𝟎𝟔 | 𝐒̧𝐄𝐒̧


• R O J Y A R •

„Hey." Unsere Pause hat gerade mal begonnen, und schon setzt sich ein bekanntes Mädchen mit ihrer Tasse in der Hand zu mir. Es ist die Tochter der alten Dame, der ich mal geholfen habe, nur damit ihre Tochter mich am Ende als ,Einbrecher' komplimentiert.

Wir sind im Café des Krankenhauses, ich wollte noch gerade an meiner Tasse nippen, als sie jedoch so plötzlich aufgetaucht ist und nun neben mir Platz genommen hat.

Ich weiß nicht mehr genau, wie ihre Mutter sie genannt hat, aber entweder Sherife oder Sherifa? Das ist nicht wichtig. Ich bin hier mit anderen Studenten von der Uni unterwegs. Was macht sie hier? In ihrem Kasack und der weißen Hose kommt sie mir vor wie eine der weiteren Krankenschwestern, dabei sehen die meisten von ihnen alt aus. Arbeitet sie hier in diesem Krankenhaus als eine?

Dennoch schenke ich ihr die Begrüßung zurück. „Hey"

„Du bist an mir vorbeigelaufen mit den anderen, ich wollte dich ansprechen, aber ihr saht beschäftigt aus.", erklärt sie, und ich frage mich, ob es mich überhaupt interessiert und nehme zwei Schlücke auf einmal, heute morgen musste ich meinen auslassen, sonst wäre ich wieder zu spät dran. „Ich wollte mich entschuldigen, was vorgefallen ist. Also, das ich dich als einen Einbrecher betitelt habe." Sie lacht vor sich hin und spielt mit ihren Fingern um ihre Tasse. War sie nervös?

Ihr Lachen verstummt auf der Stelle, als sie mich anschaut und merkt, dass ich nichts dabei lustig finde. Aber was denn auch?

„Nein, auf ernst. Es tut mir leid. Es war unangebracht.", wird sie wieder ernst.

Aber irgendwie bringt es mich zum Schmunzeln. Ich weiß nicht einmal warum, aber ich schmunzle und gebe ein Scheiß drauf. „Alles Ok. Du hast mich nicht gekannt beziehungsweise kennst mich nicht." Das ist der Punkt, sie kennt mich nicht. Dennoch soll es keinen Grund geben, mich als einen Einbrecher zu beschreiben, dabei lasse ich es sein.

Wenn ich mir die Erinnerung an den Tag widerrufe, es ist schon lustig, wie sie da gestanden hat mit einem Buch fest in den Händen, als wäre es eins ihrer Kinder und wolle diesen beschützen, und allen ernstes nachgefragt hat. „Ist das ein Einbrecher?"

„Warum lachst du? Lachst du mich aus?", fragt sie mit einem breiten Lächeln blickend in meine Augen mit ihren grünen, aber genauso wenig beschämend.

„Nein, nein." Sofort schüttele ich den Kopf abermals grinsend und nehme einen weiteren Schluck vom Kaffee. „Arbeitest du hier?" Ich leugne es nicht, dass ich hierbei wirklich aufgrund dessen gereizt bin.

„Oh, ehm.., ich absolviere meine Ausbildung hier als Krankenschwester."

Als Krankenpfleger würde mir das alles nichts bringen. Ich muss ein Arzt werden, um mein Ziel erreichen zu können. Und das werde ich.

„Wir haben noch Zeit, wenn du willst, können wir gerne noch etwas spazieren." Ich weiß nicht, was es sein soll, aber ich lehnte es nicht ab, nachdem wir unsere Tassen geleert haben.

Auf unserem Weg stellt sie solche beschissene Fragen, welche zwar nerven, aber ich trotzdem antworte. Sowas wie, im welchen Semester ich bereits bin, wie lange ich noch brauche, woher ich komme und so weiter und so fort, die Hauptsache ist, dass sie sowas nicht von mir erwarten soll, denn es juckte mich kein bisschen. Am Ende stelle ich fest und bin mit dabei sicher, dass sie schüchtern wird und deswegen den Mund hält. Was eine Erleichterung.

Aber um die Stille zu erfüllen, damit es zwischen uns nicht zu unangenehm für sie wird, frage ich nach ihrem Namen.

„Sherifa."

Ich merke, wie ich sogar währenddessen angefangen habe, sie mit Canan zu vergleichen, und hasse mich deswegen.

Aber Beide sind so unterschiedlich egal worin. Während Sherifa wie ein offenes Buch neben mir läuft, kommt Canan einem anders rüber. Sie hält sich wie ein Tresor verschlossen, dessen Code niemand kennt oder bekommt. Sherifa strahlt schon ihren Lächeln aus, obwohl wir uns gerade mal kennenlernen — sie schenkt jeden, der an ihr vorbei läuft, ihre Ausstrahlung mit nur einem Lächeln. Canan war anders, unsere erste Begegnung war beschissen, aber ich habe sie nur zwei ganze Male lächeln sehen — einmal am Friedhof und einmal, wo sie es geschafft hat, sich gegen mich zu wehren —, und das obwohl wir uns schon seit einem Monate und schon mehrere Tage kennen und drei Mal in der Woche sehen. Und zu anderen Menschen ist sie eher undichter, ihre Blicke immer gesenkt.

War Canan schon immer so oder erst seit der Nacht? Ich weiß es zwar nicht, aber ich setze es mir als Ziel ein, es herauszufinden, und das werde ich.

„Wir sollten langsam zurückkehren.", kündige ich an, als ich auf meine Handuhr einen unauffälligen Blick werfe, nachdem sie ihren Satz beendet.

„Oh, scheiße, es ist schon so spät.", dabei trägt ihre Stimme etwas Besorgnis mit sich.

Die Rückkehr verläuft still, egal wie unangenehm es uns beiden ist, keiner spuckt ein Wort von sich, so ist es mir lieber.

Nach der dritten Operation, in welcher mir das Assistieren erlaubt gewesen ist, laufe ich auf mein geparktes Auto zu, steige ein, atme jedoch kurz durch, bevor ich losfahre. Zu Hause gehe ich nochmal alles durch, doch als ich meine Brille abnehme, bekomme ich kein Auge zu für den nächsten Tag.

Um mich abzulenken, gehe ich durch das ganze Haus hin und her. Um müder zu werden, um Kraft zu verlieren, um dann schlafen zu können, doch stattdessen fällt mir etwas ein, was seit der Benachrichtigung über Canan im hintersten Teil meines Gehirns geruht hat.

Die Gebärdensprache.

Ich hole meinen Laptop sowie ein leeres Block mit einem Stift heraus, die ich eigentlich für den kommenden Tag eingepackt und vorbereitet habe.

Zuerst fange ich mit den Zeichen an, die ich niemals vergessen darf und die ich verwenden muss, bei unserer nächsten Begegnung.

Eine Sprache anzufangen zu lernen, während des Medizinstudiums, stelle ich mir hart vor, da es nicht nur irgendeine Sprache ist, sondern die Gebärdensprache. Um mich von diesen Gedanken zu erleichtern, bete ich vor dem Schlafengehen zu Xwedê, dass es mir einfacher scheinen wird als in meiner Vorstellung.

Heute ist der Tag gekommen. Der Tag, an dem ich meine Künste bei Canan ausprobieren kann, aber sicherheitshalber habe ich mir mein vollgekritzeltes Notizblock mit in die Tasche gesteckt.

Es ist nicht leicht gewesen, das gebe ich zu, aber ich es ist mir gelungen, und das ist das, was zählt.

Nachdem Training mit ihr ist geplant, meiner Mutter einen Besuch abzustatten. Der Gedanke, dass ich sie heute sprechen werde, macht mich ungelogen nervös. Sowie bei jedem der Besuche. Es hat sich schon zur Normalität abgeändert.










































ich weiß nicht, was ich sagen soll. will aber alles wissen, was man sich bei diesem kapitel gedacht hat!!!

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