[Achtundvierzig] - Alles unter einem Hut
Am nächsten Tag sind alle wieder mit dabei und helfen, all die Möbel und Kisten vom Container ins Haus meiner Eltern zu schleppen.
Es hat durchaus einen Vorteil solch trainierte und starke Männer im Freundeskreis zu haben.
Meine Mutter kann nicht aufhören, sich für all die Hilfe zu bedanken und macht sich bereits jetzt schon einen Kopf darüber, wie sie sich dafür bedanken kann, weil das heutige Barbecue ihrer Meinung nach nicht ausreichend genug ist.
Jetzt, da sie hier lebt, wird sie noch lernen, wie einfach diese Männer gestrickt sind und ihnen schon ein einziges Bier als Dankeschön ausreicht. Abgesehen davon, dass sie ihr gerne helfen, weil sie sie einfach sehr gerne haben.
Die erste Nacht wieder alleine in unserem Haus ist plötzlich so ungewohnt still. Obwohl meine Familie keine unangenehmen oder gar lauten Gäste waren, hat man sich doch an deren Anwesenheit gewohnt.
Und auch der nächste Morgen ist ungewohnt still. Ich frage mich, wie lange wir brauchen, bis wir wieder in unsere gewohnte Routine zurückfinden, nachdem wir fast sechs Wochen jeden Morgen einen anderen Ablauf hatten?
Wobei es ja gar nicht so anders ablief, da wir unser Badezimmer mit niemanden teilen mussten. Dennoch saßen jeden Morgen mehr Menschen am Tisch und dadurch herrschte einfach mehr Bewegung.
Auch Chester war lebhafter, weil er meiner Mutter immer irgendwas zu erzählen hatte und es auch konnte, denn im Gegensatz zu Jolene und mir ist sie nämlich kein Morgenmuffel, der bis zu einer gewissen Menge Koffein absolut nicht aufnahmefähig ist.
Am heutigen Sonntag verbringen Chester und ich den Tag damit, das Haus für Halloween zu schmücken und zu dekorieren. Jolene selbst hat sich in die Garage zu ihrem Pontiac verzogen. Dekorieren ist wahrlich nicht ihr Ding. Eine Vase mit Blumen auf unserem Esstisch ist dabei das höchste der Gefühle.
Während Chester und ich damit beschäftigt sind, Kürbisse auszuhöhlen und zu schnitzen, um diese auf die Veranda oder in die Einfahrt stellen zu können, diskutieren wir über Kostüme.
Er gibt mir deutlich zu verstehen, dass er nicht jenes anziehen möchte, das er schon in der Schule tragen muss. Denn von dort haben wir eine Liste erhalten, auf der die Kostüme stehen, die erlaubt sind - somit hatten wir keine freie Wahl und er hat sich zähneknirschend für Dracula entschieden.
Meine Vorschläge für einen Werwolf, Horror-Clown, Mumie oder Geist schmettert er alle ab, weil das so viele andere anziehen werden. Er will dieses Jahr etwas richtig gruseliges.
Verzweifelt seufze ich, weil mir sonst nichts einfällt. Eben auch, weil er diese Entscheidung sehr kurzfristig trifft.
Jolene ist auch nicht gerade hilfreich, als sie mit Ideen um die Ecke kommt, die ich für einen Fünfjährigen nicht für angebracht empfinde: Chucky, die Mörderpuppe, ein Untoter, der seinen Kopf in den Händen trägt, oder einen halb geöffneten Reißverschluss im Gesicht, unter dem dann das pure Fleisch, Muskeln und Sehnen zum Vorschein kommen.
Chester findet all die Ideen natürlich voll cool und lässt sich von seiner Mutter im Internet zeigen, wie die Kostüme aussehen.
Nach einer langen Diskussion einigen wir uns auf Chucky. Eine alte Latzhose, einen gestreiften Pulli sowie rote Turnschuhe hat er ja sowieso und müssten nicht erst genäht oder gekauft werden. Die roten Haare will Jolene ihm mit einem Spray färben, das nach einmal Waschen wieder raus ist. Entsprechendes Make-Up für die Narben haben wir ohnehin im Haus, da sich Jolene dieses Jahr als sexy Zombie-Nonne verkleiden möchte. Ich bin mir zwar noch nicht so sicher, wie sie sexy und Zombie vereinen will, aber für Jolene existiert das Wort 'unmöglich' nicht, also bin ich gespannt, wie sie dann aussehen wird. Letztlich hat sie diese Verkleidung auch nur wegen ihrer Mutter gewählt, weil diese Halloween mit uns verbringen will. Milly empört sich immer wieder über die gottlosen Kostüme ihrer Tochter, und Jolene ist eben nicht Jolene, wenn sie ihre Mutter nicht mit solchen Aktionen provoziert.
Ich selbst bin kein großer Halloween-Fan und beteilige mich nur wegen Chester daran, weshalb ich es schlicht halte, in dem ich mich einfach als Skelett verkleiden werde.
Morgan sehen wir nur noch mal kurz, als sie den Mustang zurückbringt. Natürlich nutzt Kyle die Gelegenheit für eine erneute Diskussion darüber, Halloween mit uns verbringen zu können, aber Morgan ignoriert seinen Protest einfach.
Dafür verspricht sie, uns mit Fotos und Videos zu behelligen.
Dieses Jahr leisten uns Johnny und Jessica Gesellschaft, um mit uns und den Kindern unsere Nachbarschaft unsicher zu machen.
Ich selbst wollte eigentlich Zuhause bleiben und all die anderen Kinder, die bei uns klingeln, mit Süßigkeiten verwöhnen, aber nachdem sich Milly eingeklinkt hat und diese Aufgabe übernehmen wird, habe ich mich dazu entschieden, lieber durch die Nachbarschaft zu wandern, als mit meiner Schwiegermutter alleine zu sein.
Millys Anwesenheit wundert uns sogar, weil sie normalerweise den Kontakt zu Johnny meidet. Ich verstehe nicht, wieso sie immer noch so schlecht auf ihn zu sprechen ist, nachdem sich herausstellte, dass er ein anständiger Bürger ist und ihr eigener Mann für dessen Inhaftierung verantwortlich war. Dass er der leibliche Vater ihres Enkels ist, spielt für sie keine Rolle.
Jolene vermutet den Patriotismus, der tief in ihrer Mutter verankert ist, als Grund.
Johnny selbst ist es egal, denn die Abneigung beruht auf Gegenseitigkeit; er ignoriert sie einfach, so gut er kann. Wenn sie seiner Meinung nach Chester gegenüber zu aufdringlich ist, überlässt er mir oder Jolene das Eingreifen.
Johnny hat sich für den Abend als Frankensteins Monster verkleidet. Körpergröße- und Masse passen, weshalb er durchaus sehr authentisch aussieht. Jessica stellt Cruella de Vil dar, die den 4 Monate alten Isaac als Dalmatiner Welpen im Arm herumträgt, und Liam, der noch keine so großen Ansprüche, wie Chester, hat, läuft als süßer kleiner Werwolf herum.
Die Kids sind besonders erfolgreich und stauben eine Menge an Süßigkeiten ab.
Wir haben bereits die Hälfte unserer Nachbarschaft hinter uns, als mein Handy vibriert und eine Fotonachricht von Morgan anzeigt.
Sofort muss ich loslachen, als ich mir das Bild ansehe: Morgan hat sich als Jigsaw verkleidet und fährt mit einem kleinen roten Dreirad durch die Straßen New Yorks. Es ist so albern, dass es wieder zu ihr passt.
Wobei sie anschließend gesteht, dass hauptsächlich Kyle - verkleidet als Freddy Krüger - das Dreirad benutzt und sie die Kostüme vielleicht hätten tauschen sollen.
Im Anschluss schickt sie ein Foto von sich und ihrem Sohn, auf dem beide einen Kussmund machen.
Dies will ich nicht unbeantwortet lassen und rufe Chester zu mir, um mit einem ebensolchen Foto zu antworten.
Über mein Skelett-Kostüm ist sie ein wenig enttäuscht und hatte auf etwas gehofft, das sexier ist. Deshalb schicke ich ihr ein Foto von Jolene, die sexy genug für uns beide ist.
Durch die zerrissene - aber doch Körperbetonte - Nonnenkutte zeigt sie viel Haut und viel Bein, so dass die Fantasie trotz des stark zombiemäßig geschminkten Gesichts und den wilden Haaren angekurbelt wird.
Natürlich hatte ich keine Zweifel, dass ihr dies gelingt, überrascht hat es mich aber trotzdem. Zumindest hätte ich nicht gedacht, dass sie mit diesem Kostüm durchaus Gelüste in mir weckt.
Keine Gelüste wecken hingegen die Süßigkeiten von Chester. Der süßliche Geruch steigt mir unangenehm in die Nase und führt zu Übelkeit. Deshalb verbiete ich ihm, sich seine Lutscher, Bonbons und Schokoriegel in meiner Gegenwart einzuverleiben. Das findet er natürlich voll doof und macht deshalb den vorwitzigen Vorschlag, die Schale mit den Süßigkeiten mit in sein Zimmer zu nehmen. Damit sind wir natürlich nicht einverstanden und müssen ihm dann in einer Diskussion erklären, wieso wir damit nicht einverstanden sind.
Schließlich eskaliert die Diskussion so sehr, dass Jolene die Süßigkeiten außer Reichweite packt und damit droht, diese an Samantha zu geben, wenn er noch einen einzigen Mucks von sich gibt.
Chester nimmt einen tiefen Atemzug, um dagegen zu protestieren, denn Naddys Tochter ist ohnehin ein wunder Punkt bei ihm, aber er weiß, dass seine Mutter diese Drohung wahr machen wird und behält seine Gedanken für sich.
Bockig verzieht er sich in sein Zimmer, nicht aber ohne uns wissen zu lassen, wie unfair wir doch sind ... und die gesamte Welt gleich mit.
Den Reid-Genen sei Dank ist er aber nicht all zu lange nachtragend und gesellt sich bald wieder zu uns.
So ganz kann und will er auf die abendlichen Kuscheleinheiten dann doch nicht verzichten und macht es sich bei uns auf der Couch in unserer Mitte bequem.
Um uns etwas Auszeit vom Alltag und dem sozialen Leben zu nehmen, entscheiden wir uns spontan dazu, mit dem Boot am nächsten Morgen wieder nach Bimini zu fahren, um die Feiertage und den Rest der Woche dort zu verbringen. Die Hurricane-Saison ist auch vorbei, weshalb wir sogar entspannte Tage auf dem Ozean genießen können.
Der November wird stressig genug, da kann es uns nur gut tun, vorab ausreichend Energie zu tanken.
Die nächsten zwei Wochen sind nämlich voll mit den Terminen für die Gespräche mit der engeren Auswahl an Bewerbern, die auf unsere ausgeschriebenen Stellen geantwortet haben. Zehn insgesamt, davon die Hälfte für CaddySign. Es steht also fast jeden Tag ein Gespräch an, inklusive der Planung, wie wir uns alle am effektivsten aufteilen, um all die Projekte stemmen zu können, die wir momentan haben und zusätzlich annehmen können.
Und kurz danach ist dann auch schon Thanksgiving. Jedes Jahr aufs Neue eine Herausforderung, weil wir alle immer wieder darüber diskutieren, wer wann wo ist, um entsprechend planen zu können.
Die einzige Konstante dabei sind Jolene und ich, sowie Johnny und Jessica, die diese Tage immer mit uns verbringen. Der Rest wandert durchs Land.
Dennis und Winnie sind manchmal bei ihren Eltern in Detroit, manchmal nicht - das kommt immer darauf an, ob sich Winnie mit ihren Eltern wieder in der Wolle hat.
Bei Morgan und Amber kommt es immer darauf an, ob Amber die Kinder hat, oder ob diese bei ihrem Ex-Mann sind. Hat Amber sie bei sich, verbringen sie Thanksgiving und Weihnachten bei ihrer Familie, ansonsten verbringen sie diese Tage mit uns.
Naddy und Jonas kommen an Thanksgiving meist nur mal kurz vorbei, nachdem sie sich bei deren Familien den Bauch vollgeschlagen haben, um mit uns einen Absacker zu trinken.
Und Milly wechselt immer zwischen uns und ihren Kirchenfrauen.
Da meine Eltern und mein Bruder dieses Jahr ihr erstes Thanksgiving bei uns verbringen, vermuten Jolene und ich, dass auch Milly vorhat, dabei zu sein, obwohl dieses Jahr ihre Kirchenfrauen dran wären. Entsprechend stellen wir uns schon auf einen weniger entspannten Abend ein, weil Milly ganz sicher jede Menge zu kritisieren hat und das Ruder an sich reißen wird.
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Hallo zusammen,
jaaaa, ich weiß, es hat ein bisschen gedauert mit dem neuen Kapitel (welches auch eher etwas gemächlich daher kommt und nicht viel Action bietet).
Aber Arbeit und die Vorbereitungen für den Buchdruck von Band 2 haben verdammt viel Zeit gefressen und Nerven gekostet - ok, die Arbeit tut es immer noch ... aber einige von euch kennen das ja.
Dafür aber kann ich mittlerweile mitteilen:
Die Bücher sind im Druck!! :))
Mal gucken, wie lange sie brauchen *ist janz uffjereeeescht*
Wie auch immer; ich versuche, jetzt wieder mehr Schreiben und Updaten zu können ^^
LG,
eure Bo. <3
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