[Fünfunddreißig] - Hello little Baby
»Doch, es ist wahr«, antwortet Jolene und zwingt mich dazu, sie loszulassen. Sie umgreift mein Gesicht mit ihren Händen, damit ich ihr direkt in die Augen sehe.
Es ist lediglich das leuchtende Grün, das ich durch die Tränen erkenne. Alles andere ist verschwommen.
Sanft wischt sie mit ihren Daumen über meine Augen und ich erkenne ihr sanftes Lächeln. Sie beugt sich zu mir und legt ihre Lippen an mein Ohr. »Mama«, flüstert sie lieblich.
Ich kann es nicht verhindern, erneut schluchze ich los und werfe mich in ihre Arme zurück.
»Babe«, brummt sie nun und hört sich sichtlich überfordert hat.
»Es tut mir leid«, schaffe ich es auszusprechen. »Ich kann es mir selbst nicht erklären.«
»Du bist schwanger«, weiß sie als Begründung zu antworten und lächelt wieder. Sanft streichelt sie mir durchs Haar, dann über meine Wangen, als ich meinen Blick zu ihr hebe. Diese Worte jagen mir einen starken Schauer über den Rücken, und auf meiner gesamten Haut stellen sich die feinen Haare auf.
Der Test ist positiv. Er zeigt zwei sehr deutliche Striche. Obwohl ich spätestens seit gestern ein unglaubliches Hochgefühl in mir trug und mir ebenfalls so sicher war, sind es vermutlich nun die Zweifel, die aus mir herausgeschwemmt wurden.
Ich kann wirklich nicht erklären, wieso ich mit solch einem Ausbruch auf das erfreuliche Ergebnis so reagiere.
»Warum weinst du, Mom?« Vorsichtig kommt Chester zu uns und legt seine Hand auf meinen Kopf. Fürsorglich tätschelt er mich und sieht mich abwartend an.
»Weil sie glücklich ist«, antwortet Jolene für mich, während ich Chester bestätigend zulächle.
»Ich versteh' das nicht«, schüttelt er den Kopf. »Wieso weint Mom immer, wenn sie glücklich ist?«
»Weil man auch vor Freude weint«, antwortet wieder Jolene.
»Das sagt ihr immer, aber das glaube ich euch nicht«, wehrt er ab und sein Ausdruck wird ernst. »Wenn ich glücklich bin, dann lache ich«, erklärt er und beginnt nun meine Wange zu tätscheln. »Du musst lachen, wenn du glücklich bist, Mom; nicht weinen.« Sein Blick ist so belehrend, dass ich nun wirklich lachen muss und ihn damit erheitere.
»Ich liebe dich, Ches«, sage ich lediglich, ziehe ihn zu uns in den Arme und drücke ihm einen liebevollen Kuss auf den Mund.
»Warum bist du denn glücklich?«, fragt er neugierig.
Diese Frage lässt mich zögern. Auch wenn ich mich über das positive Ergebnis freue, weiß ich aus eigener Erfahrung, wie schnell sich das Blatt wenden kann. Ungerne möchte ich ihm die selbe Enttäuschung erleben lassen, durch die ich mich beim letzten Mal gequält habe.
»Weil Mom ein Baby bekommt«, antwortet mal wieder Jolene.
Geschockt sehe ich sie an, weil sie sich nicht an unsere Abmachung hält. Ein Erwachsener hat Verständnis bei sowas, aber ein so junges Kind wird es nicht umfassend begreifen können, falls es dann doch nicht mehr so ist.
»Wirklich??« Voller Freude sieht er mich mit seinen großen, leuchtenden Augen an.
Jolene streckt sich ein wenig und greift nach dem Test, der noch immer auf der Armatur liegt und zeigt ihm diesen; erklärt ihm, was die beiden Striche bedeuten.
»Jolene«, brumme ich leise.
»Cait«, ermahnt sie mich hingegen sofort und sieht mir eindringlich in die Augen. »Hör' mit deinen negativen Gedanken auf, sie sind schädlich. Sei zuversichtlich und erfreue dich stattdessen daran, ein Baby zu bekommen. Es wird.« Nun lächelt sie und streichelt mir aufmunternd die Wange.
»Sie hat recht«, höre ich dann meine Mutter sagen, die die ganze Zeit schon im Türrahmen steht. »Wir sind für dich da, und wenn dich die negativen Gefühle wieder übermannen, lass es uns wissen. Wir helfen dir dabei, sie zu verdrängen«, spricht sie aufmunternd.
»Ja«, nicke ich und stimme dem zu. Deshalb atme ich einmal tief durch und erhebe mich - mit Chester im Arm - wieder auf meine Beine. Sofort hilft mir Jolene dabei und streichelt uns beiden liebevoll über die Wangen, während sie mir lächelnd in die Augen sieht.
»Wir werden bald zu viert sein«, flüstert sie und das Funkeln in ihren Augen wird zu einem Leuchten.
Die aufmunternden Worte von Jolene und meiner Mutter haben mein tiefstes Gewissen erreicht und mir wirklich Mut gemacht.
Sie haben recht, sie können mir dabei helfen, wenn mich die falschen Gefühle und Gedanken ereilen, und ich bin mir auch ganz sicher, dass sie es schaffen. Ich versuche mir selbst zu verinnerlichen, diesmal in den Genuss einer gesamten Schwangerschaft zu kommen, denn mit solch einem Umfeld, wie ich ihn habe, kann eigentlich gar nichts schief gehen.
Mein Hochgefühl bekommt auch zwei Tage später einen weiteren Schub positiver Energie, als der Arzt die Schwangerschaft ebenfalls bestätigt, und auch, bereits in der sechsten Woche zu sein. Als voraussichtlichen Geburtstermin errechnet er den 8. Juni.
Auf dem Ultraschall zeigt er uns, woran er die bestehende Schwangerschaft erkennt. Da es für uns nicht das erste Mal ist, sind auch unsere Augen dahingehend besser geschult und erkennen die kleine Erbse deutlich als unser Baby.
Erneut laufen mir Tränen über die Wange, während ich Jolenes Hand halte. Deren Blick ist aber unentwegt auf den kleinen Monitor gerichtet; sie fixiert ihn regelrecht, als wolle sie sich dieses Bild einprägen. Ich muss deshalb schmunzeln, weil wir dieses Bild ohnehin als Foto erhalten und sie es sich angucken kann, wann immer sie möchte.
Trotzdem ist es etwas anderes, es zum ersten Mal quasi live zu sehen, während das Foto schlicht eine Erinnerung darstellen wird.
Auch vom Arzt erhalte ich nochmals gute Ratschläge und Belehrungen, was meine Gedanken angeht. Sogar er ist sich sicher, dass ich - anders als beim letzten Mal - zur nächsten Untersuchung immer noch schwanger sein werde und er ein schönes Bild von unserem Baby machen kann.
Diese Worte lassen mein Herz höher schlagen und diesen Tag förmlich herbei sehnen.
Bei soviel positivem Input kann doch wirklich nichts mehr schief gehen.
Meine Gefühle, Gedanken und meine Laune heben sich rapide und bleiben beständig auf oberstem Level bestehen.
Ich habe aber auch keine Zeit, wirklich negative Gedanken zu entwickeln. Nicht nur die Schwangerschaft sorgt für eine Wende in meinem Leben.
Christian hat den Job am Flughafen bekommen und darf ab dem 1. November offiziell anfangen. Deshalb reist er nach Deutschland zurück, um alle notwendigen Vorbereitungen zu treffen. Nicht nur was den Umzug in die Staaten betrifft, sondern auch die Verabschiedung aus einem Land, in dem er geboren und aufgewachsen ist.
Jolene gibt ihm dafür auch den Arbeitsvertrag für Philipp mit, damit dieser ebenfalls alle nötigen Formalitäten erledigen kann.
Meine Mutter aber bleibt hier bei uns. Zwar gesteht sie, ein schlechtes Gewissen zu haben, weil sie sich in Deutschland nicht anständig von ihren Freunden verabschiedet, aber sie hat ihnen versprochen, das gewissermaßen nachzuholen. Als Grund nannte sie die Schwangerschaft ihrer Tochter, die sie unbedingt von Anfang an miterleben will und sich in vier Wochen ja vieles ändern kann. Wobei sie mir zusätzlich noch erklärte, an meiner Seite bleiben zu wollen, um mir im Kampf gegen meine inneren Dämonen beizustehen.
Außerdem will sie die Zeit nutzen, um ein schönes Zuhause für sich, ihren Mann und meinen Bruder zu finden.
Von der Maklerin hat sie sogar bereits einige Exposés von Immobilien bekommen, die sich meine Mutter genauestens anschaut. Eines der drei Objekte sagt ihr sogar direkt zu, weshalb sie umgehend einen Besichtigungstermin dafür vereinbart hat.
Einen großen Pluspunkt hat dieses Haus, weil es sich auf der anderen Straßenseite von Chesters Schule befindet und er sie so auch mal im Anschluss besuchen- oder sie ihn von dort abholen kann.
Den Termin für die Besichtigung erhält sie dann auch recht zeitnah für diesen Freitag.
Außerdem wird sie von Jolene ein wenig in die bisher existierende Marketingabteilung von BNS eingewiesen und bekommt gezeigt, was genau diese tut und was Andreas Job wäre, sofern sie sich dafür entscheidet.
Immerhin ist Jolene in dieser Hinsicht sehr rigoros und strickt, da ändert auch der Schwiegermutter-Bonus nichts daran - auch wenn sie meine Mutter liebt und schätzt.
Noch dazu sollte sich meine Mutter über den Umfang dieser Tätigkeit im Klaren sein - es ist eben etwas anderes für ein solch gigantisches Unternehmen mit so vielen Sub- und Tochterunternehmen Marketing zu betreiben, als nur für ein paar Gebäude den Anstrich und die Einrichtung zu planen.
Aber ich bin guter Hoffnung, dass meine Mutter mit der Aufgabe klar kommen wird - nicht nur, weil auch Jolene davon überzeugt ist. Andrea ist ein kreativer Mensch und kann dieses Talent wunderbar dafür einsetzen.
Für mich selbst sind die Tage ziemlich ruhig. Hin und wieder besuche ich mit Naddy die neuen Räumlichkeiten, um zu gucken, wie weit die Maler mit der Raumgestaltung sind, ansonsten sitze ich tatsächlich zu Hause und arbeite von dort aus an meinen Projekten.
Da dies Jolene auch hin und wieder tut, ist unsere Arbeitsecke im unteren Bereich des Hauses entsprechend mit Hardware ausgestattet.
Natürlich nur das Aktuellste und Beste. Für mich war es zunächst gewöhnungsbedürftig und auch übertrieben mit vier 32 Zoll Monitoren zu arbeiten, empfand es dann aber doch als sehr angenehm, weil ich mir auf die Art viel hin- und her Klicken erspare.
Gut, den vierten Monitor, der über jenen in der Mitte ragt, nutze ich eher nicht, weil mir das Hochgucken zu lästig ist.
Diesen nutzt Jolene aber auch nur für das Monitoring des Netzwerkes, das nebenbei läuft, während sie programmiert. Oder aber er dient als TV in dem sie die Nachrichten laufen lässt - meist aber den Aktienmarkt, da sie ja solche besitzt und auch damit handelt.
So sitze ich auch jetzt in dieser Kommandozentrale, um zu arbeiten. Auf dem Hauptmonitor vor mir der Editor mit dem Quellcode der Webseite. Auf dem rechten meine E-Mails und auf dem Linken die Ordner mit all den wichtigen Dokumenten, die ich für das Projekt benötige.
Im Hintergrund läuft eine Playlist mit Musik, die mich konzentrierter arbeiten lässt.
Das funktioniert natürlich nur solange, bis Chester das Haus betritt und seine Ankunft durch lautes Rufen verkündet; gefolgt von einer Erzählung über seinen abenteuerlichen Schultag.
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Guten Abend ihr Lieben,
sorry, dass ich das solange hab im Raum stehen lassen, aber ich war beruflich extrem eingespannt und das wird sich nächste Woche leider fortsetzen ^^;
Tja ... ja, dem einen oder anderen war es ja klar, wie Caits Test ausgefallen ist und doch hat es mich erfreut, euch so darüber rätseln zu sehen :D
Weshalb ich aber eigentlich ein paar Worte da lasse: Ich habe eine Frage an euch und es wäre echt voll toll, wenn ganz viele darauf antworten würden (ggf. profitiert ihr nämlich davon ^^)
und zwar:
Gibt es irgendwas, das ihr auf diese Reihe bezogen schon immer mal lesen wolltet?
Also, ich meine, z.B. wurde schon ein paar mal der Wunsch nach einen Kapitel aus Jolenes Sicht geäußert, oder aus Sicht von Morgan, oder ein gewisses Erlebnis zwischen Cait und Morgan (und evt. Jolene) - wenn ihr wisst, was ich meine ... xD
Naja, jedenfalls so in die Richtung: Was würdet ihr gerne aus dieser Reihe hier mal lesen (evt. etwas abseits dieser eigentlichen Geschichte hier)? Habt ihr Wünsche? ^^
Und nein, ich frage das nicht, weil ich keine Ideen mehr habe (also ob, hahaha), sondern weil ich wissen will, was euch interessiert, was ihr euch wünscht und was/ob ich davon für etwas Spezielles verwenden kann ;-)
Also, lasst mich eure Wünsche und Fantasien wissen :D
Schönen Abend und schönes Wochenende,
eure Bo. <3
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