𝟎𝟐 | 𝐃𝐔

An das alte Gymnasium, an der ich selbst einmal war, muss ich immer vorbei, da es ebenso zu meinem Weg ins Klub gehört. Doch diese zwei jungen Damen machen sich schon seit ich in der weiten Nähe der Schule bin aufmerksam.

Meine Augen bleiben an ihnen heften, solange bis es realisiere.

Die Eine ist mit dem Rücken zu mir gekehrt, aber ich kann sie noch von der Seite etwas beäugen, während die Andere nicht mit ihr spricht, sondern in ihrem Handy etwas zu tippen anfängt und es der Einen zurück übergibt.

Mit einem Mal bewegt die Eine mit ihren Händen und zeichnet in der Luft mit ihren Fingern etwas kurzes vor.

Ich, D̶u̶m̶m̶e̶r̶ habe wirklich eine Weile gebraucht, um zu verstehen, dass sie die Gebärdensprache benutzt.

Augenblicklich bleibe ich stehe. Noch bevor ich sie mich wahrnehmen können.

Beide kenne ich zwar nicht persönlich oder vom Sehen her, aber die Eine scheinen meine Augen nicht als Fremde betrachten zu wollen.

D̶i̶e̶ ̶S̶c̶h̶u̶h̶e̶. Ihre Schuhe.

D̶i̶e̶ ̶J̶a̶c̶k̶e̶. Ihre Jacke.

D̶i̶e̶ ̶o̶f̶f̶e̶n̶e̶n̶,̶ ̶k̶u̶r̶z̶e̶n̶,̶ ̶d̶u̶n̶k̶l̶e̶n̶ ̶H̶a̶a̶r̶e̶. Ihre offenen, kurzen, dunklen Haaren.

D̶i̶e̶ ̶G̶r̶ö̶ß̶e̶. Ihre Größe.

Alles an ihr erinnert mich an eine Person, die ich in einer dunklen Nacht half und sie heimlich verfolgte für ihre Sicherheit.

Bevor sie losgeht, umarmt sie das Mädchen vor ihr. Das Mädchen betretet wieder das Schulgelände, und sie dreht sich in meine Richtung.

Irgendetwas in mir, der nie Hoffnung oder auch nur ein Hauchen Ähnliches für i̶r̶g̶e̶n̶d̶e̶i̶n̶e̶ ̶S̶c̶h̶e̶i̶ß̶e̶ empfindet, hat mir wirklich die Hoffnung geschenkt und fühlen lassen, sie wird mich bemerken. Doch ihre Blicke sind gesenkt.

Aber ich habe sie gesehen, ich habe sie bemerkt. Und das genötigt mir.

So ein gewisses Gefühl kitzelt in mir, und dies seit ich sie gesehen habe.

„Scheiße.", flucht die alte und dennoch junge Dame vor sich hin, als sie versehentlich ihre Tüte fallen lässt und die vielen Tomaten auf der Straße davon rollen. Die Haufen von Tüten zwischen jeder ihrer einzelnen Fingern sehen schwer aus.

Menschen, die an ihr vorbei müssen, betrachten ihre Situation voller Ignoranz. Also muss ich meine Hilfe anbieten.

Als ich mich ihr nähere, ist sie nicht mehr zu überhören, wie sie auf Kurmanji auf diese Menschen eingeht, was mich nur zum grinsen bringt.

Mama wäre jetzt wahrscheinlich auch in ihrem Alter.

Bevor die restlichen Tomaten auf die durchfahrene Straße rollen, schnappe ich schnell jede einzelne und packe sie in die andere bereits offen haltende Tasche von der Dame, die sich dann lächelnd bei mir bedankt.

Ich würde mit ihr weiterhin Deutsch sprechen, wären ihre Betonungen ihrer Silben verständlich. „Ez çawa dikarim alîkariya te bikim, Xaltîke?", frage ich sie, wie ich ihr behilflich sein kann.

Sie wirkt zwar geschockt, aber über lächelt ihre Überwältigung mit einem ehrlich dankbaren Lächeln. „Dankeschön, Kurê min." Sofort erleichtere ich ihr den Weg Heim, indem ich ihr all ihre Einkaufstüten abnehme.

Kurê min.

Das letzte Mal, dass ich die Worte zu Ohren bekommen habe, war im Gerichtssaal. Sie sind das letzte Mal aus dem Mund meines Vaters gefallen, bevor er dorthin geschleppt wurde, wo er sein restliches Leben verbringen sollte.

Bei der Dame zu Hause stelle ich ihre Einkäufe in der Küche ab, welche nicht weit von der Haustür steht, und möchte den Abgang machen, als sie mich davon abhält und mir anbietet, aus Dankbarkeit mir etwas Gutes zu schenken.

Was auch immer es sein sollte, lehne ich dankend ab. Dadurch geraten wir in eine lockere Diskussion, welche mir auf den Hals geht.

I̶c̶h̶ ̶h̶ä̶t̶t̶e̶ ̶i̶h̶r̶ ̶n̶i̶c̶h̶t̶ ̶h̶e̶l̶f̶e̶n̶ ̶s̶o̶l̶l̶e̶n̶.̶

An der Uhr, die über der Küchentür hängt, wird mir klar, dass sie mit hoher Wahrscheinlichkeit genauso Ezidin ist. Die Uhr hat die Form eines Pfaus.

Tausî Melek.

Gerade als ich austreten möchte, hören wir einen Schrei. „MAMA", rennt ein weinendes Mädchen von den Treppen stampfend. Doch als sie mich bemerkt, bleibt sie noch auf den Treppen stehen, hält ihre Emotionen in sich auf und blickt mich mit strengen Augen.

Wann habe ich das letzte Mal so nach meiner Mutter gerufen, überhaupt rufen können? Das ist so lange her. Und obwohl es doch solange her ist, sticht dieser Gedanke mir ins Herz, bewusst.

Ihr feuchtes Gesicht ist gerötet und sie drückt ihr blaues, aufgeschlagenes Buch an sich. „Ist das ein Einbrecher?"

Ich? Einbrecher?

Sherifa.", zischt ihre Mutter hinter mir sie mit einem warnenden Ton an.

Der Name passt überhaupt nicht zu ihr. Aber wer bin ich, dass ich urteile?

Mit schüttelndem Kopf verabschiede ich mich von der Dame und laufe aus ihrem Hause, ehe ich die Türe hinter mir ziehe.

Ich und Einbrecher. Ich kann nicht anderes als zu lächeln.

Auf meinem Weg zum Klub schreibe ich einem Kollegen, ich werde spät erscheinen, weshalb er für eine Zeit das Training der Jungs als Trainer für mich übernehmen muss.

Die Frage des Mädchens echot so bescheuert in meinem Kopf, dass ich nicht anders kann, als zu grinsen.

Hast du das gehört, Dayê? Ich bin ein Einbrecher.

Ich trete in der Halle ein, und obwohl es schon zwanzig oder vielleicht sogar mehr Minuten vergangen sind, ist Madir immer noch nicht mit den Dehnübungen mit den Jungs fertig.

Meine Tasche stelle ich an der Wand ab und laufe auf ihnen zu. „Bist du hängen geblieben, oder warum dehnt ihr euch noch?"

Rojyar. Ohne Spaß, ich verstehe nicht, wie du diese-" Er deutet auf die Kleinen, die ebenso aufhören, sich zu bewegen und anfangen miteinander zu plaudern, und spricht leiser. „Das sind keine Kinder mehr. Wie du sie kontrollieren kannst, verstehe ich null. Ich bin hier weg."

Madir verschwindet, und ich lege meine Kapuze vom Kopf ab, um die Jungen zu begrüßen. Bevor ich starten kann, tippt mir jemand an die Schultern. Ich drehe mich zu ihr um und finde Nakim vor mir.

Nakim ist nicht nur Leiter dieses Klubes, sondern auch ein vertrauter Freund. „Ich bitte dich, sie bei dir zulassen.", deutet er auf eine Person hinter sich.

Eine Erstarrung nagelt sich an mir, es ist sie. Heute zum zweiten Mal. Ist das ein Zufall? Ihre Augen weiten sich, nachdem sie mich erkannt hat.

„Sie ist taub. Aber kann gut Lippenlesen, was heißt, wenn du die Worte langsame aufsagst, versteht sie dich."

Sie ist taub.

































bin nicht durchgegangen, um Dinge zu verbessern, also bitte lasst wenn dann ein höflichen Kommi bei Fehlern ab.

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