Jily Oneshot#35: Das letzte Spiel
Das Team saß schweigend nebeneinander im Umkleideraum. Alle waren fertig umgezogen, die polierten Besen standen an der Wand, die Tafel mit der Spielstrategie war auswendig gelernt und man hörte die Gryffindors draußen schreien wie nie zuvor. Eigentlich war alles bereit. Alles, bis auf die Spieler. Denn für mehr als die Hälfte des Teams war es das allerletzte Spiel in Hogwarts, der letzte Kampf um den Pokal, ehe sie sich den echten Kämpfen außerhalb des Schlosses stellen mussten. Es fühlte sich an wie der letzte Satz in einem Kapitel, welches so voller Geschichten war, dass es eigentlich ein ganzes Buch sein könnte. Aber es würde weitergehen, weil der Rest der Welt nicht für ein paar melancholische Schüler stehenblieb, die nicht wahrhaben wollen, dass dies das endgültige Ende sein würde. Die letzte Prüfung war noch nicht geschrieben und die Koffer noch nicht gepackt, aber dennoch fühlte sich dies wie das wahre Ende an. James wusste, dass er etwas sagen sollte, immerhin war es seine Aufgabe als Kapitän. Doch wenn er Alice' und Franks verschränkte Hände betrachtete, Sirius' sehnsuchtsvollen Blick nach draußen zu den Rängen, während Marlene neben ihm nachdenklich die Finger über ihren Besen gleiten ließ und die traurigen Blicke der Prewettbrüder, welche als Einzige von dieser Mannschaft nächstes Jahr noch hier sein würden, dann wurde ihm das Herz so schwer, es schien als legte es den Rest seines Körpers lahmlegen.
Ein zaghaftes Klopfen an der Tür ließ alle erschrocken zusammenzucken. Lily steckte den Kopf in den Raum und rümpfte unwillkürlich die Nase. Vielleicht hätten sie sich lieber in der Umkleide der Mädchen treffen sollen. „McGonagall schickt mich. Ich soll euch ausrichten, dass, Zitat, ihr eure Allerwertesten da rausbewegen sollt, anstatt hier Trübsal zu blasen, weil die Slytherins sich nicht alleine besiegen werden. Zitat Ende. Ich wollte euch noch viel Glück wünschen und ernsthaft, bewegt euch mal, sonst sind alle Gryffindors schon heiser, bevor ihr überhaupt auf euren Besen sitzt."
Erleichtert sprang James auf und rief mit neuer Energie, die er versuchte an die anderen weiterzugeben:"Meine lang vorbereitete, gut durchdachte, grammatikalisch perfekte, sentimentale Rede muss nun wohl leider bis zur Siegesfeier warten."
„Gut, es wird hoffentlich leichter ertragen zu sein, wenn wir dabei betrunken sind.", kommentierte Sirius trocken. Das darauffolgende Gelächter auf den schlechten Witz, bewirkte Wunder. Mit der alten Vorfreude in den Augen wurden die Besen geschultert. Zum letzten Mal löschte James die Tafel, damit die Strategie auch bis zuletzt geheim blieb und sie verließen geschlossen den Raum. Lily folgte ihnen noch bis zu Toren, wo sie sich auf die auf die Zehenspitzen stellte, um sich mit einem Kuss auf die Wange von James zu verabschieden, allerdings ließ dieser ihre Hand nicht los, sondern meinte grinsend:"Ich denke, dieses eine Mal können sie bestimmt eine Ausnahme machen." Ehe Lily fragen konnte, was er vorhatte, öffneten die Tore sich schon. Obwohl es unmöglich zu sein schien, wurden ihre Mitschüler auf den Rängen noch lauter, Banner wurden gehoben und Funken in die Luft geschossen.
James verlangsamte seine Schritte bewusst ein wenig, um sich diesen Monet für seinen nächsten Patronuszauber einzuprägen. Rote und goldene Funken regneten auf ihn herab, Remus und Peter formten mit färbigen Rauch, der aus ihren Zauberstäben schoss, einen überdimensionalen Löwen mit schwarzer Mähne und Brille über den Köpfen der Slytherins, und er ging mit Lily an der Spitze auf das gegnerische Team zu, hinter ihm die Jäger Sirius, Alice und Frank, danach die Prewettbrüder als Treiber und das Schlusslicht bildete ihre fantastische Hüterin Marlene. Viel zu schnell musste er an der Mittellinie gegenüber von Bellatrix Black stehenbleiben, die sich natürlich ein Kommentar nicht verkneifen konnte. „Aww, seht mal, Potter traut sich nicht ohne seine kleine Freundin aufs Feld." Diese Art Humor lag wohl in der Familie.
„Hände!", rief Madame Hooch, die Trillerpfeife startbereit im Mundwinkel. Widerwillig streckte Bellatrix die Hand aus, doch James nahm sich zuerst absichtlich viel Zeit um Lily einen richtigen Abschiedskuss zu geben - woraufhin der Kopf des riesigen Rauchlöwens von Herzen umschwirrt wurde - bevor Lily von Madame Hooch auf die Zuschauertribüne geschickt wurde und James sich Mühe gab Bellas Hand zu zerquetschen. Ihre wütende Miene konnte er leider nicht lange genießen, denn er musste sofort auf seinen Besen steigen um vor dem Pfiff auf Position zu sein und idealerweise noch Lily in der Menge zu finden. Vor allem Letzteres war nicht besonders schwer, weil sie inzwischen ihren Platz neben Remus eingenommen hatte und dabei ein großes rotes Schild hochhielt, auf welchem mit goldenen Lettern in ihrer geschwungenen Handschrift „Bellatrix, das wird wohl nix, Potter fängt den Schnatz flotter!" stand. James lachte so laut auf, dass er den schrillen Pfiff beinahe überhört hätte. Er zwang sich den Blick von Lily abzuwenden und seiner Pflicht als Sucher nachzugehen, damit sie ihr Schild nicht umsonst geschrieben hatte. Selbst bei seinem ersten Spiel war er nicht so nervös gewesen, aber heute verliehen ihm die enthusiastischen Gryffindors ein Kribbeln in den Händen. Selbst die Ravenclaws, Hufflepuffs und Lehrer - die eigentlich unparteiisch sein sollten - waren mit goldroten Schals, Hüten oder Umhängen ausgestattet. Offensichtlich war auch ihnen klar, dass sie sich heute von einem der besten Teams, welches ihr Haus jemals gestellt hatte, verabschieden mussten. Und sie taten alles um ihnen einen würdigen Abgang zu bereiten. Also mussten sie ihnen auch ein würdiges Spiel bieten. Gryffindor führte zwar mit fünfundfünfzig Punkten Vorsprung in der Gesamtwertung, dennoch würde ihnen dies nichts viel nützen, wenn Bella den Schnatz vor ihm fangen würde.
Natürlich versuchten die Slytherins ein unfaires Spiel zu spielen, doch Madame Hooch war darauf wohl schon vorbereitet gewesen und ließ ihnen nichts durchgehen. Vor allem bei Sirius und Marlene hatte James etwas Sorge gehabt, die beiden könnten durch provokante Manöver der Gegner etwas Unüberlegtes tun, da beide eher ein aufbrausendes Temperament hatten. Zum Glück wurde er vom Gegenteil überzeugt. Die Jäger flogen wie besprochen in breit gefächerter Formation, sodass es schwer war für das andere Team alle auf einmal zu blocken, weil sie weit auseinanderflogen, dabei jedoch ständig den Quaffel untereinander durch weite, feste Schüsse tauschten. Marlene unterdessen war stets wachsam, durchschaute Täuschungen sofort und riss den Besen so schnell herum, dass sie so viele Bälle abhielt wie noch nie. Die Treiber hingegen hatten diesmal den schlimmsten Job. Durch die teils gewalttätige Spielart der Slytherins verbrachten sie die meiste Zeit damit ihre Teamkollegen zu schützen, anstatt angreifen zu können. Für sie war das natürlich weniger spannend als ein paar Gegner vom Besen zu fegen, aber dadurch blieben immerhin ihre eigenen Spieler - meist - sicher in der Luft. Auch James hatte wie immer eine passive Rolle - bis auf die zwei Klatscher, die er mit schmerzhaften Körpereinsatz von Sirius ferngehalten hatte, als die Prewetts anderweitig beschäftigt waren, und einige Ablenkungsmanöver zugunsten von Alice oder Frank. Stundenlang zog James seine Kreise, bis er sich überlegte die Richtung zu wechseln, weil ihm langsam schwindlig wurde. Gerade als er kehrtmachen wollte, blitzte etwas verdächtig hell im Bereich der Torringe auf. Noch während er sich fragte, wie Marlene es nicht merken konnte, dass der Schnatz schon beinahe ihre Schulter berührte, als sie den linken Ring passierte, beugte er sich tief über den Stiel, um möglichst schnell voranzukommen. Auf der Hälfte des Weges schloss der Rest des Teams - bis auf Marlene, die ihren Posten natürlich nicht verlassen konnte - zu ihm auf und umkreiste ihn, damit ihre Gegenspieler ihm nichts anhaben konnten. Er war schon fast am Ziel, als ihm durch den Kopf schoss, dass es eigentlich schon zu einfach war. Wie gerufen tauchte plötzlich Bellatrix von der anderen Seite auf, zischte durch den mittleren Torring - James' Hoffnung, sie würde steckenbleiben, wurde leider nicht erfüllt - und holte unweigerlich auf. Der Schnatz flatterte ohne die Position zu ändern wenige Zentimeter über dem linken Tor, während die Sucher sich von entgegengesetzten Richtungen näherten, die Hände bereits ausgestreckt, die Besen auf ihre Höchstleistung getrieben. Aus dem Augenwinkel sah James, dass Sirius es im letzten Moment schaffte, Marlene am Besenschweif aus der Schusslinie zu ziehen. Abgelenkt davon, flog James noch einige Meter weiter, ehe er wie der Schnatz zuvor in der Luft stehenblieb. Fassungslos öffnete er seine leere rechte Faust. Hektisch blickte er sich nach Bellatrix um, die ebenfalls mit entgleisten Gesichtszügen auf ihre leeren Hände starrte. Zum ersten Mal war es totenstill auf der Tribüne, alle starrten zuerst auf den leeren Raum über dem Torring, dann huschten ihre Augen verwirrt zwischen den Suchern ohne Schnatz hin und her. James teilte ihre Verwirrung, bis er ein leichtes, kaum wahrnehmbares Flattern an seinem Unterarm spürte. Zaghaft und mit aufkeimender Hoffnung steckte er seine linke Hand in den weiten Ärmel seines Umhangs.
Mit einem triumphierenden Aufschrei, der hundertfach von den Zuschauern wiederholt wurde, streckte er den Arm mit einem noch immer flatternden Schnatz in die Höhe.
Das ganze Station schien zu explodieren, Sirius und Marlene stürzten beinahe ab, als sie versuchten sich im Fliegen zu umarmen, Remus und Peter ließen ein Feuerwerk explodieren, was sogar Professor Flitwick an anerkennendes Nicken abverlangte und McGonagall schwang ihren Gryffindorschal über ihren Kopf. Doch das alles nahm James nicht richtig war, er wusste bloß, dass er schneller zu Lily flog, als er zuvor den Schnatz angesteuert hatte, und sie, ohne auf ihren Protest zu achten, mitsamt Schild auf seinen Besen hob. Zusammen mit den anderen sechs, die es inmitten des Trubels doch noch geschafft hatten in der Luft zu bleiben, flogen sie noch einige Runden über den Köpfen ihrer Mitschüler, schlugen Loopings - zu Lilys Leidwesen - und führten Sturzflüge vor - ebenfalls zu Lilys Leidwesen.
Wenig später nahm James zum vierten und letzten Mal den goldenen Quidditchpokal, welchen Dumbledore zur Feier des Tages mit Süßigkeiten aus dem Honigtopf gefüllt hatte, entgegen. Als er neben Lily und Sirius auf den Schultern von ihren Klassenkameraden, die im Chor „Bellatrix, das wird wohl nix, Potter fängt den Schnatz flotter" sangen und besagte Miss Black ihren Besen wütend in die Ecke warf, nahm James Lilys Hand, schüttete sich ein paar von Berti Bott's Bohnen in Mund und dachte bei sich, dass dies das so ziemlich beste Ende für dieses Kapitel war, welches er sich erträumen hätte können. Nunja, bis auf den Fakt, dass er den anderen eine noch nicht vorhandene Abschiedsrede versprochen, und zudem die Geschmacksrichtungen Stinkefüße gemischt mit Teer erwischt hatte.
------------------
Ich habe mir das Kapitel noch einmal durchgelesen und muss leider zugeben, dass es bei Weitem nicht so spannend ist, wie ich es mir erhofft habe. Liegt vermutlich daran, dass ich einiges auslassen musste, weil es schon bald Mitternacht ist und ich schlafen möchte. Für den nächsten nehme ich mir wieder mehr Zeit!
Gute(n) Nacht/Morgen/Abend
-Ginny<3
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top