making decisions




Joanna

Benommen nehme ich wahr, wie die Tür sich öffnet und jemand eintritt, doch mein Kopf fühlt sich wie gelähmt an und so bleibe ich einfach reglos auf dem Boden liegen und starre an die Decke.
„Jo? Hallo? Joanna? ...FUCK!"
Jemand stolpert, leere Flaschen klimpern aneinander, durch dieses unnatürlich laute Geräusch zucke ich zusammen und Blitze tanzen vor meinen Augen.
„Fuck Jo," sagt eine Stimme nun deutlich näher und jemand schiebt sein Gesicht in mein Blickfeld. Doch meine Sicht ist verschwommen und ich erkenne nur, dass dieser jemand schwarze Haare hat.
„Brandon?" frage ich leise. Aber eigentlich ist es eher ein heiseres Krächzen. Langsam erwache ich aus meiner Starre und ich fange an die Schmerzen in meinem Kopf und Hals wahrzunehmen. Wage Erinnerungen der vergangenen Nacht nehmen Gestalt in meinem Kopf an. Wir haben gefeiert und vor allem ziemlich viel getrunken.
Ich stemme mich mit aller Kraft in eine sitzende Position, fahre mir mit der rechten Hand über mein Gesicht, ehe ich aufblicke. „Brandon," wiederhole ich leise, klinge fast schon erleichtert und blicke direkt in die wunderschönen blauen Augen meines besten Freundes.
„Jo." Seine Stimme ist fast nur ein Flüstern und auf seiner Stirn bildet sich eine tiefe Falte.
„Du siehst furchtbar aus," sagt er schließlich, schlingt seine Arme um mich und hebt mich vom Fußboden auf. Schweigend trägt er mich zum Bett hinüber, lässt mich sanft hinab und verschwindet ohne ein weiteres Wort aus dem Raum. Nur am Rande bekomme ich mit, wie Brandon zurückkommt, doch da sinke ich schon wieder in einen tiefen Schlaf.

×

Ich erwache erst spät am Nachmittag, als es draußen schon wieder dunkel wird. Mein Hals fühlt sich furchtbar an, ich sollte dringend was trinken. Benommen schwinge ich meine Beine über die Bettkante, dabei fällt mein Blick auf den Nachttisch. Dort steht ein Glas Wasser, zusammen mit Aspirin und einem Sandwich. Auf einem kleinen Zettel hat Brandon eine Nachricht hinterlassen. „Musste zur Arbeit, lass mich wissen, dass es dir gut geht. B."
Ich greife nach dem Glas und nehme einen großen Schluck. Das kalte Wasser läuft erfrischend durch meinen Hals und lindert den Schmerz ein wenig. Mit zittrigen Fingern friemle ich die Tablette aus dem Blister, werfe sie mir in den Rachen und spüle mit dem restlichen Wasser nach.
Eine Weile bleibe ich einfach so sitzen, bis ich die Kraft habe, mich aus dem Bett zu stemmen. Ich greife nach dem Sandwich und beiße hinein, ehe ich im Halbdunkeln durch meine Wohnung laufe. Ich blicke mich um, doch das Chaos von letzter Nacht ist verschwunden. Die leeren Flaschen stehen ordentlich in einem Korb in der Küche, der Müll wurde entsorgt und das Geschirr in die Spülmaschine geräumt.
Kopfschüttelnd lehne ich mich in den Türrahmen der Küche und beiße erneut von dem Sandwich ab. Brandon...schießt es mir durch den Kopf. Der wunderbare Brandon...Er hat aufgeräumt, während ich im Bett meinen Rausch ausgeschlafen habe. Ich habe einen Freund wie Brandon nicht verdient und ich bin sicher, er weiß das genauso gut wie ich. Trotzdem geht er nicht, trotzdem lässt er mich nicht allein, trotzdem ist er noch immer mein bester Freund.

Schnell wische ich mir mit der freien Hand eine Träne fort, die sich langsam den Weg meine Wange hinab gesucht hat. Ich lege das Sandwich auf dem Küchentisch ab, der Appetit ist mir für den Moment vergangen und gehe zu der Kommode neben meiner Haustür. Zufrieden stelle ich fest, dass mein Handy dort liegt, wo es hingehört. Ich greife danach, kurz überlege ich, ob ich Brandon anrufen soll. Ich weiß, er würde dran gehen, egal wie viel auf der Arbeit zu tun ist, doch ich weiß auch, er würde Ärger bekommen. Also tippe ich nur eine kurze Nachricht und schicke sie ihm: „Lebe noch. Danke für alles <3 J."
Diese Worte drücken nicht annähernd aus, was ich für Brandon empfinde und wie dankbar ich ihm bin, aber weil ich bin, wie ich bin und unfähig meine Gefühle auszudrücken, belasse ich es dabei und lege mein Handy wieder zur Seite.

Ich schleppe mich unter die Dusche und genieße einen Moment das Prasseln des heißen Wassers auf meiner Haut. In ein Handtuch gewickelt tapse ich barfuß durch meine Wohnung hinüber zur Küche. Der Hunger hat wieder von mir Besitz ergriffen und gierig esse ich die letzten Happen des Sandwiches auf. Aber das reicht mir nicht, mein Magen knurrt laut und verlangt nach mehr. Doch ein Blick in meine Schränke verrät, dass ich in den letzten Tagen nicht gerade sehr fürsorglich zu mir selbst gewesen war. Der Kühlschrank ist leergefegt und auch in den Schränken und Schubladen gibt es nichts Essbares. Sogar meine Reserve-Packung Nudeln, die sonst immer ganz hinten in einem der Schränke liegt, habe ich irgendwann in den letzten Tagen vernichtet. 
Seufzend schließe ich den Kühlschrank, begebe mich in mein Schlafzimmer und schlüpfe wahllos in Klamotten, um das Haus zum Einkaufen verlassen zu können. 

×

Es ist nicht weit bis zum Supermarkt und so ziehe ich nur schnell meine ausgelatschten Sneaker und irgendeine Jacke in Griffweite an. Doch als ich unten aus der Haustür trete, bereue ich meine Entscheidung sofort. Wir haben Februar, es ist arschkalt und einzelne Schneeflocken fallen vom Himmel zu Boden. Aber ich bin zu faul, um noch mal in den dritten Stock zu laufen und mich umzuziehen, also ziehe ich mir die Kapuze von meinem Hoodie über den Kopf und versuche so zu verhindern, dass der Wind mir um die Ohren pfeift.
Beim Supermarkt versuche ich mit vor Kälte erstarrten Fingern eine Marke in den Einkaufswagen zu schieben, um ihn so aus der Sicherung zu bekommen. Als ich es endlich geschafft habe, ziehe ich den Wagen heraus und mache mich auf den Weg zum Eingang, doch noch ehe ich einen Fuß ins Warme gesetzt habe, erstarre ich.
Ein Mann kommt heraus, seine Hand fest in den Oberarm eines Kindes, vermutlich seines Kindes, gekrallt. Der Junge ist vielleicht vier oder fünf Jahre alt und weint. „Mit dir kann man nirgends hingehen!" schreit der Mann laut und schüttelt den kleinen Jungen. „NIE wirklich NIE kannst du dich benehmen!"
„Du...du t-tust m-mir weh, Papa..." schluchzt der kleine Junge und versucht sich aus dem Griff seines Vaters zu befreien. Doch dieser zieht ruckartig an den Arm des Jungen und zieht ihn so ganz nah an sich heran. Mit schnellen Schritten laufen die beiden an mir vorbei. Meine Augen sind aufgerissen, meine innere Stimme ruft, dass ich etwas tun sollte. Aber ich bin erstarrt, unfähig mich zu bewegen, unfähig zu handeln. Meine Augen huschen hin und her, doch außer mir ist niemand da. 
„WAS?" blafft der Mann mich mit wütendem Blick an, als wir auf einer Höhe sind. Ängstlich zucke ich zusammen, schüttle den Kopf und eile mit dem Einkaufswagen in den Supermarkt.

Hinter einem der Regale bleibe ich stehen, meine Hände umklammern fest den Griff des Einkaufswagens, sodass meine Knöchel weiß hervortreten. Ich schließe die Augen und beiße fest auf meine Unterlippe, bis ich Blut schmecke. Bilder der Vergangenheit blitzen vor mir auf.

Mein Vater, der neben mir herläuft und mich am Oberarm fest gepackt hat. Wir laufen durch eine leere Nebenstraße. Mein Vater ist wütend, so unendlich wütend, doch ich weiß nicht warum.
„Papa...Papa bitte, du tust mir weh. Bitte...Papa," schluchze ich, doch mein Vater packt nur fester zu, reißt an meinem Arm und schleudert mich so gegen die Hauswand neben mir.
„Hör endlich auf zu jammern, du nutzloses Miststück!" schreit er laut und nach dem schmerzhaften Aufprall gegen die Wand folgt eine Ohrfeige. Ich falle auf die Knie, eine Hand an die pochende Wange gedrückt und weine. Doch kein Mucks verlässt mehr meine Lippen, zu groß ist die Angst vor dem, was dann folgen würde.

Die Erinnerungen überrennen mich und ich drohe an Ort und Stelle die Kontrolle zu verlieren. Ich will hier fort, will nach Hause, mich in meinem Bett verkriechen. Doch der Gedanke, dass ich absolut keine Lebensmittel mehr im Haus habe, zwingt mich, in dem Gang zu verharren und mich auf meine Atmung zu konzentrieren. Ich atmete tief durch die Nase ein und langsam durch meine aufeinandergepressten Lippen wieder aus. So wie ich es in der Therapie gelernt habe.
Nach und nach wird meine Atmung gleichmäßiger, bis ich mich schließlich wieder so weit im Griff habe, dass ich die Augen öffnen kann. Ich lockere den Griff um den Einkaufswagen, wische mir mit einer Hand die Tränen aus dem Gesicht und ziehe die Kapuze tiefer über die Stirn. In meinem Mund nehme ich den metallischen Geschmack von Blut wahr, doch ich versuche es so gut es geht zu ignorieren.
Schnell laufe ich durch die verschiedenen Gänge und lade einfach ein, was mir in die Hände fällt und von dem ich denke, dass es mir schmeckt. An der Kasse versuche ich den Blick des Kassierers zu meiden, stopfe die Einkäufe eilig in Tüten und verlasse hastig nach dem Bezahlen den Laden.

×

So schnell mich meine Füße tragen, kehre ich nach Hause zurück. Für den Moment mag ich die Kontrolle zurückerlangt haben, doch ich weiß, dass sich das jede Sekunde wieder ändern kann. Die Kälte dringt durch meine Klamotten, mein ganzer Körper zittert und nur mit Mühe bekomme ich es hin, die Einkaufstüten festzuhalten. Die Griffe schneiden in meine Hände, doch die sind von der Kälte so taub, dass ich kaum etwas davon spüre.
Irgendwie schaffe ich es, mit meinen zittrigen Fingern die Wohnungstür aufzuschließen. Ich stelle die Tüten ab und ohne die Tür richtig hinter mir zu schließen, laufe ich in meinen dreckigen und nassen Schuhen ins Wohnzimmer. Im Dunkeln lasse ich mich auf die Knie fallen und taste über den kleinen Tisch am Sofa, bis ich das vertraute Knistern eines Tablettenblisters höre. Ich greife danach, doch meine Finger sind noch immer so taub von der Kälte, dass es ewig dauert, bis ich eine Tablette herausgefriemelt habe. Langsam ziehe ich die kleine Pille hervor, schiebe sie mir in den Mund und schlucke sie zusammen mit etwas angesammelter Spucke hinunter. Dann warte ich.

Nach einer gefühlten Ewigkeit setzt die Wirkung des Diazepams ein und ich spüre, wie mein Herz langsam wieder normal in meiner Brust schlägt. Die Panik verfliegt und mein Körper wird leichter. Ich schaffe es aufzustehen, das Licht anzumachen und meine Einkäufe zu verstauen. Anschließend schiebe ich eine Tiefkühlpizza in den Ofen und verspeise sie vor dem Fernseher. Ein Blick auf die Uhr verrät mir, dass es gerade mal 19 Uhr ist, dennoch bin ich endlos müde, wie jedes Mal, wenn ich eine Diazepam genommen habe.

Ich kuschle mich auf meinem Sofa in einer Decke ein und lasse mich vom Fernseher berieseln, bis mir langsam die Augen zufallen. 

„Mama? Mama steh bitte auf..."
Ich rüttle mit meinen kleinen Kinderhänden an dem bewusstlosen Körper meiner Mutter. Mein Vater steht mit einer Flasche Schnaps in der Hand im Türrahmen und lacht hämisch.
„Die wacht schon wieder auf," lallt er mir mit heiserer Stimme entgegen. „Hat nur bekomm' was se verdient hat, die kleine Schlampe."
Rotz und Tränen laufen mir übers Gesicht, während ich weiter verzweifelt an der Schulter meiner Mutter rüttle.
Mit einem lauten „Tze" dreht mein Vater sich um und verlässt das Haus.
Ich warte, eine Minute, zwei Minute, drei Minuten. Dann schleiche ich mich zum Telefon und rufe den Notruf.
Zehn Minuten später kommt mein Vater mit neuem Alkohol nach Hause. Weitere fünf Minuten später klingelt es an unserer Tür. Mein Vater weiß nichts von dem Anruf, also öffnet er ahnungslos.
„Haben Sie den Notruf gerufen?" fragt eine ruhige Männerstimme.
Die Ader am Hals meines Vaters tritt hervor, er ist wütend, das kann ich sehen. Doch er lässt sich nichts anmerken.
„Ja, es geht um meine Frau," antwortet er ruhig und tritt an die Seite.
Der Rettungsdienst tritt ein und versorgt meine Mutter.
„Was ist passiert?" fragt einer der Sanitäter.
„Treppe runtergefallen," entgegnet mein Vater.
Doch alle Anwesenden wissen, dass das eine Lüge ist.
Als sie gehen, werfen die Sanitäter mir mitleidige Blicke zu. Mein Vater zeigt sich nicht auffällig, sie können nichts tun. Vermutlich informieren sie das Jugendamt, aber da es keine Anzeichen gibt, dass es mir schlecht ergeht, werden sie nichts unternehmen.
Ich bleibe mit meinem Vater allein, als die Tür ins Schloss fällt und er hört, wie der Krankenwagen wegfährt, holt er aus.

Ich wache schweißgebadet auf. Mein Hals fühlt sich trocken an, vielleicht habe ich im Schlaf geschrien. Das tue ich öfter. Ich richte mich schwer atmend auf und drücke die Handballen kurz gegen meine Augen, ehe ich die Beine vom Sofa schwinge und aufstehe. Unruhig tigere ich im Zimmer auf und ab und versuche die Erinnerung aus meinem Traum loszuwerden. Ich knibble an losen Hautfetzen an meinen Fingern, bis es blutet, aber die Unruhe verschwindet nicht. Nervös fahre ich mir durch die Haare und gehe zu einem der Schränke. Ich weiß, dass ich das nicht tun sollte, vor allem nicht in Kombination mit dem Diazepam und der Aspirin am Nachmittag, dennoch greife ich in den Schrank und ziehe eine bereits angebrochene Flasche Vodka heraus. Eilig schraube ich den Deckel ab, setze sie am Mund an und nehme drei, vier große Schlucke. Mit der geöffneten Flasche laufe ich weiter auf und ab, nehme zwischendurch einen Schluck und warte, dass der Alkohol seine Wirkung tut. In diesem Moment erkenne ich meinen Vater in mir mehr denn je. Er hat alles versucht mit Alkohol zu betäuben und jetzt tue ich es ihm gleich. Wie sagt man so schön? Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm.
Wieder blitzen die Bilder aus meinem Traum auf. Ich trinke.
Die Stimme meines Vaters lacht mich in meinem Kopf laut aus. Ich trinke.

„Du hast dich immer für etwas Besseres gehalten, sieh dich an. Du bist Ich!" ruft mein Vater laut und wieder erklingt sein hämisches Lachen in meinem Kopf. Ich trinke.
Doch die Stimme verstummt nicht, egal wie leer die Flasche wird.

„Du bist erbärmlich!"
„Du bist wertlos!"
„Du dreckige kleine Schlampe!"
„Ich wünschte du wärst tot!"

Mit voller Kraft werfe ich die Flasche gegen die gegenüberliegende Wand, mit einem lauten Scheppern zerspringt sie in tausend Teile und die Scherben verteilen sich rund um die Einschlagsfläche. Ich hocke mich hin, umklammere meine Beine und wiege mich vor und zurück, während mein tränenverschleierter Blick auf die Scherben gerichtet ist.

Ein Klingeln dringt langsam zu mir durch, erst leise, dann immer lauter. Bis ich realisiere, dass dieser Ton von meinem Handy kommt, hat der Anrufer aufgegeben und Stille erfüllt wieder den Raum. Ich richte mich auf, bahne mir vorsichtig einen Weg in die Küche, um Handfeger und Kehrblech zu holen. Auf halber Strecke erklingt ein „Pling" jemand hat mir eine Nachricht geschrieben.
Ich sammle mein Handy auf dem Weg in die Küche ein und lese dabei die Nachricht.
„Komm in den Club, Babe. Ich warte auf dich."
Eine Einladung von Alexander, er war es auch, der versucht hat mich anzurufen. Ich zögere keine Sekunde und tippe eine Antwort: „Bin schon fast auf dem Weg."
Vergessen sind die Scherben, stattdessen schnappe ich mir eine Flasche Weißwein aus dem Kühlschrank und schenke mir Großzügig davon ein.

×

Als ich schließlich im Club ankomme, sind eineinhalb Stunden vergangen und ich bin gut angetrunken. Der Türsteher kennt mich und lässt mich rein, ohne dass ich in der Schlange warten muss. Ich vernehme lautes Murren, manche beschimpfen mich, andere den Türsteher. Sie werden heute nicht mehr in den Club kommen.
Ich gebe meine Jacke ab und gehe in den Raum mit dem VIP-Bereich. Die Musik dringt sofort durch meinen ganzen Körper und ich bekomme das Bedürfnis zu tanzen.
„Babe!" ruft da eine mir vertraute Stimme und als ich mich umdrehe, steht Alexander direkt hinter mir. Er legte einen Arm um meine Taille, zieht mich an sich und schaut mir tief in die Augen. „Du bist spät," sagt er ernst und er wirkt leicht verärgert, dass ich ihn so lange habe warten lassen.
Ich schlinge beide Arme um seinen Hals, schmiege meinen Körper an ihn und erwidere dabei seinen Blick mit einem schüchternen Lächeln. Ich weiß, wie Alexander tickt, weiß was er will und erwartet. Also gebe ich es ihm, damit er nicht sauer wird. Ich lege meine Wange an seine und hauche ihm ins Ohr: „Tut mir leid, aber ich musste mich erst noch etwas für dich frisch machen...du weißt schon..."
Sofort legt Alexander eine Hand in meinen Nacken und er drückt seine Lippen hart auf meine. „Du kleines Luder," sagt er grinsend, greift nach meiner Hand und zieht mich mit sich in den VIP-Bereich zu einem der Tische. „Komm, ich hab etwas für dich."

„Etwas" ist ein Joint, den er mir lächelnd entgegenhält, noch ehe er sich hinsetzt.
„Gras von deinem Lieblingsdealer," fügt er noch hinzu und sieht mich abwartend an.
Ich zögere. „Wir dürfen hier drin doch gar nicht rauchen."
Doch Alex grinst mich unbeirrt weiter an. „Ach Baby, der Laden gehört quasi mir, wir können hier tun und lassen, was wir wollen."
Ich hebe meine Hand und greife mit den Fingern nach dem Spliff, kurz halte ich inne, doch dann gewinnt das Verlangen in mir, diesen Tag zu vergessen und einfach zu entspannen.
Ich stecke mir das Teil zwischen die Lippen, greife nach dem Feuerzeug auf dem Tisch und zünde es an. Ich nehme zwei tiefe Züge, ehe ich den Joint an Alexander weitergebe, der grinsend von der Sitzbank aus zu mir aufblickt. Er nimmt ihn entgegen, zieht daran, ohne den Blick von mir zu wenden und pustet den Rauch in meine Richtung aus.
„Setz dich, Babe," sagt er bestimmt und deutet mit seinem Kopf neben sich. Ich tue, was er sagt, lasse mich neben ihm fallen, schnappe mir eins der vollen Gläser vom Tisch und kippe mir den Vodka schwungvoll in den Mund. 

×××

Irgendwann durchfährt mich ein unangenehmer Schmerz, ich werde unsanft geschüttelt und mein Kopf wackelt unkontrolliert hin und her.
„Jo? Oh mein Gott, Jo! Sag doch was!"
Brandon.
Ich gebe ein gequältes Geräusch von mir, augenblicklich hört das Schütteln auf. Stattdessen umschlingen mich zwei Arme und ziehen mich an sich. Brandon bettet meinen Kopf an seiner Schulter und legt eine seiner riesigen Hände an meinen Hinterkopf. „Gott, Jo..." sagt er heiser, wiegt mich sanft hin und her, nur wage nehme ich sein Schluchzen wahr. Sein Körper strahlt eine angenehme Wärme ab und erst da wird mir bewusst, wie kalt mir ist. Ich schmiege mich näher an ihn, sofort legt Brandon beide Arme fest um mich und zieht mich auf seinen Schoß. Eine ganze Weile bleiben wir so sitzen und langsam spüre ich wieder jedes meiner Körperteile.

„Brandon..." murmle ich leise, greife mit der rechten Hand an seinen Oberarm und halte mich an ihm fest. Ich spüre, wie er seinen Arm hebt und höre ihn die Nase hochziehen. Irgendwo in meinem Kopf verknüpft sich die Verbindung zu dem Schluchzen von eben und ich begreife, dass Brandon geweint hat.
Mit Mühe öffne ich meine Augen einen Spalt breit, hebe den Kopf und suche seinen Blick.
„Hey..." haucht Brandon leise und setzt ein Lächeln auf. Doch ich sehe ihm an, dass ihm eigentlich nicht nach Lächeln zumute und irgendwas ganz und gar nicht in Ordnung ist.
„Was ist passiert?" frage ich leise, drücke mich leicht von Brandons Brust weg und sehe mich um. Wir sitzen auf dem Boden im Badezimmer, in meinem Badezimmer.
„Sag du es mir, ich habe dich hier gefunden, bewusstlos," sagt Brandon ernst und ich kann den Vorwurf aus seiner Stimme hören.
Ich versuche den gestrigen Abend zu rekonstruieren, doch alles an was ich mich erinnere, ist, dass ich gestern noch zu Alexander in den Club gegangen bin.


Je wacher ich werde, desto mehr nehme ich die Schmerzen in meinem Körper wahr. Mein Hals fühlt sich wund an, mein Kopf dröhnt, meine Glieder sind starr und mein Rücken zieht etwas, als ich versuche meinen Oberkörper noch weiter zu drehen.
Ein saurer Geruch steigt mir in die Nase und mir wird klar, dass er von dem Erbrochenem stammen muss, das an der Toilette heruntergelaufen ist und sich auf dem Fußboden ausgebreitet hat. Offensichtlich war ich nicht einmal mehr dazu in der Lage gewesen, meinen Kopf vernünftig über die Kloschüssel zu halten.
Bei dem Anblick wird mir augenblicklich wieder schlecht und ich halte mir eine Hand vor den Mund.
„Jo?" fragte Brandon besorgt, doch ich bringe ihn mit einer Bewegung meiner anderen Hand zum Schweigen. „Geht schon," murmle ich leise.
Als mir bewusstwird, dass das Erbrochene auch quer auf meinem Oberteil klebt, versuche ich mich beschämt von Brandons Schoß zu schieben, doch er hält mich mit seinen starken Armen zurück.
„Ist schon gut, Jo," sagt er leise und schlingt erneut seine Arme fest um mich.
Ich lasse mich zurück an seine Brust fallen und schließe die Augen.

Nach einer Weile hilft Brandon mir aufzustehen und während ich in der Küche sitze und benommen an einer Tasse Tee nippe, beseitigt Brandon die Scherben im Wohnzimmer, putzt das Bad und lässt warmes Wasser für mich ein. Er hilft mir aus meinen Klamotten und stützt mich, als ich in die Wanne steige. Ich schäme mich nicht, nackt vor Brandon zu sein, das war ich schon oft.
Ich setze mich in das warme Wasser, ziehe die Beine an und schlinge meine Arme drumherum.
„Ich mache dir was zu essen, wenn was ist, ruf mich einfach," sagt Brandon, ehe er durch die Tür verschwindet und sie hinter sich anlehnt.

×

Ist schon gut, Jo... Brandons Worte lassen mich nicht mehr los und, zusammen mit seinem Blick, lösen sie einen unerträglichen Schmerz in mir aus. Sein Blick war anders gewesen als sonst, nicht nur voller Sorge, sondern angsterfüllt. So hatte ich ihn noch nie gesehen und mit einem Mal wird mir bewusst, was noch alles hintern Brandons Aussage steckt und warum mich seine Worte nicht mehr loslassen. 

Ist schon gut, Jo.
Ich kenne das schon.
Ich habe dich schon etliche Male so gefunden.
Das ist nichts neues für mich.
Ich bin es gewohnt.

Ein dicker Kloß bildet sich in meinem Hals und egal wie sehr ich es versuche, er lässt sich nicht hinunterschlucken. Tränen suchen sich ihren Weg aus meinen Augen.
Der Schmerz wird unerträglich, ich lehne mich zurück, schließe die Augen und lasse mich langsam mit dem Kopf unter Wasser gleiten.
Die Sekunden verstreichen und langsam merke ich, wie mir die Luft knapp wird. Ein Bild tanzt vor meinen Augen. Brandon.

„Das hier ist Joanna," stellt mich eine der Erzieherinnen vor, während die anderen Jugendlichen der Wohngruppe mich anstarren. „Ich wünsche mir, dass ihr nett zu ihr seid und sie sich hier willkommen fühlt."
Ich blicke beschämt zu Boden und fummle an dem Saum meines ausgefransten Pullovers herum, während die Blicke der anderen mir eine unangenehme Hitze in die Wangen strömen lässt.
„Brandon, kannst du bitte ihre Koffer hochbringen und ihr alles zeigen?" wendet sich die Erzieherin an einen hochgewachsenen Schwarzhaarigen. Dieser zuckt nur mit den Schultern „Klar", dann schnappt er sich meine Koffer, geht ein paar Schritte und sieht mich über seine Schulter hinweg auffordernd an. „Kommst du, Joanna?"
„Nur Jo..." sage ich leise und folge dem nun breit grinsenden Jungen.

Später am Abend verlasse ich mein Zimmer, weil ich die Erzieherin nach einer Flasche Wasser fragen möchte. Die Treppe ist nicht weit vom offenen Wohnbereich entfernt und so komme ich nicht umhin ein paar Gesprächsfetzen aufzuschnappen, die den Fernseher übertönen.
„Die Neue ist ziemlich heiß," sagt eine männliche Stimme.
„Alter, sie ist erst 14," entgegnet eine weibliche Stimme.
„Ja und? Alt genug um einmal drüberzu..."
„Halts Maul!" mischt eine andere männliche Stimme sich ein. Brandon.
Ich will weitergehen, doch meine Füße sind wie festgewachsen.
„Willst sie wohl für dich, was?" fragt der andere Junge.
„Ihre Mutter soll ihren Vater ermordet haben," sagt die weibliche Stimme. „Sie ist bestimmt richtig kaputt."
„Wir sind alle kaputt, sonst wären wir nicht hier," sagt Brandon ernst. „Und wenn ihr versucht ihr das Leben zur Hölle zu machen, bringe ich euch um."
Seine Stimme klingt dabei so eiskalt, dass ich ihm jedes Wort glaube. Den anderen beiden muss es ähnlich ergangen sein, denn beide schweigen und ich kann nur noch den Fernseher hören.
Aus dem Augenwinkel nehme ich eine Bewegung wahr und als ich meinen Kopf drehe sehe ich den Schwarzhaarigen der langsam auf mich zu kommt. Ihm muss klar sein, dass ich das Gespräch mitbekommen habe und am liebsten würde ich weglaufen. Aber ich bin immer noch erstarrt und so blicke ich ihn nur schweigend, mit rotangelaufenen Wangen an.
Er bleibt etwa einen Meter entfernt vor mir stehen und fixiert mich mit seinen blauen Augen. Kurz sehen wir einander nur schweigend an und Angst keimt in mir auf.
„Wenn du was brauchst," sagt er leise, sodass die anderen ihn nicht hören können. „Komm zu mir."
Dann geht er langsam an mir vorbei, sein nackter Unterarm streicht an meinem entlang und Gänsehaut legt sich auf meinen ganzen Körper.

Ich tauche aus dem Wasser auf und ringe nach Luft. Mein Herz rast und während ich versuche es wieder zu beruhigen, bleibt das Bild des sanft lächelnden Brandon vor meinen Augen. Brandons Name schießt mir immer wieder durch den Kopf, ich kann nur noch an ihn denken.

Schließlich steige ich aus der Wanne, wickle mich in ein Handtuch und gehe eilig aus dem Bad. Ich verschwende keine Zeit damit, mich ordentlich abzutrocknen und so hinterlassen meine Füße nasse Abdrücke auf dem Boden, während das Wasser aus meinen Haaren ins Handtuch rinnt. Ich stelle mich hinter Brandon und schlinge meine Arme um ihn. Er zuckt überrascht zusammen, dann versteift sich sein Körper. „Gott Jo, du bist klitschnass," schimpft er leise.
„Es tut mir leid Brandon," schluchze ich in seinen Rücken. „Es tut mir so leid..."
Brandons Körperhaltung verändert sich. „Jo..." sagt er sanft, löst meine Hände und dreht sich zu mir. Er schließt mich in seine starken, warmen Arme und ich lasse meinen Tränen freien Lauf. Als Brandon merkt, dass ich mich nicht so schnell wieder beruhigen würde, schaltet er den Herd aus, hebt mich hoch und bringt mich in mein Schlafzimmer. Er lässt sich mit mir in seinen Armen aufs Bett fallen. Mein Kopf ruht auf seiner Brust und er streicht mir beruhigend über das nasse Haar, bis mein Schluchzen nachlässt und meine Tränen wieder versiegen.

„Geht's wieder?" fragt Brandon leise und als ich nicke, setzt er sich mit mir zusammen auf. Ich sitze auf seinem Schoß, meide seinen Blick und klammere mich in sein nasses Shirt.
„Du musst dir was anziehen und deine Haare sind auch noch nass," sagt Brandon leise. Wieder nicke ich, schaffe es schließlich aufzustehen und mir Unterwäsche aus dem Schrank zu nehmen. „Ich geh grad meine Haare föhnen," murmle ich leise, den Blick zu Boden gerichtet. „In Ordnung," entgegnet Brandon und ich spüre seine Augen auf mir, während ich zum Badezimmer gehe. Dort angekommen schlüpfe ich in meine Unterwäsche und kämme mir unter Schmerzen meine total verknoteten Haare, ehe ich sie trockne. Anschließend gehe ich ins Schlafzimmer zurück und suche mir etwas zum Anziehen. Brandon steht schon wieder in der Küche und kümmert sich um das Essen.

×

Als ich zu ihm gehe, ist der Tisch bereits gedeckt und Brandon verteilt Rührei auf den beiden Tellern.
„Setz dich," sagt er lächelnd und stellt die Pfanne zurück auf den Herd. „Du musst was Essen."
Ich nicke und lasse mich auf einen der Stühle fallen. Erst als ich die erste Gabel mit Ei in meinem Mund habe, merke ich, wie ausgehungert ich bin und schlinge den Rest quasi hinunter. Brandon lacht. „Gott sei Dank ist auf deinen Appetit verlass."
Ich schaffe es zu Lächeln, ein warmes Gefühl breitet sich in meiner Brust aus und ich schöpfe Kraft aus diesem kleinen unscheinbaren Moment mit meinem besten Freund. Doch dann wird mir wieder bewusst, was ich Brandon in letzter Zeit alles zugemutet, wie weh ich ihm getan habe und Tränen sammeln sich erneut in meinen Augenwinkeln.

Der Schwarzhaarige lässt sein Besteck sinken und sieht mich besorgt an. „Was ist los, Jo?"
Ich schlucke heftig, schüttle den Kopf und lächle ihn an.
„Ich begreife einfach nicht, dass du immer noch hier bist," sage ich schluchzend und wische mir mit dem Ärmel meines Pullovers über die Wangen.
Er schiebt seinen Teller von sich und sieht mich ernst an. „Du weißt, warum ich hier bin."
„Weil du mich liebst," entgegne ich nach kurzem Schweigen leise und schaffe es ausnahmsweise, seinem Blick standzuhalten.
Brandon nickt. „Ja."

Kurz verliere ich mich in seinen blauen Augen, doch dann wendet Brandon sich ab und wirft einen Blick auf die Uhr. „Ich muss zur Arbeit, Jo."
Mein Blick wandert ebenfalls zur Uhr, dann senke ich enttäuscht den Kopf. „Ja..." murmle ich leise und schließe die Augen. Ich höre, wie Brandon vom Tisch abrückt und aufsteht. Er bleibt vor mir stehen, greift meine Arme und zieht mich auf die Füße. Eine Hand legt er an meine Wange, sucht mit seinen Augen meine. „Ich liebe dich, Jo. Ich werde dich immer lieben, egal was passiert. Ich muss jetzt wirklich zur Arbeit, aber ich komme morgen früh direkt zu dir und dann reden wir, ja?"
Ich schaue ihn stumm an, unfähig etwas zu erwidern, dann nicke ich. Brandon lächelt kurz, bevor er seine Hand sinken lässt. Er tastet nach meinen Fingern und drückt sie kurz, ehe er sich zum Gehen wendet. Ich folge Brandon in den Flur und sehe dabei zu, wie er Schuhe und Jacke anzieht.

An der Tür sieht er noch einmal zu mir. „Als ich dich heute gefunden habe, dachte ich, du seist tot."
Ich kann den Schmerz in seinen Augen sehen und begreife, was dieses Mal anders war als sonst und die Erinnerung an sein Schluchzen dringt in mein Bewusstsein.
„So übertrieben hast du es noch nie," fährt er fort. „Bitte, Jo, bitte tu das nicht noch einmal. Bitte verlass mich nicht."
Unfähig etwas zu sagen, gehe ich auf ihn zu, lege eine Hand an seine Wange und hauche einen Kuss auf seine Lippen. Brandon legt eine Hand an meine Taille und gibt mir Halt.
„Es tut mir leid, Brandon," flüstere ich leise, während wir Stirn an Stirn mit geschlossenen Augen dastehen. „Ich weiß," entgegnet Brandon.
Viel zu schnell löst er sich von mir und öffnet die Haustür. „Bis morgen, Jo."
„Bis morgen."
Dann ist er verschwunden und hinterlässt eine endlose Leere.
Ich habe wieder nicht geschafft, ihm zu sagen, was ich fühle.

Ich tigere den Abend rastlos durch meine Wohnung, nicht fähig einen klaren Gedanken zu fassen. Erinnerungen der Vergangenheit rasen durch meinen Kopf. An meinen Vater. An meine Mutter. An Brandon. An die Zeit im Wohnheim.
Immer wieder schweifen meine Gedanken zu dem Diazepam auf meinem Wohnzimmertisch und zu dem Weißwein in meinem Kühlschrank.
Ich versuche mich abzulenken, doch dabei fällt mir ein, dass ich noch Schnaps im Wohnzimmerschrank habe und irgendwo ein paar Mollys liegen müssten.
Ich kauere mich auf mein Sofa, die Beine angezogen, wiege mich leicht vor und zurück. Ich habe das Gefühl verrückt zu werden.

×

Als es am nächsten Morgen langsam hell wird, sitze ich auf dem Fußboden in meinem Schlafzimmer, eine Weinflasche in der Hand.
Meine Fingernägel sind total abgekaut und an manchen Stellen klebt verkrustetes Blut. Doch irgendwann im Laufe der Nacht, hatte diese Selbstverstümmelung nicht mehr ausgereicht und die Verzweiflung mich übermannt. Also habe ich doch zum Wein gegriffen, erst eine Flasche, dann die zweite, die jetzt noch halbgefüllt in meiner Hand liegt.
Ich rede mir ein, wenn Brandon geblieben wäre, wäre ich stark genug gewesen. Doch tief in meinem inneren weiß ich, dass das eine Lüge ist. Ich hätte so oder so zum Wein gegriffen.

Ich muss an die Worte meiner Mutter denken, als ich sie einmal im Gefängnis besuchte und gefragt habe, warum sie es getan hat. Warum sie mich im Stich gelassen hat, warum sie meinen Vater ermordet hat.

Manchmal, mein Schatz, kannst du dir nur selbst helfen. Dabei kannst du keine Rücksicht auf andere nehmen."

Ein trauriges Lächeln legt sich auf meine Lippen. Sie hat recht, denke ich. Ich kann mir nur selbst helfen.
Ich weiß genau, was ich zu tun habe, um zu verhindern, dass ich mein Leben noch weiter zerstöre. Was ich tun muss, damit Brandon mich beim nächsten Mal nicht tot statt bewusstlos auffindet. Aber dabei kann er nicht dabei sein, dafür muss ich ihn verlassen und es allein schaffen. Doch ich weiß, eines Tages wird er es verstehen.
Ich quäle mich auf die Füße, suche nach meinem Handy und rufe meine Therapeutin an.

×××

Ein paar Stunden später sitze ich zwischen lauter fremden Menschen. Ich trage einen schwarzen Hoodie, der eigentlich Brandon gehört und verstecke mich unter der Kapuze. Meine Hände habe ich in die Bauchtasche gesteckt und meine Finger sind fest ineinander verschränkt, fast schon so fest, dass ich mir die Blutzufuhr abdrücke. Mein rechtes Knie wippt nervös auf und ab, während ich mir die Menschen um mich herum ansehe. Die meisten von ihnen sehen so furchtbar aus, wie ich mich fühle. Ausgelaugt, dicke Ränder unter den Augen und vor Anspannung fast platzend.
„Joanna?" fragt eine sanfte Frauenstimme.
Ich schlucke laut, räuspere mich.
Ein Moment der Stille vergeht.


„Ich heiße Jo und ich bin süchtig."

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