, werden die beiden ihre Reid-Power jetzt so richtig auspacken.
Jolenes Worte, das ganze zu beenden, bevor ich unser Kind auf die Welt bringe, waren unmissverständlich. Und ich glaube ihr; ich bin mir sicher, dass sie das wirklich schafft.
Sie hat es also verdient, auch mal behütet in den Schlaf zu finden. Nicht immer muss sie diejenige sein, die über meinen Schlaf wacht. Auch sie darf sich mal geborgen und sicher fühlen, während ich diese Aufgabe übernehme.
Und so liege ich jetzt hier, mit ihr umschlungen und kraule ihr in gleichmäßiger Bewegung durchs Haar, während ich sie dabei beobachte; wie sie ruhig atmet, wie entspannt ihr Ausdruck ist.
Ich recke mich ein wenig und lege ihr meine Lippen zärtlich, aber bedeutend auf die Stirn, um dieser Geborgenheit mehr Stärke zu verleihen - und in der Hoffnung, dass sie es unterbewusst mitbekommt. Als Dankeschön, weil sie immer alles tut, damit es mir gut geht und es mir an nichts fehlt.
Meine Liebe ist das Mindeste, was ich ihr in Zeiten wie diesen zurückgeben kann.
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