[Dreiundneunzig] - Das Herz so schwer
Ich bin wirklich froh, nicht noch den ganzen Sonntag im Krankenhaus verweilen zu müssen. Schon um acht Uhr macht Winnie ihre erste routinemäßige Untersuchung und entlässt mich nach einem Gespräch über mein Empfinden und meine emotionale Verfassung, um zu verhindern, dass ich in wenigen Stunden wieder hier lande, weil es mich dann doch nochmal überwältigt.
Aber ich will stark bleiben und mich beherrschen. Es nützt niemanden etwas, wenn ich mich ständig von meinen Gedanken überrollen lasse; vor allem nicht mir oder dem Baby.
Um aber ganz sicher zu gehen, haben wir uns darauf geeinigt, dass ich mich für die Tage, die Jolene mit Cormack in New York sein wird, bei meinen Eltern einniste. So bin ich nicht alleine, und schon gar nicht in dem Haus, in dem meine Erinnerungen an Morgan zu präsent sind.
Jolene durfte die ganze Nacht bei mir bleiben. Das hat mir geholfen, einen relativ ruhigen Schlaf zu finden. Zwischendurch überkamen mich meine Träume, die mich aus dem Schlaf gerissen haben, aber Jolene war da und konnte mich sofort wieder beruhigen. Ihre Nähe tat mir gut. Ohne diese wäre die Nacht gewiss viel schrecklicher gewesen und ich hätte bei dem Gespräch mit Winnie ganz sicher nicht meine Entlassung erwirken können.
Ursprünglich hatte man uns ein zweites Bett dazu stellen wollen, aber dieses Angebot haben wir beide abgelehnt. Zuhause schlafen wir in unserem zwei Meter breiten Bett auch eigentlich nur auf einem halben Meter, da war es für uns kein Problem, mal eine Nacht auf nur einem Meter zu schlafen.
Draußen vor dem Gebäude nehme ich einen großen Atemzug und inhaliere die Luft der Freiheit. Ich fühlte mich die letzten 24 Stunden so eingesperrt und beobachtet; keinerlei Privatsphäre. Kein schönes Gefühl.
Und weil es mir nicht schnell genug gehen konnte, habe ich sogar das Frühstück verweigert und Jolene dazu überredet, dieses irgendwo anders zu uns zu nehmen. Mit einem verständnisvollen Schmunzeln hat sie zugestimmt.
Und so sitzen wir jetzt hier in diesem kleinen Café. Vor mir ein Teller mit einem Bagel, belegt mit Frischkäse und ganz viel Paprika, und ein weiterer Teller mit Rührei und Speck. Ich habe wirklich Kohldampf, nachdem das Essen im Krankenhaus alles ist - nur nicht lecker und sättigend.
Jolene sitzt mir gegenüber und umklammert lediglich eine Tasse Kaffee, während sie mich amüsiert ansieht.
»Was ist mit dir?«, frage ich sie und sehe sie musternd an.
»Keinen Hunger«, antwortet sie und schüttelt den Kopf.
»Wann hast du das letzte Mal was gegessen?«, hake ich nach. Denn seit sie gestern wieder ins Krankenhaus kam, hat sie nichts weiter zu sich genommen.
Als wäre das schon ewig her, zuckt sie mit den Schultern. »Vermutlich vorgestern.«
»Jolene«, raune ich und schiebe ihr bedeutend den Teller mit den Eiern und dem Speck entgegen. Sie aber streckt ihre Hand aus und will mich daran hindern.
»Du isst für zwei«, merkt sie an und lächelt.
»Und du für niemanden«, kontere ich und bestehe darauf, dass sie etwas zu sich nimmt. »Es hilft uns nicht, wenn du diejenige bist, die als nächstes umkippt und im Krankenhaus liegt.«
Sie schnauft und ergibt sich endlich. Wenn auch etwas widerwillig, aber sie isst.
Trotzdem stibitze ich ihr immer wieder etwas Ei und Speck, aber den größten Teil überlasse ich ihr.
Anschließend sitzen wir wieder im Auto. Jolene lenkt den monströsen Pick-Up durch die Straßen, das Radio hat sie bewusst ausgeschaltet, weil es natürlich immer noch nur um das Unglück bei Jacksonville geht, das sich vor zwei Tagen ereignet hat.
Mein Blick ist nach draußen auf die Straße gerichtet und ich beobachte sämtliche Fußgänger, die dort laufen, Straßen überqueren, mit dem Kinderwagen oder dem Hund spazieren gehen. Begutachte Autos, die neben uns herfahren, am Straßenrand geparkt sind, oder die Kreuzung vor uns überqueren.
Dabei bemerke ich, dass Jolene gar nicht geradeaus fährt, wo wir aber hin müssten, wenn wir unser Zuhause erreichen wollen. Stattdessen biegt sie links ab.
Zunächst glaube ich, sie fährt zu meinen Eltern, um Chester abzuholen, oder um mich dort direkt abzusetzen, dann aber biegt sie wieder links ab und befährt die State Road 112.
Jene Straße, die geradewegs zu Amber führt.
»Wo fährst du hin?«, frage ich trotzdem und sehe sie skeptisch an.
»Zu Amber«, bestätigt sie meine Vermutung. »Ich habe gesagt, dass ich nicht aufhöre, ehe ich etwas von ihr gehört habe. Und bevor ich mich morgen mit ihrem Ex-Mann anlege, will ich wissen, ob ich ihn aushorchen muss oder nicht.«
Schweigend nicke ich und sehe nach vorne.
Zunächst fährt Jolene um den Wohnkomplex herum, ehe sie auf dessen großen Parkplatz fährt.
»Dort steht ihr Auto«, vermeldet sie dann und parkt direkt neben Ambers Mercedes. »Gestern stand es noch nicht hier.« Wir steigen aus und Jolene umrundet den Mercedes; beugt sich und sieht durch die Scheibe hindurch ins Innere.
»Also muss sie zu Hause sein«, mutmaße ich.
Jolene nickt und legt ihre Hand prüfend auf die Motorhaube. »Sie ist noch nicht lange wieder da. Die Haube ist noch warm.«
Dann kommt sie zu mir, nimmt meine Hand in ihre und geht geradewegs auf den Teil des Komplexes zu, in dem Amber ihre Wohnung hat.
Da die Haustür nicht verschlossen ist, gelangen wir ganz einfach ins Treppenhaus und fahren mit dem Aufzug in die dritte Etage.
Vor ihrer Wohnungstür bleiben wir stehen und Jolene lauscht zunächst, ehe sie auf die Klingel drückt. Wir können ganz deutlich Geräusche von drinnen hören. Amber ist also wirklich zu Hause.
Jolene stöhnt genervt und verdreht die Augen, weil die Klingel ausgeschaltet ist. Deshalb klopft sie hörbar an die Tür.
Gespannt warten wir, aber es rührt sich nichts.
Jolene klopft ein weiteres Mal, diesmal kräftiger, aber es tut sich wieder nichts. Daraufhin klopft sie vehementer und benutzt auch ihre Stimme.
Durch die Tür hindurch kündigt sie an, den Hausmeister zu rufen, wenn Amber jetzt nicht endlich aufmacht.
Ehrlich gesagt fürchte ich mich vor dem Anblick, der sich mir bietet, sobald Amber die Tür öffnet und wir ihr entgegen sehen.
Ich weiß, wie ich aussehe. Die rotunterlaufenen Augen und geschwollenen Tränensäcke kann ich selbst mit Make-Up nicht gänzlich verdecken. Wie also wird Amber erst aussehen, nachdem, was auch sie durch die Medien erfahren hat? Vor allem interessiert uns brennend, wo sie gewesen ist. Jolene hatte ja vermutet, sie ist ebenfalls aktiv geworden, um etwas über ihre Freundin in Erfahrung zu bringen, aber die Polizei und die Behörden haben vermeldet, dass sich keine Amber Clark bei ihnen gemeldet hat.
Endlich hören wir, wie das Schloss knackt, weil es entriegelt wird und dann bewegt sich auch die Tür. Amber öffnet diese nur für einen Spalt und sieht uns verwundert und mit großen Augen an.
Entgegen meiner Befürchtung sieht sie aber nicht aus, als hätte sie getrauert.
Ihre Haare sind nass und nur ein Handtuch ist um ihren Körper gewickelt. Ihr Blick wandert von Jolene zu mir und verändert sich dann.
»Was ist los?«, fragt sie sofort besorgt, weil sie meinen nicht ganz so guten Zustand bemerkt.
»Kannst du mir bitte verraten, wo du die letzten zwei Tage gewesen bist?«, knurrt Jolene aufgebracht.
Amber macht einen Schritt zur Seite, um uns herein zu lassen. »Seit Freitag versuche ich, dich zu erreichen!«
Aber auch Jolene scheint aufzufallen, dass Amber nicht aussieht, als hätte sie die letzten zwei Tage in Trauer verbracht. Sie hat von der Katastrophe also wohl noch gar nichts mitbekommen und mir schnürt sich beim Gedanken daran, ihr das zu erzählen, die Kehle zu.
Wenn sie so ähnlich reagiert, wie ich es getan habe, weiß ich, kann ich mich auch nicht mehr beherrschen.
Und Jolene wird es nicht schaffen, sich um uns beide gleichzeitig zu kümmern und uns zu beruhigen, zumal sie mit Amber nicht so umgehen kann, wie mit mir.
Ich deute deshalb an, die Wohnung wieder zu verlassen, damit sich Jolene ganz auf sie konzentrieren kann, aber gerade, als ich mich umdrehe, erkenne ich eine Bewegung im Augenwinkel.
Ich erstarre augenblicklich und mein Herz bleibt mit einem spürbaren Stolpern abrupt stehen. Ein mir sehr vertrauter Körper, eingewickelt in einem Handtuch, kommt in mein Blickfeld.
Langes schwarzes, welliges Haar liegt nass über den tätowierten Schultern.
Die grünen Augen funkeln passend zum frechen Schmunzeln, das aber verschwindet, als sie erkennt, wie geschockt wir sie ansehen.
Ich kann mich nicht halten, als ich realisiere, keine Halluzination zu haben, sondern Morgan wahrhaftig und lebendig vor mir zu sehen.
»Du verdammtes Miststück!«, krächze ich mit erstickter Stimme, stürze mich in ihre Arme und beginne sofort hemmungslos zu schluchzen. Fest drücke ich mich an sie, um sicherzugehen, dass sie es auch wirklich ist und nicht wieder einfach so verschwindet.
Mein Schluchzen wird kräftiger und ich schaffe es nicht, auch nur ein Wort herauszubringen, um ihr zu sagen, wie erleichtert und glücklich ich gerade bin; wie sehr mein Herz vor Freude schmerzt.
Morgan erwidert meine Umarmung, ist aber spürbar über meine Reaktion irritiert. Ich kann ihren Blick nicht sehen, weil ich mein Gesicht fest in ihre Halsbeuge presse, aber ich spüre ihre Bewegungen, weil sie sowohl zu Amber, als auch zu Jolene sieht.
»Du kannst verdammt noch mal froh sein, gerade meine Frau in deinen Armen zu halten«, höre ich Jolene so bedrohlich wie noch nie. »Sonst würde ich dir so dermaßen eine verpassen, dass du nicht mehr weißt, ob du Männlein oder Weiblein bist!«
»Würdet ihr mich bitte erst darüber aufklären, was überhaupt los ist, bevor ihr mich beschimpft und mir Schläge androht?«, schießt Morgan zurück und hört sich selbst erbost an.
»Seht ihr euch denn keine Nachrichten an?!«, wettert Jolene weiter.
Ich nehme einen tiefen Atemzug, um mich zu beruhigen. Morgan nutzt diesen Moment und sieht auf mich hinab und ich erkenne pure Verwirrung in ihrem Ausdruck.
Amber beantwortet Jolenes Frage mit einem Kopfschütteln, während sie ins Wohnzimmer geht und nach der Fernbedienung greift, um den TV anzuschalten.
Jolene dirigiert sie zum lokalen Nachrichtensender, auf dem noch immer über das Unglück berichtet wird. Wie viele Opfer sie bisher borgen konnten, wie viele bereits identifiziert wurden, und sogar, dass man die Blackbox des Flugzeuges gefunden hat, in dem Morgan beinahe gesessen hätte.
Sie beide erstarren vor Schock darüber und ich spüre, wie sich in Morgans Körper sämtliche Muskeln anspannen.
»Heilige Scheiße«, höre ich sie flüstern. Dann drückt sie mich plötzlich fest an sich und drückt ihre Lippen in meinem Haar. »Es tut mir so leid, Babe«, spricht sie und ihre Umarmung und die Küsse werden immer fester. »Es tut mir leid«, wiederholt sie, um sich dafür zu entschuldigen, uns so in die Ungewissheit geführt zu haben; sie kann sich vermutlich vorstellen, was das alles in mir ausgelöst hat.
Sie hält mich fest, bis ich mich wieder beruhigt habe und einigermaßen stotterfrei atmen kann. Dann legt sie ihre linke Hand auf meine Wange und hebt meinen Blick, damit sie mir in meine verheulten Augen sehen kann.
Ihre Lippen berühren meine Stirn; fest, bedeutend und so unglaublich wohltuend. Tonnen an Last fallen von mir ab. Diese erdrückende Schwere, die ich seit zwei Tagen spüre, verschwindet.
Wieder drücke ich mich an sie, atme ihren Duft tief ein und genieße es, ihre weiche Haut zu spüren. Ganz unwillkürlich gleiten meine Fingerspitzen oberhalb des Handtuchs über ihre Brust, über ihr Schlüsselbein, hoch zu ihrem Hals, den ich dann im Nacken umgreife, um sie bei mir zu halten.
»Ich hatte eingecheckt«, beginnt sie zu berichten und hört nicht auf, mir die Nähe zu schenken, die ich gerade von ihr benötige. »Ich war auch gerade im Begriff, in den Flieger zu steigen, als ich Amber hörte, die mich gerufen hat.«
Ich drehe meinen Kopf, um diese ansehen zu können.
Amber hält die Fernbedienung in der einen Hand, die andere liegt fassungslos auf ihrem Mund. Ihr Blick ist geschockt auf Morgan gerichtet, weil sie begreift, ihrer Freundin damit das Leben gerettet zu haben.
»Wir haben die Kinder zu Ambers Eltern gebracht und sind nach Key West durchgestartet. Wir brauchten Zeit für uns; hatten schließlich einiges zu bereden.«
»Wir haben unsere Handys ausgeschaltet«, fügt Amber hinzu, »damit uns niemand stören kann.« Wieder legt sie ihre Hand auf den Mund. »Oh, mein Gott«, stößt sie aus, als auch sie dann begreift, wie das auf uns gewirkt und welche Gefühle es in uns ausgelöst haben muss.
Ich will mich von Morgan lösen, um auch Amber in meine Arme zu schließen und mich bei ihr zu entschuldigen, aber Morgan entlässt mich nicht, sondern hält mich noch fester bei sich.
»Solange ich dich in meinen Arme halte, tut mir deine Frau nichts an«, begründet Morgan.
Daraufhin höre ich Jolene schnauben, die ihrer Cousine trotzdem fest genug gegen den Oberarm boxt.
Erst da lässt mich Morgan los, damit ich zu Amber kann.
Jolene hingegen zieht ihre Cousine mit irgendwelchen, fluchenden Worten in ihre Arme.
»Du schaffst es wirklich immer wieder, für einen Skandal zu sorgen«, sagt sie dann zischend, und ich erkenne etwas in ihren Augen, das ich so deutlich noch nie gesehen habe: Tränen.
In Jolenes Augen sammeln sich Tränen. Sie glänzen wässrig und ihre unteren Wimpern sind deutlich benässt. Sie versucht auch gar nicht, das zu verbergen.
Sie lässt sogar zu, dass Morgen ihr Gesicht mit beiden Händen umfasst und die Tränen wegwischt. Solch eine Nähe habe ich zwischen ihnen auch noch nie gesehen, aber das zeigt mir, wie sehr sie einander lieben und auch brauchen; wie wichtig Morgan für Jolene ist.
Aber ich bin auch erstaunt darüber, wie ungehemmt sie beide das gerade zeigen, obwohl Amber und ich daneben stehen und sie dabei beobachten können.
Offensichtlich übersteigt die Freude den Stolz.
Wie hat es die letzten zwei Tage also in Jolenes Kopf ausgesehen? Wie sehr hat sie mit sich, ihren Gefühlen und Gedanken gekämpft?
Ich weiß, ihre gefasste Haltung war nur Schein und in Wahrheit hat es ganz anders in ihr ausgesehen, aber es war auch nichts von dem Sturm zu sehen, der ganz offensichtlich in ihr tobte.
In mir kommt das schlechte Gewissen auf, weil ich für sie nicht genauso stark bleiben konnte. Weil sie wegen mir gezwungen war, die Situation unter Kontrolle zu halten; und das kann sie nunmal nur, wenn sie die Gefühle ausschaltet, um bei Verstand zu bleiben.
Ich bewundere sie für diese Eigenschaft; für diese Stärke.
Mir ist bewusst, dafür kein schlechtes Gewissen haben zu müssen, denn nur Jolene alleine entscheidet darüber, wie sie mit einer Situation umgeht, trotzdem habe ich das Gefühl, ich hätte mehr für sie da sein müssen.
So aber musste sie sich nicht nur um mich, das Baby und Chester kümmern, sondern auch um unsere Freunde, ihr Unternehmen, ihre Angestellten und Geschäftspartner - und nebenbei musste sie sich mit den Behörden rumschlagen, um irgendwas über Morgans Schicksal in Erfahrung zu bringen.
Und wenn ich weiter darüber nachdenke: Was wäre gewesen, wenn Morgan wirklich in diesem Flugzeug gesessen hätte und gestorben wäre?
Jolene ist das Einzige, was für Morgan von ihrer Familie übrig blieb. Jolene war trotz der ganzen Umstände bereit, sich dem zu stellen, was in New York noch zu erledigen gewesen wäre. Morgans Freunde, die Bank, ihre Wohnung ... ihr gesamtes Leben.
Jolene hätte vermutlich auch Einblicke erhalten, die Morgan selbst vor ihr geheim hält. Sie hätte sich um all das kümmern müssen, was Morgan hinterlassen hätte. Sie hätte in ihren Sachen herumwühlen müssen, um nötige Dokumente zu finden - hätte Morgans gesamtes Leben in Kisten packen müssen.
Mein Herz beginnt, sich wieder schwer anzufühlen. Also schüttle ich all das beiseite, denn es ist nicht nötig, weiter darüber nachzudenken. Morgan lebt. Ihr geht es gut und sie ist wohlauf. Ihrem Sohn geht es gut. Sie bleiben uns erhalten und sie bleiben in unserem Leben.
Mein Blick wandert zu Amber, die ich dann endlich auch in die Arme schließe. Niemandes Herz ist mehr gebrochen oder blutet noch.
»Es tut mir leid«, wispere ich.
»Mir tut es leid«, erwidert sie. »Ich war nicht fair zu dir. Ich war wegen Morgan frustriert und verletzt. Das hätte ich nicht an dir auslassen dürfen.«
»Hast du nicht«, wehre ich ab. »Du hattest doch recht.«
»Nein.« Sie schüttelt vehement den Kopf. »Du bist nicht unser Problem, Cait. Die Beziehung von Morgan und dir ist die eine Geschichte, die Beziehung von ihr und mir eine ganz andere. Wir sind selbst unser Problem. Du hattest recht: Ich sollte damit anfangen, aufzuhören, an unserer Liebe zu zweifeln.« Sie lächelt mich besänftigend an.
Dann schielt sie kurz zu Morgan, die gänzlich auf Jolene konzentriert ist, weil ihr diese erzählt, was die letzten zwei Tage gewesen ist.
»Und das habe ich getan«, ergänzt Amber ihren Satz, packt mich an der Hand und zieht mich ins Badezimmer hinterher, in dem noch immer die Feuchtigkeit vom Duschen herrscht, bei dem wir sie wohl unterbrochen haben.
Ohne ein Wort zu sagen, deutet sie auf die Armaturen in dem das Waschbecken eingefasst ist.
»Oh, mein Gott!«, stoße ich geschockt aus und presse meine Hände auf meinen Mund, als ich dort zwei Ringe liegen sehe.
Amber greift danach, streift sich einen von ihnen über ihren linken Ringfinger und hält mir ihre Hand entgegen, damit ich mir das Schmuckstück genauer betrachten kann.
Er ist verwoben wie das Symbol der Unendlichkeit. In der Mitte zwei große, schwarze Edelsteine, daneben drei kleinere.
Wie sie mir erklärt, stehen die größeren Edelsteine für Amber und Morgan, die kleineren für die Kinder.
Jetzt ergreife ich Ambers Hand und ziehe sie wieder mit nach draußen.
»Jolene!«, fordere ich deren Aufmerksamkeit und hebe Ambers Hand mit dem Ring nach oben.
Auch ihre Augen weiten sich umgehend. Dann dreht sie sich ihrer Cousine entgegen und boxt ihr erneut gegen den Oberarm. »Du Ratte!«, schimpft sie. »Wolltest du nicht ...?«
»Wollte ich«, unterbricht Morgan und verdreht die Augen.
»Du wusstest davon?«, frage ich Jolene, die mir nur entschuldigend entgegen lächelt. »Wieso hast du mir nichts davon erzählt?«
»Weil ich dich auch überraschen wollte«, antwortet Morgan, bevor Jolene es kann, greift nach etwas auf dem Esszimmertisch und wirft es mir entgegen.
Ich kann den Gegenstand gerade so fangen und finde einen Schlüsselbund in meinen Händen.
Fragend sehe ich sie an.
»Der Schlüssel zu dem Haus drei Häuser weiter in eurer Straße«, erklärt sie und verschränkt die Arme vor der Brust.
»Du hast es gekauft?«, frage ich überrascht.
»Habe ich. Vor sechs Wochen schon.« Sie schnaubt und lehnt sich gegen den Tisch. »Ich wollte euch zu diesem Haus einladen und Amber dort einen Antrag machen, indem ich ihr den Schlüssel überreiche, an dem der Ring gebaumelt hätte«, berichtet sie und wirbelt mit ihrer Hand belanglos durch die Luft. »Aber ihr seid beide immer wieder gut darin, uns einen Strich durch die Rechnung zu machen.« Als wäre sie erbost darüber, schüttelt sie den Kopf, schmunzelt aber dann.
Amber scheint davon auch noch nichts zu wissen, denn sie nimmt mir die Schlüssel ab und betrachtet sie, ehe sie diese bedeutend nach oben hält. »Du hast ein Haus gekauft?«
»Japp, vor sechs Wochen«, wiederholt Morgan amüsiert. »Als ich noch Geld hatte«, fügt sie dann zynisch hinzu.
»Wir werden unser Geld wiederbekommen«, sichert ihr Jolene zu. »Wir waren die letzten zwei Tage nicht untätig.« Wieder lächelt sie als müsste sie sich dafür entschuldigen. »Ich werde Heather vermutlich mehr geben müssen, als nur ein Abendessen«, beichtet sie mir.
Genervt stöhne ich, schiebe meine Augenbrauen zusammen und verschränke meine Arme vor der Brust. »Mehr als ein Abendessen? Zum Beispiel?«
»Zwei Abendessen«, antwortet sie. »Ich war verdammt harsch zu ihr, damit sie alles gibt, um Bilson fertig zu machen. Ich war so wütend, weil Morgan ohne seine Aktion nie in dieses Flugzeug gestiegen wäre, um das große Unheil abzuwenden.«
Morgan sieht ihre Cousine musternd an. »Hat es wenigstens was gebracht?«
»Ergebnisse werden wie frühestens morgen sehen.«
Morgan nickt seufzend und sieht dann Amber an. »Wir fahren morgen nach New York.«
»Fahren?«
»Ich steige gewiss erstmal in kein Flugzeug mehr«, gibt Morgan zu verstehen und deutet auf den Fernseher, der noch immer die Nachrichten zeigt.
»Ich kann dich nicht begleiten«, entgegnet Amber. »Ich muss noch zu meinem Ex-Mann, um den Deal Rückgängig zu zu machen.« Sie betont diesen Satz, weil das immerhin die Forderung von Jolene und Morgan gewesen ist.
»Darum kümmere ich mich«, antwortet Jolene.
»Ich weiß nicht, ob das so gesund für dich ist, Jolene«, zweifelt Amber an.
»Es wird nicht gesund für ihn und seine Karriere sein, sollte er sich quer stellen«, kontert diese.
Amber kennt Jolene gut genug, weshalb sie das mit einem Nicken akzeptiert und Morgan schließlich zusichert, sie nach New York zu begleiten.
Ich bin immer noch unsagbar glücklich, Morgan noch am Leben zu wissen und das zeige ich ihr auch, als ich sie zum Abschied umarme und meine Lippen für einen Kuss auf ihre unbedeckte Haut drücke, während sie meine Umarmung erwidert.
*******
Schönen Start ins Wochenende!
Ich hoffe, euren Herzen geht es jetzt wieder besser? ;)
Aber: Ihr seid echt gut! Ich muss mir langsam neue Taktiken überlegen, wenn ihr mich ständig durchschaut! :P
Bis bald,
eure Bo. <3
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