Kapitel 35 - Etwas Besonderes
John fuhr zärtlich über Sherlocks Hand, während dieser mit dem Kopf an seiner Schulter lag und schlief. Es tat so gut, ihn wiederzusehen. Auch, wenn Sherlock schrecklich aussah. Sein Haar war zerzaust und ungepflegt, er hatte dunkle Ringe unter den Augen und ihm war ein leichter Bart gewachsen. Trotzdem war er noch immer wunderschön.
Als er aus dem Fenster sah, sah John, dass sie sich langsam wieder den Häusern näherten. Sie waren also fast da, wo sie hinfliegen wollten. Vorsichtig strich John Sherlock über die Wange. Dieser schlug die Augen auf und blickte ihn an.
"Wir sind fast da, Liebling", flüsterte John. Sherlock warf ihm ein kleines Lächeln zu und richtete sich auf.
Sherlock stieg vorsichtig aus dem Helikopter heraus und sah sich um. John folgte ihm. "Wir...sind in England", stellte Sherlock überrascht fest. Seine Stimme war so heiser. John nickte. Sherlocks Mundwinkel zogen sich leicht nach oben. "Gut, wieder... da zu sein." John lächelte ihm zu.
Sie waren tatsächlich ganze 6 Stunden hierhergeflogen. Nachdem Sherlock von einem Notarzt kurz untersucht worden war, entschied man, dass er keine lebensgefährlichen Wunden davongetragen hatte, man die Wunden jedoch trotzdem behandeln müsste. John hatte nicht eine Minute geschlafen, auch, wenn er müde war.
Jetzt waren sie gelandet. In London, vor St. Barts, um genau zu sein. Die großen Mauern riefen sofort alte Erinnerungen in John auf, und dass Mary mit ihnen hier war, machte es, auch wenn sie ihnen geholfen hatte, nicht wirklich besser.
Sherlock blinzelte ein paar Mal, dann schüttelte er den Kopf.
"Nein, ich ...will nach Hause. Zur... Baker Street", sagte er. John starrte ihn verwundert an.
"Aber Sherlock, du musst etwas gegen deine Wunden tun!", sagte er. Sherlock sah ihn an.
"Bitte, John", flüsterte er. John betrachtete ihn lange. Sherlock sah ihn flehend an. Er verstand. Sherlock wollte nach Hause. Außerdem, wenn er ehrlich darüber nachdachte, gab John zu, dass er sich ebenfalls sicherer fühlen würde, wenn Sherlock bei ihm war.
John seufzte, dann nickte er. Er drehte sich zu den Notärzten um. "Ist es möglich, dass ich ihn zuhause behandle? Ich bin Arzt, Militärarzt um genau zu sein", sagte er. Die Notärzte wechselten einen kurzen Blick, dann nickten sie.
"Haben Sie einen Verbandskasten?", fragte der eine. John nickte. "Gut. Dann werden wir ihn in Ihre Obhut übergeben. Die schwersten Verletzungen liegen an Brust und Rücken. Die schlimmsten Wunden wurden bereits verbunden, glücklicherweise ist nichts so tief, dass etwas genäht werden muss. Aber es war knapp." John nickte abermals.
"In Ordnung. Danke, dass Sie uns geholfen haben", sagte er.
Sherlock ging auf John zu und umarmte ihn leicht, während sich die Notärzte entfernten. John sah ihn überrascht an. "Danke", flüsterte Sherlock. "Danke, danke." John lächelte kurz.
"Alles für dich, mein Schatz", flüsterte er. Sherlock löste die Umarmung und sah John in die Augen. Zwischen dem Schmerz und der Verzweiflung in seinem Blick war doch immer noch ein Hauch von Liebe und Anbetung versteckt.
Zusammen fuhren sie dann zur Baker Street. Bei jeder Sekunde der Fahrt schaute Sherlock sehnsüchtig aus dem Fenster. John konnte es gut verstehen. Er war einen Monat weggewesen, hatte einen Monat lang seine geliebte Stadt vermisst. London war Sherlocks Königreich.
Als sie angekommen waren, Mary hatte sich bereits vorher verabschiedet, stiegen sie aus und gingen ohne zu zögern sofort auf die dunkle Tür zu. Sherlock stolperte noch immer, deshalb ging John schnell zu ihm und stützte ihn.
Sie betraten die Wohnung und gingen die Treppe hoch. John fiel schnell auf, dass Sherlock alles um sich herum betrachtete, als hätte er es jahrelang nicht gesehen. Verständlich, immerhin war er einen Monat in einer kalten Zelle gefangen gehalten worden.
Als beide das Wohnzimmer betraten, setzte sich Sherlock auf seinen schwarzen ledernen Sessel und legte den Kopf nach hinten. "Endlich", flüsterte er. John ging auf ihn zu und setzte sich auf den Stuhl gegenüber.
Er wollte etwas sagen, doch wusste er nicht, wie er ein Gespräch anfangen sollte. Fakt war, dass Sherlock Schreckliches durchgemacht hatte und dass er behandelt werden müsste. Gleichzeitig wollte John ihn am liebsten nicht direkt darauf ansprechen. Es war gut, dass Sherlock jetzt endlich von dieser Zeit befreit war.
"John, ich-", begann Sherlock plötzlich. John schaute von seinen Händen auf das ihm gegebüber sitzende Gesicht, dass ihn unsicher ansah. "Mein...Ring und die...Nachricht", sagte er. John hob überrascht die Augenbrauen hoch.
"Sherlock, ich weiß, dass das nicht du warst. Ich habe mir das Video angesehen", sagte er. Sherlock schüttelte den Kopf.
"Die Nachricht... ist tatsächlich von mir... geschrieben worden. Aber...das ist Jahre her... und ich wollte sie nicht...einsetzen", sagte Sherlock. Jedes Wort war schmerzverzerrt, sowohl von körperlichem als auch von psychischem.
"Sherlock...", flüsterte John. "Hör auf, mir das zu erklären. Es ist mir egal. Ich bin einfach nur froh, dass du wieder hier bist. Bei mir." Sherlock sah ihm in die Augen.
"Ich liebe dich, John", flüsterte er und legte seine Hand an Johns Wange. John richtete sich auf und drückte seine Lippen gegen die Sherlocks. Sherlock erwiderte den Kuss sofort.
"Ich liebe dich auch. So sehr. Jetzt steh bitte einmal auf und zieh dein Hemd aus. Und deine Hose", sagte John. Sherlock sah ihn mit großen Augen an und schluckte einmal.
"Warum?", fragte er langsam. "Ist jetzt nicht... der falsche Zeitpunkt?" Johns Wangen färbten sich sofort dunkelrot.
"Das meinte ich nicht", stotterte er peinlich berührt. Sherlock nickte und stand langsam auf.
"Gut, wenn du meinst", sagte er und knöpfte sein Hemd auf. Er wartete einen Moment, dann streifte er es von seinen Schultern und warf es auf seinen Sessel. John hielt für einen Moment den Atem an.
"Sher...", flüsterte er und starrte auf Sherlocks Oberkörper. Sofort bereute er es, Sherlock nicht gezwungen zu haben, im Krankenhaus behandelt zu werden. Sherlocks Brust und Bauch waren übersäht mit Schnitten und blauen Flecken. Wenn John nicht gewusst hätte, wie ernst die Situation war, hätte er es für Schminke oder ähnliches gehalten. Es war nicht so, dass er ähnliche Wunden nicht bereits behandelt hatte, doch der Gedanke, dass seinem Sherlock so wehgetan wurde, dass er jetzt so aussah, brannte wie Feuer.
John holte tief Luft.
"Ich...ich hole die Verbände", sagte er. Sherlock nickte. John ging in das Badezimmer und holte seinen Arztkoffer und eine Schüssel Wasser. Dann ging er zurück in das Wohnzimmer und setzte sich vor Sherlock.
Langsam und so vorsichtig wie möglich kümmerte er sich um die langen Schnitte und Wunden. Sherlock presste seine Lippen zusammen. "Autsch", flüsterte er, als John eine besonders lange Wunde mit Desinfektionsmittel reinigte.
"Tut mir leid", sagte John sofort. Er spürte förmlich, dass Sherlock ihm ein Loch in den Kopf starrte und sah ihm ins Gesicht. "Mein Engel", flüsterte er. Sherlock antwortete nicht, dennoch lächelte er ein wenig.
John verband die restlichen Wunden an Sherlocks Hüfte und am Rücken, dann führte er Sherlock in das Badezimmer. Dort wusch er Sherlocks Kopf und Haare. Sherlock stöhnte auf, als John ihm das Shampoo in seine dunklen Locken einmassierte.
"Hast du am Kopf auch Wunden?", fragte John überrascht.
"Nein", sagte Sherlock. "Es hat nicht... wehgetan, ganz... im Gegenteil." John lächelte und wusch das Shampoo aus Sherlocks Haaren. Danach trocknete er diese. Als er fertig war, sah Sherlock bereits etwas besser aus. Zusammen gingen sie wieder ins Wohnzimmer, doch bevor John sich hinsetzen konnte, stürzte Sherlock auf ihn zu und presste seine Lippen auf die des Arztes.
Überrascht sah John ihn an. Sherlock küsste ihn weiter, als ob es das Ende der Welt wäre, und fuhr dabei mit der Hand durch Johns Haare. John erwiderte weiterhin die himmlischen Küsse, die er so geliebt und vermisst hatte.
Als sie sich voneinander trennten, atmete Sherlock ein paar Mal schnell auf, während er John in die Augen sah. Sie drückten ihre Stirn aneinander, den Blick mit bloßer Liebe gefüllt, und der Moment war perfekt. Sherlock war zurück und er lag wieder in seinen Armen.
"Es tut mir...so leid, John", flüsterte Sherlock plötzlich. John schaute ihn fragend an. "Ich wollte nicht unsere Hochzeit verpassen."
"Sherlock, du kannst dich nicht dafür entschuldigen, dass du gegen deinen Willen entführt wurdest", sagte er. Sherlock schüttelte den Kopf.
"Das kann ich sehr wohl", sagte er. John legte seinen Finger auf Sherlocks Lippen, bevor dieser weiterreden konnte.
"Ich könnte mich ebenfalls dafür verantwortlich machen, weißt du?", sagte er. Sherlock starrte ihn verwirrt an. "Ich war die ganze Zeit nicht da. Nicht, als du entführt wurdest, nicht, als dir all das angetan wurde."
Sherlock schüttelte den Kopf. "Tu das bitte nicht, John", sagte er. Die Verbände mussten wirklich ein Bisschen helfen. Sherlock schaffte es jetzt zumindest, jeden Satz ganz auszusprechen. "Du hast mich gerettet, du hast mich behandelt, du bist meine Liebe und du hast so viel besseres verdient als mich." John starrte ihn erschrocken an und Sherlock fügte schnell hinzu: "Das heißt nicht, dass ich dich verlassen will!"
"Ich habe dir bloß gegeben, was jeder Mensch dir auch geben könnte. Sherlock, du siehst mich vielleicht als jemanden besonderen, aber das bin ich nicht", sagte er leise. Sherlock sah ihn lange an, dann stand er plötzlich auf.
"Du hast Recht", sagte er. John sah ihn überrascht an. "Jeder normale Mensch ist ein Army - Doctor in Rente, süchtig nach Gefahr, verliebt in einen Consulting Detectiv, der beste Mann auf Erden und der Gewinner meines Herzens." John sah ihn lange an, dann stand er auf und drückte wieder seine Lippen gegen die Sherlocks. Das hatte er vermisst. Küsse. Die liebevollen Worte. Das Gefühl der Besonderheit, was nur Sherlock ihm geben konnte.
Sherlock legte seine Arme um John und seufzte. John lächelte. "Du brauchst Schlaf, Sherlock", sagte er. Sherlock nickte und löste sich von ihm.
"Du hast Recht. Aber danach habe ich etwas zu tun", sagte er. John warf ihm einen fragenden Blick zu. "Wir müssen morgen ein paar Leute einladen. Mycroft." John nickte. MH. Er würde sich verdammt nochmal dafür verantworten, was er getan hatte.
"Wen noch?", fragte John.
"Lestrade. Wir brauchen einen guten Polizisten für unsere Feier. Außerdem noch Molly, Mrs Hudson und Mike", sagte Sherlock. John musterte ihn noch verwirrter.
"Warum Mike?", fragte er. "Und warum Mrs Hudson und Molly?"
"Ich will einen neuen Termin für die Hochzeit ausmachen", sagte Sherlock.
"Dann hätten wir uns ein paar Anrufe gespart."
John lächelte. "Zuerst müssen wir aber eine Sache wiederholen", sagte er. Er ging zum Wohnzimmertisch und holte die rote Schachtel. Sherlock starrte auf John, der auf die Knie ging. "Sherlock Holmes, willst du mein Mann werden? Nochmal?"
"Ich bin noch nicht dein Mann gewesen. Nur dein Verlobter. Aber ich würde mich sehr geehrt fühlen, den Ring wieder zu tragen, den ich ursprünglich gekauft habe, ja", sagte er. John kicherte kurz und gab Sherlock einen Kuss.
"Du warst schon immer mein Mann", flüsterte er. "Nur nicht offiziell."
~
Am nächsten Morgen wachte John auf, als Sherlock neben sich um ihn schlug. Er öffnete die Augen und erschrak, als er einen panischen Ausdruck auf Sherlocks Gesicht sah. Er legte eine Hand an Sherlocks Wange und streichelte die zarte Haut sanft. Sherlocks Bewegungen wurden ruhiger. Dann schlug er die Augen auf.
"Nein!", rief er laut. John sah ihn verwirrt an und wollte etwas sagen, doch Sherlock schrie weiter. "Du bist gestorben! D-du standest da und du bist..." Sherlock atmete schnell.
"Sherlock, beruhige dich!", rief John laut. Sherlock schüttelte den Kopf.
"Du...du...", stieß er aus. John legte seine Hände in die zitternden Hände des Consulting Detectivs. Sherlock sah ihn an.
"Es war nur ein Traum, Sherlock. Jetzt bist du wach. Keine Sorge. Ich bin hier", flüsterte John beruhigend. Sherlock zögerte offenbar kurz, dann umarmte er John.
"Ich habe Angst", sagte Sherlock leise. John starrte ihn lange an. "Es tut mir leid. Aber ich habe Angst."
"Das ist vollkommen in Ordnung.", flüsterte John. Sherlock schüttelte den Kopf.
"Ist es nicht. Ich darf keine Angst haben. Ich muss stark bleiben. Aber... ich schaffe es nicht. Tut mir leid, dass ich dich so enttäusche", sagte Sherlock niedergeschlagen. John nahm Sherlocks Gesicht in seine Hände.
"Du darfst Angst haben, Sherlock. Du bist immer tapfer. Zu Tapferkeit und Mut gehört auch Angst. Das ist nichts, wofür du dich schämen musst. Ich habe auch Angst", sagte er. Sherlock sah ihn überrascht an.
"Du?", fragte er. John nickte.
"Natürlich. Jedes Mal, wenn du dein Leben riskierst habe ich Angst, dich zu verlieren", sagte er. Sherlock sah ihn lange an. Dann drückte er ihn an sich. John lächelte kurz.
Es war fast süß, dass Sherlock Angst vor Angst hatte. Dass er immer den Starken spielen wollte, damit er nicht enttäuscht war.
~
Nachdem Sherlock und John aufgestanden waren und gefrühstückt hatten, rief John die ganzen Leute an, von denen Sherlock es gewollt hatte.
Mycroft, Lestrade, Molly und Mike. Mrs Hudson bat er einfach, nach oben zu kommen. Die Gäste kamen relativ schnell. Als letztes betraten Mycroft und Lestrade die Wohnung.
Sie versammelten sich alle in dem Wohnzimmer. Alle starrten Sherlock neugierig an. Als Mycroft als letzter das Wohnzimmer ging, stand Sherlock von dem Sofa auf und lächelte.
"Hallo, Mycroft", sagte er. Mycroft sah von den Leuten auf Sherlock.
"Was ist hier los?", fragte er verwirrt.
"Nichts besonderes", sagte Sherlock.
John musterte Mycroft. Er sah nicht ertappt aus. Auch nicht aufgeregt. Er war ein guter Schauspieler.
"Also!", rief Sherlock laut. "Wie alle von euch wissen, war unsere Hochzeit verlegt worden. Das hat auch einen guten Grund. Ich wurde von einem gewissen Sebastian Moran gefangen gehalten. Aber ich muss euch ebenfalls mitteilen, dass er nicht allein arbeitet. Er hatte Hilfe."
Sherlock ging im Raum herum.
"Während John und Mary, die übrigens auch noch eingeladen wird, mich aus seinen Händen befreit haben, haben wir herausgefunden, dass eine Person aus meinem engsten Kreis Sebastian mitgeteilt hat, dass ich noch am Leben bin. Und diese Person ist hier im Raum", sagte Sherlock. "Bevor ihr etwas sagt, ich weiß bereits, wer es ist. Es gab nämlich Hinweise."
John nickte ihm zu. Wie würde Mycroft wohl reagieren?
"Zwei, um genau zu sein. Der erste war der Satz "um ihn als Schutz die Hochzeit eines geliebten Menschen zu zerstören". Es muss also jemand sein, der mich gut kennt und mich sogar sehr gern hat. Dann der zweite Hinweis. MH", sagte Sherlock langsam und drehte seinen Kopf zu Mycroft.
Mycroft starrte ihn an. Mrs Hudson presste überrascht die Hand vor den Mund. Lestrade beobachtete Mycroft beunruhigt. John warf ihm einen wütenden Blick zu.
"Also. Der Name dieser Person trägt diese Initialien. Und leider wird besagte Person auch nicht an der Hochzeit teilnehmen. Schade", sagte Sherlock. Mycroft griff nach Lestrades Arm. Sie tauschten einen kurzen Blick aus. John sah, dass Lestrade ihn fragend ansah, doch Mycrofts Gesicht zeigte keine Emotionen.
"Aber es ist anders, als jetzt die meisten es glauben werden. Oh ja. Denn das Bedürfnis von Schutz einer Person ist nicht so groß, dass man ihn an einen Psychopathen verrät. Angst ist um einiges größer", sagte Sherlock. John betrachtete ihn verwirrt. "Kennt ihr eigentlich meinen ersten Fall mit John? Wie hieß er noch gleich, John? Der pinke Fall?"
"Ein Fall von Pink", sagte John. Sherlock nickte.
"Genau. So heißt er in Johns Blog", sagte er. "Ein Taxifahrer, der für seine Kinder Menschen umbrachte. Nur hier ist es ein wenig geändert. Das Bedürfnis von Schutz ist eine Sache. Es bringt einen dazu, heldenhafte, doch auch törichte Dinge zu tun", sagte Sherlock mit einem Blick auf Mycroft. "Doch Liebe an sich ist schwieriger. Liebe kann einen dazu bringen, Sachen zu sagen, die man nicht so meint, und Dinge zu tun, die man eigentlich nicht tun will."
John lächelte ihm zu. Sherlock, der einen Vortrag über Liebe hielt. Trotzdem war er noch immer verwirrt. Wenn es nicht Mycroft war, wer dann?
"Man kann, wenn man eine Person lieb gewonnen hat, diese wirklich nicht leicht loslassen. Das gilt für brüderliche Liebe, für Freundschaft und für die romantischer Art. Stellt euch vor, die Person, welche ihr lieben würdet, würde euch wegdrängen, um jemand anderen zu heiraten. Man wäre traurig und irgendwann wird die Trauer zu Wut. Man würde alles tun, wenn man könnte, um eine Hochzeit zu stoppen", sagte Sherlock und drehte sich langsam um.
John starrte ihn fragend an. Sherlock sprach jetzt leiser, doch immer noch verständlich.
"Man glaubt, alles für diesen Mann getan zu haben. Wirklich alles. Doch der sieht einen nicht als mehr..." Sherlock holte tief Luft, "als eine gute Laborpartnerin", beendete er den Satz.
John erstarrte. Dann drehte er sich zu Molly um, die bis jetzt stumm auf ihrem Platz gesessen hatte und Sherlock anstarrte. Totenstille herrschte im Raum. Mycroft griff mit seiner Hand an die von Lestrade.
"MH", flüsterte Sherlock. "Molly Hooper." Molly starrte ihn erschrocken an. "Warum hast du das getan?", fragte Sherlock.
"I-ich", stotterte Molly. Ihr Gesicht war mittlerweile kreidebleich. "Ich wollte nicht, dass Sebastian dir wehtut! Er sollte sich um John kümmern. Er hat mich betrogen." Sherlock sah sie lange an.
"Du?! Du hast ihn verraten?!", wiederholte John wütend. "Warum?!"
"Weil du Sherlock nicht verdient hast!", rief Molly laut. Ihre Augen tränten jetzt. "Ich wollte mit Sherlock zusammen sein. Was hast du bitte für ihn getan? Seitdem er mit dir zusammen ist, ist er nur am Leiden!" John starrte sie lange an. Ihm fiel keine Antwort ein. Hatte Molly etwa Recht?
"Molly Hooper, Sie sind verhaftet", sagte Lestrade und stand auf.
"Augenblick noch, Lestrade", sagte Sherlock und stellte sich vor Molly, die ihn ansah. "Kein Wort gegen John. Und kein einziges, was das in Frage stellen sollte, was er für mich getan hat. Er hat für mich getötet, er hat mir die Bedeutung von wahrer Liebe beigebracht und er hat mich bereits ein paar Male gerettet. Ohne ihn wäre ich tot. Du hast kein Recht, ihn zu kritisieren und du wirst auch nie wieder etwas gegen unsere Beziehung tun. Jetzt kannst du loslegen, Greg."
Lestrade legte Molly die Handschellen an und führte sie nach draußen. John stand auf und umarmte Sherlock sanft. "Ich liebe dich", flüsterte er. Sherlock lächelte.
"Ich dich auch", hauchte er zurück.
John war etwas besonderes. Und Sherlock würde es ihm jeden Tag zeigen, ohne es laut auszusprechen.
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